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Ägypten/Sinai Februar/März 1989

Eine Reise durch das Land der Pharaonen mit anschließender Sinai-Safari

- Zweiter (und letzter) Teil -

Blick zurück auf die das Tal der Könige umgebenden Berge - ganz unten in den Taleinschnitten erkennt man noch einige der Grabeingänge

Nun begannen wir den Aufstieg, um über das Gebirge in den gegenüberliegenden Talkessel Deir el-Bahari mit dem Terrassentempel der Hatschepsut (18. Dynastie, regierte 1479-1458 v. Chr.) zu gelangen. Der Weg war zwar teilweise etwas steil, aber dafür hatten wir einen wunderbaren Blick, zuerst auf das Tal der Könige, dann auf den fast am Horizont verlaufenden Nil und schließlich auf den Hatschepsut-Tempel. Wir benötigten für diesen Weg ca. 45 Minuten und trafen bei unserer Ankunft im Tal diejenigen, die mit dem Bus um das Gebirge herumgefahren waren (und natürlich vorher eine halbe Stunde Kaffeepause eingelegt hatten). Jetzt konnte die Besichtigung des in drei Terrassen angelegten Tempels beginnen.

Terrassentempel der Königin Hatschepsut in Deir el-Bahari

Über einen Aufweg gelangten wir in den unteren Hof und von dort aus über eine Rampe in den mittleren Hof. Von diesem führte eine weitere Rampe hinauf auf die oberste Terrasse, die allerdings gerade von polnischen Spezialisten restauriert wurde und deshalb nicht zugänglich war. Im mittleren Hof besichtigten wir die Geburtenhalle, die Punthalle und die Anubis-Kapelle. Es war sehr warm und wir waren ständig auf der Suche nach einer schattigen Stelle. In der Geburtenhalle zeigen die Reliefs die Geburtslegende der Hatschepsut, wodurch sich die Frau auf dem Pharaonenthron, die sich stets als Mann darstellen ließ, legitimieren wollte. Ursprünglich war sie nämlich nur die Stellvertreterin des minderjährigen Thutmosis III, nahm aber dann den Königstitel an und bestieg den Pharaonenthron.

In der Punthalle wird die unter Hatschepsut durchgeführte Expedition in das sagenhafte Gold- und Weihrauchland Punt (heute Somaliküste) geschildert. Die Reliefs zeigen die Bewohner dieses Landes, die Tiere und Pflanzen sowie das Beladen der Handelsschiffe mit Gold und Weihrauch. Die Szenen in der Anubis-Kapelle zeigen schließlich reich beladene Opfertische für Amun und Re, vor denen die Königin Hatschepsut opfert.

Im Tempel von Medinet Habu

Jetzt ging es wieder zum Bus, der uns nach Medinet Habu, einem gewaltigen Totentempel Ramses' III (20. Dynastie, regierte 1187-1156 v. Chr.) brachte. Hier gab es sehr schöne Reliefs zu sehen. Die Szenen am monumentalen Hauptpylon zeigen den Herrscher beim Niederschlagen seiner Feinde; die rechte Seite des ersten Hofes wird von gewaltigen Osiris-Pfeilern, die linke Seite von einer Säulenkolonnade geschmückt, während die Wandreliefs Kampf- und Kriegsszenen darstellen.

Die Memnonkolosse

Auf der Weiterfahrt zu den Memnonkolossen, die einst vor dem Totentempel Amenophis' III (18. Dynastie, regierte 1390-1353 v. Chr.) standen, von dem aber heute keine nennenswerten Reste mehr erhalten sind, sahen wir uns die Fotos an, die ein Fotograf unseres Reiseveranstalters Misr am Vortag im Karnak-Tempel gemacht hatte. Wir kauften jede 3 Stück a' 1,50 LE. Bei den Kolossen machten wir lediglich einen kurzen Fotostopp und fuhren dann zurück zur Nilfähre, wo das offizielle Programm endete. Wir fuhren jedoch noch nicht zurück nach Luxor, sondern nahmen zu fünft (alles Gäste aus der Standard-Gruppe) ein Taxi, das uns für 30 LE (25 + Bakschisch) zu den Noblengräbern und ins Tal der Königinnen brachte.

Das Tal der Königinnen war der bevorzugte Begräbnisplatz der Gemahlinnen und Töchter Ramses' II und später der Söhne Ramses' III. Insgesamt wurden hier 80, sämtlich von vorzeitlichen Räubern geschändete Begräbnisstätten aufgefunden, deren Großteil allerdings von vorneherein undekoriert und inschriftenlos geblieben war. Genau wie im Tal der Könige, wurden auch hier nach dem Ende des Neuen Reiches (1075 v. Chr.) keine Bestattungen mehr vorgenommen. Wir besichtigten die Gräber Nr. 44 Prinz Chaemwese, Nr. 52 Königin Titi und Nr. 55 Prinz Amunherchopschef. Letzteres Grab ist mit prächtigen Malereien ausgestattet, die fast unzerstört erhalten sind. In allen Gräbern überwiegen die Darstellungen von Opferszenen vor unterschiedlichen Göttern, bei denen die Königinnen allein und die Prinzen jeweils in Begleitung ihres Vaters abgebildet sind.

Von den Noblengräbern inmitten des heutigen Dorfes Schech Abd el-Qurna sahen wir die Gräber Nr. 55 Ramose, Nr. 56 Userhet und Nr. 57 Chaemhet. Die uns begleitenden Grabwächter benutzten zur Ausleuchtung der Gräber übrigens teilweise noch das gleiche Spiegelsystem wie die alten Pharaonen. Das unvollendet gebliebene Grab des Ramose stammt aus der Zeit von Amenophis III und seinem Sohn Amenophis IV/Echnaton, unter denen der Grabherr Wesir von Oberägypten war. Die Reliefs an der Innenseite der Eingangswand zeigen ein alljährliches Festmahl, während an der Rückwand Echnaton und Nofretete (dargestellt unter dem Strahlen-Aton) eine Delegation von Ausländern empfangen, wobei Ramose als Vermittler und Dolmetscher wirkt.

Im Grab des Userhet, einem königlichen Schreiber unter Amenophis II, stellen die Reliefs die Erfassung der Rekruten, eine Barbierszene, ein Totenmahl mit Musikanten, Jagdszenen und die Grabprozession des Verstorbenen dar. Der Grabherr des benachbarten Grabes Nr. 57, Chaemhet war Speicheraufseher beider Landeshälften unter Amenophis III. Hier nimmt der Pharao den Erntebericht entgegen und entlohnt die Beamten mit Ehrengold. Außerdem sieht man Ernteszenen und Vermessungsarbeiten nach der alljährlichen Nilschwemme. Uns gefielen besonders die in diesen Gräbern überreich vorhandenen, sehr schönen Darstellungen aus dem täglichen Leben; Szenen, die man in den Königsgräbern nicht findet.

Insgesamt fanden wir die Gräber, die wir bei unserer Privat-Besichtigung gesehen hatten, fast noch schöner als diejenigen, die das offizielle Programm beinhaltet hatte. Auch das Umfeld war hier fast gar nicht touristisch; es gab keine 'hergerichteten' Grabeingänge und oft auch kein elektrisches Licht in den Gräbern, sondern 'nur' das - allerdings geniale - althergebrachte, aus einfachen, von den Grabwächtern in die gerade benötigte Position gestellten bzw. gehaltenen Spiegeln bestehende Beleuchtungssystem. Klar, mit elektrischem Licht wäre es im Inneren der Gräber viel heller gewesen und man hätte alles genauer sehen können. Aber es wäre eben auch erheblich weniger 'authentisch' gewesen. Ein weiterer Pluspunkt für das Tal der Königinnen und die Noblengräber bestand darin, dass wir hier die einzigen Fremden waren.

Das Taxi brachte uns anschließend zur Fähre zurück, die zwar den Nil überquerte, dann allerdings nicht 'unsere' Anlegestelle ansteuerte, sondern bis hinauf zum Sheraton-Hotel fuhr, wo sie am äußersten der hier nebeneinander liegenden Hotelschiffe anhielt. Quer durch alle diese Schiffe gelangten wir schließlich an Land, wo wir ein weiteres Taxi zu unserem Hotel nahmen. Hier kamen wir etwa um 14 Uhr an, zogen die Badesachen an und legten uns in die Sonne, um ein wenig auszuruhen. Später, nach dem Duschen, schrieb ich, auf dem angenehm schattigen Balkon sitzend, einen Brief nach Hause. Als wir gerade das Abendessen beendet hatten, kam Abdo vorbei, um die in Minia beschädigte Tasche meiner Freundin zu einem Sattler zu bringen. Er wollte unbedingt, dass wir mitgehen und die Tasche dann später alleine wieder abholen sollten. Der erste Sattler hatte wohl keine passenden Henkel da, beschrieb uns aber den Weg zu einem Anderen. Dessen 'Geschäft' lag einige Straßen weiter in einer dreckigen Seitengasse. Er zeigte uns ein rötliches Kunstleder, aus dem er beide Henkel neu anfertigen wollte. Wir einigten uns schließlich darauf, dass Abdo die Tasche am nächsten Tag wieder abholen sollte, denn wir hätten diesen Sattler beim besten Willen nicht wieder gefunden. Nach diesem eher unfreiwilligen und im Endeffekt auch ganz schön weiten Abendspaziergang kehrten wir dann zu unserem Dessert zurück.

'Unser' Egotel hatte übrigens gegenüber dem Etap, in dem die Erster-Klasse-Reisenden wohnten, so manche Vorteile. Erstens lag es in einer ruhigen Seitenstraße, während das Etap direkt an der viel befahrenen Uferstraße lag, auf der Tag und Nacht der aus Motorgeräuschen, fast ständigem Hupen und den Rufen der zahlreichen Kutscher bestehende Lärm brandete. Die Gäste mit Zimmern zum Nil lobten zwar den Ausblick, beschwerten sich aber gleichzeitig über den Lärm. Zweitens lag das Egotel so zentral, dass man überall hin zu Fuß gehen konnte, während die Etap-Gäste Taxis oder Kutschen benutzen mussten, um in die Stadt zu kommen. Und last but not least der wichtigste Vorteil: im Egotel befand sich eine Kochschule für Hotelfachkräfte. Da dort immer die erlesensten Köstlichkeiten ausprobiert wurden, hatten wir das Vergnügen, diese essen zu dürfen. Auf der ganzen Reise speisten wir nirgendwo so gut wie in Luxor.

Dienstag, 28. Februar 1989
Viehmarkt etwas außerhalb von Luxor

An unserem freien Tag in Luxor standen wir etwas später auf und besuchten nach dem Frühstück den Kamelmarkt. Mit einer Droschke, die die Kutscher hier als "Kalesche" anpreisen, fuhren wir aus der Stadt hinaus und durch Felder mit hohem Zuckerrohr. Nachdem wir einige sehr ärmliche Dörfer passiert hatten, erreichten wir den Markt, auf dem gar keine Kamele, sondern Kühe, Büffel, Ochsen und Esel ihren Besitzer wechselten. Gegen einen 'Eintritt' von 1 LE ließ man uns zwischen den Tieren herumlaufen. Mit entsprechend dreckigen Schuhen traten wir dann die Rückfahrt nach Luxor an. Die nächsten Stunden bis etwa 15:30 Uhr verbrachten wir im Hotelgarten in der Sonne. Es war der bisher heißeste Tag der Reise. Am späten Nachmittag gingen wir zum fast benachbarten Winter Palace Hotel, von wo aus stündlich ein kostenloser Bus zur Mövenpick-Hotelinsel Crocodile Island fuhr. Nachdem wir uns dort ein wenig umgesehen hatten, setzten wir uns auf die Nilterrasse und tranken ein Stella-Bier. Mit dem 6 Uhr-Bus fuhren wir dann zurück in die Stadt, wo wir gerade richtig zum Abendessen kamen.

Anschließend besuchten wir noch das bis 21 Uhr geöffnete Luxor-Museum, in dem Fundstücke aus Theben und Umgebung gezeigt werden. Es handelt sich hierbei um ein modernes Gebäude (1976 eröffnet), in dem die Ausstellungsstücke auch in dem nötigen Abstand und gut beschriftet aufgestellt sind. Da das Museum nicht sehr groß ist, hatten wir in einer guten Stunde alles gesehen. Bei unserer Rückkehr ins Hotel fanden wir die reparierte Tasche vor (die eigentlich schon am Vormittag da sein sollte). Nachdem wir geduscht und unsere Siebensachen eingepackt hatten, war es bereits 24 Uhr und wir gingen zu Bett, denn am nächsten Morgen mussten wir um 6 Uhr schon wieder aufstehen.

Mittwoch, 1. März 1989
Im Horus-Tempel von Edfu: Front der großen Säulenhalle

Die für 7 Uhr angesetzte Abfahrt nach Assuan verzögerte sich bis 7:30 Uhr und nach etwas mehr als 1 1/2 Stunden Fahrt kamen wir schließlich in Edfu an. Die heute 30.000 Einwohner zählende Stadt ist ein landwirtschaftliches Zentrum mit mehreren Zuckerfabriken. Eine moderne Brücke verbindet hier das Ost- und Westufer des Nils. Um den hiesigen Horus-Tempel zu besichtigen, mussten wir uns zu Fuß durch eine dreckige Straße voller Menschen, Kutschen, Eselskarren und Baumaterial 'kämpfen'. Der Bus hatte hier keine Chance, durchzukommen. Der Tempel aus der Zeit der Griechen (237-57 v. Chr. erbaut) ist dem falkenköpfigen Horus, der Hathor von Dendera und ihrem gemeinsamen Sohn Harsomtus geweiht. Man konnte deutlich erkennen, dass sich hier in die altägyptische Darstellungsweise griechische Elemente mischten. Im Tempel selbst fielen uns die kunstvollen Papyrus-, Palmwedel- und Kompositkapitelle der zahlreichen Säulen sowie ein kolossaler Falke (Horus mit Doppelkrone) auf. Der Zugang zum Dach des Tempels ist heutzutage leider gesperrt. In einem Seitenraum steht ein moderner Nachbau der 'heiligen Barke', die sonst immer nur auf Reliefs dargestellt ist.

Im Doppeltempel von Kom Ombo

Jetzt fuhren wir weiter nach Kom Ombo; diese Ortschaft ist heute ein Zentrum des Anbaues und der Verarbeitung von Zuckerrohr. Wir schauten uns hier den Doppeltempel an. Der offiziellen Führung folgten wir nicht, sondern setzten uns zuerst eine Weile in den Schatten und erkundeten den Tempel anschließend auf eigene Faust, ohne uns jedoch großartig bei diesen oder jenen Darstellungen aufzuhalten. Von hier oben hatte man einen schönen Blick über den Nil. Der erst 1893 aus seinem eigenen Bauschutt ausgegrabene Tempel war den Göttern Sobek (Krokodil) und Haroeris (großer Horus = lokale Variante des Horus) geweiht. Auch in diesem Tempel sahen wir sehr viele Säulen mit den unterschiedlichsten Kapitellen und Reliefs mit teilweise noch sehr gut erhaltenen Farben. In einer Seitenkapelle lagen in einem Glaskasten vier oder fünf große Krokodilsmumien.

Nachdem die letzten beiden Fahrtstrecken je ca. 120 Kilometer lang gewesen waren, hatten wir nun nur noch 40 Kilometer bis Assuan, der südlichsten Stadt Ägyptens vor uns. Assuan hat ca. 200.000 Einwohner und liegt im Gebiet des ersten Nilkatarakts, einer der sechs großen Stromschnellen des Nils. Dort angekommen, luden wir zunächst die Erster-Klasse-Passagiere im Cataract-Hotel ab (es dauerte natürlich wieder ewig, weil zwei Zimmer fehlten), bevor wir Standard-Gäste dann zum benachbarten Kalabsha-Hotel gefahren wurden. Wir stellten die Koffer in eine Ecke, legten das Handgepäck, das wir nicht mitnehmen wollten, dazu und machten uns zu Fuß auf den Weg zur Bootsanlegestelle am Old Cataract Hotel (nur ca. 300 Meter), von wo aus wir mit malerischen Segelbooten ein Stück flussaufwärts zum Westufer fuhren. Diese Fahrt war sehr angenehm; es gab zur Abwechslung einmal keine Geräusche außer dem leisen Plätschern des Wassers und wir konnten die schöne Landschaft und die wie aus einer anderen Epoche anmutenden Boote mit ihren strahlend weißen Segeln und geschickten Bootsführern beobachten. Da unser Boot gegen den Wind kreuzen musste, waren wir etwa 30 Minuten lang unterwegs.

Ausblick vom Aga Khan Mausoleum auf den Nil mit seinen Inseln und die gegenüber liegende Stadt Assuan

Am anderen Ufer angekommen, begannen wir den Aufstieg zum Mausoleum des Aga Khan (Oberhaupt der schiitisch-islamischen Sekte der Ismailiten, 1877-1957). Um den Innenraum betreten zu können, mussten wir nach islamischer Sitte die Schuhe ausziehen. Drinnen gab es eigentlich nicht viel zu sehen: zwei Gedenktafeln, die in allen gängigen Sprachen erklärten, wer hier wann, warum und wieso begraben wurde, ein Marmorsarkophag, auf den angeblich täglich eine frische rote Rose gelegt wird und schließlich ein Vorbeter, der aus dem Koran vorlas. In ein ausgelegtes (Kondolenz-?) Buch haben wir uns nicht eingetragen. Alles in allem fanden wir einen solchen Totenkult eher abstoßend. Außerhalb des Mausoleums genossen wir den schönen Blick über Assuan und den Nil. Auch die Terrasse des genau unter dem Mausoleum liegenden Bungalows der Begum, der Villa Nur es-Salam, war von hier aus voll einzusehen (aber die Witwe des Aga Khan hält sich hier sowieso nur höchstens 10 Tage im Jahr auf).

Mit dem Segelboot ging es jetzt weiter; wir fuhren an der Insel Elephantine vorbei, deren Bauten laut Abdo von der Terrasse des Cataract-Hotels fast besser zu sehen sein sollen, als wenn man auf der Insel selbst stünde. Bei diesen Bauten handelt es sich um die spärlichen Überreste einiger Tempel der einstigen Gauhauptstadt, einen Nilometer zur Messung des Wasserstandes, eine wieder errichtete Kapelle und ein kleines Museum mit Architekturfragmenten, Kult- und Gebrauchsgegenständen sowie Grabbeigaben.

Palmen im Botanischen Garten auf der Kitchener-Insel

Unser nächstes Ziel war die Kitchener-Insel, wo wir den Botanischen Garten, in dem tropische und subtropische Pflanzen in besonderer Pracht und Vielfalt gedeihen, durchwanderten. Anschließend brachte uns das Segelboot wieder zurück zur Anlegestelle am Old Cataract Hotel. Gegen 18 Uhr waren wir zurück im Kalabsha-Hotel, wo die Zimmer verteilt wurden. Dieses Hotel war schon etwas schlechter als die bisherigen. Die Zimmer waren viel kleiner und erheblich schlechter eingerichtet (kein Fernseher, dabei hatten wir uns doch schon so daran gewöhnt, spätabends auf der Suche nach englischsprachigen Nachrichten durch die Kanäle zu zappen), die Balkone winzig klein. Wir probierten wie immer zuerst aus, ob es heißes Wasser gab. Da dies der Fall war, waren wir mit unserem Zimmer zufrieden. Wir beide waren übrigens die einzigen Gäste aus der Standard-Gruppe, die zwei dieser Mini-Balkone hatten: einen am Zimmer und einen am Bad.

Während des Abendessens (Buffet, jedoch nicht ganz so gut wie in Luxor) kam Abdo vorbei und erzählte von den Schwierigkeiten, die er wieder mit der Erste-Klasse-Gruppe hatte. Anstatt Doppelzimmern hatte er Suiten bekommen, in denen sich jetzt 4 Personen ein Bad teilen mussten. Überhaupt hatten wir den Eindruck, dass viele aus dieser Gruppe mit allem unzufrieden waren, was nicht der ersten Klasse in Deutschland entsprach; dabei stand in sämtlichen Unterlagen und war auch am Anfang der Reise oft genug gesagt worden, dass die erste Klasse in Ägypten fast nie der ersten Klasse in Deutschland entspricht. Diese Leute meckerten über alles; bei Führungen verlangten sie mehr Zeit, um alles genau anschauen zu können und saßen dann aber als Erste wieder da und warteten darauf, dass es endlich weiterging. Aber mit dieser Gruppe hatten wir ohnehin nicht viel zu tun, wir waren meistens in der kleinen Standard-Gruppe 'unter uns'.

Heute gingen wir nach dem Abendessen gleich schlafen, denn in den letzten Nächten waren wir recht wenig dazu gekommen. Übrigens hatten wir bei einem Hotelbediensteten einen Fernseher bestellt, der prompt zwei Minuten später gebracht wurde. Um dem guten Mann unnötige Arbeit zu ersparen, haben wir den Anderen gesagt, dass wir dafür bezahlen müssten.

Donnerstag, 2. März 1989

Nachdem wir um 8 Uhr aufgestanden waren und eine halbe Stunde später gefrühstückt hatten, fuhren wir um 9 Uhr mit dem Bus zu den beiden Staudämmen; zuerst zum alten Assuan-Damm und dann zu dem neuen Hochdamm Sadd el-Ali, wo wir bei einem Fotostopp zwar ausstiegen, jedoch nichts fotografierten. In Richtung Stadt lagen die Turbinen usw., die man nicht fotografieren durfte und in Richtung des Nasser-Sees stand die Sonne ungünstig.

Der Nil ist mit 6.671 Kilometern der zweitlängste Fluss der Erde und hat zwei Quellflüsse, den weißen und den blauen Nil. Der südlich des Äquators in Burundi entspringende Kagera mündet auf ugandischem Staatsgebiet in den Victoriasee, den er im Norden als Victorianil wieder verlässt (ständig beregnetes Äquatorialgebiet, daher stets gleichmäßige Wassermenge) und nach fast 400 Kilometern über zwei Wasserfälle den Albertsee erreicht. Ab hier wird der Fluss als Bergnil bezeichnet. Er passiert die Grenze zum Sudan, versorgt die dortigen, 756 Kilometer langen Sümpfe des Sudd mit Wasser und vereinigt sich als weißer Nil bei Khartum mit dem aus dem Hochland von Abessinien (Äthiopien) kommenden, 1.350 Kilometer langen blauen Nil, der im dortigen Tanasee entspringt. In Abhängigkeit von der dortigen Regenzeit liefert der blaue Nil eine periodisch schwankende Wassermenge und ist somit für die als Nilschwemme bezeichneten Hochwasser verantwortlich. Der bei der gleichnamigen Stadt in den Nil fließende Atbara bildet den einzigen Zufluss auf dem langen Weg durch die Wüste zum Mittelmeer, auf dem durch die hohe Verdunstung viel Wasser verloren geht. Obendrein verringert noch der sich ins Fayum ergießende Bahr Yussuf die Wassermenge des Nils.

Vor dem Bau des Hochdammes erreichte das Hochwasser Assuan ziemlich genau zwischen dem 15. und 18. Juni und verursachte nach weiteren 6 bis 12 Tagen in Kairo einen bis zu 5 Metern höheren Pegelstand. Dies entsprach einer 20fachen Wasserführung im Vergleich zum Niedrigwasser. Die normalerweise grünliche Farbe des Nils änderte sich bei Hochwasser durch die mitgeführten Schwebeteilchen aus dem abessinischen Hochland in ein rötliches Braun. Die nährstoffreichen Schlammmassen (zumeist vulkanischer Verwitterungsschutt) lagerten sich auf den Feldern ab; eine natürliche Düngung, der die Niloase ihre Fruchtbarkeit verdankte.

Am 1902 errichteten, 1912 und 1933 erhöhten kleinen Assuandamm (der einst als die größte Talsperre der Welt galt) wurden jeweils zu Beginn der Nilschwemme die Schleusentore geöffnet und der fruchtbare Schlamm konnte vom Wasser über den Feldern verteilt werden. Seit 1971 ist jedoch der ca. 6 Kilometer oberhalb von Assuan gelegene, seit 1960 mit technischer und finanzieller Hilfe der Sowjetunion erbaute Hochdamm Sadd el-Ali in Betrieb. 1989 war er mit einer Höhe von 111 Metern über dem Flussbett, einer Länge von 3.830 Metern an der 40 Meter breiten Dammkrone und von 520 Metern an der 980 Meter breiten Basis zwischen den Flussufern der drittgrößte Staudamm der Welt. Südlich des Damms erstreckt sich der durch das aufgestaute Wasser gebildete, bis in den Sudan reichende, 500 Kilometer lange und durchschnittlich 10 Kilometer breite Nassersee, der 164 Milliarden Kubikmeter Wasser aufnehmen kann.

Durch den Hochdamm wird die Nilüberschwemmung aufgefangen und das Wasseraufkommen gleichmäßig über das ganze Jahr verteilt. Die hierdurch erzielte Ertragssteigerung auf den Feldern, die ganzjährige Schiffbarkeit des Nils, die Gewinnung von Energie und neuem Ackerland sowie die als Nahrungs- und Erwerbsquelle nutzbaren Fischbestände des Nassersees sind Vorteile des neuen Damms, denen allerdings auch gewichtige Nachteile gegenüberstehen. Den früher vom Hochwasser gebrachten, fruchtbaren Schlamm müssen die Fellachen heute durch Kunstdünger ersetzen. Dieser und die überreichliche Bewässerung führen letztendlich zu einer Versalzung der Felder. Der fehlende Dünge-Schlamm macht sich auch an der Nilmündung bemerkbar, indem Fisch- und Meerestierbestände zurückgehen. Durch die gesteigerte Strömungsgeschwindigkeit des Flusses drohen Fundamente und Brücken unterspült zu werden. Schädlinge wie Insekten, Ratten und Mäuse werden nicht mehr vom Hochwasser ertränkt und werden zur Plage, die mit chemischen Keulen bekämpft werden muss. Außerdem kommt noch die ständige Angst hinzu, der Damm könnte durch eine Naturkatastrophe oder ganz einfach durch eine Bombe zerstört werden. Wahrscheinlich darf man auch deshalb die der Stadt Assuan zugekehrte Seite des Dammes mit dem Kraftwerk und anderen technischen Anlagen nicht fotografieren. Die in einem solchen Katastrophenfall entstehende Flutwelle würde wohl von dem dicht besiedelten Landstreifen entlang des Nils, der sich Ägypten nennt, nicht mehr viel übrig lassen.

Im Philae-Tempel auf der Nilinsel Agilkia

Unsere nächste Station war die Motorboot-Anlegestelle zwischen den beiden Dämmen, von denen uns eines zur Insel Agilkia mit dem hierher versetzten Philae-Tempel brachte. Die Insel Philae wurde bereits durch die Errichtung des alten Assuan-Dammes von Januar bis Juli fast gänzlich überflutet. Nach der Errichtung des Hochdammes, der einen ständig wechselnden Wasserstand zwischen den beiden Dämmen zur Folge hat, versetzte man die Tempel auf die höher gelegene Insel Agilkia. Diese Aktion wurde von italienischen Spezialisten durchgeführt, dauerte 30 Monate und kostete rund 30 Millionen US-Dollar. Neben dem der Isis geweihten Haupttempel wurden hier auch die Götter Osiris, Nephthys, Hathor sowie die Kataraktgötter Chnum und Satis verehrt. Außer den letzten Pharaonen bauten hier Nekatnebos I, Ptolemäer und Römer Tempel, Kapellen, Kioske, Säulengänge und Vorhöfe. Auffallend sind auch hier wieder die schön gestalteten Säulen.

Auf der Rückfahrt ins Hotel sahen wir uns noch den unvollendeten Obelisken in den Granitsteinbrüchen an. Zur Pharaonenzeit wurde hier der rosafarbene und graue Assuan-Granit (Syenit - Assuan hieß in der Antike Syene) abgebaut. Fotografieren war unmöglich, weil alle Besucher über eine Treppe direkt auf den am Boden liegenden Obelisken stiegen und dann auch darauf stehen blieben, bis der Führer seine Erklärungen beendet hatte. Heute Vormittag waren wohl mehrere Reisegruppen auf die Idee gekommen, den Obelisken zu besuchen. Der Riesenstein war die ganze Zeit von einer 'Menschentraube' bedeckt. Dieser von der Königin Hatschepsut in Auftrag gegebene Obelisk mit einer geplanten Höhe von ca. 42 Metern und einer Grundfläche von über 16 Quadratmetern musste unvollendet liegen gelassen werden, weil sich Risse im Gestein zeigten. Ein Obelisk musste nämlich immer aus einem einzigen Stein bestehen und durfte keinesfalls aus mehreren Stücken zusammengefügt werden. Im Falle des Gelingens hätte Hatschepsut den größten jemals aufgestellten Obelisken für sich verbuchen können.

Jetzt war es um die Mittagszeit und wir hatten das offizielle Programm bereits absolviert. Nach einer kleinen Siesta im Hotel nutzten wir zu siebt den freien Nachmittag zu einer Segelbootfahrt auf dem Nil (8 LE pro Person). Nach etwa 45 Minuten erreichten wir die Anlegestelle eines nubischen Dorfes auf der 5 Kilometer südlich von Assuan gelegenen Insel Sehel. Der (angebliche) Sohn des Bürgermeisters führte uns an einem Steinbruch (mit moderner Steinschneidemaschine, die uns stolz gezeigt wurde) vorbei in das Dorf. Hier hatten alle Häuser eine gewölbte Decke; das ist im Winter warm und im Sommer kühl. Wir durften uns eines der Häuser von Innen anschauen. Rund um einen Innenhof waren verschiedene Zimmer angeordnet. In der Küche standen ein Gasherd und verschiedene halbhohe Schränke, auf denen das Blechgeschirr gestapelt war. Im Schlafzimmer stand neben Bett und Schrank eine Vitrine mit dem Sonntagsporzellan.

Nubisches Dorf auf der Nilinsel Sehel

Jetzt geleitete man uns in eine Art Gastzimmer, in dem wir mit Coca Cola und Fanta bewirtet wurden. Unterdessen führte uns die Hausherrin ihre selbst gemachten Glasperlenketten, gestrickte Baumwollkäppchen, wie sie die Nubier tragen sowie Korbtaschen und ebenfalls aus Korbgeflecht bestehende Wandteller vor. Nachdem wir unsere Getränke bezahlt hatten, ging die Führung weiter durch das Dorf auf einen Hügel, von dem aus man das Dorf von oben und auf der anderen Seite den alten Assuandamm sehen konnte. Unterwegs kamen wir an einigen der berühmten Felsinschriften vorbei, die meistens von Steinbrucharbeitern aus pharaonischer Zeit stammen. Die den Übergang ins zentrale Afrika bildenden und schon richtig schwarzen Nubier werden allgemein als sehr freundlich beschrieben. Zumindest hier hat jedoch der Tourismus sie leider zu aufdringlichen Bakschisch-Jägern werden lassen.

Die beschauliche Rückfahrt zum Hotel dauerte durch den Gegenwind etwas länger als die Hinfahrt, so dass wir insgesamt etwa drei Stunden unterwegs waren. Nach dem Abendessen machten wir noch einen Bummel durch den Bazar. Genau wie in Luxor waren auch hier die Verkäufer und sonstigen einheimischen Passanten nicht so aufdringlich. Viele Geschäfte boten präparierte Krokodilsköpfe, ganze Krokodile, Gazellenköpfe und 3-5 Meter lange Schlangenhäute an. Außerdem sahen wir auch lebende Tiere: zwei nur einige Wochen alte Krokodilbabys (je für 45 LE käuflich zu erwerben), einen Falken und mehrere Schildkröten.

Bei unserer Rückkehr ins Hotel fanden wir einen Zettel von Abdo vor, auf dem er uns mitteilte, dass wir das bei ihm bestellte Taxi, das uns am nächsten Morgen nach Abu Simbel bringen sollte, leider nicht bekommen könnten und daher auch noch niemand für uns bei der Militärpolizei den Tarish (offizielle Erlaubnis, durch das Militär-Gebiet nach Abu Simbel zu fahren) geholt habe. Es sah also ganz so aus, als ob aus unserer Abu Simbel-Fahrt nichts mehr werden würde. Mit dem Misr-Bus (90 DM Zusatzkosten pro Nase) konnten wir ja wegen des fehlenden Tarishs auch nicht mit.

Da wir jedoch nicht so schnell aufgeben wollten, verhandelten wir beide, anfangs noch unterstützt durch die Anwesenheit eines unserer potentiellen Mitfahrer, mit einem vor dem Cataract Hotel stehenden Taxifahrer wegen des Preises für eine Fahrt nach Abu Simbel. Bei 150 LE für fünf Personen wurden wir uns einig, wobei wir aber zuerst das Auto zu sehen verlangten, mit dem wir fahren würden. Der Taxifahrer stand hier nämlich mit einem Kleinbus und verhandelte im Namen seines Bruders, der uns dann morgen früh mit seinem eigenen Wagen fahren sollte. Also chauffierte er uns zwei kurzerhand etwa drei Kilometer weit durch die nahezu stockdunkle Nacht bis zu einem nubischen Dorf, wo er seinen Bruder aus dem Schlaf holte (es war mittlerweile Mitternacht!). Von dem vor dem Haus geparkten Taxi konnten wir in der Dunkelheit nicht sehr viel erkennen, nur dass es ein Peugeot mit 7 Sitzplätzen für Passagiere war; die Brüder beeilten sich uns zu versichern, dass es ein ganz neues Auto sei.

Wir willigten also ein und versuchten nun, den Beiden klarzumachen, dass wir den Tarish unbedingt jetzt noch holen müssten, weil einer unserer Mitfahrer morgen um 14:30 Uhr schon wieder am Flughafen sein müsste (in Wahrheit musste er um 15 Uhr dort sein, aber wir rechneten vorsichtshalber schon mal etwas Zeit für die übliche ägyptische Verspätung ein). Da man für die einfache Strecke nach Abu Simbel mindestens drei Stunden brauchte, konnten wir uns keinerlei Verzögerung leisten (Abfahrt am Kalabsha-Hotel 5:45 Uhr). Die beiden Taxifahrer sahen das schließlich auch ein (vorher wollten sie den Tarish unbedingt erst morgen besorgen) und so fuhren wir weiter zu besagtem Militärposten. Der zuständige Soldat (oder Offizier?) war eigentlich sehr freundlich (man bedenke die späte Stunde!), bot uns Platz an und machte sich an die Schreibarbeit. Nachdem er alles Mögliche aus unseren Pässen abgeschrieben hatte, erklärte er uns, dass wir morgen doch noch einmal vorbeikommen müssten, weil er jetzt keine Stempel dahabe, das dauere aber dann nur noch 2 Minuten. Um 0:30 Uhr waren wir schließlich wieder zurück im Hotel.

Freitag, 3. März 1989

Nach nur ca. 3 1/2 Stunden Schlaf hieß es schon wieder Aufstehen. Nach einem schnellen Frühstück ging es hinaus ins Taxi und ab zum Militärposten. Zuvor hatte der Taxifahrer an der Rezeption noch einmal sämtliche Namen und Passnummern notiert, dabei allerdings eine Person vergessen, weshalb es am Militärposten dann doch ein wenig länger dauerte. Um 6:15 Uhr machten wir uns schließlich 'auf die Piste'. Während der eintönigen, 285 Kilometer langen Fahrt durch die Wüste (nur Sand, Sand, Sand) haben wir die meiste Zeit geschlafen. Um 9:10 Uhr kamen wir endlich in Abu Simbel an. Wir bezahlten 6,50 LE Eintritt (von unseren Studentenausweisen wollte der Mann an der Kasse nichts wissen, es hätten internationale Studentenausweise sein müssen) und besichtigten zuerst den großen Tempel Ramses' II. Dieser und der benachbarte Nefertari-Tempel sind die einzigen Felsentempel des alten Ägyptens. Während alle übrigen Tempel aus Steinen erbaut wurden, hat man diese beiden Tempel mit ungleich größerem Aufwand direkt aus den Felsen herausgehauen.

Vor dem Tempel Ramses' II in Abu Simbel

Die beiden riesigen Bauwerke stammen aus der Zeit Ramses' II (19. Dynastie, 1279-1213 v. Chr.) und wären nach dem Bau des Assuanhochdammes unweigerlich in den Fluten des Nassersees versunken. Aus diesem Grund wurde eine große internationale Rettungsaktion gestartet, um die Tempel 180 Meter weiter landeinwärts (und 64 Meter höher) zu versetzen. Mit Spezialwerkzeugen wurden die Tempel in Einzelblöcke zersägt, zwischengelagert und später am neuen Standort mit einem Spezialmörtel wieder zusammengefügt. Der Felsen, in den die Tempel ursprünglich gehauen waren, wird heute von einer Stahlbetonkuppel ersetzt, deren Außenseite man mit aufgehäuften Erd- und Felsmassen verkleidete. Die Versetzungsarbeiten dauerten gut 4 Jahre und kosteten die UNESCO rund 42 Millionen Dollar.

Die im großen Tempel verehrten Götter Amun-Re, Re-Harachte, Ptah und Ramses II selbst wurden nicht wie in anderen Tempeln als Statuen verehrt und an bestimmten Festtagen auf dem Tempeldach (das es hier ja nicht gab) der Kraft der Sonne (sozusagen zum 'Nachtanken') ausgesetzt. Vielmehr waren ihre vier Statuen im Allerheiligsten ebenfalls aus dem Felsen gehauen und der ganze Tempel so ausgerichtet, dass während der beiden Tagundnachtgleichen die ersten Strahlen der aufgehenden Sonne tief in den Tempel eindringen und diese Statuen berühren konnten. Durch den neuen Standort verschiebt sich dieses Phänomen nun allerdings um jeweils einen Tag.

Kolossalfiguren Ramses' II in Abu Simbel

Die Fassade des größeren Tempels ist mit vier riesigen Kolossalstatuen Ramses' II geschmückt; bei der Figur links des Einganges fehlen seit langer Zeit Kopf und Rumpf. Neben und zwischen den Beinen dieser Figuren stehen überlebensgroße Statuen von Mitgliedern seiner Familie. Die sonst üblicherweise an der Außenseite des Eingangspylons verherrlichten Kriegstaten des Königs (symbolisches Erschlagen der Feinde) wanderten hier auf die Innenseite der Eingangswand. In der anschließenden großen Pfeilerhalle stehen an insgesamt 8 Pfeilern je zwei Kolossalfiguren Ramses' II. Außer der kleinen Pfeilerhalle, von der aus man durch einen Quersaal ins Sanktuarium gelangt, gibt es noch mehrere Seitenräume, die wohl zur Aufbewahrung von Kultgegenständen dienten. Überall sind farbige, sehr gut erhaltene Reliefs zu bewundern.

Nefertari-Tempel in Abu Simbel

Nachdem wir auch den kleineren Nachbartempel, der der Hathor und der vergöttlichten Lieblingsgemahlin des Ramses, Nefertari geweiht war, angeschaut hatten (auch hier kolossale Figuren und schöne, farbige Reliefs), besichtigten wir noch das Innere der Kuppel über dem Ramses II-Tempel. Verblüffend ist, dass man innerhalb der Tempel keine Spur von den Versetzungsarbeiten (bei denen der Fels schließlich in relativ kleine Blöcke zersägt wurde, was eine beträchtliche Anzahl von Nahtstellen nach sich zog) bemerkt. Durch einen sich anbahnenden Sandsturm war das Fotografieren außerhalb der Tempel recht schwierig. Dieser Sandsturm erwischte uns dann auf der Rückfahrt voll. Wir kamen trotzdem überpünktlich um 14:15 Uhr am Flughafen von Assuan an, lieferten unseren Mitreisenden, der nun zu einer Woche Badeurlaub nach Hurghada flog, dort ab und waren um 14:30 Uhr wieder in unserem Hotel, wo wir uns anschließend an bzw. in den Pool begaben.

Die Anderen, die mit dem Misr-Bus um 7 Uhr abgefahren waren, kamen erst um 18:40 Uhr völlig geschafft zurück. Sie erzählten, dass sie bereits auf der Hinfahrt Bekanntschaft mit dem Sandsturm gemacht hätten und in Abu Simbel seien sie nur vom Bus in den ersten Tempel, von dort dann in den zweiten Tempel und wieder zurück in den Bus gehuscht; sich draußen aufzuhalten oder gar die Tempel zu fotografieren wäre völlig unmöglich gewesen. Nach dem Abendessen machten wir zwei noch einen recht langen Spaziergang durch die Stadt, über den Bazar und am Nil entlang. Kurz nach 23 Uhr kehrten wir ins Hotel zurück.

Samstag, 4. März 1989

Da unsere nach Deutschland zurück fliegenden Reisegenossen heute um 8 Uhr zum Flughafen gebracht wurden, gingen wir ca. 20 Minuten vorher auch zum Frühstück, um uns von ihnen zu verabschieden. Anschließend legten wir uns noch mal hin und packten gegen Mittag unsere Sachen zusammen, denn obwohl unser Flug nach Kairo erst am Abend ging, mussten wir nun unser Zimmer räumen. Das Gepäck kam im Kofferaufbewahrungsraum des Hotels unter und wir verbrachten den Nachmittag am Pool. Gegen Abend machten wir noch einen kleinen Spaziergang durch den Garten des Cataract-Hotels, tranken einen Tee auf der Nilterrasse und schauten später mal nach, was das für ein Fest war, das wir schon seit mehreren Tagen bzw. Nächten auf dem Hügel hinter unserem Hotel neben einer Moschee oder etwas ähnlichem gesehen bzw. gehört hatten. Da hier jedoch außer den recht böse blickenden Einheimischen kein einziger Tourist zu sehen war, kehrten wir schnell wieder um. Es sah ganz so aus, als wollten die Leute wenigstens hier ihre Ruhe vor uns Ausländern haben.

Bis zum Abendessen warteten wir noch etwa eine Stunde lang in der Hotelhalle. Anschließend setzten wir uns zu einer neu angekommenen Gruppe von Deutschen. Einige Zeit später fragte der Oberkellner nach unserer Zimmernummer. Da der Rest unserer Gruppe heute Morgen ausgecheckt hatte, erklärte er uns, dass wir das Abendessen bezahlen müssten. Wir weigerten uns und sagten, Abdo hätte uns zugesichert, wir könnten erstens das Zimmer länger als 12 Uhr behalten (was uns jedoch nicht so wichtig gewesen war) und zweitens auch noch kostenlos zu Abend essen. Nach einem Telefonat mit Abdo, bei dem dieser versprach, das mit den Hotelangestellten zu klären, dauerte es noch einige Zeit, bis er dann zusammen mit seiner Verlobten und dem Bus, der uns zum Flughafen bringen sollte, ankam. Er und drei oder vier weitere, ebenfalls anwesende Misr-Reiseleiter sprachen mit den Hotelangestellten und erklärten uns dann, wenn wir die Rechnung nicht bezahlen würden, ließe man uns nicht auschecken (man hielt unser Gepäck zurück) und wir würden das Flugzeug verpassen. Wir weigerten uns immer noch, zu zahlen, da das Ganze ja auf einem Missverständnis beruhe und ein Fehler von Abdo sei. Daraufhin hieß es, der Bus warte noch 5 Minuten; wenn wir dann nicht kämen, müssten wir eben hier bleiben. Tatsächlich fuhr der Bus dann auch ab. Nachdem wir noch einige Zeit diskutiert hatten, blieb uns doch nichts anderes übrig, als den Wucherpreis von 39 LE zu zahlen. Daraufhin verzog sich Abdo mit seiner Verlobten ins Restaurant. Der Bus war schon einige Zeit weg; wir standen also ganz alleine da.

Schließlich fuhren wir mit einem Taxi, das wir von den anfangs geforderten, utopischen 15 wegen der knappen Zeit nur auf immer noch recht teure 8 LE herunterhandelten (viel mehr hätten wir auch gar nicht mehr gehabt), zum Flughafen. Von zwei weiteren Mitgliedern unserer Reisegruppe, die im Cataract-Hotel gewohnt hatten und ebenfalls erst jetzt nach Kairo flogen, erfuhren wir, dass sie auf ihre Frage nach uns zur Antwort bekommen hätten, wir kämen mit dem Taxi nach. Sämtliche Reiseleiter waren also von Anfang an überzeugt gewesen, dass wir ja sowieso bezahlen würden und hatten sich dementsprechend wenig um unsere Beschwerde gekümmert. Besonders von Abdo hätten wir das nicht gedacht, aber mit dem Ende der Rundreise endete auch seine Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft. Wir haben jedoch im Hotel und auch gegenüber den Reiseleitern zum Ausdruck gebracht, dass wir die dementsprechende Reklame für sie machen werden.

Das Flugzeug hatte Verspätung und so waren wir eigentlich noch viel zu früh am Flughafen (im Taxi hatten wir schon Angst gehabt, wir kämen zu spät). Um 22:30 Uhr saßen wir endlich in der Maschine der Kuwait-Airlines nach Kairo. Dieses Flugzeug war zwar ungefähr genauso lang, wie das, was uns von Frankfurt nach Kairo gebracht hatte, aber bedeutend schmäler (nur je 3 Sitze links und rechts des Mittelganges) und die Richtungsänderungen waren viel deutlicher zu spüren. Um ca. 24 Uhr waren wir in Kairo, wo ich einem Misr-Mitarbeiter, der uns zum Hotel begleiten sollte, meinen Zettel aushändigte, den ich in Frankfurt für das Überlebensmesser bekommen hatte. Bei der ersten Landung in Kairo hatte ich das Messer nämlich völlig vergessen. Der Mann versprach, das Messer später abzuholen und mir dann ins Hotel zu bringen. Jetzt ging es per Mercedes ins Kemet-Hotel, wo uns ein Zimmer im 11. Stock zugewiesen wurde. Bevor der Misr-Mensch verschwand, sagte er noch, dass wir um 7 Uhr aufstehen müssten (7:30 Uhr Frühstück, 8 Uhr Abfahrt). Um 1 Uhr lagen wir dann endlich im Bett. Den Wecker stellten wir auf 6:15 Uhr, weil wir morgens noch einmal ausgiebig duschen wollten (wer weiß, wann sich die nächste Gelegenheit zu einer Dusche bieten würde!).

Sonntag, 5. März 1989
Morgendlicher Blick von unserem Balkon auf das Häusermeer Kairos

Nach einer anfangs heißen, zum Schluss nur noch kalten Dusche und einem nicht mehr ganz so guten Frühstück wie in den anderen Hotels wurde die Gruppe der Sinai-Safari mit zwei Jeeps abgeholt. Wir waren 10 Personen; begleitet wurden wir von Abdallah und Hassan, die beide zugleich Reiseleiter und Fahrer waren. Als Erstes wurde uns eröffnet, dass wir möglichst alles Unnötige im Hotel lassen sollten - das war bei uns unmöglich, denn das Umpacken hätte mindestens eine Stunde gedauert (warum hatte man uns das nicht gestern Abend gesagt?). Also ging es mit dem gesamten Gepäck in den Aufzug und hinaus vor das Hotel, wo wir zum ersten Mal die beiden Jeeps sahen - sie erschienen uns recht klein, besonders, da nur einer von ihnen einen Gepäckträger hatte. Aber das ganze Gepäck incl. Verpflegung und Geschirr passte darauf. In jeden Jeep kamen 6 Leute und ab ging es in Richtung Sinai.

Wir fuhren noch recht lange durch irgendwelche Vororte von Kairo, unter anderem auch am Grabmal des Unbekannten Soldaten vorbei, einem Beton-Kriegerdenkmal in Form einer Pyramide. Hier wurde am 6.10.1981 der damalige Präsident Sadat während einer Militärparade von moslemischen Extremisten erschossen. Sein Grabmal befindet sich unter dem Monument. Nachdem wir die Stadt hinter uns gelassen hatten, sahen wir bis Suez (ca. 130 Kilometer, aber auf einer recht guten Asphaltstraße) nur noch Wüste.

Der Suezkanal von der Sinai-Seite. Wir standen nun in Asien und schauten hinüber nach Afrika

Die 320.000 Einwohner zählende Stadt erlangte erst mit dem Bau des Suezkanals Bedeutung; sie bildet dessen südlichen Endpunkt, während Port Said der nördliche Endpunkt ist. Da es hier außer dem Hafen, Werften und Fabriken keine Sehenswürdigkeiten gibt, besuchten wir die Stadt selbst nicht, sondern fuhren 17 Kilometer nördlich von Suez durch den Ahmed-Hamdi-Tunnel (seit 1982 in Betrieb) unter dem Suezkanal hindurch. Nach dem Muster dieses ersten Tunnels sollten in nächster Zukunft noch drei weitere Tunnels gebaut werden, um den Personen- und Warenverkehr zwischen dem Sinai und den Städten am Nil zu erleichtern. (Anmerkung von 2005: Ich habe keine Ahnung, ob mittlerweile einer dieser Tunnel gebaut wurde, wage es aber zu bezweifeln). Der Suezkanal stellt eine Verbindung zwischen Mittelmeer und Rotem Meer her und trennt gleichzeitig die beiden Kontinente Afrika und Asien. Drüben angekommen, hielten wir zu einem kurzen Fotostopp am 171 Kilometer langen, bis zu 20 Metern tiefen, an der Oberfläche mindestens 140 Meter und an der Sohle mindestens 80 Meter breiten Kanal.

Die Halbinsel Sinai hat die Form eines spitzwinkligen Dreieckes, das im Westen vom Golf von Suez, im Osten vom Golf von Aquaba und im Norden vom Mittelmeer begrenzt wird. Auf 50.000 Quadratkilometern Fläche mit einer Küstenlänge von fast 750 Kilometern leben ca. 180.000 Menschen, die jedoch hauptsächlich in den großen Städten wie El-Quantara, El-Arisch oder El-Quseima wohnen. Ungefähr 50.000 von ihnen sind halbnomadische Beduinen, die fast ausnahmslos in den Oasen kleine Landwirtschaften betreiben. Den Norden des Sinai bildet ein verkarstetes Wüstenplateau, das in Nord-Süd-Richtung von den zahllosen Fingern des Wadi el-Arisch zerschnitten wird. An der Mittelmeerküste mit ihren palmenbewachsenen Sandstränden wird großflächiger Olivenanbau betrieben. Hier liegt auch der 168 Quadratkilometer große Bardawil-See, der durch eine schmale Landzunge vom Mittelmeer abgetrennt wird. Einige Experten halten diese Stelle für das biblische 'Rote Meer', das Jahwe für die Israeliten teilte und über den Ägyptern wieder zusammenschlagen ließ.

Der Süden des Sinai wird von einem bizarr zerklüfteten Gebirge aus magmatischem Tiefengestein wie Gneis, Porphyr, Granit und metamorphem Schiefer gebildet. Die höchsten Erhebungen sind der Gebel Serbal (2.070 Meter), der Gebel Musa (Mosesberg, 2.285 Meter), an dessen Fuß das Katharinenkloster liegt und der Gebel Katerin (2.637 Meter). Zur Zeit der Pharaonen wurden hier Bodenschätze wie Gold, Kupfer und hauptsächlich Türkise abgebaut; diese Vorkommen wurden auch weitgehend erschöpft. Heute werden hier Rohstoffe wie Mangan (Verschiffung in Abu Zenima) und Erdöl (Ras Sudr und Abu Rodeis) gewonnen.

Wir fuhren zuerst am Kanal entlang und besichtigten die gegenüber von Suez liegenden Überreste eines Bunkersystems, das während der israelischen Besetzung des Sinai von 1967 bis 1973 zum Schutze der Stadt Suez und der Kanaleinfahrt von den Israelis errichtet wurde. Nachdem die Ägypter 1973 einen Gebietsstreifen östlich des Kanals zurückerobert hatten, wurde im israelisch-ägyptischen Friedensvertrag vom März 1979 eine Rückgabe des gesamten Sinai an Ägypten bis März 1982 vereinbart. Die hiesigen Bunker ließ man als eine Art Kriegsdenkmal stehen. Jetzt fuhren wir am Roten Meer (Golf von Suez) entlang nach Süden.

Nachdem wir eine Gruppe von Ausgräbern, die gerade in einem neu aufgefundenen römischen Dorf buddelten, besucht hatten (Fotografieren war hier streng verboten), wurde bei den fast benachbarten Mosesquellen (Ain Musa), 15 Kilometer südöstlich von Suez, das Mittagessen eingenommen. Die einst 12 Quellen lieferten Wasser in unterschiedlicher Temperatur und Salzbeimengung. Sie sind heute jedoch größtenteils versiegt bzw. vom Sand zugedeckt. Der Legende nach soll Moses die größte von ihnen genießbar gemacht haben, indem er ein Stück Holz hineinwarf. Unser Essen, das wir gemeinsam zubereiteten, bestand aus einem aus Paprika, Zwiebeln, Tomaten und Gurken zubereiteten Salat sowie Brötchen mit Thunfisch und Käse.

Ali in der open-air-Küche im Haus der Beduinen

Bei Abu Zenima, wo wir in einer Cafeteria einen Tee tranken, kam der Beduine Ali als ein weiterer Fahrer in unsere Gruppe. An dieser Stelle verließen wir die Küstenstraße und fuhren Richtung Osten in die Wüste. 'Off Road' ging es durch das gesamte Wadi Matalla (wunderschöne Landschaft) zu unserem heutigen Nachtlager, dem Haus eines Beduinen vom Elgat-Stamm namens Selim, der mit seiner Familie mitten in der Wüste wohnte. Wir kamen erst an, als es schon dunkel war. Im spärlichen Licht der Taschenlampen wurde das Gepäck abgeladen und auf die zwei uns zur Verfügung gestellten Schlafräume verteilt. Zwischen diesen befand sich das eigentliche Haus (das wir nicht betreten durften) und ein großer, nur teilweise überdachter Raum zum Kochen und Essen. Es gab Fladenbrot, Salat, Nudeln (Makkaroni) mit Hackfleischsoße und eine Art Frikadellen. Alles schmeckte sehr gut.

Nach dem Essen stellte sich jeder kurz vor (Name, Wohnort, Beruf, Alter usw.). Da wir in dieser Woche 24 Stunden am Tag zusammen sein, also eine Art 'Familie' bilden würden, sollte man sich schon ein wenig kennen lernen. Anschließend machten wir draußen ein großes Feuer und Hassan erzählte vom Sinai, von den Beduinen, von unserer Reiseroute usw. Er konnte sehr gut erzählen; außerdem war sein Englisch viel deutlicher und auch viel leichter zu verstehen als das von Abdallah. Später erfuhren wir, dass Hassan (der übrigens Innenarchitekt ist) einige Jahre in London gelebt hatte und auch mit einer Engländerin verheiratet gewesen war. Geschlafen haben wir gleich hier am Feuer unter einem ganz tollen Sternenhimmel. So viele Sterne und vor allem Sternschnuppen sieht man bei uns zu Hause nie.

Unsere Safari-Genossen waren alle sehr nett; ein riesengroßer Unterschied zu den Leuten von der Rundreise, wo wir mit den meisten Mitreisenden fast keinen Kontakt hatten und nur von 6 oder 7 Personen Namen, Beruf und Wohnort wussten. In dieser neuen Gruppe war beispielsweise ein seit 13 Jahren verheiratetes Paar; sie Deutsche, er Ägypter mit deutscher Staatsbürgerschaft. Im Urlaub kommen sie immer nach Ägypten. Eine Sinai-Tour (allerdings mit anderer Route) hatten sie vor zwei Jahren schon einmal gemacht. Für uns war es sehr vorteilhaft, dass ein in Deutschland lebender Ägypter dabei war; nicht nur, weil er einen prima Salat machte, sondern auch weil er viele der arabischen Wortwechsel zwischen Hassan, Ali, Abdallah und ihm selbst für uns übersetzen konnte.

Montag, 6. März 1989
Ausblick während des Aufstiegs durch das Wadi Rod el-Air

Nach einem Frühstück mit Brötchen, Käse, Tee und Kaffee fuhren wir mit den Jeeps zum Fuß eines nahe gelegenen Berges (das Gepäck hatten wir zurückgelassen). Unter der Führung von Selim begannen wir den Aufstieg durch das Wadi Rod el-Air (Tal der Esel - wegen des Eselspfades, auf dem wir nun herumbalancierten), an dessen Felswänden altägyptische Inschriften und Zeichnungen unter anderem Schiffe darstellen, zum einzigen Tempel auf der gesamten Sinai-Halbinsel, Serabit el-Chadim. Die Überreste dieses Tempels, den die Pharaonen für die Minenarbeiter errichten ließen, erreichten wir nach ca. 1 1/2 Stunden. Er war der Hathor, der Herrin des Türkises, geweiht. In einem scheinbar chaotischen Durcheinander standen und lagen hier mit Hieroglyphen und Reliefs bedeckte Felsstücke herum. Unterwegs sahen wir noch eine antike Türkismine. Während des Gehens unterhielten sich Selim und meine Freundin, von denen keiner die Sprache des Anderen konnte, mit Händen und Füßen und verstanden sich dabei prächtig.

Ausblick von Serabit el-Chadim. Tief unten im Tal sahen wir drei Wanderer - von hier aus waren sie nur als winzige, sich bewegende Punkte auszumachen

Nachdem wir auf der anderen Seite des Berges in einer steilen Schlucht wieder herunter geklettert waren, ging es mit den Jeeps, die uns hier erwartet hatten, zurück zum Haus unseres Gastgebers. Das Mittagessen wurde zubereitet und eingenommen, danach das Gepäck aufgeladen und dann fuhren wir weiter in Richtung Katharinenkloster.

Festgefahrener Jeep

Das Autofahren in der Wüste machte sehr viel Spaß. Es holperte zwar und man wurde hin- und hergeschüttelt, aber es war lange nicht so schlimm, wie wir es uns vorgestellt hatten. Unsere Begleiter konnten alle sehr gut fahren; auch war das für sie keine lästige Routine, sondern es machte ihnen selbst riesigen Spaß. Heute spielten sie beispielsweise folgendes Spiel: Jeder fuhr mit seinem Jeep (mit entsprechendem Anlauf) ganz schnell eine steile Düne hinauf. Der Trick dabei war, dass man erst ganz oben zum Stehen kommen durfte, aber auch nicht auf der anderen Seite wieder hinunter rollen sollte. Das Ganze wurde dann 8-10 Mal probiert. Auch bei der normalen Fahrt durch die Wüste - ein herkömmliches Auto hätte hier keine Chance - hatten sie ein ganz schönes Tempo drauf: meist zwischen 50 und 70 Stundenkilometern. Da kam es dann auch schon mal vor, dass sich einer der Jeeps im Sand festfuhr und mit vereinten Kräften wieder befreit werden musste.

Eines der vielen wunderschönen Wadis - Wege oder gar Straßen gab es nicht, bestenfalls solche ausgefahrenen Jeepspuren

Heute fuhren wir durch das Wadi Siah, das Wadi Borak und das Wadi Laboa; in letzterem war ein Echo zu bewundern. Es kann übrigens sein, dass die Schreibweise der Wadis falsch ist, weil wir die Namen immer nur von unseren Begleitern hörten und ich sie so aufgeschrieben habe, wie ich denke, dass es richtig ist. Wege oder gar Straßen gab es hier nicht; bestenfalls folgten wir ausgefahrenen Jeepspuren.

Diese Nacht verbrachten wir in einem Zeltcamp in der Nähe des Katharinenklosters. Auch hier kamen wir erst an, als es schon dunkel war. Obwohl die Zelte sehr groß waren, bekamen wir eines für unsere Gruppe allein. In der Küche des Camps konnten wir kochen und essen - es gab Nudelsuppe und Huhn mit Reis. Außerdem hatten sie dort richtige Toiletten und einen Freiluft-Waschraum (allerdings nur mit kaltem Wasser). Nach dem Essen machten wir noch ein Feuer und tranken Tee.

Dienstag, 7. März 1989

Eigentlich wollten wir am nächsten Morgen schon um 3 Uhr losfahren, um den 2.285 Meter hohen Mosesberg zu besteigen (800 Meter Höhenunterschied zur Talsohle) und von dort oben den Sonnenaufgang anzuschauen. Da wir jedoch alle sehr faul und müde waren und sich außerdem keiner so richtig für das Wecken der Gruppe verantwortlich gefühlt hatte, standen wir erst eine ganze Weile später auf. Die Zeiger der Uhr standen schon auf 4, als wir uns endlich von unserem Kaffee losreißen konnten und das Camp verließen. Nach einer relativ kurzen Fahrt erreichten wir den Anfang des im 19. Jahrhundert von der ägyptischen Regierung angelegten Aufweges, der Abbas Pasha Road (eher ein Kamelpfad), der am so genannten Eliasplateau auf den erheblich steileren Treppenweg trifft, der vor Urzeiten von den Mönchen angelegt wurde. Ab hier sind es dann noch ca. 1.000 Stufen bis zum Gipfel, auf dem sich eine Dreifaltigkeitskapelle und eine kleine Moschee befinden. Da wir bereits so viel Zeit verloren hatten, mussten wir uns ganz schön beeilen, um rechtzeitig oben zu sein. Der Weg war deshalb recht beschwerlich (besonders am Anfang, als es noch stockdunkel war und man über jeden Stein stolperte). Zudem hatten wir alle noch Pullover und Jacken dabei, die wir auf dem kalten, windigen Gipfel sehr gut, während des Aufstieges jedoch gar nicht gebrauchen konnten. Wir waren jedenfalls alle schon bald in Schweiß gebadet.

Am ersten Rasthaus (einem kleinen, gemauerten Häuschen, in dem Tee verkauft wurde) glaubten wir, doch bereits mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt zu haben - Abdallah belehrte uns eines Besseren: es war erst das erste Viertel. Den halben Weg habe man zurückgelegt, wenn man an den Fuß der Treppenstufen käme. Hassan, der diese Strecke ja kannte, war unten bei den Jeeps geblieben und schlief jetzt wahrscheinlich friedlich, während wir uns hier abkämpften. Bei den Stufen angekommen, wurde es erst richtig schwierig. Es handelte sich nämlich um Steine und Felsplatten, die so angeordnet waren, dass man darauf wie auf einer Treppe hinaufsteigen konnte, wobei die Stufen unterschiedlich tief und oft recht hoch waren. Nach 2 Stunden und 10 Minuten hatten wir es endlich geschafft, aber die Sonne war auch schon fast vollständig aufgegangen. Wir hatten jedoch von unterwegs auch einen schönen Blick auf den östlichen Horizont gehabt und waren auch stehen geblieben, um den Sonnenaufgang zu genießen. Der Blick von hier war wohl kaum anders als der vom Gipfel, wo sich - wie wir etwas später feststellten - ca. 30 Menschen drängelten. Wir hatten eigentlich hier oben noch mehr Leute erwartet; es waren uns aber auf dem letzten Teilstück auch schon einige begegnet, die bereits wieder hinunter stiegen.

Blick vom Mosesberg auf das Eliasplateau Erster Blick auf das Katharinenkloster - der Weg dorthin war allerdings noch weit!

Vom Gipfel des Mosesberges konnten wir sehr weit sehen, beispielsweise die Kapelle auf dem benachbarten Katharinenberg, den Aufweg unter uns und rundum die phantastische Berglandschaft des Süd-Sinai. Im Vorratsraum eines Beduinen, der hier oben Tee und Süßigkeiten verkaufte und ein Bekannter von Abdallah war, zündeten wir ein Feuer an, wärmten unser mitgebrachtes Fladenbrot, kochten Tee und frühstückten in aller Ruhe, bevor wir uns an den schwierigen Abstieg über 3.750 Stufen zum Katharinenkloster machten. Das Kloster öffnete um 10 Uhr; dann strömten natürlich alle, die vom Berg gekommen waren, hinein - deshalb wollten wir extra erst später dort ankommen und legten zu diesem Zweck unterwegs noch eine kleine Siesta ein. Hierzu verließen wir den Stufenpfad und kletterten den Felsen hinauf zu einer einstigen Einsiedelei - wie der Mönch hier einst inmitten der Felsen leben konnte, war uns allen ein Rätsel.

Im Katharinenkloster

Schließlich im Katharinenkloster angekommen, schauten wir uns die justinianische Basilika, deren älteste Teile aus dem 6. Jahrhundert stammen, von Innen an (russisch-orthodox, sehr viele Ikonen, alles mit Gold überladen, für unseren Geschmack zu kitschig). Die angrenzende Kapelle des brennenden Dornbusches, wo Jahwe dem Moses erschienen sein soll, dürfen Touristen nicht betreten. Wir sahen sie nur von Außen (runde Kuppel im Foto rechts), außerdem den 'Ableger' oder 'Nachfahren' des brennenden Busches genau dahinter. Dessen Wurzeln sollen bis in die Kapelle reichen und wie man uns sagte, soll es nicht möglich sein, ihn durch weitere Ableger an anderen Orten anzusiedeln.

Innerhalb des Klosters gibt es auch eine fatimidische Moschee; allerdings wohl nur deshalb, weil sich die Mönche in früheren Jahrhunderten von den Moslems bedroht fühlten und sich durch den Moscheebau, der das ganze Kloster schnell auch in eine heilige Stätte des Islams verwandelte, schützen wollten. Zuletzt besichtigten wir noch das Beinhaus der Mönche, wo die verschiedenen Knochenarten in getrennten Räumen aufgehäuft lagen. In einem Glaskasten hockte das Skelett eines Mönches, der sein Leben lang den Treppenpfad bewacht haben soll. Das Ganze sah sehr gruselig aus und wir konnten nicht verstehen, dass manche Leute sich Postkarten kauften, auf denen dieser Anblick abgebildet war.

Zu unseren Jeeps zurückgekehrt, fuhren wir in den nahe gelegenen Ort Katharin, wo wir nach der obligatorischen Pass-Registrierung für alle übrigen Mitglieder der Sinai-Gruppe die Gelegenheit nutzten, um etwas Geld umzutauschen. (Seit dieser Essensgeschichte in Assuan waren wir beide nämlich mehr oder weniger blank!) Dann kehrten wir ins Camp zurück und während das Mittagessen zubereitet wurde, wuschen wir zwei uns die Haare - dass das Wasser eiskalt war, machte uns fast gar nichts aus; es war wundervoll, den Dreck und Staub nicht mehr zu spüren. Schon gestern haten uns Hassan und Abdallah gezeigt, wie man sich aus einem Tuch eine ordentliche Beduinen-Kopfbedeckung band, denn die Kombination aus Fahrtwind und Staub ließ ungeschütztes Haar schnell zu einer fast nicht mehr kämmbaren, verfilzten Masse werden. Von nun an achteten wir sehr darauf, dass insbesondere während der Jeepfahrten immer alle Haare unter dem Tuch verborgen waren. Zum Mittagessen gab es Brot, jede Menge Salat, gebratene Würstchen und natürlich Tee. Nachdem ein am Vortag bereits einmal geflickter Reifen, der wieder Luft verloren hatte, nochmals repariert worden war, ging die Fahrt weiter in Richtung auf Nuweiba am Golf von Aqaba.

Unser heutiges Nachtlager, eine Oase im (?) Wadi Chudra, konnten wir auf zwei verschiedenen Wegen erreichen. Erstens nach einem kurzen, steilen Abstieg in das Wadi auf dem Rücken von Kamelen und zweitens im Jeep ganz außen um die Berge herum. Wir beide wählten natürlich den Kamelritt - hatten aber leider keinen Fotoapparat mitgenommen. Dies war doch gleich etwas ganz anderes, als der Ritt auf den aneinander gebundenen Kamelen in Gizeh. Hier hatte jeder die Zügel seines Tieres und ein kleines Stöckchen in der Hand. Die Tiere waren sehr aufmerksam und reagierten auf das kleinste Ziehen am Zügel, so dass uns dieser etwa 1 1/2 Stunden dauernde Ritt wirklich großen Spaß machte.

'Unsere' Kamele in der Oase Feiran

In der Oase angekommen, mussten wir noch ziemlich lange auf die Jeeps warten. Die Beduinen, die uns begleitet hatten, sattelten die Kamele ab und zündeten ein Feuer an. Das war sehr angenehm, da es mit zunehmender Dunkelheit auch immer kälter wurde. Einige der Beduinen waren taubstumm und verständigten sich mit den anderen in Zeichensprache, andere schienen leicht geistig behindert zu sein. Hassan erklärte uns später, das komme daher, dass innerhalb der Stämme oft Inzucht herrsche. Sie waren jedoch alle sehr nett und boten uns Tee an. Auch als wir später unser eigenes Feuer mit dem tagsüber gesammelten Holz anzündeten, kümmerten sie sich darum und versuchten sich auch sonst nützlich zu machen.

Natürlich ließen wir sie im Gegenzug an unserem Abendessen teilhaben. Es gab Makkaroni mit Hackfleischsoße, eine Art Kartoffelauflauf (ganz dick in Alufolie eingewickelt und mitten in die Glut gelegt) und wieder Unmengen von Salat. Heute saßen wir nicht mehr so lange am Feuer, denn es blies ein recht kalter Wind, von dem man aber nichts mehr spürte, wenn man erst einmal in seinem Schlafsack lag. Überhaupt waren wir schon recht anspruchslos geworden - über die Vorsichtsmaßnahmen, die wir auf der Rundreise ergriffen hatten (keinen Salat, kein Obst, nur im Hotel essen) konnten wir jetzt nur noch lachen. Als mir das Brot einmal beim Erwärmen über dem Feuer in die Asche fiel, holte Abdallah es heraus, wischte es einfach an seiner Jeans ab und gab es mir wieder. Wir tranken Wasser aus den verschiedenen Brunnen - keiner dachte an Wassertabletten, die es keimfrei gemacht hätten. Die Leute hier waren zwar in unseren Augen arm, aber sie waren glücklich und hatten alles, was sie brauchten. Stress und Hektik kannten sie nicht - darum konnten wir sie nur beneiden.

Mittwoch, 8. März 1989
Im Wadi Nachiel

Am nächsten Morgen zahlten wir den Beduinen je 5 LE für den Kamelritt und fuhren weiter; zuerst durch das Wadi Chudra, dann durch das Wadi Nachiel, wo wir zunächst einige Winterzelte der Beduinen an einem Baum hängen sahen und natürlich anhielten, um sie genauer zu betrachten, während unsere Begleiter uns von der besonderen Lebensweise der Beduinen erzählten. Später bewunderten wir einen pilzförmigen Felsen (im Foto ganz rechts), der wohl vor vielen Jahrmillionen entstand, als die damals durch die Wadis strömenden Wassermassen die weicheren Sedimente auswuschen und nur die harten Gesteine übrig blieben.

Im Colour-Canyon; leider sieht man auf dem Foto auch nicht ansatzweise, welche tollen Farben die Felsen hatten

Nun ging es weiter zum Colour Canyon. Hier brauchten wir wieder unsere Bergsteigerschuhe, denn wir kletterten zuerst auf einem schmalen Pfad hinunter auf die Talsohle und anschließend durch die durchschnittlich nur 0,5 bis 1 Meter breite Schlucht. Hier musste man einmal durch ein Loch zwischen zwei großen Steinen hindurch kriechen und irgendwie auf den erst ca. 2 Meter tiefer weitergehenden Pfad hinunter kommen. Solche Stellen, an denen es urplötzlich 1,5 bis 2,5 Meter tiefer weiterging, folgten dann noch mehrfach. Aber der Weg lohnte sich wirklich; das Wasser, das vor Jahrmillionen hier durchfloss und den Stein ausgewaschen hat, hinterließ wunderbare Farben und Felsformationen. Auf der anderen Seite der Schlucht erwarteten uns wieder die Jeeps. Um zu ihnen zu gelangen, mußten wir allerdings erst wieder auf die Höhe des Wadis hinaufsteigen.

Phantastische Landschaft im Süd-Sinai

Jetzt fuhren wir die letzten 30 km (weiterhin im Wadi Nachiel) inmitten der phantastischen Landschaft des Süd-Sinai mit seinen zerklüfteten Felsengebirgen, weiten Tälern und engen Schluchten, die dazwischen liegenden großen Sandflächen nur hier und da von ein paar Akazienbäumen aufgelockert, nach Nuweiba, einem kleinen Badeort am Roten Meer, von wo aus eine regelmäßige Fährverbindung mit Aqaba in Jordanien besteht. Dort angekommen, bewunderten wir zuerst den Golf von Aqaba mit den gegenüber gerade noch sichtbaren Bergen Saudi-Arabiens und aßen anschließend in einer Bedwin Cafeteria direkt am Strand zu Mittag (natürlich selbst gekocht!). Während des Essens unterhielt uns ein englischer Globetrotter mit seiner Gitarre. Danach badeten wir zum ersten Mal im Roten Meer. Das Wasser war schön warm, allerdings sehr salzhaltig. Das Fotografieren haben wir natürlich wieder mal vergessen.

Gegen Abend fuhren wir an der Küste entlang nach Süden bis zu dem kleinen Ort Dahab, wo wir in einem malerischen Wadi unser Lager aufschlugen. Zu essen gab es Fische aus dem Roten Meer, die wir bei einem Fischer in Nuweiba gekauft hatten und jetzt einfach in Alufolie grillten; dazu gab es Reis und Salat. Dieser Abend war außergewöhnlich warm, so dass wir länger als gewöhnlich am Feuer saßen. Bei Manchen war es sogar fast schon hell, als sie endlich in ihre Schlafsäcke krochen.

Donnerstag, 9. März 1989
An der Bucht von Dahab

Der heutige Tag sollte ganz dem Schnorcheln an den wunderbaren Korallenriffen des Roten Meeres gewidmet sein. Wir fuhren zuerst an den Strand von Dahab; hier war es aber ziemlich windig (optimales Surfwetter, aber weit und breit kein Brett zu sehen), was für das Schnorcheln jedoch ungünstig ist, so dass wir uns nur ca. 1 1/2 Stunden in die Sonne legten und mit dem Schnorcheln bis Sharm el-Sheik warten wollten. Einer unserer Mitreisenden und Abdallah schnorchelten trotz der vom Wind gepeitschten, recht hohen Wellen. Auf dem Weg nach Sharm el-Sheik sammelten wir Brennholz, wobei wir bemerkten, dass sich der morgens noch strahlend blaue Himmel zunehmend verdunkelte, bis es schließlich sogar donnerte und blitzte - Gewitter in der Wüste!

Vor dem jetzt einsetzenden Regen suchten wir Schutz in einem wohl als Grillplatz gedachten Gebäude am Strand - es war voller Dreck und verrosteter Dosen und stank nach Urin. Aber wenn wir nicht völlig durchnässt werden wollten, mussten wir es wohl oder übel saubermachen, bevor der Regen stärker wurde. Bei dieser Unterschlupf-Suchaktion hatten wir den anderen Jeep verloren. Nach dem Ende des Gewitters (mit ziemlich heftigem Regen) trafen wir ihn vor einer Cafeteria in Sharm el-Sheik stehend an, wo die Anderen das Unwetter erheblich komfortabler abgewartet hatten. Sie hatten auch richtig gegessen, während wir nur Tee gekocht und Brot gewärmt hatten. Wir hatten uns Sorgen um sie gemacht und sie sich um uns - vor allem Hassan und Abdallah waren leicht säuerlich aufeinander (was aber nur eine vorübergehende Erscheinung war). Nachdem wir das verpasste Mittagessen nachgeholt hatten (diesmal aus der Küche des Restaurants), fuhren Abdallah und eine unserer Mitreisenden einkaufen. Wir anderen saßen herum, tranken Tee und gingen später ein wenig spazieren. Hier an der Küste bestanden die Orte eigentlich nur aus einer Ansammlung von Lebensmittelgeschäften, Cafeterias und Souvenirshops, wobei dann entlang des Strandes Touristendörfer (relativ abgeschlossene Anlagen) und vereinzelte Hotels die Landschaft verschandelten.

Da es nach dem Regen nicht mehr ganz so warm war, verlegten wir die für den Strand geplante Übernachtung lieber wieder in ein windgeschütztes Wadi. Zum Abendessen gab es die bereits bekannten Makkaroni mit Sauce und gebratene Würstchen mit gemischtem Salat. Später unterhielt uns Ali wieder (wie bisher fast jeden Abend) mit seinen Liedern; die Musik dazu lieferte eine umgedrehte Plastikschüssel, die er als Trommel benutzte. Er sang in Arabisch und 'Inglisi'; letztere Sprache hatte er selbst erfunden. Zu seinem Gesang machte er die komischsten Grimassen und führte wilde Tänze vor. Ali konnte nur einige englische Satzfetzen und hatte jetzt von uns ein paar deutsche Wörter gelernt, die er ganz ulkig aussprach. So konnte er beispielsweise bei Dankeschön das ö nicht sagen und sagte daher Danke-schon (und Bitte-schon). Als Gegenleistung hat er uns ein paar arabische Wörter und Zahlen beigebracht.

Die Entscheidung, ob das durch den Regen verpasste Schnorcheln morgen noch nachgeholt werden sollte, war Anlass zu heftigen Diskussionen. Zum Schluss wurde das Ganze einfach auf den nächsten Morgen vertagt. Wir blieben wieder direkt am Feuer liegen; das war so schön praktisch, denn man brauchte sich morgens nur aufzusetzen und konnte noch im Schlafsack frühstücken.

Freitag, 10. März 1989
Aufbruch an unserem letzten Tag im Sinai

Am nächsten Tag wollten wir auf jeden Fall früh aufstehen; egal, ob wir dann zum Schnorcheln gingen oder nicht. Aber es kam natürlich wieder einmal anders: um 7:30 Uhr hat einer unserer Mitreisenden Ali geweckt; der ist dann erst mal Wasser holen gefahren und wir anderen sind erst aufgewacht, als Ali bereits den Tee auf dem Feuer hatte (es war mittlerweile bereits 8 Uhr). Dementsprechend spät fuhren wir dann auch los. Die Einzige aus unserer Gruppe, die gestern Abend noch unbedingt für ein Schnorcheln am heutigen Vormittag gewesen war, hatte sich heute dem Willen der Allgemeinheit gebeugt, lieber gleich in Richtung Kairo aufzubrechen, damit wir dort nicht so spät ankamen.

Als wir in Sharm el-Sheik die Asphaltstraße erreichten, mussten wir uns von Ali verabschieden, der nicht mit nach Kairo fuhr, sondern wieder in die entgegen gesetzte Richtung nach Nuweiba trampte. Es tat uns allen sehr leid, dass er jetzt nicht mehr bei uns war. Der in Deutschland lebende Ägypter aus unserer Reisegruppe, der auch Ali seit langer Zeit kannte, erzählte uns, dass Hassan Ali einmal nach Kairo mitgenommen hätte. Ali, der noch nie in einer größeren Stadt gewesen wäre, sei von Kairo entsetzt gewesen, habe das Auto nicht verlassen und später geschworen, nie mehr mit dorthin zu fahren.

Entlang des Golfes von Suez, jetzt aber immer auf der Asphaltstraße, weil das erheblich schneller war, fuhren wir immer weiter nach Nordwesten. Angehalten wurde nur zum Tanken, Kühlwasser-Nachfüllen und einmal, weil ein Keilriemen gerissen war. Ach ja, ganz am Anfang der heutigen Fahrt, noch auf dem Weg aus unserem Schlaf-Wadi, hatte der grüne Jeep den Auspufftopf verloren. Dieser wurde dann einfach hinten am Wagen befestigt. Bei Abu Rodeis sahen wir viele Ölbohrtürme im Wasser und an Land eine Pipeline, die das Rohöl nach Suez befördert. Der Ort wurde von einer Erdölgesellschaft gegründet und verfügt über einen eigenen Kleinflughafen.

Kurz nach Mittag erreichten wir die Cafeteria in der Nähe von Abu Zenima, wo wir auf der Hinfahrt Tee getrunken und Ali getroffen hatten. Heute bereiteten wir hier unseren Lunch. Es gab Fladenbrot, Thunfisch, Rindfleisch aus der Dose, natürlich den guten gemischten Salat, die gute Sesamsauce, Foul (ein Bohnengericht), Schafskäse und Edamer-Käse.

Hammam Faraun

Nach dem Essen fuhren wir weiter nach Hammam Faraun, dem Bad der Pharaonen; einem Berg, in dessen Innerem kochend heiße Schwefelquellen entspringen. Das Wasser läuft an mehreren Stellen aus dem Berg über den Sandstrand direkt ins Meer. Nachdem wir zuerst in diesen heißen Höhlen herum gekrochen waren, zogen einige von uns ihre Badesachen an und legten sich ins hier ganz flache Wasser des Meeres; genau dort, wo die heißen Rinnsale hinein flossen. Uns war es zu riskant, später im luftigen Jeep mit nassen Haaren zu sitzen, daher zogen wir nur Schuhe und Strümpfe aus und wateten im warmen Wasser herum. Gegen 17 Uhr ging es dann weiter. Meine Freundin ist auch mal eine Weile gefahren, aber nur so lange, bis es dunkel wurde. Als man draußen nichts mehr sehen konnte, begann Hassan, uns Lieder vorzusingen (das hatte sonst immer Ali übernommen), so dass es uns nicht langweilig werden konnte.

Gegen 21 Uhr waren wir schließlich zurück in Kairo, wo wir nur schnell das Gepäck in die Zimmer stellten und dann mit zu Hassan fuhren, der uns zum Essen eingeladen hatte. Unterwegs setzten wir das deutsch-ägyptische Ehepaar, die beide nur noch baden und dann schlafen wollten, bei den Eltern des Mannes ab. Hassan hatte eine ziemlich große, in einer Art Barock-Stil eingerichtete Wohnung in der Nähe des Flughafens. Durch die großen Panoramafenster konnten wir die Maschinen starten und landen sehen. Fluglärm hörte man aber kaum. Die Wohnung war noch nicht ganz fertig eingerichtet; hier und da hingen nur Glühbirnen. In ganz kurzer Zeit hatten er und seine Cousine zusammen mit einigen von uns ein Essen zubereitet und den großen Esstisch gedeckt. Es gab Nudelsuppe, eine Art Hühnerfrikassee (das ganz toll schmeckte), etwas Braunes aus Gemüse (u. a. Zuccini?), eine grüne Sauce und natürlich Fladenbrot. Nach dem Essen saßen wir zusammen im Wohnzimmer, tranken Tee und Cola, hörten arabische Musik und unterhielten uns über Gott und die Welt.

Gegen 0:30 Uhr war allgemeiner Aufbruch und Abdallah fuhr uns mit seinem Jeep zum Hotel zurück. Er und eine unserer Mitreisenden wollten dann zu ihm nach Hause, während zwei von uns, darunter auch meine Freundin, noch bei Hassan blieben. Im Hotel waren wir schließlich gegen 1 Uhr. Ich habe noch ausführlichst geduscht (eine Wohltat!) und saubere Sachen gesucht (mit dem Ergebnis, dass zum Schluss alles draußen war und ich neu einpacken musste). Um 2:20 Uhr blieben mir dann noch etwas mehr als zwei Stunden zum Schlafen.

Samstag, 11. März 1989

Als morgens um 4:45 Uhr der Wecker klingelte, war meine Freundin immer noch nicht da. Ich habe ihre Sachen mit eingepackt, alles vor die Tür gestellt und an der Rezeption bescheid gesagt, dass das Gepäck abgeholt werden sollte. Zusammen mit dem einzigen Mitreisenden aus der Sinai-Gruppe, der heute mit uns nach Hause flog, ging ich dann zum Frühstück. Dort saß schon ein anderer Bekannter, nämlich der Rundreise-Genosse, den wir nach der Abu Simbel-Tour am Flughafen von Assuan abgeliefert hatten. Nach einer Woche in Hurghada war er dem entsprechend braun. Um 5:30 Uhr tauchten meine Freundin und Hassan endlich im Restaurant des Hotels auf (die Abfahrt zum Flughafen war für 5:45 Uhr angesetzt). Sie hätten zu dritt die ganze Nacht zusammen gesessen, erzählt und Hassans Dias angeschaut. Die andere Mitreisende sei bei ihrer Ankunft im Hotel direkt nach oben ins Bett gegangen. Sie und ihr Bruder waren wie die meisten anderen aus unserer Gruppe erst zu der Sinai-Safari angereist und blieben jetzt noch 14 Tage in Ägypten.

Die Busfahrt zum Flughafen mit Gepäck- Aus- und Einladen zog sich lange hin; auch am Flughafen selbst mussten wir ständig irgendwo warten. Übrigens habe ich von meinem Messer nichts mehr gehört und nichts mehr gesehen. Mit unseren (fast) letzten Pfunden (die restlichen wollten wir als Souvenir behalten) zahlten wir noch einen letzten ägyptischen Tee, bevor es pünktlich um 9 Uhr losging. Die Maschine würde zuerst noch einmal den ganzen Nil entlang nach Assuan fliegen, um dort weitere Passagiere aufzunehmen und anschließend dann die gleiche Strecke wieder zurückfliegen. Wir hatten so also eine doppelte Gelegenheit, das Land der Pharaonen noch einmal unter uns vorbeiziehen zu sehen.

Im Flugzeug (wieder ein Airbus) konnte man seinen Platz frei wählen; bis Assuan war es so gut wie leer. Aber laut Bordkarte hatte ich sowieso einen Fensterplatz, auf den ich mich dann auch gleich gesetzt habe. Nach etwas mehr als einer Stunde Flug, auf dem unter uns meistens die Wüste und nur ab und zu mal der Nil lag (wegen der ziemlich dreckigen Scheiben verzichtete ich aufs Fotografieren), landeten wir in Assuan, wo die Maschine bis auf den letzten Platz gefüllt wurde. Nach einer relativ langen Wartezeit startete das Flugzeug um 11:30 Uhr in Richtung Frankfurt, wo wir Inschallah ('So Gott will') nach 4 3/4 Stunden landen würden. Laut Pilot flogen wir mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 150 km/h in einer Flughöhe von 9.400 Metern.

Die meiste Zeit flogen wir hoch über den Wolken; nur ab und zu konnte man unter uns etwas erkennen, beispielsweise Luxor, die ägyptische Mittelmeerküste, die Insel Kreta und später schneebedeckte Berge in den Alpen. Die lange Flugzeit nutzte ich dazu, die letzten paar Tage (ab dem 7.3.) nachzutragen, denn auf der Sinai-Safari hatte ich hierzu einfach keine Zeit gehabt. Nach einer fast planmäßigen Landung auf dem Rhein-Main-Flughafen wurde bei der Passkontrolle, die normalerweise nach einem kurzen Blick auf den hingehaltenen Pass die Passagiere nur durchwinkt, der Pass meiner Freundin genauer geprüft. Nach einer Woche ohne Dusche und vier Tagen ohne Haare waschen und Kämmen sah sie für den Beamten wohl 'verdächtig' aus. An der Gepäckausgabe mussten wir noch einige Zeit warten, bevor unsere Rucksäcke und Taschen alle wohlbehalten zum Vorschein kamen. Hinter der Zollkontrolle wartete schon unser Abholer; das Gepäck wurde zum Auto transportiert und dann fuhren wir nach Hause.

- E N D E -


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