Dänemark / Schweden 1992
Mit dem Wohnmobil durch Dänemark und den Süden Schwedens
- neben zahlreichen schönen Schlössern bildeten vor allem die beiden
Hauptstädte Kopenhagen und Stockholm wahre Höhepunkte dieser Reise!
Reisezeitraum:
16. August - 1. September 1992
Fahrzeug:
Wohnmobil Hymer Camp
Fähren:
Vogelfluglinie: Puttgarden - Rødby + Helsingør - Helsingborg;
Kattegat: Göteborg-Frederikshavn
Reiseroute:
Lübeck - Fehmarn - Lolland - Falster - Seeland - Roskilde - Kopenhagen - Helsingør -
Helsingborg - Malmø - Kalmar - Norrköping - Stockholm - Uppsala - Gripsholm - Örebro -
Vättern - Vänern - Trollhättan - Göteborg - Frederikshavn - Skagen - Ålborg -
Århus - Flensburg
Reisebericht:
Nachmittags vor Beginn der Urlaubsreise, die unsere erste Fahrt
mit einem Wohnmobil werden sollte, holten wir das seit vielen Wochen gebuchte
Fahrzeug beim Vermieter ab. Dort wurde uns dessen Innenleben erklärt:
Position und Wartung der verschiedenen Tanks, Bedienung der gasbetriebenen
Funktionen Warmwasserbereitung, Heizung, Herd und Kühlschrank sowie
allgemeine Hinweise zu Stauräumen und sonstigen nützlichen Dingen
(wo sind Ölmessstab, Reserverad, Wagenheber?). Den größten
Teil des Abends verbrachten wir dann damit, unsere ganzen Sachen in das "rollende
Heim" zu räumen.
Um 4 Uhr morgens ging es dann los: A 45 in Richtung Dortmund, A 1 über
Münster, Osnabrück und Bremen bis nach Hamburg. Durch den Elbtunnel,
dann nach Lübeck (11:45 Uhr: Zwischenstopp am Holstentor) und weiter
auf die Insel Fehmarn zum Fährhafen Puttgarden. An einer Raststätte
machten wir gleich Bekanntschaft mit dem besonderen Verhältnis der
Wohmobilisten untereinander - nebenan stoppte ein anderes Wohnmobil und sofort
entwickelte sich ein kleiner Plausch über die Fahrzeuge und die jeweiligen
Fahrtziele.
Auf dem letzten Stück der Strecke
bis Puttgarden kamen wir nicht ganz so schnell
voran und fuhren daher nicht wie geplant mit der um 14:05 Uhr ablegenden
"Carl Carstens", Baujahr 1986, sondern eine halbe Stunde später mit
der "Danmark", dem ältesten Schiff (Baujahr 1968) der insgesamt fünf
Schiffe umfassenden Flotte.
Am Kassenhäuschen kauften wir gleich das "Schweden-Ticket 1", das für
die gesamte Vogelfluglinie, also auch für die Überfahrt von
Helsingør nach Helsingborg, galt. Etwa 20 Minuten später wurden
wir auf das unterste Deck der "Danmark" gelotst. Hier waren in schmalen
Gängen Schienen für Züge verlegt - leider fuhr diesmal kein
Zug mit, wir hätten gerne mal gesehen, wie das funktioniert. Stattdessen
ließ man Lkws und Wohnmobile auf die Zug-Gleise fahren.
Oben auf der Fähre gab es - genau wie letztes Jahr auf der "Kronprins
Harald" - einen eher teuren Tax-Free-Shop, in dem die mitfahrenden Skandinavier
aber mit Begeisterung einkauften. Damit hatte sich die Ähnlichkeit mit
dem Luxus-Schiff der Color Line aber auch bereits. Der "Danmark" sah man
ihr Alter schon an, von Luxus keine Spur. Nachdem wir uns am Bankschalter
mit dänischen Kronen (DKR) versehen und uns an der Information einen
Stadtplan sowie eine Beschreibung der Sehenswürdigkeiten Kopenhagens
besorgt hatten, schauten wir kurz ins Restaurant hinein und nutzten dann
die einzige für Passagiere erlaubte Möglichkeit, nach Draußen
zu gehen. Leider durfte man weder an den Bug noch ans Heck, sondern nur auf
beiden Seiten auf etwa einem Viertel der Schiffslänge (relativ weit
hinten) herumlaufen.
Auf der Strecke über den Fehmarnbelt nach Rødby Havn auf der
dänischen Insel Lolland war ganz schön was los, da in jedem der
beiden Häfen alle 30 Minuten ein Schiff ablegt. Um 15:30 Uhr kamen wir
in Dänemark an. Unser Autodeck wurde als erstes entladen, so dass wir
bereits nach wenigen Minuten von Bord und zur dänischen Zollstation
am Hafenausgang fuhren, wo uns ein freundlicher Zöllner nach einem kurzen
Blick auf die Personalausweise weiterfahren ließ.
Durch die total flache Landschaft Lollands mit bereits abgeernteten
Getreidefeldern und noch nicht geernteten Zuckerrüben führte uns
die als Autobahn ausgebaute E 47 in das etwa 19 km entfernte Städtchen
Maribo, wo wir uns den aus dem 15. Jahrhundert stammenden Dom anschauten;
ein eindrucksvolles Bauwerk, das wir in diesem kleinen Städtchen mit
seinen hübschen Puppenhäuschen gar nicht vermutet hätten.
Weiter ging es durch flache Felder und Wiesen - die höchsten "Erhebungen"
dieser von urzeitlichen Gletschern abgeschliffenen Landschaft sind gerade
mal 15 m hoch.
Vor Guldborg sollte man durch ein Waldgebiet namens Storskov
(= großer Wald) kommen, wir sahen jedoch nur wenige Bäume. Rund
um die Stadt stand dann aber Apfelbaum an Apfelbaum - Guldborg ist ein wichtiges
Obstanbaugebiet, das wegen seiner aromatischen Äpfel geschätzt
wird. Das Städtchen selbst fanden wir unansehnlich und die Brücke
über den Guldborgsund hinüber auf die Insel Falster noch
unansehnlicher, vor allem wegen der vielen hässlichen Kleinindustrie-Bauten
auf beiden Seiten des nur etwa flussbreiten Wasserstreifens.
Wenig später überquerten wir den Meeresarm
Storstrømmen auf der 1937 erbauten, 3,2 km langen und auf 49 Pfeilern
ruhenden Storstrømsbro. Diese Brücke war bis 1985 die einzige
Straßen- und Eisenbahnverbindung zwischen den Inseln Falster und Seeland.
Heute gibt es eine moderne Autobahnbrücke einige Kilometer weiter
südlich. Wir hatten bewusst diese Route gewählt, weil man von hier
aus einen schönen Blick weit hinaus aufs Meer und die vorgelagerten
Inseln hat.
Aber es kam noch besser: direkt hinter der Brücke fanden
wir kurz nach 18 Uhr einen prima Schlafplatz, wo wir während des Abends
den Blick aufs Meer und die vereinzelt vorbeifahrenden Segelschiffe genossen.
Nach den heute zurückgelegten 720 Straßenkilometern und der Stunde
Fährüberfahrt waren wir sehr müde und gingen deshalb früh
schlafen.
Weil es seit irgendwann in der Nacht regnete, ließen
wir am nächsten Morgen den Besuch im nahen Vordingborg aus. Dort hatten
wir nämlich den Gänseturm, den Botanische Garten und die Ruinen
einer alten Festung anschauen wollen - alles Orte, an denen es nicht gerade
egal ist, ob es regnet oder nicht. Der Regen wurde auf der Weiterfahrt zum
Glück immer schwächer und hörte nach etwa einer Stunde ganz
auf.
Inzwischen waren wir durch das Innere der Insel bis nach Køge an der
gleichnamigen Ostseebucht gelangt und wollten gerne ein Stück an der
Strandpromenade entlangfahren, konnten aber leider keine finden. Das Meer
sah hier fast aus wie ein Seeufer: gräserbestanden mit kleinen,
grasbewachsenen Inselchen; am Ufer teilweise Pferdeweiden, teilweise
hässliches Industriegelände.
Einige Kilometer nördlich bogen
wir auf die ebenfalls gut ausgebaute Str. 6 nach Roskilde ab. Genau wie auf
den Inseln Lolland und Falster, die wir gestern durchquert hatten, wurde
auch hier auf Seeland das Landschaftsbild durch große, gelblich-braune
Felder bestimmt. Heute fiel uns auf, dass die meisten Felder einer
Berg-und-Talbahn glichen, alles total hügelig aber trotzdem insgesamt
flach.
Gegen 10:45 Uhr kamen wir -
bei mittlerweile schönem Wetter mit blauem Himmel und schneeweißen
Wolken - im Zentrum von Roskilde an. Der
halb romanische, halb gotische Dom von Roskilde wurde um 1170 unter Bischof
Absalon aus Backstein und Granit errichtet, in späteren Jahren
verändert und nach verschiedenen Bränden wiederaufgebaut, ist aber
seit 1670 fast unverändert erhalten. In diesem Dom wurden seit 1536
alle dänischen Könige bestattet, von den vorhergehenden Regenten
ruhen Königin Margarethe I (starb 1412) und König Christian I (starb
1481) in dieser Kirche. Die Sarkophage der ersten Monarchen und die Gräber
der Bischöfe befinden sich im Chor; für die späteren
Königsgräber wurden im Laufe der Zeit prunkvolle Seitenkapellen
angebaut.
Der dreischiffige Dom ist riesengroß und sehr eindrucksvoll.
Im Mittelschiff befinden sich die prächtig geschmückte Loge König
Christians IV, eine sehr schöne Orgel und eine alabasterverzierte
Sandsteinkanzel. Das Chorgestühl im Altarraum stammt aus dem Jahre 1420;
die geschnitzten Reliefs auf der Südseite stellen Szenen aus dem alten,
diejenigen auf der Nordseite Szenen aus dem neuen Testament dar. Den Hauptaltar
schmückt eine mit Gold überzogene Altarwand, die um 1580 in Antwerpen
im Stil der nordischen Renaissance gefertigt wurde.
Die verschiedenen Baumeister der zahlreichen Seitenkapellen haben sich
anscheinend gegenseitig zu übertrumpfen versucht, denn eine Kapelle
ist prunkvoller ausgestattet als die andere. Das gesamte Bauwerk ist mit
Gräbern förmlich übersät; durch verschiedene
Fensteröffnungen konnten wir in unterirdische Räume schauen, in
denen die Särge schon fast gestapelt waren - unserer Meinung nach eher
makaber als prunkvoll.
Anschließend wanderten wir zur Wikingerschiffshalle. An einer schmalen
Stelle des Roskilde-Fjordes hatte man 1957 die Wracks von fünf
Wikingerschiffen entdeckt, die zwischen 1000 und 1050 hier versenkt und mit
Steinen überworfen worden waren, um eine Sperre gegen feindliche
Überfälle - vermutlich norwegischer Wikinger - zu bilden. Damit
die Schiffe bei der Bergung nicht vollständig zerstört wurden,
legte man einen Staudamm an, pumpte das Wasser ab und präparierte jedes
Teil mit einer speziellen Konservierungsflüssigkeit. Danach begann die
mühevolle Kleinstarbeit, die verschiedenen Schiffe im inzwischen errichteten
Museum zusammenzusetzen. Bis jetzt sind vier Schiffe fertig, beim fünften
sind die Wissenschaftler immer noch dabei und die Museumsbesucher können
ihnen bei der Arbeit zuschauen.
Die Roskilder Wikingerschiffe sind längst nicht so gut erhalten wie
die Osloer Schiffe, auch handelt es sich hier um Gebrauchsschiffe, die als
alte, mehrfach reparierte und ausgebesserte Fahrzeuge ausgedient hatten und
dann im Fjord versenkt worden waren - also nichts mit Prunk und Pracht und
kostbaren Grabbeigaben für verstorbene Häuptlinge!
An den einzelnen Schiffen sind Beschreibungen in unterschiedlichen
Sprachen, darunter auch Deutsch, angebracht. Das größte Wrack
war einst ein Ozeanschiff, auch "Knarr" genannt. Dieser gedrungene und robuste
Schiffstyp diente dem Warenaustausch mit England, Island und Grönland.
Ein kleineres Handelsschiff wurde zur Küstenschiffahrt in der Ostsee
eingesetzt. Zwei andere Wracks waren Kriegsschiffe: Das erste ist ein "Drakkar"
genanntes, gefürchtetes Kriegsschiff; schmal und niedrig, aber so lang,
dass 24 Ruderer Platz fanden.
Das zweite Kriegsschiff war ein 28 m langes Langschiff, von
dem die Archäologen zuerst dachten, es seien zwei Schiffe. Auch dieses
Schiff war äußerst leicht gebaut und mit 50 Ruderern sehr schnell
und wendig - eines jener Schiffe, die Jahrhunderte lang Europas Küsten
in Angst und Schrecken versetzten. Das fünfte Wrack diente wahrscheinlich
als Fähre, mit der Menschen, Tiere und Güter über den Fjord
transportiert wurden.
Die bei und in den Wracks gefundenen Gegenstände, Geräte und Werkzeuge
sind in Vitrinen ausgestellt. An den Wänden des Museums dokumentieren
viele mit erläuternden Texten versehene Fotos die Bergung der Schiffe.
Außerdem hängen dort Beschreibungen und Zeichnungen, die
verdeutlichen, wozu die Wikinger die Schiffe benutzten. In einigen Vitrinen
sind Reproduktionen von Wikinger-Schmuck ausgestellt, die man käuflich
erwerben kann (teuer!). Der in einem Nebenraum gezeigte Film über die
Bergungsarbeiten lief zur Zeit unseres Besuches in Englisch und
Französisch, auf die deutsche Version wollten wir nicht mehr warten.
Durch die Glasfront des Museums schaut man auf den Roskildefjord - hier liegen
die als originalgetreue Kopien der Wracks nachgebauten Wikingerschiffe verankert,
mit denen man das Segelverhalten der damaligen Schiffe überprüft
und daraus Erkenntnisse über die Segelkunst der Wikinger gewonnen hat.
Interessierten Besuchern wird auf einem dieser Schiffe ein vierstündiger
Segeltörn auf dem Fjord angeboten. Abhängig von Wind und Wetter
wird das Schiff ausschließlich mit Hilfe der Segel und der Riemen in
Fahrt gebracht, was insbesondere bei starkem Wind harte Arbeit bedeutet.
Nachmittags setzten wir unsere Fahrt in
Richtung des 36 km entfernten Kopenhagen
fort. Der auf der Fähre erhaltene Stadtplan tat uns dabei gute Dienste.
Etwa um 15 Uhr stellten wir unser Wohnmobil auf einem Parkplatz am
Südhafen, in der Bernstorffs Gade, relativ nahe am Tivoli ab und zogen
am Parkscheinautomaten direkt ein bis zum nächsten Morgen gültiges
Ticket. Vom Storstrømmen bis hierher hatten wir heute insgesamt 140
km zurückgelegt.
Unsere Stadtbesichtigung führte uns
zunächst zum Rathaus, in dem gerade
eine Fotoausstellung stattfand. Über dem Hauptportal steht eine vergoldete
Statue des Stadtgründers Bischofs Absalon, der in der Rechten ein Schwert
und in der Linken den Krummstab hält. Vom 106 m hohen Rathausturm soll
man einen herrlichen Blick über die Stadt und den Sund haben - wir mussten
leider darauf verzichteten, da die Besichtungungszeit (10-15 Uhr) bereits
vorbei war. Auf dem riesengroßen Rathausplatz schauten wir uns den
Drachenspringbrunnen und die Lurenbläser, zwei Bronze-Wikinger auf einer
12 m hohen Steinsäule, an.
Durch die äußerst
belebte Fußgängerzone Strøget, über den Gammeltorv,
den Nytorv und die Rådhusstræde spazierten wir nun zum
Schloss Christiansborg, dem Sitz der Regierung
und des Parlaments auf der Insel Slotsholmen, wo 1167 Bischof Absalon seine
Festung errichten ließ. Fundamentreste dieser Befestigungsanlage sind
heute noch in Christiansborg zu sehen. Verschiedene Nachfogebauten fielen
immer wieder Feuersbrünsten zum Opfer; erst wenige Wochen vor unserem
Besuch brannte die von 1820 stammende Schlosskirche durch leichtfertigen
Umgang mit Feuerwerkskörpern ab. Die Gebäude des heutigen Schlosses
entstand 1907-1916. Da die Repräsentationssäle im Inneren des Schlosses
montags leider nicht besichtigt werden können, schauten wir uns nur
im Schlosshof etwas um.
Dann ging es zur 1619-1625 in niederländischem Renaissancestil errichteten
Börse mit ihrem 54 m hohen Turm, dessen Spitze die ineinander verschlungenen
Schwänze von vier Drachen bilden. Das langgestreckte Gebäude ist
relativ niedrig, aber sehr schön anzusehen; sein Inneres beherbergt
heute die Handelskammer und ist nicht zu besichtigen.
Eigentlich wollten
wir nun über die Knippelsbro in den Stadtteil Christianshavn gehen,
um dort die Erlöserkirche mit ihrem Wendeltreppen- Turm anzuschauen,
doch die Kirche wurde gerade restauriert und der Turm mit der außen
angebrachten Wendeltreppe war - weithin sichtbar - eingerüstet. Also
spazierten wir stattdessen zum Kongens Nytorv mit dem Königlichen Theater
und dem (ebenfalls gerade eingerüsteten) Schloss Charlottenborg, das
seit 1753 die Akademie der schönen Künste beherbergt. In der Mitte
des 3,3 ha großen, sehr schön angelegten Platzes steht ein
Reiterstandbild König Christians V.
Der Nyhavn ist ein idyllisches Hafenbecken mit
Segelschiffen und hübschen, bunten Häusern. Dies war einst das
verrufene Viertel Kopenhagens; heute starten hier die Boote zur Stadtrundfahrt
und in den Häusern befinden sich Läden, Gasthäuser,
Tätowierstuben und Bars. Der dänische Märchendichter Hans
Christian Andersen lebte in diesem Stadtviertel, seitdem er 1819 nach Kopenhagen
übergesiedelt war. Am inneren Ende des Nyhavn liegt ein Riesenanker,
der an die in den beiden Weltkriegen gefallenen dänischen Seeleute erinnert.
Im 1749-1760 unter
König Frederik V im Rokokostil erbauten Schloss Amalienborg residiert die
dänische Königin Margarethe
II. Um einen weiten, achteckigen Schlossplatz gruppieren sich vier Palais,
die ursprünglich als getrennte Adelspaläste errichtet worden waren.
Der Platz, in dessen Mitte ein Reiterstandbild Frederiks V steht, gilt wegen
seiner architektonischen Ausgewogenheit und Harmonie als einer der
schönsten Plätze des europäischen 18. Jahrhunderts. Nach dem
Brand von Schloss Christiansborg im Jahre 1794 erwarb die königliche
Familie die vier Paläste, die heute die Namen früherer dänischer
Könige tragen, für ihre Residenz.
Wenn sich die Königin in der Stadt befindet (was bei unserem
Besuch der Fall war, denn die dänische Flagge über ihrem Palais
war gehisst), findet die tägliche Wachablösung mit Musik statt
- allerdings um 12 Uhr mittags, jetzt war es später Nachmittag und die
Schauräume im Palais Christian IX waren ebenfalls bereits geschlossen.
Die Gardesoldaten mit ihrer blauen Uniform und der hohen schwarzen
Pelzmütze sind eines der Wahrzeichen der Stadt - lassen sich aber
anscheinend nur ungern fotografieren, denn einer der Wachtposten machte sich
schnell aus dem Staub, als wir die Kamera auf ihn richteten.
Im Jahre 1642 ließ
König Christian IV gegenüber dem ebenfalls von ihm erbauten
Studentenwohnheim Regensen eine Kirche für die Studenten und Professoren
bauen. Der König war ein praktischer Mann und bestimmte, dasss der
Glockenturm der Kirche gleichzeitig ein Observatorium für die
Universität aufnehmen und der große Dachboden über dem
Kirchenschiff als Bibliothek dienen sollte. So entstand der 36 m hohe, massige
Rundetårn mit einem Durchmesser von
15 m, in dessen Innerem es - um die schweren optischen Geräte leichter
hinauftransportieren zu können - keine Treppe gibt, sondern einen breiten,
209 m langen Schneckengang. Nur auf dem letzten Stück bis zur Plattform
wird der Gang von einer Treppe abgelöst. Nach der Fertigstellung des
Turmes ritt König Christian IV den Schneckengang hinauf; Zar Peter der
Große tat es ihm 1721 gleich und Kaiserin Katharina ließ sich
im Pferdewagen auf den Turm fahren.
Der Turm stieg in seiner Popularität und die Kopenhagener liebten ihn.
König Frederik IV gab ihn fürs Publikum frei - gegen ein geringes
Entgelt konnte jedermann oben, hinter dem prächtigen, von Hofkunstschmied
Caspar Fincke angefertigten Gitter stehend, die Aussicht geniessen. Die vielen
Menschen verursachten jedoch Lärm und Vibrationen, weshalb das Observatorium
nicht länger für wissenschaftliche Zwecke benutzt werden konnte
und 1861 mit Einverständnis der Astronomen geschlossen wurde.
Weil wir keinen solchen Komfort in Anspruch nehmen konnten, wie es die
gekrönten Häupter einst getan hatten, hielten wir es mit den
Kopenhagener Bürgern und wanderten auf unseren eigenen Füßen
den acht- oder neunmal um den Turm gewundenen Gang hinauf. Unterwegs konnten
wir durch eine Glastür in die angegliederte Trinitatis-Kirche schauen.
Auf der Plattform angekommen, hatten wir einen wunderbaren
Blick über das Häusermeer Kopenhagens mit den grünen
Kupferdächern der historischen Bauwerke. In östlicher Richtung
konnte man den Øresund und ganz klein auf der anderen Seite die
schwedische Stadt Malmö sehen. Etwas weiter nördlich Schloss Rosenborg
und den Park Kongens Have, im Süden Schloss Christiansborg und die
Börse, dahinter Christianshavn mit der Erlöserkirche. Praktisch:
am schmiedeeisernen Gitter sind in Abständen Tafeln angebracht, auf
denen man ablesen kann, welche Bauwerke man gerade vor sich sieht.
Etwa um 19 Uhr waren wir zurück am Wohnmobil und legten
eine längere Pause ein - unsere Füße taten nämlich ganz
schön weh, was allerdings angesichts der Strecke, die wir heute nachmittag
zu Fuß zurückgelegt hatten, auch kein Wunder war.
Gegen 21 Uhr spazierten wir dann zum Tivoli, der
jetzt von zehntausenden weißen und bunten Glühbirnen und sonstigen
Lichtern - sämtlich ohne Neonlicht - erhellt wurde. Sie waren einfach
überall angebracht: auf dem Wasser, rings um die Wasserflächen,
in den Bäumen und an den Gebäuden - das sah sehr schön aus.
Im Inneren des Parks gibt es zahlreiche, immer wieder anders gestaltete
Restaurants, Cafes, Kiosks und Bars.
Die wunderbare chinesische Pagode und
der indische Palast, die sich beide zusätzlich noch in Wasserflächen
spiegelten, gefielen uns besonders gut. In unterschiedlichen Gebäuden
fanden Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Mit dem Wetter hatten wir
beinahe schon unverschämtes Glück - es war eine klare, warme
Sommernacht.
Zu einer ganz im chinesischen Stil gestalteten Freilichtbühne
kamen wir gerade, als sich die letzten Zuschauer hinsetzten. Wir blieben
stehen um zu sehen, was es hier jetzt wohl geben würde. Der Pfauenvorhang
öffnete sich zu einem originellen Pantomimenspiel - die ganze
Aufführung war sehr schön gemacht. Ihren besonderen Zauber erhielt
sie aber erst durch das exotisch wirkende Theater mit seinen wechselnden,
bunten Bühnenbildern vor den dunklen Zuschauerreihen; das Ganze eingerahmt
von der einmaligen Atmosphäre des nächtlichen Tivoli.
Nun kamen wir in einen riesigen Kirmes-Teil des Vergnügungsparks mit
bunt beleuchteten Fahrgeschäften aller Art: Fliegender Teppich,
Achterbahnen, Spiegelkabinett, Riesenrad, Berg- und Talbahn mit
Wikingerschiffchen (sah in Bewegung besonders witzig aus), alle möglichen
Wurf-, Schieß- und sonstigen Buden. Wir sahen viele Spiele, bei denen
Münzen eingeworfen werden und waren in mindestens drei großen
Hallen, in denen Spielautomat an Spielautomat stand - vom Videogame bis zum
einarmigen Banditen.
Der wunderbare Garten mit seiner Blumenpracht, den Gebäuden in allen
Stilarten, den Karussels und Attraktionen wurde 1843 von Georg Carstensen
gegründet. Er war Kosmopolit und wollte den Park möglichst fremdartig
machen. Die Presse verspottete seinen Leichtsinn und die Kulturverantwortlichen
hatten so gut wie nichts für ihn übrig - aber die Kopenhagener
Bürger waren begeistert. Der Name Tivoli stammt höchstwahrscheinlich
von einem Pariser Vergnügungspark, der wiederum nach der wegen ihrer
vielen Springbrunnen berühmten italienischen Stadt Tivoli benannt wurde.
Liest man den Namen rückwärts, so ergibt sich (mit einem kleinen
Schönheitsfehler) Tivoli - I love it. Kann das ein Zufall sein?
Tivoli wird jeden Tag pünktlich um Mitternacht geschlossen - Mittwochs,
Freitags und Samstags findet um 23:45 Uhr ein Feuerwerk statt - heute war
Montag, also kein Feuerwerk. Wir verließen den Park gegen 23:40 Uhr
und lagen bereits um 0:10 Uhr im Bett (total kaputt!!).
Am nächsten Morgen fuhren wir
gegen 9:30 Uhr zum Schloss Rosenborg, stellten
das Wohnmobil auf der dem Schloss gegenüberliegenden Seite des Kongens
Have in der Kronprinsessegade ab und wanderten dann quer durch den Park und
den schönen Rosengarten zum Schloss. Auf einer benachbarten Wiese übte
gerade ein Teil der hier stationierten königlichen Leibgarde die
Wachablösung.
König Christian IV ließ das relativ kompakte
Renaissanceschloss 1610-1625 als Sommerresidenz außerhalb der
Stadtwälle Kopenhagens errichten. Lange Zeit war es der bevorzugte
Aufenthaltsort der dänischen Könige. Nach dem Tod König Frederiks
V im Jahre 1730 wurde es nur noch selten benutzt; seit 1833 dient es als
Museum und ist mit Ausstellungsstücken der bereits seit 1660 bestehenden
Sammlung der dänischen Krone förmlich vollgestopft.
Diese Sammlung
besteht aus Gemälden, Gold- und Silberwaren, Skulpturen, dänischem,
französischem und chinesischem Porzellan, venezianischem Glas und den
unterschiedlichsten Gegenständen, die die gekrönten Häupter
Europas den dänischen Herrschern zum Geschenk machten.Zu den Kostbarkeiten
gehört das - durch eine Glastür zu betrachtende - Porzellanservice
Flora Danica, das Anfang des 19. Jahrhunderts in der Königlichen
Porzellanmanufaktur von Kopenhagen gefertigt wurde.
Das Service für 100 Personen war als Geschenk für
die Zarin Katharina d. Große gedacht; diese starb jedoch, bevor das
Porzellan fertig war und so blieben die kunstvoll mit Motiven aus Dänemarks
Pflanzenwelt bemalten Teller, Tassen und Schalen im Lande.
Die einzelnen Räume des Schlosses sind in chronologischer Reihenfolge
mit dem der jeweiligen Regierungszeit entsprechenden Mobiliar ausgestattet.
Die Wände sind mit Seidentapeten bespannt, die Decken bemalt und mit
Stuckarbeiten versehen. Überall stehen Vitrinen mit
Ausstellungsstücken, was die Räume relativ klein und eng erscheinen
läßt. Dieser Eindruck wird noch dadurch verstärkt, dass die
bleiverglasten Fenster nicht besonders viel Licht hereinlassen.
Im zweiten
Stockwerk betraten wir einen sehr schönen, großzügig angelegten
Ballsaal, den "Großen Festsaal". Hier steht der bis 1940 verwendete
Krönungsthron aus Elfenbein und Narwalzahn; davor drei fast
lebensgroße, silberne Löwen. Auch die anderen Räume fanden
wir schön, nur leider ziemlich überladen.
Durch einen Seiteneingang stiegen wir nun in den Keller des Schlosses hinunter,
wo sich die durch dicke Panzertüren gesicherte Schatzkammer befindet.
Im fast vollständigen Dunkel funkeln und glitzern große und kleine
Kronen, viele Diademe, Colliers, Ringe und unzählige Juwelen auf blauem
Samt in beleuchteten Vitrinen aus dickem Panzerglas. Zusätzlich zu den
installierten Alarmanlagen passt noch eine Wache auf - aber wohl
hauptsächlich darauf, dass niemand fotografiert, das ist hier unten
nämlich verboten.
Am Eingang zum Schloss - fast wären wir auf dem Rückweg daran
vorbeigelaufen - befindet sich das Silbermuseum mit silberdurchwirkter Kleidung
und silbernen Gegenständen; ein weiterer Teil der königlichen
Sammlungen. Hier sind sowohl Kleinigkeiten wie silberne Haarbürsten,
Broschen und Spangen als auch Silberleuchter aller Größen, silberne
Kaminaufsätze und Tische sowie kostbare Silberbestecke zu sehen. Die
größten Schätze dieses Museums stellen jedoch die zu großen
Teilen aus Silberfäden bestehenden, äußerst wertvollen Kleider
dar, die nur zu besonderen Anlässen getragen wurden (und natürlich
auch ein entsprechendes Gewicht haben). Auf dem Rückweg zum Wohnmobil
sahen wir in einiger Entfernung die Leibgarde der Königin losmarschieren,
die jetzt zur Wachablösung im Schloss Amalienborg ging.
An der Promenade Langelinie schauten wir uns Kopenhagens berühmtestes Wahrzeichen an:
"Den Lille Havfrue" sitzt auf einem
wasserumspülten Felsen direkt vor dem Ufer. Die grazile Figur, die mit
traurigem Gesichtsausdruck über den Hafen schaut, ist kleiner als wir
dachten; das liegt wahrscheinlich daran, dass wir sie uns unwillkürlich
in Menschengröße vorgestellt hatten. Der Bildhauer Edvard Eriksen
schuf die Bronzestatue 1913 nach einem Märchen von Hans Christian Andersen:
Die unglückliche Meerjungfrau opfert ihre Stimme, damit sich ihr
Fischschwanz in Beine verwandelt. In Menschengestalt gewinnt sie die Liebe
eines Prinzen, muss dann aber stumm mitansehen, wie er sie zugunsten einer
Prinzessin verlässt und stürzt sich schließlich ins Meer.
Jetzt verließen wir Kopenhagen auf der anfangs zusammen mit der Autobahn
E 55 / E 47 verlaufenden Str. 19 in Richtung Hillerød. Die Gegend
war hier etwas abwechslungsreicher als im Süden; es gab mehr Bäume
und kleine Wäldchen - alles war irgendwie freundlicher als auf Lolland,
Falster und im Süden Seelands.
Das zwischen 1602 und 1620 im Stil der nordischen
Renaissance aus Back- und Sandstein erbaute Schloss Frederiksborg
besteht aus drei Flügeln: in der Mitte liegt
der Königsflügel, links der Kirchenflügel und rechts der
Prinzessinenflügel. Die gesamte Anlage ist vom aufgestauten Schlosssee
umgeben, der das Schloss auch von seinem Park, dem terrassenförmig
angelegten "königlichen Garten", trennt. Frederiksborg gilt als eines
der prächtigsten Renaissanceschlösser Nordeuropas; es ist das
monumentalste Bauwerk König Christians IV und angeblich das schönste
Schloss Dänemarks. Zwischen 1660 und 1848 wurden alle dänischen
Könige in der hiesigen Schlosskapelle gekrönt.
1859 wurde der größte Teil des Schlossesinneren durch eine
Feuersbrunst zerstört; lediglich die Mauern, die Schlosskirche und das
Audienzhaus blieben verschont. Dank einer nationalen Spendenaktion, der
Unterstützung durch die Staatskasse und die Privatschatulle des Königs
wurde das Schloss 20 Jahre später in seiner ursprünglichen Pracht
wieder aufgebaut. Seitdem ist es nationalhistorisches Museum und ein Rundgang
durch die mehr als 50 Räume gleicht einer Wanderung durch die Geschichte
Dänemarks. Da sie alle durchnummeriert sind, wird man automatisch durch
das gesamte Schloss geführt.
Zu sehen sind sehr viele Möbel und vor allem Bilder (hauptsächlich
Portraits); durch ihre großzügigen Abmessungen wirken die jeweils
einer bestimmten Zeit, meist der Regierungszeit eines Königs, gewidmeten
Räume aber nicht überladen. Der 55 m lange, zur Zeit König
Christians IV prächtig möblierte Ehrensaal wurde durch den Brand
von 1859 völlig zerstört. Einige Details, der Marmorfußboden
und die Kassettendecke wurden wiederhergestellt, die Wandteppiche nach
Originalentwürfen neu gearbeitet. Trotz der fehlenden Möblierung
fanden wir den Saal äußerst beeindruckend.
Direkt unter dem Ehrensaal befindet sich die Schlosskapelle, die eigentlich
eine recht ansehnliche, hohe Kirche mit gotischen Sterngewölben ist.
Man besichtigt sie über die von vergoldeten Pfeilern getragenen
Arkadenreihen; nach unten ins Kirchenschiff gelangt man nicht. Entlang der
Galerie sind die Wappenschilder der Ritter des Elefantenordens und der Ritter
des Großkreuzes aufgehängt. Der Altar, die Kanzel und die zu den
wertvollsten Musikinstrumenten Europas zählende, seit 1610 fast
unverändert erhaltene Orgel wurden aus Ebenholz gefertigt und mit
Silberreliefs versehen. Der gesamte Innenraum ist äußerst prachtvoll
mit Marmor und Schnitzereien geschmückt. Das Königspaar hatte zwei
getrennte Logen: der König saß unten in der Nähe des Altars,
die Königin oben auf der Empore.
Weil wir mittags ein bischen
getrödelt hatten und erst später feststellten, dass Schloss Kronborg
nur bis 17 Uhr geöffnet war, mussten wir uns jetzt ziemlich beeilen,
ins etwa 23 km entfernte Helsingør zu kommen. Die gesamte Strecke
führte über eine Landstraße, so dass wir nicht besonders
schnell fahren konnten. Das nur wenige Kilometer seitlich unseres Weges liegende
Schloss Fredensborg wird fast ständig
von Königin Margarethe II und ihrer Familie bewohnt und ist nur im Juli,
wenn die königliche Famile nicht anwesend ist, für Besucher
geöffnet. Wir hatten es eigentlich von außen anschauen wollen
(der Park ist während des ganzen Jahres zugänglich), fuhren jetzt
aber aus Zeitgründen vorbei.
Durch den Ort Helsingør gelangten
wir bis zu dem auf einer Halbinsel im Øresund gelegenen
Schloss Kronborg, wo wir um 16:40 Uhr relativ
abgehetzt ankamen, denn vom Parkplatz bis zum Schlosshof musste man noch
eine ziemliche Strecke zu Fuß gehen. An der Kasse wollte man uns keine
Tickets mehr verkaufen - es sei zu spät, um noch Besucher ins Schloss
zu lassen. Ins angegliederte Handels- und Seefahrtmuseum hätten wir
noch hineingedurft, aber das wollten wir ja nicht besichtigen.
Im ganzen
Innenhof war nur noch eine einzige Tür geöffnet; wir schauten hinein
- es war die Schlosskirche. Doch dann stand schon eine Frau vor uns und verlangte
unsere Eintrittskarten zu sehen - weil wir keine hatten, mussten wir wieder
gehen. Ärgerlich war nur, dass wir die jetzt noch vorhandene Zeit prima
für die Außen-Besichtigung von Schloss Fredensborg hätten
verwenden können, aber wir hatten eben fest damit gerechnet, vor 17
Uhr auf jeden Fall noch eingelassen zu werden.
Von den Festungswällen seitlich des mächtigen Schlosses, das 1574-1585
von König Frederik II an der Stelle einer älteren Festung (von
1420) erbaut wurde, konnten wir über den hier nur 4,5 km breiten Sund
hinüber nach Schweden schauen. Diese strategisch günstige Lage
nutzten die Dänen jahrhundertelang, um von vorbeifahrenden Schiffen
den Sundzoll zu erpressen. Wer sich weigerte zu zahlen, wurde von den zahlreichen
Kanonen leckgeschossen und im Øresund versenkt.
Das Wetter war übrigens den ganzen Tag über gut; es wechselte zwischen
sonnigen und wolkigen Abschnitten mit manchmal recht starkem Wind. Auf dem
Rückweg zum Wohnmobil lasen wir auf einem Schild, dass das Schloss morgens
erst um 10:30 Uhr geöffnet wird; das war uns für den nächsten
Tag zu spät. Nun fuhren wir die kurze Strecke zurück bis nach
Helsingør, wo wir einen schönen
ruhigen Parkplatz nahe am Ortszentrum fanden. Ein Blick auf den Tacho verriet,
dass wir heute 95 km zurückgelegt hatten.
Gegen 21:30 Uhr machten wir noch einen Spaziergang im überwiegend als
Fußgängerzone gestalteten historischen Stadtkern. Die schönen
alten Häuser, die hauptsächlich aus dem 17. und 18. Jahrhundert
stammen, wurden sorgfältig restauriert. Helsingør war zur Zeit
des Sundzolls (1427-1857) eine reiche Handelsstadt; hier ließen sich
viele fremde Kaufleute nieder und gaben der damals nach Kopenhagen wichtigsten
Stadt des Landes eine kosmopolitische Prägung. Als wir zum Hafen kamen,
funkelten uns drüben auf der anderen Sundseite die Lichter von Helsingborg
entgegen.
Am nächsten Morgen brachte uns die 9:10-Uhr Fähre
"Prinsesse Elisabeth" in 20 Minuten hinüber nach Schweden.
Zunächst
schauten wir uns kurz im Inneren des Schiffes um: Restaurant, Kiosk, Bank
und Tax-Free-Shop, letzterer diesmal nur mit Süßigkeiten; Alkohol
und Parfümeriewaren wurden nicht angeboten.
Vom Außendeck hatten
wir während der Fahrt über den Øresund einen schönen
Blick auf die Seeseite von Schloss Kronborg. Am Heck des Schiffes stehend,
sahen wir zu, wie sich Helsingør langsam entfernte und wanderten dann
zum vordersten Platz an der Seite des Schiffes
(an den Bug durfte man wieder einmal nicht), wo die schwedische Hafenstadt
Helsingborg immer näher kam.
Nachdem wir aus dem Schiff gelotst worden waren - eine
Zollkontrolle gab es nicht - parkten wir am Hafen und zogen uns erst einmal
sommerlich um, denn es war schön warm und die Sonne schien von einem
strahlend blauen Himmel. Weil wir kein schwedisches Geld für den
Parkautomaten hatten, ging unser erster Weg zur Post, wo man eine Nummer
zog und dann bequem auf einer der Sitzbänke wartete, bis diese Nummer
an einem der Schalter angezeigt wurde - sehr praktisch, das lästige
Schlangestehen wird so vermieden.
Am unteren Ende des Stortorget schauten wir uns das Reiterstandbild des Feldherrn
Graf Stenbock an, das 1901 zur Erinnerung an den im Jahre 1710 nördlich
von Helsingborg errungenen Sieg über die Dänen errichtet worden
war. Der Graf hatte damals die gesamte Bevölkerung zu motivieren
gewußt; nur gemeinsam konnten die Eindringlinge zurückgeschlagen
werden. Deshalb zeigt das Standbild neben dem Reiter kämpfende Bürger;
alle Figuren sind sehr "lebendig"; ihre Gesichter zeigen die Entschlossenheit,
ihre Stadt bis zum Äußersten zu verteidigen.
An der Fassade des hübschen Rathauses, das an jeder Ecke einen dicken,
runden Turm und über dem Hauptportal den 70 m hohen Rathausturm (mit
Glockenspiel) aufweist, betrachteten wir den von dänischen und norwegischen
Flüchtlingen, die hier während des zweiten Weltkrieges Zuflucht
fanden, gespendeten Gedenkstein und schauten uns anschließend im Inneren
des Gebäudes die 1950 angebrachten Glasfenster, die Szenen aus der
Geschichte der Stadt darstellen, an.
Hoch über der von zwei runden Türmen flankierten
Terrasse König Oskars II (Lift im linken Turm) erhebt sich der alte
Turm Kärnan als eindrucksvoller Rest der 1680 zerstörten Festung.
Die Anfänge dieses Turms stammen aus dem 10. Jahrhundert; er ist 35
m hoch, sein Umfang beträgt an der Basis 60 m und die Mauern sind mehr
als 4 m dick.
Über die 190 Stufen der Wendeltreppe stiegen wir hinauf
auf die Plattform, wo sich uns ein sehr schöner Ausblick bot: im Westen
schauten wir über das Rathaus hinweg auf das mit kleinen weißen
Segeln gesprenkelte Wasser des Øresunds mit Schloss Kronborg und
Helsingør am gegenüberliegenden Ufer; im Norden und Osten auf
Parkanlagen und natürlich rundum auf die Dächer Helsingborgs.
Während des Abstiegs schauten wir in die ehemaligen Wohn- und
Wachräume auf den verschiedenen Etagen des Turmes, die jedoch sämtlich
unmöbliert waren.
Zurück in der Stadt, schauten wir uns die sehr schöne,
aus dem 12. Jahrhundert stammende Marienkirche an, die man im 15. Jahrhundert
zu einer dreischiffigen gotischen Kirche umgebaut hatte. Ihr Triptychon wurde
um 1450 in einer norddeutschen Werkstatt gefertigt; die schöne Barockkanzel
stammt aus dem Jahre 1615. Anschließend spazierten wir durch die
Fußgängerzone zur Norra Storgatan, der Straße mit den meisten
alten Fachwerkhäusern der Stadt.
Um 12 Uhr verließen wir Helsingborg
auf der E 6 in südlicher Richtung. Der nächste Haltepunkt war das
25 km entfernte Landskrona mit einer im
16. Jahrhundert vom Dänenkönig Christian III im Renaissancestil
erbauten Zitadelle. Im Innenhof des von einem dreifachen, sternförmig
angelegten Wall- und Wassergrabensystem umgebenen Bauwerks erfuhren wir,
dass es bereits für die Saison geschlossen sei. Also schauten wir uns
nur ein wenig um - sehr viel gab es nicht zu sehen, denn die Zitadelle war
jahrelang Gefängnis und Kaserne gewesen - und gingen dann zum nahen
Strand des Øresundes.
Das Wasser war nicht besonders kalt, aber es
schwammen einige Quallen darin, so dass man aufpassen musste, wohin man trat.
Aus dem Kies des Strandes sammelten wir ein paar Muscheln, dann fuhren wir
weiter nach Süden. Die als Autobahn ausgebaute E 6 verläuft hier
teilweise am Øresund entlang, teilweise etwas weiter im Landesinneren
zwischen großen Feldern mit vereinzelten Baumgrüppchen und einigen
der für die Landschaft Schonen (Skåne), die "Kornkammer Schwedens"
genannt wird, typischen Windmühlen.
Wir kamen gegen 15 Uhr in Malmö an und folgten den Wegweisern
zur Innenstadt, um uns das von Kanälen umschlossene Altstadtviertel
rund um den Stortorget anzuschauen. Hier fand gerade das Malmö-Festival
statt: auf dem Stortorget waren eine große Bühne und zahlreiche
Verkaufsstände aufgebaut; eine Radiostation sendete live vom Marktplatz.
Zu unserem Glück wurde gerade einer der wenigen verbliebenen
Parkplätze frei und wir bugsierten unser Wohnmobil in die relativ schmale
Lücke.
Nach der Fütterung des Parkautomaten spazierten wir am 1546
im niederländischen Renaissancestil errichteten und später öfters
umgebauten Rathaus vorbei zur nach dem Vorbild der Lübecker Marienkirche
erbauten Sankt Petri Kyrkan. Sie stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist
die zweitgrößte Kirche Schwedens. Ihr Hochaltar entstand Anfang
des 17. Jahrhunderts, die Kanzel und das Taufbecken wurden im gleichen
Jahrhundert in Lübeck gefertigt. Die Fresken sind jedoch älter;
sie entstanden 1529. In den Fußboden der sehr hohen und ziemlich hellen
Kirche sind Grabsteine kirchlicher Würdenträger eingelassen.
Nach einem kurzen Besuch in der Tourist-Information, wo wir uns einen Stadtplan
besorgten, wanderten wir über den südlich des Stortorget gelegenen
Lilla Torg (= kleiner Markt) mit seinen schönen alten Häusern und
durch die belebten Fußgängerzonen Skomakergatan und Södergatan
zum Slottsparken und weiter zum Schloss Malmöhus, wo wir um 15:30 Uhr
ankamen. Die alte Festung (von 1434) beinhaltet heute das Malmöer Museum
mit archäologischen, naturwissenschaftlichen, historischen,
völkerkundlichen, technischen und Kunstsammlungen.
Auf einem Schild am Eingang lasen wir, dass der Gebäudekomplex nur bis 16 Uhr geöffnet
war und beschlossen daher nach kurzer Beratung, wieder zur Stadt
zurückzugehen. Doch nun sprach uns ein freundlicher Museums-Mitarbeiter
an und meinte, wir könnten gerne diese letzte halbe Stunde kostenlos
hineingehen. Nachdem er sich erkundigt hatte, was wir am liebsten sehen
möchten, brachte er uns durch ansonsten "verbotene" Durchgänge
und Treppen zum Stadtmuseum.
Hier sind einige recht eindrucksvoll eingerichtete Räume zu sehen;
außerdem Ausstellungen über die Stadtgeschichte und Ausgrabungsfunde
von verschiedenen Stellen der Stadt. Alles ist recht gut dargestellt mit
per Knopfdruck beleuchtbaren Tafeln usw., aber leider immer nur in Schwedisch
beschriftet. Auf dem Rückweg kamen wir an alten Möbeln und einigen
lebensgroßen Puppen mit historischer Kleidung vorbei. Im Erdgeschoss
schauten wir noch kurz in die naturhistorische Abteilung mit allen
möglichen - sowohl skandinavischen als auch exotischen - ausgestopften
Tieren, die sich jeweils in großen Schaukästen befinden, in denen
ihre natürliche Umgebung nachempfunden ist. Auch in das 14 verschiedene
Lebensräume zeigende tropische Aquarium warfen wir einen - leider nur
sehr kurzen - Blick.
Auf dem Rückweg zum Zentrum kamen wir am Jörgen Kockshuset vorbei,
einem schönen, 1525 im Renaissancestil erbauten Haus. Auf dem Stortorget
schauten wir uns die Auslagen der verschiedenen Verkaufsstände an und
sahen eine Weile der Radio-Veranstaltung zu. Bei dieser Gelegenheit "entdeckten"
wir auch das mitten auf dem Platz stehende Reiterstandbild des Königs
Karl X Gustav, der 1658 Skåne für Schweden erobert hatte. Von
den schönen alten Häusern rings um den Stortorget konnten wir wegen
des Festes leider nur die oberen Teile der Fassaden betrachten. Dann bestiegen
wir unser Wohnmobil und verließen die Stadt in Richtung Lund auf der
ebenfalls wieder als Autobahn ausgebauten E 22.
Unterwegs versuchten wir unseren Frischwassertank zu füllen - was in
Dänemark kein Problem gewesen war -, aber hier wurde an jeder Tankstelle
abgewinkt - einmal hätten wir zwar Wasser bekommen können, sollten
aber für 50 Liter 20 SKR zahlen - ein absoluter Wucherpreis! An einer
anderen Tankstelle hätten wir den Tank zwar füllen können,
der Tankwart riet uns aber davon ab; er meinte,
das Wasser habe keine Trinkwasserqualität.
So hangelten wir uns von
Tankstelle zu Tankstelle, auch in Lund erging
es uns nicht besser. Ehe wir uns versahen, waren wir auf einmal mitten in
der Altstadt und irrten in einem Gewirr kleiner Gässchen (mit schönen
alten Fachwerkhäusern) herum. Da alle Parkpläzte in der Innenstadt
zeitlich begrenzte Parkzeiten aufwiesen und man auch in der Nacht weiterzahlen
musste, verlegten wir unsere Schlafplatzsuche in die Wohngebiete. Doch hier
durften nur die Anwohner parken, weshalb wir fast schon zu den teuren
Innenstadt-Parkplätzen zurückgekehrt wären, doch schließlich
fanden wir ein schönes verstecktes Plätzchen auf dem Parkplatz
eines Tennis- und Squash-Centers, der lediglich ein P-Schild ohne irgendwelche
Zusätze trug. Unser Tacho zeigte jetzt 129 km mehr als gestern abend.
Schräg gegenüber war eine Tankstelle und wir entschlossen uns,
nochmal einen Versuch in Richtung Frischwasser zu starten - jetzt allerdings
zu Fuß, denn wir rechneten uns auch hier keine großen Chancen
aus. Aber dann sagte dieser Tankwart doch glatt ja und wir holten schnell
das Wohnmobil herbei. Unseren langen Wasserschlauch konnten wir jedoch nicht
anschließen, weil die kurzen Schläuche zum Autowaschen in der
Waschhalle der Tankstelle fest angeklemmt waren. Deshalb musste das Wohnmobil
wohl oder übel in die Halle - teilweise waren nur noch wenige Zentimeter
Platz zwischen dem Dach des Wohnmobils und dem Tor bzw. den Querverstrebungen
des Torträgers. Aber es klappte: das Fahrzeug stand schließlich
mitten in der Halle und wir füllten den Tank mit einem der
Autowasch-Schläuche.
Nachdem wir den Tankwart gefragt hatten, was er denn für das Wasser
bekäme und er uns versichert hatte, dass wir dafür nichts zu zahlen
bräuchten, zogen wir mit unserem vollen Wassertank von dannen - zurück
in unser ruhiges Schlaf-Eckchen. Beruhigt, dass man zumindest an manchen
schwedischen Tankstellen Wasser bekommen kann, nahmen wir uns für die
nächsten Male vor, nur dort Diesel zu tanken, wo wir auch Wasser bekommen
konnten, denn das hatten wir heute an der allerersten Tankstelle
blöderweise zuerst erledigt und erst beim Bezahlen nach Wasser gefragt.
Es war schon komisch; jetzt, wo wir für das Wasser beinahe jeden Preis
gezahlt hätten, bekamen wir es auch noch umsonst.
Weil es trotz der frühen Stunde bereits schön sonnig war, machten
wir uns am nächsten Morgen gegen 8:45 Uhr gleich in hochsommerlicher
Kleidung auf den Weg zur Innenstadt, um den Dom zu besichtigen. Aus
Zeitgründen hatten wir sowohl das Historische Museum als auch das
Kulturhistorische Museum "Kulturen" mit seinem großen Freilichtmuseumsteil
von unserer Besichtigungsliste gestrichen.
Der romanische Dom von Lund ist die älteste
erzbischöfliche Kirche des Nordens, seine ältesten Teile stammen
von 1080. Das große Tryptichon über dem Hauptaltar (14. Jahrhundert)
fanden wir besonders schön. Links und rechts vor dem Altar befindet
sich ein reich geschnitztes Chorgestühl aus der gleichen Zeit; die Kanzel
des Doms wurde 1592 gefertigt. Das schöne Mosaik an der Apsis-Decke
entstand 1925 und stellt die Auferstehung dar.
Die wunderbaren Kirchenfenster
des Domes wurden vom Norweger Gustav Vigeland gestaltet. Als kostbarstes
Gut des Domes gilt die Ende des 14. Jahrhunderts gefertigte astronomische
Uhr "Horologium mirabile Lundense". Die von 28 Pfeilern getragenen Krypta
unter dem Dom soll die größte und schönste der nordischen
Länder sein - sie enthält verschiedene Grabkapellen, Grabsteine
und einen kleinen Altar; an einige der Pfeiler schmiegen sich eigentümliche
Figuren.
Kurz nach 10 Uhr fuhren wir weiter zum Schloss Bosjökloster,
das sehr schön inmitten von Gartenanlagen
auf einer in den See Ringsjön ragenden Landzunge liegt. Der prachtvolle
Besitz wurde auf den Grundmauern und Überresten eines im Jahre 1080
gegründeten Benediktinerinnenklosters erbaut und 1760-1870 restauriert.
Die alten Klostergewölbe, der Brunnen, der Kräutergarten und die
Bußkapelle stammen noch aus der Nonnenzeit. In den mittelalterlichen
Sälen finden im Sommer wechsende Ausstellungen moderner Künstler
statt.
In der Schlosskirche brauchte man nur auf den entsprechenden Knopf auf einer
Tafel neben der Eingangstür zu drücken und schon erzählte
eine Lautsprecherstimme die Geschichte von Kloster und Schloss in Deutsch.
Nun schauten wir uns ein wenig im sehr schönen Garten des Schlosses
um. Besonders gut gefielen uns die vielen verschiedenen Blumen, allen voran
natürlich die Rosen.
In einem Nebengebäude entdeckten wir eine
Fotoausstellung über die schwedische Königsfamilie Bernadotte und
verbrachten eine ganze Weile damit, die vielen Fotos anzuschauen. Von den
Terrassen des Gartens hat man einen schönen Blick über den
Ringsjön - besonders bei so strahlendem Wetter wie heute. In den westlich
des Schlosses gelegenen, waldähnlichen Teil des Parks spazierten wir
nur ein kurzes Stück hinein; hier gibt es neben einer tausendjährigen
Eiche einen kleinen Tierpark und einen Ententeich zu sehen.
Nachmittags kamen wir dann nach Kristianstad, das 1614 vom
Dänenkönig Christian IV mit streng rechtwinkligem Grundriss und
einem Paradeplatz - dem Stora Torg - in der Mitte angelegt wurde. Wir parkten
direkt neben der 1618-1628 im holländischen Renaissancestil erbauten
Dreifaltigkeitskirche. Ihr Innenraum ist beeindruckend groß; besonders
schön fanden wir den Altar und die Kanzel, die beide aus Alabaster und
Marmor gefertigt sind, sowie die große, aus dem Jahre 1630 stammende
Orgel.
Anschließend schauten wir uns die Gebäude rund um den
benachbarten Stortorget an. Im Giebel des 1891 erneuerten Rathauses befindet
sich eine Nische mit einer Statue des Stadtgründers Christian IV; das
Gebäude trägt die Inschrift "Pax Vobis" (= Friede sei mit Euch),
den Gruß des Königs an die Bürger der neuen Stadt. Diese
Bürger kamen übrigens nicht freiwillig hierher, sondern wurden
zwangsweise umgesiedelt. In der Mitte des Platzes steht ein eigentümlicher,
moderner Springbrunnen aus zersplitterten Metallteilen mit Namen "Ikarus".
Die Landschaft, durch die wir heute zwischen Lund und Kristianstad gefahren
waren, wird zwar auch von der Landwirtschaft geprägt, die Felder sind
jedoch nicht mehr ganz so riesig und werden hin und wieder durch Baumgruppen
und Wälder voneinander getrennt. Alles sieht viel freundlicher und
schöner aus als an der Øresundküste. Das Wetter war heute
ganz wunderbar: sonnig mit azurblauem Himmel und Temperaturen zwischen 21
und 23 Grad.
Die Gegend, durch die wir fuhren, wurde zunehmend hügeliger;
öfter sah man links und rechts der übrigens sehr gut ausgebauten
Straße Granitfelsen - das erinnerte uns sehr an Norwegen, nur dass
hier in Schweden doch alles sehr viel flacher ist. In den ausgedehnten
Wäldern sahen wir zahlreiche Elch-Warnschilder und an manchen Stellen
waren Wildzäune entlang der Straße aufgestellt; wir hielten aber
vergebens Ausschau nach einem oder gar mehreren dieser urigen Tiere.
Im Zentrum von Sölvesborg ergatterten wir einen Parkscheiben-Parkplatz,
von dem gerade ein anderes deutsches Wohnmobil wegfuhr und wanderten dann
zur St. Nikolai-Kirche. Sie stammt aus der Zeit um 1300 und gilt als eine
der schönsten Kirchen der Provinz. Auch uns gefiel die mit Fresken fast
schon übersäte Kirche sehr gut. Mitten im Innenraum hängt
ein großes Kruzifix, das genau wie die Fresken aus dem 15. Jahrhundert
stammt; die Kanzel und der Altaraufsatz entstanden im Barock.
Nun folgten wir der E 22 über die Halbinsel Listerland
zur Pukaviksbukten, wo wir immer wieder einmal kurz das blaue Wasser der
Ostsee zwischen den Bäumen hindurchblitzen sahen. Flugs hielten
wir am nächsten Parkplatz und folgten einem Trampelpfad durch den Wald
zum Wasser. Das Ufer war hier felsig; wir kletterten ein wenig auf den
großen Steinen herum und testeten die Wassertemperatur - ziemlich kalt!
Von unserem Standpunkt aus konnten wir fast die gesamte Bucht überblicken:
die Ostsee war himmelblau und sehr ruhig mit ganz flachen Wellen, fast wie
an einem Binnensee. Das felsige Ufer wurde nur ab und zu durch kleine Sand-
oder Kiesstrände unterbrochen und überall schloß sich schon
nach wenigen Metern der dichte grüne Gürtel des Waldes an.
Das durch die vorgelagerten
Schären geschützte Karlskrona
besteht aus etwa 30 mit Brücken untereinander verbundenen Inseln. Auf
der Hauptinsel liegt das Stadtzentrum mit Stortorget, Rathaus, Frederiks-
und Dreifaltigkeitskirche. Wir kamen um 17:10 Uhr auf dem Stortorget an und
lösten gleich einen Parkschein bis zum nächsten Morgen (nachts
parkte man kostenlos). Ein Blick auf den Tacho vierriet uns, dass wir heute
insgesamt 224 km weit gefahren waren.
Unser Rundgang führte zunächst zur Tourist-Information, wo wir
uns einen Stadtplan besorgen wollten. Kurz vor der Stadt hatten wir schon
einmal an einer Info-Tafel mit einem - leider leeren - Stadtplan-Automaten
gehalten. Hier vor der Tourist-Info stand nun wieder ein solcher Automat,
der auf Knopfdruck schöne, ausführliche Hochglanz-Stadtpläne
ausspuckte. Diese Einrichtung fanden wir wunderbar - konnte man so doch
völlig unabhängig von irgendwelchen Öffnungszeiten einen Stadtplan
bekommen. Auf dem Plan waren übrigens die Standorte der Automaten
eingezeichnet - über Karlskrona verteilt gibt es 10 Stück davon.
Als erstes schauten wir uns die beiden nach Vorbildern aus Rom entworfenen
Kirchen am Stortorget an. Die Frederikskirche stammt aus dem Jahre 1744,
die Dreifaltigkeitskirche wurde 1709 erbaut. Letztere diente bis 1846 als
Pfarrkirche für die deutschen Einwanderer und wird deshalb auch Deutsche
Kirche genannt. Die Eingangstüren beider Gotteshäuser waren bereits
verschlossen, so dass wir sie nur von außen betrachten konnten. Den
Stortorget und die umliegenden Straßen ließ der Stadtgründer
Karl XI, dessen Standbild mitten auf dem Platz steht, besonders groß
und breit anlegen, um prächtige Militärparaden veranstalten zu
können.
Durch die Straße Alamedan mit den ältesten
Holzhäusern der Stadt spazierten wir hinunter zum Hafen. Es war mittlerweile
fast 18 Uhr und immer noch schön warm. Hier am Wasser war - außer
dem Meer und einigen Schären - nicht viel zu sehen. Durch die Marine
und ihre Sperrgebiete kommen fast keine fremden Schiffe hierher; große
Teile des Hafens sind für Zivilisten gesperrt (Links: das Segelschulschiff
"Jarramas").
Nun gingen wir weiter zur Admiralitätskirche, die bereits
1685, nur fünf Jahre nach der Stadtgründung, fertiggestellt wurde.
Diese größte Holzkirche Schwedens war bereits geschlossen, aber
beim Umrunden des in Falunrot gestrichenen Gebäudes konnten wir hier
und da einen Blick auf das (anscheinend prächtige) Innere erhaschen.
Vor der Kirche steht die Holzfigur "Gubben Rosenbom" aus Selma Lagerlöfs
"Die wunderbare Reise des kleinen Nils Holgersson mit den Wildgänsen",
eine aus dem 19. Jahrhundert stammende Armenbüchse.
Am nächsten Morgen standen wir kurz nach 7:30 Uhr auf
und schauten beim Frühstück einigen Markthändlern zu, die
auf der anderen Seite des Stortorget ihre Stände aufbauten. Seit heute
früh um 5 Uhr trommelte Regen auf das Dach unseres Wohnmobils und die
hellgraue Wolkendecke am Himmel sah leider ganz nach Dauerregen aus. Auf
den 85 km bis Kalmar führte uns die E 66 durch eine waldbestandene,
ziemlich felsige Gegend. Das nicht weit entfernte Meer sieht man hier so
gut wie nie, weil sich zwischen ihm und der Straße ständig mehr
oder weniger dichter Wald befindet.
In Kalmar angekommen, parkten wir in der Nähe des Bahnhofs,
lösten ein Parkticket
und machten uns dann - mit Schirmen bewaffnet - auf den Weg zum Dom. Kalmar
ist eine der geschichtsträchtigsten und ältesten schwedischen
Städte. Sie liegt an der schmalsten Stelle des Kalmarsundes, der Meerenge
zwischen dem Festland und der langgestreckten Ostseeinsel Öland.
Den zwischen 1660 und 1703 in italienischem Barockstil errichteten Dom mit
seiner reich geschmückten Renaissancekanzel und dem pompösen barocken
Altaraufsatz fanden wir sehr schön. Im Inneren erklärte eine
Führerin uns alles ganz genau auf deutsch; später erzählte
sie uns, sie sei Deutsche und lebe schon seit 1948 in Schweden. Außer
uns nahm noch eine weitere Familie an dieser Führung teil; wie sich
herausstellte, waren sie aus Koblenz. Jetzt befanden sie sich auf der
Rückreise von Stockholm, vor dessen Straßenverkehr sie uns - wegen
der Lage auf vielen kleinen Inseln - warnten: sie hätten sich ständig
verfahren und seien dabei immer weit vom eigentlichen Ziel abgekommen.
Bei wieder trockenem Wetter fuhren wir die kurze Strecke zum Kalmarer Schloss,
wo wir um 12 Uhr Mittags ankamen. Die ältesten Teile des großen,
fünftürmigen Bauwerkes stammen vom Anfang des 11. Jahrhunderts.
In der Zeit von 1307 bis zum Beginn des Kalmarer Krieges im Jahre 1611 widerstand
die Festung 24 Belagerungen. Die entstandenen Schäden wurden jeweils
repariert und zerstörte Teile wiederaufgebaut. König Gustav Vasa
ließ die Festung im 16. Jahrhundert zu einem gewaltigen Renaissanceschloss
ausbauen, das bis heute fast unverändert ist. Zwischen 1956 und 1969
fand eine grundlegende Restaurierung statt; heute beherbergt das Schloss
das Kalmarer Provinzialmuseum.
Durch den Schlosshof mit dem Renaissancebrunnen betraten wir das Gebäude.
Von den vielen zu besichtigenden Räumen, Sälen und Gemächern,
die teilweise noch original eingerichtet sind, teilweise Ausstellungen wie
z. B. Uniformen, Segelschiffe und -zubehör oder Kleidung früherer
Jahrhunderte enthalten, fanden wir nur die bei "Polyglott" erwähnten
Räume und die Schlosskirche einigermaßen schön. Das ganze
Schloss hält unserer Meinung nach von innen nicht, was es von außen
verspricht. Man merkt eben deutlich, dass es ein sehr altes Schloss ist,
in dem jahrhundertelang niemand mehr gewohnt hat. Am besten gefiel uns das
sehr gemütlich wirkende Gemach König Eriks mit feinen
Holzeinlegearbeiten, einem Stuckfries, bemalter Decke und einem großen
barocken Kamin.
Um 14 Uhr ging es dann weiter zur 6.070 m langen Ölandsbrücke,
über die wir jedoch nicht hinüberfuhren. Von einem Parkplatz am
diesseitigen Ufer des Kalmarsundes, seitlich unterhalb der von 153 Pfeilern
getragenen Brücke, machten wir einige Fotos und fuhren dannn weiter
in Richtung Norden.
Das Fahren mit einem Wohnmobil macht übrigens sehr viel Spaß.
Da man sehr hoch sitzt, sieht man viel mehr von der Umgebung und hat auch
einen ganz anderen Blick auf die Straße und die anderen Fahrzeuge.
Die Lkw-Fahrer behandeln einen als ihresgleichen und geben beispielsweise
Lichtzeichen, wenn man sie überholt hat und weit genug entfernt ist,
um wieder einzuscheren. Darüber hinaus hatten wir bereits in Dänemark
Bekanntschaft mit einem sehr schönen Brauch unter allen Autofahrern
gemacht, den es auch hier in Schweden gibt: nach einem
Überholmanöver, bei dem das zu überholende Fahrzeug halb von
der Fahrbahn auf den breiten Standstreifen ausgewichen ist, bedankt sich
der Überholende durch kurze Blinkzeichen: erst wird der rechte, dann
der linke und schließlich wieder der rechte Blinker betätigt.
Der Überholte grüßt anschließend auf die gleiche Weise
zurück.
Den nächsten Abstecher in Richtung Meer (die Straße führt
auch hier nicht durch die Orte, sondern etwas weiter im Landesinneren an
ihnen vorbei) machten wir 65 km weiter nördlich in Västervik, wo
wir die St.-Petri-Kirche (neueren Datums) und die aus dem 15. Jahrhundert
stammende St.-Gertruds-Kirche besichtigten. In letzterer fiel uns besonders
die schöne, geschnitzte Kanzel auf. Obwohl es schon nach 17 Uhr war,
waren beide Kirchen noch geöffnet - gut für uns! Auf der anderen
Seite der kleinen Bucht Gamlebyviken kletterten wir auf das "Hügelchen"
Kylbacken und genossen die Aussicht aufs Meer.
Während des gesamten Nachmittags waren wir durch eine
schöne Landschaft gefahren: sehr viel Wald, nur ab und zu einige
Bauernhöfe mit großen Viehweiden und nur wenigen, dafür aber
riesigen Feldern. Dann kam wieder Heidelandschaft mit Wacholder und Heidekraut,
direkt dahinter wieder Wald. Man konnte nirgends weit in eine Landschaft
hineinsehen; der Wald stand fast wie eine Mauer links und rechts. Ab und
zu kamen wir an Wasserflächen vorbei; eine Tankstelle, zwei, drei
Häuser, vereinzelt Briefkästen an der Straße - wenn man genau
hinschaute, sah man die Häuser, die dazugehörten, zwischen den
Bäumen hervorblitzen. Die nur wenige Kilometer entfernte Ostsee war
so gut wie gar nicht zu sehen, wir hätten auch mitten im Landesinneren
sein können.
Auf der nun folgenden Strecke passierten wir öfter Seen
bzw. Meeresarme, die nur mit Hilfe der Karte der einen oder anderen Kategorie
zuzuordnen waren, denn sie sahen sich zum Verwechseln ähnlich. Dann
folgten wir einem Wegweiser nach Valdemarsvik, um uns den 20 km ins Land
reichenden Fjord Valdemarsviken anzuschauen. Den nächsten Halt machten
wir etwa um 19:30 Uhr in Söderköping, wo wir übernachten wollten.
Auf dem Stortorget fanden wir direkt gegenüber dem im Jahre 1770 erbauten
Rathaus nach 368 Tageskilometern einen schönen Parkplatz für unser
Wohnmobil. Seit 1832 endet in Söderköping der Götakanal, der
Göteborg mit Stockholm, den Skagerrak mit der nördlichen Ostsee
verbindet.
Am nächsten Morgen fuhren wir nach
Norrköping, wo wir das Wohnmobil zwischen
Bahnhof und Rathaus direkt am Motala Ström parkten. Auf der Brücke
über den Fluss und auch weiter in der Innenstadt waren seitlich der
Straße Tribünen aufgebaut, denn heute fand hier der
Norrköping-Karneval mit einem allerdings erst um 18 Uhr beginnenden
großen Umzug statt. Wir schauten uns zunächst den Tyska Torget
(Deutscher Markt) mit der 1673 erbauten, im 18. Jahrhundert umgebauten und
1969 restaurierten Hedwigskirche, die auch Tyska Kyrkan genannt wird, an.
Hier steht auch das von 1910 stammende Rathaus mit seinem 68 m hohen Turm
und einem bereits 1750 gefertigten, aus 35 Glocken bestehenden Glockenspiel,
das täglich um 12 und 17 Uhr (Sommerzeit: 13 und 18 Uhr) zu hören
ist. Sowohl die Kirche als auch das Rathaus konnten wir nur von außen
betrachten, da sie beide geschlossen waren. Ob dies generell samstags der
Fall ist, oder ob man sie nur wegen des Karnevals geschlossen hatte, konnten
wir nicht erfahren. Jedenfalls waren heute mehrere Bühnen davor aufgebaut;
auf dem Gamla Torget und in der benachbarten Straße fand eine Art Jahrmarkt
statt: Verkaufsstände mit allen möglichen Sachen, Losbuden usw.
Nun wanderten wir zum Dommarringen (Richterring), einer alten vorchristlichen
Thing- und Kultstätte, wo auch Recht gesprochen wurde. Der Weg dorthin
war viel weiter, als es auf dem Stadtplan ausgesehen hatte. Endlich angekommen,
fanden wir lediglich ein paar in einen Halbkreis gelegte dicke Steine in
einem ganz normalen Park - das hatte sich wirklich ganz und gar nicht gelohnt.
Also zurück zur Innenstadt - unser einziger Trost war, dass es jetzt
wenigstens bergab ging.
Im Karl-Johans-Park gegenüber dem Bahnhof schauten wir
uns die kunstvollen, aus über 25.000 Gewächsen bestehenden
Kakteenpflanzungen an. Wegen des Karnevals waren sie leider mit hohen Gittern
umgeben, aber wir kamen im Huckepack- Verfahren trotzdem zu Fotos ohne Gitter.
Gegenüber den Kakteen steht ein Denkmal des Königs Karl XIV Johan;
dahinter erstreckt sich bis zum Bahnhof eine schön bepflanzte Parkanlage.
Nun schauten wir eine Weile dem direkt gegenüber auf der anderen Flussseite
von einem hohen Kran aus stattfindenden Bungeespringen zu. Pünktlich
um 13 Uhr begann das sehr schöne Glockenspiel vom nahen Rathausturm.
Nachmittags fuhren wir zum Himmelstalundsparken, einem 60 Hektar
großen Park westlich der Stadt, um uns die 3.000 Jahre alten
Felszeichnungen (Hällristningarna) aus der Bronzezeit anzuschauen. Nach
einem Fußmarsch von fast 2 km erreichten wir die flachen Felsen mit
den etwa 1.700 Zeichnungen. Damit die Bilder besser zu erkennen sind, wurden
man die in das Gestein eingeritzten Schiffe, Menschen und Tiere mit roter
Farbe ausgemalt.
Später setzten wir unsere
Fahrt in Richtung Kolmårdens Djurpark
fort. In diesem größten Tierpark Schwedens leben über 100
Tierarten auf einer Gesamtfläche von etwa 250 Hektar. Wir wollten jedoch
nicht in den eigentlichen Tierpark (Zoo), sondern in den angegliederten
Safaripark, durch den man mit dem eigenen Auto fahren kann. Im Inneren des
Parks gibt es einen genau vorgeschriebenen Rundweg, den "Karavanvägen",
über den sich die Autoschlange im Schrittempo zu bewegen hat. Anhalten
ist eigentlich verboten, aber zu einem Foto kann man hin und wieder kurz
stoppen, ohne dass gleich ein Aufseher angerannt kommt.
Der ganze Park ist
in mehrere große Gehege mit jeweils friedlich zusammenlebenden Tiergruppen
eingeteilt. Zwischen den einzelnen Abteilungen fuhr unsere Wagenkolonne jeweils
in eine Art Schleuse: das vordere Tor wurde erst dann geöffnet, wenn
sich alle Fahrzeuge innerhalb der Schleuse befanden und das hintere Tor
geschlossen worden war. Die Park-Aufseher in ihren an beiden Toren aufgestellten
Wachtürmen überzeugten sich vorher gewissenhaft davon, dass keines
der Tiere aus der gerade durchfahrenen Abteilung mit in die Schleuse
geschlüpft war.
Vor den Raubtier-Abteilungen mit Bären und Löwen muss man alle
Scheiben hochdrehen; sie dürfen innerhalb der Gehege nicht wieder
heruntergelassen werden. Wir machten es dann aber trotzdem, weil man anders
nicht fotografieren konnte. Einmal kam ein Bär ganz nahe heran - da
wurde mir doch gleich ganz anders! Ich glaube, ich habe noch nie eine Autoscheibe
so schnell hochgedreht. In einem anderen Gehege kamen uns mitten auf der
Straße einige kuhartige Tiere mit langen, seitlich abstehenden
Hörnern entgegen, womit sie bestimmt furchtbare Kratzer in die Seiten
des Wohnmobils machen konnten. Zu unserem Glück hatten sie aber nichts
derartiges im Sinn, sondern gingen friedlich vorbei.
Hier im Safaripark sahen wir unsere ersten schwedischen Elche
- allerdings nur in Gefangenschaft, aber wir hofften, auf der Weiterreise
noch einigen ihrer wilden Artgenossen zu begegnen. Neben den Elchen leben
in der "Skandinavischer Park" genannten Abteilung noch Rehe und Hirsche.
Im nächsten Gehege sahen wir eine ziemlich große Giraffengruppe,
Zebras, Gnus, Strauße und andere Tiere aus der Savanne.
Dann ging es
in die "Bergsanläggning" mit im Gebirge lebendem Wild und weiter durch
die Raubtierabteilungen mit Bären, Wölfen und Löwen. Dem Vorteil,
ohne störendes Gitter nahe an die in größerer Freiheit als
beispielsweise im Zoo lebenden Tiere des Parks heranzukommen steht als Nachteil
die relativ kurze Zeit gegenüber, die man hat, um die Tiere zu betrachten.
Nach etwa einer Stunde hatten wir den gesamten Safaripark durchfahren und
folgten nun einer anderen Nebenstraße, die etwas weiter östlich
zurück zur E 4 führte.
In Nyköping parkten wir direkt vor dem
Schloss Nyköpinghus, dessen Ursprünge aus dem 13. Jahrhundert stammen.
Die mehrfach abgebrannte Festung wurde später in ein Renaissanceschloss
verwandelt, das aber bei der großen Feuersbrunst des Jahres 1665
zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde. Erhalten blieben nur das
Haupttor Vasaporten und der Herzog-Karl- Turm (Kungstornet), in dem heute
das Provinzmuseum untergebracht ist.
Es war jetzt 16:15 Uhr und das Museum
war - wie konnte es anders sein - vor einer Viertelstunde geschlossen worden.
Deshalb schauten wir uns nur ein wenig im Hof des ehemaligen Schlosses, von
dem wirklich nicht sehr viel übriggeblieben ist, um. Nachdem der Himmel
während des ganzen Tages bedeckt gewesen war, kam jetzt gegen Abend
auf einmal noch die Sonne zum Vorschein, was uns zu einem Spaziergang durch
die fast menschenleere Fußgängerzone des schönen Städtchens
und entlang des Flusses animierte.
Einige Zeit später bogen wir von
der E 4 auf die Nebenstraße zum wunderschön inmitten eines gepflegten
Parks an der Schärenküste der Ostsee gelegenen
Schloss Tullgarn ab. Große Teile des
vor allem im 18. und 19. Jahrhundert prunkvoll eingerichteten Schlosses,
das heute der königlichen Familie als Sommerresidenz dient, sind als
Museum zugänglich.
Als wir auf dem Parkplatz vor dem Schloss ankamen, war es gerade
18 Uhr, also für eine Besichtigung der Innenräume bereits viel
zu spät. Deshalb wanderten wir ohne Eile durch den Park zur Vorderfront
des Schlosses und gingen dann um das Gebäude herum auf die dem Wasser
zugewandte Seite. Von der Terrasse aus bot sich uns ein sehr schöner
Blick auf die Ostseeschären. Das Ganze sah allerdings mehr wie ein
großer See mit baumbestandenen Inselchen aus; alles wirkte sehr ruhig
und friedlich. Wir konnten uns gut vorstellen, dass das nicht weit von Stockholm
entfernte Schloss Tullgarn mit seiner wunderbaren Umgebung ein idealer Ferienort
ist.
Weil es hier so schön war, beschlossen wir, über
Nacht zu bleiben. Das Schloss wollten wir aber morgen nicht mehr besichtigen
(öffnete erst relativ spät), sondern lieber schon früher in
die schwedische Hauptstadt Stockholm weiterfahren. Außer uns waren
noch zwei weitere Wohnmobile hier: Das eine gehörte einer
französischen Familie, die bereits am Nordkap gewesen und jetzt auf
der Rückreise war. Mit dem anderen Wohnmobil war eine Familie aus
München unterwegs; sie wollten morgen bis zur Öffnung des
Schlossmuseums bleiben und dann ebenfalls nach Stockholm fahren.
Während des heutigen Tages hatten wir noch ziemliches Glück mit
dem Wetter gehabt; es war fast ständig bewölkt, aber trocken und
mit 13 bis 17 Grad noch relativ warm. Ab und zu standen zwar dickere, Regen
androhende Wolken am Himmel, aus denen jedoch - zumindest solange wir uns
darunter aufhielten - kein einziger Tropfen fiel. Auf den insgesamt 150 km
von Söderköping bis hierher waren wir heute durch eine ziemlich
hügelige Landschaft gefahren, in der wir im Gegensatz zum Süden
des Landes nur vereinzelte Bauernhöfe sahen, die dann aber von goldgelben
Getreidefeldern umgeben waren. Meist fuhren wir jedoch durch Wälder
und Wiesen mit schönen Erika-Polstern am Waldrand. Die Gegend war relativ
felsig und teilweise war die Straße durch Felsen hindurchgesprengt
worden, die dann ziemlich hoch links und rechts aufragten.
Am nächsten Morgen verriet uns der erste Blick aus dem Fenster, dass
sehr schönes, sonniges Wetter herrschte. Nach dem Frühstück
wurden am Service-Haus, einem der Nebengebäude des Schlosses, die
Wassertanks aller drei Wohnmobile gefüllt. Leider ließ sich das
Schlauchende nicht fest an den Wasserhahn anschließen, deshalb musste
immer jemand den Schlauch so dicht wie möglich an den Hahn pressen.
Das war eine unangenehme Aufgabe, weil einem nicht gerade wenig von dem eiskalten
Wasser über die Hände lief, aber wir wechselten uns dabei
kameradschaftlich ab.
Kurz vor 10 Uhr brachen wir dann auf. Mit
dem bereits in Deutschland besorgten Stadtplan fanden wir uns in
Stockholm, das wegen seiner Lage auf 14
Inseln auch "Venedig des Nordens" genannt wird, auf Anhieb prima zurecht
und parkten unser Wohnmobil um 11 Uhr am Hauptbahnhof, wo wir uns zunächst
am Postschalter mit Geld versorgten und dann in der Tourist-Information die
zwei Tage geltende Stockholmskortet erwarben. Für 270 SKR können
mit jeder dieser Karten ein Erwachsener und zwei Kinder 48 Stunden lang (bei
der ersten Benutzung werden Datum und Uhrzeit eingetragen) mit allen
öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, alle Stockholmer Museen besichtigen,
eine ein- oder zweistündige Stadtrundfahrt auf einem Sightseeing-Boot
mitmachen und zu ermäßigten Preisen Schiffstouren nach Schloss
Drottningholm oder in die Stockholmer Schären unternehmen.
Weil wir das Wohnmobil während unseres Aufenthalts in der schwedischen
Hauptstadt nicht stundenlang unbewacht auf irgendeinem Parkplatz stehenlassen
wollten, ließen wir uns auch gleich ein Campingplatz-Verzeichnis geben.
Unsere Wahl fiel schließlich auf den westlich der Innenstadt direkt
am Mälarsee gelegenen Platz "Ängby-Camping". Die im Verzeichnis
angegebenen Preise entsprachen etwa dem Durchschnitt aller Campingplätze;
ausschlaggebend war für uns aber die geringe Entfernung (400 m) zur
nächsten T-Bahn-Station und die Nähe zum nur etwa einen Kilometer
weiter südlich gelegenen Schloss Drottningholm. Also fuhren wir quer
durch die Stadt zu diesem Campingplatz, erledigten die Formalitäten,
suchten uns einen halbwegs waagerechten und auch ein wenig schattigen Platz
auf dem für Wohnmobile reservierten Gebiet und notierten die heutigen
150 Tageskilometer.
Nachmittags spazierten wir zur T-Bahn-Station Ängbyplan und fuhren mit
dem nächsten Zug in die Innenstadt. In den nächsten 2 1/2 Tagen
schauten wir uns - bei durchweg schönem Wetter - in Stockholm folgendes
an:
Riddarholmskirche - Sie wurde Anfang des 14. Jahrhunderts errichtet
und im Laufe der Jahrhunderte
mehrfach verändert und erweitert. Ihre Turmspitze aus filigranem Gusseisen
gilt als ein Wahrzeichen Stockholms. Seit dem 17. Jahrhundert dient sie als
Grabkirche der schwedischen Könige und verdienter Bürger; insgesamt
sind hier 17 Monarchen bestattet. Genau wie im dänischen Pendant in
Roskilde gibt es auch hier einen Kranz von Grabkapellen rund um die eigentliche
Kirche, die auf uns jedoch lange nicht so einen bombastischen Eindruck machte
wie der Roskilder Dom.
Königliches Schloss - Unser Rundgang durch die Bernadotte-Gemächer, dessen
Reihenfolge sich durch die hintereinander geschachtelten Räume von ganz
alleine ergab, führte uns durch Säle und Hallen, Kabinette und
Salons sowie Vor-, Audienz-, Schreib- und Speisezimmer, von denen ein Raum
prunkvoller war als der andere. Sehr interessant fanden wir auch die
Bernadotte-Galerie mit Familienportraits der heute noch herrschenden Dynastie
von König Karl XIV Johann und Königin Desideria bis hin zu König
Carl XVI Gustav und Königin Silvia. Bis sich letztere dazu entschlossen,
in Schloss Drottningholm zu wohnen, war das Stockholmer Stadtschloss mit
seinen 608 Räumen der größte als Residenz dienende Palast
der Welt.
Vom Seiteneingang Slottsbacken aus schauten wir uns die Schatzkammer an.
In den eleganten, effektvoll beleuchteten Vitrinen der ansonsten völlig
dunklen Schatzkammer befinden sich die stets in den Nationalfarben Blau-Gelb
gehaltenen Kronjuwelen der schwedischen Könige und Königinnen:
Kronen, Zepter, Schlüssel und Reichsäpfel. Direkt gegenüber
ging es dann in die Schlosskirche. Obwohl ursprünglich als reine
Barockkapelle konzipiert, wurden während der 50jährigen Bauzeit
auch Rokokoelemente hinzugefügt, was die ganze Kirche etwas theatralisch
wirken läßt. Der normalerweise ebenfalls zu besichtigende Reichssaal
war wegen eines abends dort stattfindenden Konzertes geschlossen.
Dann betraten wir die Kellergewölbe, wo sich die "Livrustkammaren",
die königliche Rüstkammer, befindet. Hier sind Prachtkarossen,
Rüstungen, Jagdwaffen und Krönungsornate zu bewundern. Durch suggestive
Beleuchtung und eine Untermalung mit Geräuscheffekten sollen insbesondere
die dargestellten Jagd- und Kriegsszenen möglichst realistisch wirken.
In diesem Jahr beschäftigte sich das Museum speziell mit der Ritterschaft,
der Ausrüstung der Ritter und den Ritterspielen. Allen Besuchern, die
sich für dieses Themengebiet interessierten, wurde die Mitgliedschaft
in einem eigens dafür gegründeten Ritterclub angeboten.
Storkyrkan (= Große Kirche) - Sie stammt aus dem 13. Jahrhundert und ist die
älteste Kirche der Stadt. In ihrem imposanten, fünfschiffigen Innenraum
wurden die meisten schwedischen Könige gekrönt. Neben dem 1654
entstandenen Flügelaltar aus Ebenholz, Silber und Elfenbein und der
kunstvoll geschnitzten Kanzel (Ende 17. Jahrhundert) steht eine beeindruckende
Holzbildhauerei, die den Kampf St. Georgs mit dem Drachen darstellt und den
Kampf Schwedens gegen Dänemark symbolisiert. Der Reichsverweser Sten
Sture schenkte sie der Kirche anlässlich seines im Jahre 1471 errungenen
Sieges über die Dänen.
Historisches Museum - Leider kamen wir nur eine halbe Stunde vor Schließung
des Museums an, mussten uns also ziemlich beeilen, um wenigstens einen groben
Überblick über die Ausstellungen zu erhalten. Im ersten Stock
betrachteten wir die aus dem Mittelalter stammenden Kircheneinrichtungen.
Die Ausstellungsstücke reichen von einzelnen Altaraufsätzen, Statuen
und Kruzifixen über kirchliche Gold- und Silberschmiedearbeiten,
Stickereien, Wandteppiche und liturgische Gewänder bis hin zu Kirchenglocken
und der Rekonstruktion einer kompletten Kircheneinrichtung.
Das im zweiten Stock gelegene Münzkabinett ließen wir aus Zeitgründen aus
und gingen stattdessen lieber ins Erdgeschoss, wo wir uns die Funde aus der
Steinzeit, der Bronze- und der Eisenzeit, der Zeit der Völkerwanderung
und der Wikingerzeit anschauten. In den jeweils einer bestimmten Zeitperiode
gewidmeten Sälen sind Runensteine, Felszeichnungen und Skelette von
Menschen und Tieren ausgestellt. In den Vitrinen befinden sich Waffen, viele
kleine und kleinste Gebrauchsgegenstände und Schmuckstücke aus
den unterschiedlichsten Materialien sowie Münzen aus den späteren
Epochen. Im Saal der Wikingerzeit hat man ein komplettes Wikingerhaus
rekonstruiert; ein anderer Saal ist für die kleinen Museumsbesucher
bestimmt, denen hier die Vorgeschichte Schwedens anschaulich nähergebracht
wird.
Skansen -
Dieses älteste Freilichtmuseum der Welt wurde 1891 von Dr. Artur Hazelius
gegründet, der hier die Lebens- und Arbeitsweise sowohl der schwedischen
Bauern und Handwerker als auch der Kaufleute, Beamten und der Edelleute in
den verschiedenen Epochen darstellen wollte. Auf dem etwa 30 Hektar großen
Arreal stehen 150 Gebäude aus allen Teilen Schwedens; im Sommer arbeiten
in den Werkstätten Glasbläser, Weber und Töpfer. An das
Freilichtmuseum ist ein Tierpark mit Freigehegen, Aquarium und einem Streichelzoo
für Kinder angegliedert.
Wir kamen etwa um 17:30 Uhr hier an und gingen zunächst zu den
außerskandinavischen Tieren, von denen wir aber nicht viel zu sehen
bekamen; die Tiere wurden gerade in ihren Häusern, die leider für
Besucher nicht zugänglich waren, gefüttert. Nur ins Affenhaus,
dessen Bewohner ebenfalls gerade mit ihrem Abendessen beschäftig waren,
durfte man hinein. Die nächste Station auf unserem Weg bildete das Aquarium
mit angegliedertem Terrarium, in dem außer allen möglichen Fischen
auch Krokodile, Papageien, Lemuren und Schlangen zu bewundern sind. In der
fast kreisrund angelegten Mondscheinhalle konnten wir die unterschiedlichsten
nachtaktiven Tiere beobachten - das war sehr interessant.
Nun wanderten wir durch den Freilichtmuseums-Teil und schauten uns die
verschiedenen alten Häuser und Höfe an, darunter auch ein Sami-Lager
mit Rentieren und einem originellen Baum-Vorratshäuschen. Bei den
skandinavischen Tieren waren Wildschweine und Wisente, Luchse, Wölfe,
Braun- und Eisbären, Elche, Rentiere und Seehunde zu betrachten. Die
Luchse und Wölfe waren in ihren ziemlich großen Gehegen mit vielen
Bäumen und Büschen nur schwer auszumachen, was aber aus dem Entdecken
und Beobachten ein besonderes Erlebnis machte. Sehr gut gestaltet fanden
wir auch das Seehund-Schwimmbecken, durch dessen große Glasscheiben
man die wendigen Tiere auch unter Wasser beobachten kann.
Zum Schluss schauten wir uns die zu einer kleinen Stadt zusammengestellten
Handwerkshäuser der Abteilung "Städtische Bauten" aus dem 17. bis
19. Jahrhundert an, dann verließen wir das Museum und stöberten
noch ein wenig im direkt vor dem Eingang gelegenen Souvenirshop.
Vasa-Museum - Das Regalschiff Vasa war in den Jahren 1625-1628
als das schönste
und prächtigste Schiff der Kriegsflotte König Gustavs II Adolf
gebaut worden, der es nach dem Begründer der Dynastie, Gustav Vasa,
benannte. Am 10. August des Jahres 1628 standen König, Hofstaat und
Bürger erwartungsvoll am Kai, um die Vasa ihre Jungfernfahrt antreten
zu sehen. Nach dem Stapellauf waren die Geschützklappen für die
Salutschüsse zu Ehren des Königs geöffnet worden, als eine
plötzliche Bö das gut 1.300 Tonnen schwere, aus massiver Eiche
gefertigte Schiff erfasste und auf die Seite drückte. Durch die
geöffneten Klappen drang Wasser ein und die Vasa sank innerhalb
kürzester Zeit mit Mann und Maus. Nach mehreren erfolglosen Versuchen,
das Schiff wieder flottzumachen, musste man sich damit begnügen, die
54 Kanonen zu bergen und überließ die Vasa auf dem Meeresgrund
ihrem Schicksal.
Erst 1956 wurde das Schiff wiederentdeckt und der Entschluss zum Heben der
Vasa gefasst. Die ersten, mehrere Jahre andauernden Konservierungsmaßnahmen
erfolgten noch unter Wasser. 1961 war es dann so weit: nach 333 Jahren kam
das Schiff wieder an die Wasseroberfläche, wo man es zunächst einmal
in ein Schwimmdock steckte. Damit das Holz nicht austrocknet und sich spaltet,
muss stets für eine große Feuchtigkeit gesorgt werden, deshalb
wird der Rumpf der Vasa auch jetzt noch ständig mit einer
Konservierungsflüssigkeit besprüht. Nach drei Jahrzehnten in der
"Vasawerft", wo man das Schiff natürlich auch besichtigen konnte, brachte
man es vor wenigen Monaten in das neue, speziell auf die Vasa zugeschnittene
Museumsgebäude.
Neben Galerien in sechs Stockwerken, die ein optimales Betrachten des Schiffes
möglich machen, ohne dass auch nur ein Besucher seinen Fuß darauf
setzt, gibt es hier großzügige Ausstellungen, in denen die vielen
tausend Gegenstände zu sehen sind, die man an Bord der Vasa fand. Darunter
sind Skelette, Segel, Kleidung, Werkzeuge, Münzen und andere
Gebrauchsgegenstände sowie zahlreiche Einzelteile des Schiffes. Letztere
wurden nummeriert, registriert und in den letzten 30 Jahren in mühevoller
Kleinarbeit an ihren ursprünglichen Platz im oder am Schiff
zurückversetzt.
Außerdem kann man sich in den Ausstellungen über den Bau des Schiffes
und natürlich auch über die komplizierte Bergung und Konservierung
informieren. Hierzu gibt es zusätzlich einen 25minütigen Film,
der zu jeder vollen Stunde im großen Filmsaal, allerdings nur in Schwedisch
mit englischen Untertiteln, gezeigt wird. Warum die Vasa sank, weiß
man bis heute nicht; es wird jedoch vermutet, dass der sehr hohe und nicht
besonders breite Schiffskörper zu sehr nach optischen und zu wenig nach
seemännischen Gesichtspunkten gestaltet wurde. Weil das Schiff so schnell
unterging, ohne dass ein Brand oder eine Explosion stattgefunden hatten,
blieben die meisten Gegenstände, die man damals auf einem Schiff mit
sich führte, weitgehend erhalten. Für uns heutige Menschen ist
dies sehr interessant, weil wir so einen außergewöhnlich guten
Einblick in das Leben der Seeleute und Handwerker des 17. Jahrhunderts erhalten.
Wir fanden das Schiff äußerst eindrucksvoll und vor allem
wunderschön. Vom Eingang aus wirkte es fast golden, aber dieser erste
Eindruck war - neben den gerade herrschenden Lichtverhältnissen - auf
das dunkle, wegen der ständigen Befeuchtung mit
Konservierungsflüssigkeit nasse und dadurch glänzende Holz
zurückzuführen. Obwohl die Vasa als Kriegsschiff dienen sollte,
hatte man sie überreich mit etwa 700 hölzernen Statuen und anderem
Schnitzwerk verziert. Dies gilt insbesondere für das Heck des Schiffes,
wo zwischen den beiden reich geschmückten Erkern ein riesengroßes
Vasa-Wappen prangt. Direkt darunter liegen die großzügigen Fenster
der Offizierskabinen. Während diese es sich hier zu acht in einer
großen, für damalige Verhältnisse recht luxuriösen Kabine
gemütlich machen konnten, sollten die Soldaten und Mannschaften an Deck
oder zwischen den Kanonen schlafen - für sie gab es noch nicht einmal
Hängematten.
Vor dem großen Schiff steht ein originalgetreues, ziemlich großes
Modell der Vasa, an dem vier Männer fünf Jahre lang gebaut haben.
Dies war jedoch keine Spielerei sondern ernsthafte Restauratoren-Arbeit,
denn am Modell konnte man lernen, wie die Vasa gebaut worden war und wie
fehlende Teile ersetzt werden mussten. Im Gegensatz zum Original ist dieses
Modell bereits mit allen Masten und Segeln versehen, denn solange sich die
Vasa noch in der provisorischen Vasawerft befand, konnte man die Masten nicht
befestigen. Hier im neuen Museum soll der Hauptmast noch in diesem Jahr wieder
an seiner alten Stelle eingesetzt werden, so dass das 62 m lange Schiff dann
vom Kiel bis zur Mastspitze ganze 52 Meter hoch ist. Bis jedoch die komplette
Takelage mit ca. 1.200 Quadratmetern Segelfläche wieder installiert
ist, werden wohl noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vergehen.
Einige Vasa-Restauratoren beschäftigen sich momentan mit Farbexperimenten,
um den Farben, mit denen die Vasa bemalt war, so nahe wie möglich zu
kommen. Hinweise auf die ursprüngliche Bemalung sind genügend
vorhanden. So weiß man beispielsweise, dass die Löwenköpfe
auf den Kanonenluken grellgelb bemalt waren, um die Feinde zu beeindrucken
und abzuschrecken. Wenn diese Arbeiten abgeschlossen sind, plant man,
zunächst das Modell und danach die Vasa wieder genauso zu bemalen, wie
sie im Jahre 1628 ausgesehen hat.
Zum Vasamuseum gehören noch zwei Museumsschiffe:
der erste große Eisbrecher Schwedens, die 1915 gebaute "St. Erik",
die bis 1977 die Seewege der Ostsee im Winter eisfrei hielt, sowie die 1903
gebaute "Finngrundet", eines der letzten schwedischen Feuerschiffe, das bis
1969 im Einsatz war. Beide Schiffe liegen fest vor dem Vasa-Museum verankert
und die Besucher können fast überall auf ihnen herumlaufen, was
wir natürlich ausgiebigst taten. Vom Deck der "St. Erik" aus bot sich
uns außerdem ein wunderbarer Blick über die Bucht Nybroviken mit
den Häuserfronten der Stadtteile Östermalm und Blasieholmen.
Ziel des Nordischen Museums ist es, ein Bild über
das Leben der Schweden in den verschiedenen Gesellschaftsschichten und in
den verschiedenen Landesteilen vom 15. Jahrhundert bis zum heutigen Tag zu
vermitteln. In den langen Ausstellungsräumen, die sich auf vier Stockwerken
rund um einen großen Innenhof gruppieren, schauten wir uns die Sammlungen
"Wohnen in Schweden" mit einzelnen Möbeln und zwei kompletten
Wohnungseinrichtungen, "Schwedische Volkskunst" mit reich verzierten,
geschnitzten Gebrauchsgegenständen, gewebten Teppichen und gestickten
Tüchern sowie "Essen und Trinken" mit mehreren festlich gedeckten Tafeln
aus unterschiedlichen Zeiten an.
Die Ausstellungen über Mode und schwedische
Volkstrachten bestehen aus dutzenden lebensgroßer Puppen, die Kleider
aus verschiedenen Epochen tragen. "Kultur der Sami" fanden wir ebenfalls
sehr interessant, wenn auch nicht so ausführlich wie im Nordischen
Volksmuseum in Oslo. Im Innenhof des Gebäudes war ein "Kinderfestival"
aufgebaut: eine Spielstadt mit allem erdenklichen Spielzeug und einem
großen, bunten Heißluftballon.
"Unter den Brücken von Stockholm" - Eine Führerin erklärte
die Gebäude, an denen wir auf dieser schönen Bootsfahrt vorbeikamen,
nacheinander in Schwedisch, Englisch, Französisch und Deutsch. Die
Erläuterung fiel dabei immer sehr kurz und knapp aus, weil sie ja viermal
gegeben werden musste, solange das beschriebene Objekt noch zu sehen war.
Zunächst fuhren wir rund um Blasieholmen in den Nybroviken hinein, dann
glitt das Boot am Strandvägen, einem Boulevard mit schönen alten
Häusern entlang zur Insel Djurgården, wo wir das Nordische Museum
und das Vasa-Museum von der Wasserseite aus bewundern konnten. Quer über
den Saltsjön genannten Ostseearm fuhren wir zur Schleuse "Slussen",
wo wir in wenigen Minuten auf das Niveau des je nach Wasserstand zwischen
50 und 70 cm höher gelegenen Mälarsees gehoben wurden.
Jetzt befanden wir uns in einem "Riddarfjärden" genannten Arm des
drittgrößten schwedischen Sees und glitten langsam an Söder
Mälarstrand auf Stockholms größter Insel Södermalm vorbei.
Danach kamen wir zu der kleinen Insel Longholmen, einem Freizeitgebiet mit
viel Wald, Badestränden und einem Freilichttheater. In einem ehemaligen
Gefängnis kann man übernachten, denn es dient heute als Vandrarhem.
Die nächste Insel, Stora Essingen war früher die Sommerfrische
der reichen Stockholmer. Davon zeugen die zahlreichen Villen, in denen noch
immer gut betuchte Bürger wohnen, wie wir unschwer an den davor
festgemachten Luxusbooten erkennen konnten.
An einigen anderen Inseln entlang
ging es durch den Liljeholmsviken und den Ärstaviken zur zweiten, in
den 1920er Jahren gebauten Schleuse "Hammarby Sluss", die inmitten eines
Industriegebietes liegt. Zurück im Saltsjön, kamen wir an den
Anlegestellen der großen Fährschiffe vorbei, wo wir ein Schiff
der Stockholm mit Helsinki verbindenden Viking Line und die gerade nach St.
Petersburg auslaufende "Birka-Queen" sahen. Dann schauten wir uns die Bucht
Waldemarsviken am südlichen Ende der Insel Djurgården an. Hier
steht das Schlösschen Waldemarsudde, ein vom Malerprinzen Eugen erbautes
und ausgestattetes Haus aus der Jahrhundertwende.
In nördlicher Richtung sahen wir den 155 m hohen Fernsehturm
Kaknästornet, von dessen Spitze aus man eine herrliche Aussicht über
Stockholm haben soll, über Djurgården hinausragen. Auf dem
Rückweg zur Innenstadt passierte unser Schiff das Gelände des
Gröna Lund Tivoli und wir stellten fest, dass der Vergnügungspark
geschlossen war - unser für heute Abend geplanter Besuch dort fiel also
aus. Nun ging es durch den Strömmen zurück zur Anlegestelle
Strömkajen.
Rechts sahen wir die Insel Skeppsholmen und das davor
festgemachte ehemalige Segelschulschiff "Af Chapman", das heute als
Jugendherberge dient; links glitten wir langsam an den in abendliches Gegenlicht
getauchten Häusern der Skeppsbron auf Gamla Stan entlang. Nach insgesamt
1 3/4 Stunden hatten wir schließlich wieder festen Boden unter den
Füßen. Die Bootsfahrt hatte uns sehr gut gefallen; allerdings
wäre eine der früheren Fahrten des Tages (wir waren um 16 Uhr
gestartet) wegen der besseren Lichtverhältnisse zum Fotografieren
günstiger gewesen.
Rund um den Stortorget stehen schöne alte, im Stil
der nordischen Renaissance gestaltete Häuser, darunter auch die 1776
errichtete Stockholmer Börse, in der heute die Literatur-Nobelpreise
vergeben werden.
Gustav Adolfs Torg - Hier steht ein
Reiterstandbild des großen schwedischen Feldherrn König Gustav
Adolf, der im 30jährigen Krieg große Teile Europas für Schweden
eroberte. An diesem Platz befindet sich auch die im Jahre 1773 von König
Gustav III, einem großen Kunstmäzen, gegründete Stockholmer
Oper "Operan", in der er 1792 während eines Maskenballes erschossen
wurde. Nach dem Vorbild dieses tragischen Ereignisses schrieb Guiseppe Verdi
die Oper "Un ballo in mascera". Auf dem benachbarten Inselchen Helgelandsholmen
steht das alte Reichstagsgebäude.
Schloss Drottningholm - ist seit 1981 der ständige Wohnsitz der
schwedischen Königsfamilie, die den durch zahlreiche Wachen besonders
abgesicherten, östlichen Flügel des Schlosses bewohnt. Bis zum
Beginn der Öffnungszeit des Westflügels machten wir einen etwas
mehr als einstündigen Spaziergang im prächtigen, streng geometrisch
angelegten Schlosspark, der großzügig mit Statuen, Brunnen,
Bäumen und Grünflächen versehen ist. Rund um den
ursprünglichen, barocken Schlossgarten wurde in späteren Jahren
ein großer englischer Garten angelegt. Uns gefielen vor allem die
schönen, uralten Bäume.
Im hinteren Teil des Schlossparks besichtigten wir das China-Schlösschen,
das als ungewöhnlich repräsentatives Beispiel des europäischen
Geschmacks an Exotischem und Chinoiserie des 18. Jahrhunderts gilt. Das bereits
in früheren Jahrhunderten geweckte Interesse an China und Japan wurde
zu dieser Zeit durch die Handelsverbindungen der Ostindischen Kompanie
verstärkt, weshalb das Wissen und Verständnis von und für
asiatische Kunst und Kultur erheblich zunahmen. Uns gefiel das Schlösschen,
dessen Inneres mit vielen chinesischen Kostbarkeiten angefüllt ist,
sehr gut. Die Wandbespannungen aus Seide, Stoff und Papier, die Möbel,
Vasen und Skulpturen; alles ist chinesisch angehaucht.
Durch den Barockgarten wanderten wir zurück zum Schloss,
wo wir durch das wirklich atemberaubende, ein ganzes Drittel der Fläche
des Hauptgebäudes einnehmende Treppenhaus mit zahlreichen Marmorskulpturen,
reichlich Stuckdekor und kunstvoll bemalten Wand- und Deckenfeldern, die
den Raum perspektivisch noch erweitern, in den Ersten Stock gelangten. Neben
zahlreichen offiziellen Sälen und Salons mit kostbarster Ausstattung,
die meist nach der darin vorherrschenden Farbe benannt waren, kamen wir auch
in ehemals privatere Räume wie Schlaf-, Schreib- und Wohnzimmer.
Neben einer prachtvollen Bibliothek, dem "Chinesischen Salon"
mit einem Kachelofen in chinesischem Stil, den einst die russische Zarin
Katharina König Gustav III zum Geschenk machte und einem Raum mit Portraits
Königin Josefinas und zeitgenössischer europäischer
Königinnen wiesen zwei Säle große Schlachtenbilder auf. Der
Reichssaal mit einer ausgemalten Barockdecke und Portaits europäischer
Herrscher um 1850 wurde gerade restauriert, aber man konnte in einer Glas-Kanzel,
die ein Stück in den Raum hineinragte, einen Blick in den prunkvollen
Saal werfen. Zurück im Treppenhaus, konnten wir durch ein geöffnetes
Fenster den wunderbaren Blick auf den Barockgarten genießen.
Anschließend gingen wir zum Drottningholm Schlosstheater,
das 1764-1766 im Auftrag Königin Lovisa Ulrikas erbaut und 1777 von
ihrem Sohn König Gustav III übernommen und erweitert wurde. Unter
seiner Regentschaft gelangte das Theater zur größten Blüte;
heute ist es das einzige einschließlich der vollständigen
Bühnendekoration gänzlich unverändert erhaltene Hoftheater
des 18. Jahrhunderts. Besichtigen kann man es nur im Rahmen einer Führung
durch das Theatermuseum. Wir hatten jedoch Glück, denn gerade startete
eine Führung in englischer Sprache, der wir uns anschlossen. Gezeigt
wurden das prachtvolle Theater, das Foyer, einige andere
Repräsentationsräume sowie die Wohnräume des Theaterbaumeisters
und späteren Theaterdirektors.
Die über 300 Jahre alte Bühnenmaschinerie wird heute noch benutzt;
neben der Aufführung von antiken Stücken aus der Blütezeit
des Theaters veranstaltet man auch Konzerte, Ballettaufführungen und
Opern. Zur Schonung der alten Bühnenbilder werden für die
Aufführungen originalgetreue Kopien benutzt. Um die Maschinerie der
etwa 20 m tiefen Bühne in Aktion zu sehen, muss man allerdings in eine
der Vorstellungen gehen, denn während der Führung wird sie lediglich
"in Ruhe" gezeigt und erläutert.
Hier in Drottningholm gibt es übrigens eine sehr praktische Einrichtung:
bei allen drei Besichtigungen gibt man Taschen und Rucksäcke an der
Kasse ab und kann so von allem "Ballast" befreit durch die Räume spazieren.
Das Ganze soll jedoch weniger der Bequemlichkeit der Besucher, sondern vielmehr
der Sicherheit vor Langfingern dienen, denen die kostbaren Porzellanfiguren
und sonstige kleinere Kunstgegenstände allzu gut gefallen könnten.
Schloss Rosendal - Dieses kompakte Schlösschen auf der Insel
Djurgården ließ König Karl XIV Johan in den Jahren 1823-1826
für seine Frau Desirée erbauen und im französischen Empire-Stil
einrichten. Man kann es nur im Rahmen einer Führung besichtigen - heute
nahmen außer uns nur Schweden daran teil. Überhaupt scheinen sich
nicht viele Touristen zu diesem relativ weit abgelegenen Schloss mit den
unfreundlichen Öffnungszeiten zu verirren. Obwohl wir von den
Erläuterungen so gut wie nichts verstanden, gefiel uns die Führung
recht gut; es machte Spaß, dem Klang der schwedischen Sprache zu lauschen
und zu raten, von welchem Einrichtungsgegenstand wohl gerade die Rede war.
Wir wurden durch prachtvoll ausgestattete Räume geführt,
in denen mit kräftigen Farben nicht gespart worden war. Dies gilt sowohl
für die Wand- und Fensterdekorationen und die Bezüge der Möbel
als auch insbesondere für die schönen, speziell für die einzelnen
Räume dieses Schlosses angefertigten Teppiche. Am besten gefielen uns
die wunderbaren, kunstvoll übereinander drapierten Gardinen; in jedem
Raum hängen andersfarbige, genau zur Einrichtung passende und jeweils
in anderer Form gestaltete, meist an überkreuzten Lanzen befestigten
Gardinen, die - trotz der prächtigen Inneneinrichtung - unsere Blicke
magisch anzogen. Sehr beeindruckend fanden wir auch das im Verhältnis
eher kleine, sehr gemütlich wirkende Arbeitszimmer des Königs.
Man konnte sich sehr gut vorstellen, dass er hier stundenlang über seinen
Büchern gesessen hat, um die schwierige Aufgabe, das riesige, ihm so
fremde Land zu regieren, so gut wie eben möglich zu erfüllen.
Seitlich des zweistöckigen Schlosses wurde nachträglich ein
einstöckiger Anbau errichtet, in dem sich das sehr schöne Esszimmer
mit weißer, gefältelter Wand- und Deckenbespannung, angedeuteten
roten Wandsäulen und wunderbaren, rot-weißen Gardinen mit Goldkanten
befindet. Die große, festliche Tafel ist mit kostbarem
Rörstrand-Porzellan von 1818, das das von einer Krone umgebene Monogramm
König Karls XIV Johann trägt, goldenen Kerzenleuchtern und ebensolchen
Tafelaufsätzen gedeckt. Bei Bedarf konnte der heute für 18 Personen
eingedeckte Tisch noch verlängert werden, so dass bis zu 30 Personen
daran Platz fanden.
Kurz nach 15:30 verließen wir Stockholm auf der als Autobahn
ausgebauten E 4 in Richtung Uppsala. Kurz vor Märsta bogen wir auf die
Str. 263 ab, die uns ins etwa 10 km entfernte Sigtuna führte.
Das Stadtbild
dieser im 11. Jahrhundert gegründeten, ältesten Stadt Mittelschwedens
hat sich seit dem Mittelalter kaum verändert; die Storagatan ist die
wahrscheinlich älteste Straße Schwedens. Bei Ausgrabungen wurde
festgestellt, dass sie heute noch genauso verläuft wie vor 1.000 Jahren,
nur lag sie damals einige Meter tiefer. An ihrem Rand entstanden nämlich
immer wieder neue Holzhäuser auf den Ruinen alter, abgebrannter
Gebäude. Wir schauten uns die vielen schönen Holzhäuser (links:
altes Postamt) und die Auslagen der Geschäfte an und spazierten auch
eine Weile am Ufer des Mälarsees entlang.
Durch eine sehr schöne Gegend
mit lichten Kiefernwäldern, die teilweise als Naturschutzgebiet ausgewiesen
ist, erreichten wir den südlichen Stadtrand von
Uppsala. Schon von weitem waren die hohen
Doppeltürme des Domes zu sehen und als wir etwas näher herangekommen
waren, erkannten wir auch das auf einem Hügel gelegene Schloss. Wir
fuhren bis ins Zentrum der Innenstadt, wo wir um 17:45 Uhr auf dem seitlich
unterhalb des Domes gelegenen St. Eriks Torg ankamen. Ab 19 Uhr parkte man
hier kostenlos, weshalb unser am Automat gezogener Parkschein eine Parkdauer
bis zum nächsten Morgen anzeigte. Das kam uns sehr gelegen und wir
beschlossen, über Nacht hier stehenzubleiben. Vom Campingplatz in Stockholm
bis hierher hatten wir 109 km zurückgelegt.
Wir spazierten nun zunächst die etwa 200 m hinauf zum
St. Eriksportal des wirklich riesigen, sehr beeindruckenden Domes. Die schweren
Metalltüren erwiesen sich als noch geöffnet und wir betraten die
mit 119 m Länge und 45 m Breite größte Kirche Skandinaviens.
Ihr Kirchenschiff ist 27 m hoch und die Türme ragen sogar ganze 118
m in den Himmel. Der außergewöhnlich hohe Innenraum des dreischiffigen
Domes wird von 28 mächtigen Säulen getragen und besitzt ein kaum
ausgeprägtes Querschiff.
Rings um den Innenraum befindet sich ein Kranz
von Grabkapellen der vornehmsten Familien des Reiches und berühmter
Persönlichkeiten. In der großen Liebfrauenkapelle hinter dem Hochaltar
ruhen König Gustav Vasa und seine beiden Gemahlinnen Katharina und
Margaretha, deren sterbliche Überreste 1520 aus Stockholm hierher
überführt wurden. Das Grabmal stellt den König neben seinen
beiden Frauen liegend dar. Auch die dritte Frau des Königs, Karin, wurde
später hier bestattet.
In der benachbarten Finsta-Kapelle befindet sich das kostbarste
Gut des Domes: ein von 1570 stammender Reliquienschrein des heiligen Erik,
König und Schutzpatron von Schweden, der 1160 in Uppsala den
Märtyrertod starb. Im Chor liegen Bischöfe und kirchliche
Würdenträger bestattet; im Langschiff nahe des Eingangs ruhen der
Mystiker, Wissenschaftler und Philosoph Emanuel Svedenborg und der Botaniker
Carl von Linné.
Unter dem am Kreuzungspunkt von Haupt- und Querschiff
gelegenen Krönungsgewölbe wurden insgesamt 17 schwedische Herrscher
gekrönt, zuletzt im Jahre 1719 Königin Ulrika Eleonora. Uns gefielen
vor allem die schönen, großen Glasfenster über den Portalen.
Seitlich des Eingangs befindet sich eine Schalttafel, auf der man per Knopfdruck
Tonbänder mit einer Kurzbeschreibung des Domes in verschiedenen Sprachen,
darunter auch Deutsch, abrufen kann.
Direkt gegenüber dem Dom schauten wir uns nun das zur Universität
gehörende Gustavianum an. Dieses älteste Gebäude der Stadt
war im Mittelalter erzbischöfliches Palais und wurde 1622-24 für
die Universität zu einem "Theatrum anatomicum" umgebaut, das die
Wissenschaftler als Sektionssaal für ihre Vorlesungen benutzten. Das
Innere des Gustavianums ist nur nach vorheriger Anmeldung zu besichtigen.
Jetzt wanderten wir in nördlicher Richtung zur nicht weit entfernten,
bereits im 12. Jahrhundert, einige Zeit vor dem Baubeginn des Domes, im gotischen
Stil errichteten Dreifaltigkeitskirche, die jedoch bereits geschlossen war.
Vorbei am Hauptgebäude der Universität, einem Neurenaissancebau
von 1887, spazierten wir schließlich zurück zu unserem Wohnmobil
auf dem St. Erikstorg, legten die Beine hoch und ruhten uns ein wenig von
den Anstrengungen des heutigen Tages aus.
Abends gingen wir noch einmal hinauf zum Dom, auf dessen Vorplatz Tribünen
und Scheinwerfer aufgebaut waren. Bei unserem ersten Besuch hatten wir
nämlich auf einem Plakat gelesen, dass hier heute um 20:30 Uhr eine
Freilicht-Veranstaltung stattfand und wollten jetzt mal sehen, um was es sich dabei
handelte. Mittlerweile hatte sich bereits eine ganz beträchtliche Anzahl
von Zuschauern eingefunden und wir kamen gerade rechtzeitig zum Beginn der
Aufführung. Die Tribünen waren voll besetzt und genau wie viele
andere Zuschauer mussten auch wir uns mit einem Stehplatz begnügen.
Thema des Spiels war die Geschichte des später in Uppsala umbenannten
Ortes Östra Aros, seiner Bürger, seines Domes sowie der Bischöfe
und Könige, die sein Schicksal bestimmten. Besonders beeindruckend fanden
wir die Darstellung eines der zahlreichen Stadtbrände, bei dem auch
der Dom zerstört wurde. Unter den Mitwirkenden waren alle Altersklassen
vom Kleinkind bis zum Senior vertreten; die Mehrzahl der Darsteller schien
jedoch die Gruppe der Studenten zu stellen. Alle machten ihre Sache sehr
gut; man sah, dass sie mit Leib und Seele dabei waren. Außer den Menschen
waren noch drei Pferde und eine Ziege an der Aufführung beteiligt.
Weil uns die dargestellte Geschichte in groben Zügen bekannt war, bekamen
wir trotz der für uns unverständlichen schwedischen Sprache ganz
gut mit, um was es jeweils gerade ging. Die Akustik auf dem Domplatz war
übrigens so gut, dass keine Verstärkeranlage für die Stimmen
der Darsteller benötigt wurde; lediglich die Hintergrundgeräusche
und die Musikuntermalung mancher Szenen kamen vom Band. Nicht zuletzt durch
die gut gemachte Beleuchtung wurde das riesige Gebäude des Domes immer
wieder geschickt in die Handlung einbezogen.
Auch heute Abend hatten wir wieder wahnsinniges Glück mit dem Wetter
- es war trocken und verhältnismäßig warm, allerdings bekamen
wir nach längerem Stehen doch langsam kalte Füße. Viele Zuschauer
hatten nur ihre Jacke auf den Boden gelegt und sich daraufgesetzt; einer
der Darsteller lief sogar barfuss herum - beides wäre uns viel zu kalt
gewesen. Gegen 22 Uhr war die wirklich sehr schöne Aufführung zu
Ende und wir gingen den kurzen Weg zurück zum Wohnmobil, wo wir Kaffeewasser
aufsetzten und die Heizung einschalteten, um uns erst einmal wieder richtig
aufzuwärmen.
Am nächsten Morgen fuhren wir zum Schloss von Uppsala, wo wir direkt
auf dem großen Schlosshof parkten. Bis auf einige Pkw mit schwedischen
Kennzeichen, die wohl Angestellten der hier untergebrachten Provinzregierung
gehörten, war der Platz völlig leer - kein gutes Zeichen für
unsere Besichtigungsabsichten! Der Eingang zu den
Repräsentationsräumen erwies sich dann auch leider als noch
verschlossen; auf einer Tafel lasen wir, dass die Besichtigungszeit erst
in mehr als einer Stunde begann.
Der benachbarte hölzerne Glockenturm
enthält eines der Wahrzeichen Uppsalas: die Glocke Gunilla läutet
jeden Tag um 6 Uhr den Tag ein und gebietet um 21 Uhr Ruhe. Vom Aussichtspunkt
seitlich des Turmes hat man einen sehr schönen Blick auf den Dom, die
Stadt sowie einige Gebäude und Gartenanlagen der Universität, der
heute allerdings durch den bedeckten Himmel etwas getrübt wurde. Bis
zum Beginn der Schlossöffnungszeit wollten wir nicht mehr warten und
fuhren deshalb zurück in die Stadt zur 1621 gegründeten
Universitätsbibliothek Carolina Rediviva.
Sie umfasst mehr als zwei Millionen Bücher, darunter 28.000 Handschriften.
Neben den umfangreichen historischen Dokumenten werden hier alle jemals in
Schweden erschienenen wissenschaftlichen Druckschriften aufbewahrt. Kostbarstes
Gut der Bibliothek ist der "Codex Argenteus", die sogenannte "Silberbibel"
des Bischofs Wulfia. Diese gotische Niederschrift der vier Evangelien in
Silberschrift auf Purpurpergament entstand um das Jahr 500 und wurde vom
Stifter mit einem kostbaren Einband aus Silber versehen.
In den Vitrinen und Wandschaukästen der Ausstellungsräume kann
man alte Bücher, Handschriften und Landkarten bewundern. Die Silberbibel
lag aufgeschlagen in einer Einzelvitrine, war jedoch zum Schutz vor dem
Tageslicht mit Pergament abgedeckt, so dass wir sie nicht besonders deutlich
sehen konnten. Vor der Vitrine stand extra eine kleine Treppe mit mehreren
Stufen, damit man sich richtig darüberbeugen und die aufgeschlagenen
Seiten betrachten konnte. In einem Glaskasten an der Wand sahen wir die ebenfalls
besonders wertvolle "Carta Marina", eine große, im Jahre 1539 in Venedig
gedruckte Karte Nordeuropas.
Bei mittlerweile leichtem Regen verließen wir Uppsala auf der Str.
55 in Richtung Enköping, fuhren also ab jetzt nicht mehr weiter nach
Norden, sondern befanden uns auf dem Rückweg in Richtung Südwesten.
Nachdem wir etwa 40 Minuten lang durch eine hügelige Landschaft mit
viel Wald und vereinzelten Dörfern gefahren waren, hörte es
schließlich auf zu regnen. Kurz darauf erreichten wir die Abzweigung
zur mittelalterlichen Kirche von Härkeberga. Das über und über
mit Kalkmalereien aus dem 15. Jahrhundert ausgeschmückte, zwischen 1280
und 1310 erbaute Kirchlein gefiel uns sehr gut. Die vom berühmten
schwedischen Kirchenmaler Albertus Pictor stammenden Bilder stellen sowohl
das irdische Leben der Gemeindemitglieder als auch deren Hoffnungen auf ein
Leben nach dem Tod dar.
In Enköping wanderten wir zunächst zur auf einem steilen Hügel
gelegenen Liebfrauenkirche, der "Vårfrukyrkan". Jetzt im Sommer konnte
man die Steigung ja noch recht gut bewältigen, aber wie die
Kirchgänger bei Eis und Schnee hier heraufkommen sollten, war uns
schleierhaft. Die im 12. Jahrhundert errichtete und in den folgenden
Jahrhunderten mehrfach umgebaute Kirche war leider gerade für die
Mittagszeit (12-13 Uhr) geschlossen worden. Also schauten wir uns nur ein
wenig in den Geschäften des Zentrums um und nutzten die Gelegenheit
zu einigen Einkäufen.
Auf der Weiterfahrt in Richtung Strängnäs sahen wir links und rechts
der Straße fast ausschließlich riesige Ackerflächen, an
die sich weit im Hintergrund einzelne Baumgruppen oder langgezogene
Waldränder anschlossen. Immer noch auf der Str. 55, fuhren wir nun in
südlicher Richtung quer über den Mälarsee. Bei dieser über
Dämme, Brücken und Inseln führenden Strecke wechseln sich
Wald und Wasser ab. Letzteres sah man allerdings nicht ganz so oft, wie wir
uns das vorgestellt hatten, weil meistens Bäume bzw. dichter Wald die
Sicht auf den See verdeckten. Nur zweimal, während wir jeweils über
eine größere Brücke fuhren, bot sich ein weiter hinausreichender
Blick auf das Wasser des mit 1.140 qkm drittgrößten See Schwedens.
Der E 20 an Strängnäs vorbei
nach Osten folgend, fuhren wir bis ins etwa 21 km entfernte Mariefred, um
das auf einem Inselchen am Rande des Mälarsees gelegene
Schloss Gripsholm zu besichtigen. An der
Kasse zeigten wir probeweise unsere Stockholm-Karten vor und wurden anstandslos
eingelassen; auf das längst abgelaufene Datum der Karten schaute niemand.
Das heutige, mächtige Schloss geht auf eine Festung aus der Mitte des
14. Jahrhunderts zurück, die im Laufe der Jahrhunderte mehrfach um-
und ausgebaut wurde. König Gustav Vasa legte 1544 den Grundstein für
die bedeutende Portraitsammlung Gripsholms, die zu seiner Zeit 25 Bilder,
1840 bereits 1.200 Bilder und 1990 mehr als 4.000 Bilder umfasste.Von den
102 Räumen des Schlosses, das Eigentum des schwedischen Staates ist,
sind 60 für die Öffentlichkeit zugänglich.
Im ersten Stock
hängen die Portraits aus dem 16. und 17. Jahrhundert, also von König
Gustav Vasa bis König Karl XII; im zweiten Stock diejenigen aus dem
18. Jahrhundert, was den Regierungszeiten von König Frederik I bis
König Gustav III entspricht. Im dritten Stock befinden sich die Portraits
aus dem 19. und 20. Jahrhundert; ausländische Portraits sind in einer
besonderen, fünf Räume umfassenden Suite ausgestellt. Neben den
Bildern sind im Schloss sehr viele Möbel und reichlich kunstgewerbliches
Inventar zu bewundern. Manche Säle und Zimmer sind auch heute noch sehr
schön und prunkvoll eingerichtet; insgesamt ist das Schloss aber
gemäß den Erfordernissen eines Museums umgestaltet worden, wohnen
könnte hier niemand mehr.
Anschließend wollten wir uns die Kirche von Mariefred anschauen, aber
sie war leider bereits geschlossen, weshalb wir uns mit dem Ausblick über
den Mälarsee und auf Schloss Gripsholm begnügten, der allerdings
heute durch den bedeckten Himmel etwas getrübt wurde.
Auf der Rückfahrt in Richtung
Strängnäs hielten wir - wie immer in mehr oder weniger bewaldeten
Gebieten - wieder nach Elchen Ausschau. Zu dieser Tageszeit - später
Nachmittag - hielten wir es jedoch für sehr unwahrscheinlich, welche
zu sehen; größere Chancen rechneten wir uns in der Zeit rund um
die Dämmerung aus. Etwa 6 bis 7 km hinter Mariefred sahen wir dann aber
plötzlich links der Straße auf einer Wiese, nahe am Rand eines
Gebüschs eine Elchkuh mit zwei Jungtieren. Wir bremsten, fuhren
ein kleines Stück zurück
und beobachteten die Tiere eine ganze Weile genauso aufmerksam wie sie uns.
Durchs Fernglas konnte man die leider ein ganzes Stück entfernten Elche
ziemlich gut sehen. Auf den eilig geschossenen Fotos sollte später jedoch
nicht viel mehr als drei braune Flecke zu sehen sein. Die Elchkuh ließ
kein Auge von uns, während es ihren zwei Jungen schon bald langweilig
wurde, zu uns herüberzustarren; sie beschäftigten sich lieber wieder
damit, Gras und Kräuter auszurupfen und zu fressen, wobei sie sich aber
nur in Richtung des Gebüsches und nicht etwa auf uns zu bewegten.
Hätten wir es gewagt, eine Tür zu öffnen, wären sie
sicherlich alle drei sofort davongelaufen, doch wir wollten sie nicht
unnötig erschrecken und fuhren deshalb langsam wieder weiter.
Ab Strängnäs folgten wir der E 20 in Richtung
Örebro. Unterwegs konnten wir ab und zu rechts der Straße auf
das Wasser des Mälarsees blicken, ansonsten ging es duch weites, ebenes
Land mit großen Feldern, die immer wieder durch Wald und Büsche
unterbrochen wurden. Das Wetter hatte sich übrigens wieder gebessert;
ab und zu war der Himmel sogar richtig blau.
In Kjula schauten wir uns das aus insgesamt 45 Hügelgräbern,
vier Steinsetzungen, mehreren einzelnen Grabsteinen und einem 4 m hohen Runenstein
bestehende Gräberfeld von Kungshållet
an. Rund um drei große Grabhügel gruppiert sich
eine ganze Anzahl kleinerer Hügelchen, dazwischen stehen einige verstreute,
senkrecht aufgestellte Grabsteine, die man aber nicht unbedingt als solche
erkennen kann. Wie man herausgefunden hat, dass dies Gräber sind, war
uns ein Rätsel, denn sie sahen alle wie x-beliebige Hügel aus.
Besonders schön fanden wir den großen Runenstein, auf dem man
die vielen eingeritzten Zeichen und Bilder zur besseren Sichtbarkeit mit
roter Farbe ausgemalt hatte.
Die E 20 führte uns nun auf einem als Autobahn ausgebauten,
etwa 10 km langen Teilstück nördlich um die Industriestadt Eskilstuna
herum. Im nahen Arboga hielten wir auf dem Parkplatz eines relativ zentral
gelegenen Supermarktes mit angeschlossenem Warenhaus und nutzten die letzten
Minuten, die dieses noch geöffnet war, um uns darin ein wenig umzuschauen.
Es war jetzt kurz nach 19 Uhr und angesichts des ruhigen, baumbestandenen
Parkplatzes beschlossen wir, über Nacht hierzubleiben (229 Tageskilometer).
Gegen 21 Uhr machten wir noch einen fast einstündigen Rundgang in den
Straßen des mittelalterlichen Stadtkerns, der uns an zahlreichen alten
Holzhäusern und dem weißen Gebäude der Dreifaltigkeitskirche
vorbeiführte. Laut unserem Reiseführer befinden sich in ihrem Inneren
sehr schöne, das Leben des heiligen Franziskus darstellende Fresken,
die wir leider nicht bewundern konnten, denn zu dieser späten Stunde
war die Kirche natürlich verschlossen.
Nachdem es während der Nacht ziemlich viel geregnet hatte, war es morgens
wieder schön trocken bei zunächst bedecktem Himmel. Wir starteten
gegen 9 Uhr in Richtung Örebro, bogen aber kurz vor der Stadt nach
Glanshammar ab, um uns die dortige Kirche anzuschauen, die um 1200 errichtet
und im 15. Jahrhundert zu einer großen Hallenkirche ausgebaut worden
war. Im Inneren der sehr schönen, mit Fresken bemalten Kirche machte
uns ein freundlicher Schwede auf eine Schalttafel aufmerksam, auf der man,
wie wir es schon in vielen schwedischen Kirchen erlebt hatten, per Knopfdruck
ein Tonband mit einer Kirchenbeschreibung in verschiedenen Sprachen abrufen
konnte. Wir drückten den Knopf für "Tysk" und hörten
zunächst etwas über die Geschichte der Kirche, danach wurden die
einzelnen Fresken und Einrichtungsgegenstände erklärt.
Nachdem das Band abgelaufen war, kam der Pfarrer, der recht gut deutsch sprach,
auf uns zu und fragte, von wo in Deutschland wir kämen. Auf unsere Frage,
ob die Kirche denn gut besucht wäre, antwortete er, dass letzten Sonntag
nur ein einzelner Mann am Gottesdienst teilgenommen habe, und der sei Spanier
gewesen. Auf der Weiterfahrt heiterte sich das Wetter zunehmend auf, manchmal
kam sogar die Sonne durch. Die Straße führte abwechselnd durch
Wald, Felder und Wiesen; den Hjälmarsee, der doch irgendwo links von
uns liegen musste, bekamen wir leider nicht zu sehen.
Auf unserem Weg in die Innenstadt von Örebro kamen wir an ihrem Wahrzeichen,
dem "Svampen" (= Pilz) genannten Wasserturm vorbei. Er wurde 1958 in einem
besonderen Verfahren errichtet: erst baute man den "Hut" und dann - durch
Anheben - stufenweise den "Stiel". In 58 m Höhe befindet sich eine Plattform
mit Restaurant, von wo aus man eine herrliche Aussicht über die Stadt
und ihr Umland haben soll. Wir hielten jedoch nicht an, sondern fuhren weiter
ins Zentrum zum auf einer kleinen Insel mitten im Svartån gelegenen
Schloss. Die frühere Verteidigungsburg wurde im 16. Jahrhundert zu einem
Renaissanceschloss umgebaut, das jedoch im Laufe der Zeit weitgehend verfiel.
Erst vor etwa 100 Jahren erhielt es sein heutiges, prächtiges Aussehen.
Die Innenräume konnten wir leider nicht besichtigen, da das Gebäude
seit wenigen Tagen für die Saison geschlossen war.
Nun stöberten wir durch die Geschäfte an der Fußgängerzone
Köpmangatan, schauten uns am Stortorget das Rathaus und das Bronzestandbild
des schwedischen Nationalheiligen Engelbrekt an und betraten dann die am
oberen Ende des Platzes stehende Stora Nicolai Kyrkan aus dem 13./14.
Jahrhundert. Der Innenraum dieses nach norddeutschen Vorbildern gestalteten,
ziemlich großen Kalksteinbaus wirkt sehr nüchtern und gefiel uns
nicht besonders.
Zurück am Wohnmobil, fuhren wir die kurze Strecke zum
Kulturreservat Wadköping, einem "lebendigen" Freilichtmuseum. Die
ältesten Gebäude Wadköpings sind der vermutlich aus dem
Mittelalter stammende "Königshof" und das um 1700 erbaute "Cajsa Warg`s
Haus", in dem sich heute ein kleines Küchenmuseum befindet. Wir waren
überrascht, dass das Gelände überhaupt nicht eingezäunt
ist und wir weder beim Betreten des Museums noch an den einzelnen Häusern
ein Eintrittsgeld zu zahlen hatten.
Unser Rundgang führte uns durch eine Reihe ehemaliger
Handwerkshäuser wie z. B. das "Haus des Schusters", in dem die komplette
Werkstatt durch raumhohe Glasscheiben als Schustermuseum zu besichtigen ist.
In der ehemaligen Weberei schauten wir uns die schönen Handarbeiten
an, die einige Frauen hier herstellten - man konnte ihnen bei der Arbeit,
die vom Spinnen der Wolle bis zur Verzierung der fertigen Stücke reicht,
zusehen und die Tücher, Decken und Deckchen auch gleich käuflich
erwerben. Sowohl die alte Bäckerei als auch der schöne
Gemischtwarenladen im "Haus des Zinngießers" werden heute noch genauso
betrieben wie damals.
Eines der Häuser beherbergt ein Antiquariat, ein anderes
ein Restaurant. In Wadköping sind jedoch nicht nur alte Häuser
und deren Einrichtungen zu sehen; auch heutige Künstler erhalten die
Gelegenheit, hier zu arbeiten und ihre Werke - zur Zeit unseres Besuches
hauptsächlich Keramikerzeugnisse - auszustellen.
Wir verließen Örebro in südwestlicher Richtung auf der E
3, von der wir nach etwa 30 km auf die Str. 50 in Richtung
Motala abbogen, der wir dann bis
nach Askersund, einem kleinen Städtchen an der Nordspitze des
Vätternsees, folgten. Ein Stück südlich des Ortes führte
uns eine schöne Allee zum Schloss Stjärnsund, wo wir gerade
noch rechtzeitig zum Beginn der
14 Uhr-Führung ankamen. An der Kasse wurde uns eine Kurzbeschreibung
des Schlosses in deutscher Sprache ausgehändigt, die wir nach dem Ende
der in Schwedisch geführten Tour wieder zurückgeben mussten.
Schloss Stjärnsund liegt sehr schön auf einer Landzunge, die sich
in das schmale Nordende des Vätternsees schiebt. Es wurde 1637 errichtet
und erhielt seine heutige, elegante Form im Jahre 1798. Die sehr schöne
Einrichtung des Schlosses ist ein Zeitdokument aus der Ära der ersten
Bernadotte-Generationen; in unserem Führer stand, dass wir hier gerade
die bestdokumentierte Möblierung aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts
in ganz Schweden bewunderten.
Gegen 15 Uhr setzten wir unsere Fahrt auf der Westuferstraße des
Vätternsees (Str. 49) in Richtung Karlsborg fort. Der Vättern,
dessen Name in der deutschen Übersetzung "Wettersee" lautet, ist mit
1.900 Quadratkilometern Fläche der zweitgrößte See Schwedens.
Nach etwa 20 km Fahrt auf der nahe am Seeufer entlanglaufenden Straße,
bei der wir aber nur ab und zu durch den dichten Wald einen kurzen Blick
auf das Wasser erhaschen konnten, bogen wir bei Olshammar in die
ursprüngliche, von Menschenhand weitgehend unberührte und als
Naturschutzgebiet ausgewiesene Landschaft Tiveden ab. Der Teerstraße,
die nach einigen Kilometern von einer Schotterstraße abgelöst
wurde, folgten wir ein ganzes Stück in das Waldgebiet mit vereinzelten
Lichtungen hinein, kehrten dann aber schließlich um, weil es hier fast
genauso aussah, wie bei uns zu Hause. Von der im Reiseführer
angekündigten wildzerklüfteten Landschaft mit Steilhängen
und Seen war hier jedenfalls noch nicht viel zu bemerken.
Vor dem Ortseingang von Karlsborg mussten wir einige Minuten an
einer geöffneten Zugbrücke über den hier in den Vätternsee
mündenden Götakanal warten, bis ein schönes weißes Segelboot
vorbeigeschippert war. In dem kleinen Garnisionsstädtchen bot sich uns
erstmals ein nicht sofort wieder durch Bäume verdeckter Blick auf einen
Teil des Vättern. Dann stand die Besichtigung der zwischen 1820 und
1909 errichteten Festung auf dem Plan, die auf einer ein Stück in den
See reichenden Landzunge im unmittelbaren Stadtgebiet Karlsborgs liegt. Bei
ihrem Bau mussten aus finanziellen Gründen immer wieder Abstriche gemacht
werden; trotzdem verschlang die Anlage ungeheure Geldmengen und war durch
die schnelle Entwicklung der Kriegstechnologie zum Zeitpunkt ihrer Fertigstellung
bereits völlig veraltet.
Obwohl die Festungsgebäude noch heute von der schwedischen Armee benutzt
werden, gibt es keinerlei Eingangskontrolle und man kann mit dem eigenen
Fahrzeug kreuz und quer auf dem Gelände herumfahren. Nachdem wir am
"Fästningstorget" kurz ausgestiegen und ein bischen herumgelaufen waren,
erkundeten wir den Rest der Festung vom Wohnmobil aus. Insgesamt war hier
aber nicht viel zu sehen. Schließlich kamen wir an ein Gebäude,
in dessen Innerem sich ein Armee- und ein Kirchenmuseum befinden, die jedoch
beide um 17 Uhr, also in wenigen Minuten, geschlossen wurden.
Also verließen wir Karlsborg wieder und fuhren in Richtung Mariestad.
Im nahen Forsvik befindet sich eine der ältesten Schleusen des zwischen
1810 und 1832 gebauten Götakanals. Die großen Höhenunterschiede
der Strecke zwischen Göteborg und Stockholm, die von Meereshöhe
an den Küsten der Nord- und Ostsee bis zur maximalen Höhe von 91,5
m zwischen den beiden großen Seen Vänern und Vättern reichen,
werden durch insgesamt 65 Schleusen überwunden. Längst ist der
Kanal zu schmal für moderne Frachtschiffe, daher sieht man zwischen
dem Vänernsee und Söderköping nur noch kleine Passagierdampfer
sowie Motor- und Segelyachten.
Wir hielten an einigen alten Gebäuden
seitlich der vermeintlichen Schleuse an, die sich dann jedoch als Staustufe
herausstellte. Im Inneren eines der Häuser befand sich eine Art Museum
mit alten Handwerksgeräten; in einem anderen eine Getreidemühle,
in der man sich anschauen konnte, wie früher Mehl gemahlen wurde. Dann
fuhren wir weiter in den Ort hinein und erreichten auch bald die gesuchte
Schleuse. Leider war weit und breit auch nicht das kleinste Schiffchen zu
sehen, für das der Mechanismus in Gang gesetzt werden würde.
Auf der Weiterfahrt bot sich einmal ein kurzer
Blick auf den See Viken, ansonsten sah man links und rechts der Straße
selten etwas anderes als Bäume und Wald. In Töreboda trafen wir
wieder auf den Götakanal und gelangten schließlich nach
Mariestad am Ostufer des riesigen
Vänernsees. Auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen für
die Nacht fanden wir seitlich unterhalb des Hügels, auf dem die Altstadt
und der Dom liegen, einen geeigneten, etwas abgelegenen Parkplatz. Laut
Tacho hatten wir heute 243 km zurückgelegt. Gegen 20:30 Uhr begann
ein leises, rhytmisches Klopfen auf dem Dach unseres Wohnmobils - ein leichter
Regen hatte eingesetzt. Die Tatsache, dass wir dieses Phänomen nicht
zum ersten Mal erlebten, ließ uns vermuten, dass es in Schweden
anscheindend mit Vorliebe während der Nacht regnet - solange es
tagsüber trocken war, sollte uns das recht sein.
Leider war auch am nächsten Morgen noch kein Ende des Regens in Sicht.
Wir schauten uns zunächst den fast benachbarten, spätgotischen
Dom von 1619 an, dessen Innenraum uns sehr gut gefiel. Auch hier konnte man
sich wieder per Knopfdruck eine deutsche Beschreibung des Gebäudes und
seiner Einrichtung anhören. Zurück am Wohnmobil, fuhren wir ins
Stadtzentrum, wo wir auf dem Postamt (mit dem uns bereits bestens vertrauten
Nummernsystem, bei dem die Kunden bequem auf einer Bank warten können,
bis ihre jeweilige Nummer für einen der Schalter angezeigt wird) Geld
von unserem Postsparbuch abhoben. Auf dem Rückweg sahen wir im Vorbeigehen
durch die große Glasfront einer Apotheke, dass auch dort dieses praktische
System angewandt wurde.
Jetzt setzten wir unsere Fahrt auf der E 20 in Richtung Göteborg fort.
Nach etwa 30 km wechselten wir auf die Str. 44 in Richtung Lidköping,
Vänersborg, von der wir aber zunächst einmal in den Ortskern von
Götene abbogen, um uns die dortige Kirche anzuschauen. Diese aus dem
12. Jahrhundert stammende, mit Fresken aus dem 15. Jahrhundert dekorierte,
romanische Kirche war gar nicht so einfach zu finden, denn weder der Kirchenbau
noch der Glockenturm ragen über die anderen, ziemlich verstreut errichteten
Häuser und die vielen dazwischenstehenden Bäume hinaus.
Das Gelände ist hier sehr flach, so dass man von keinem Punkt aus einen
Blick über den gesamten Ort werfen kann. Uns blieb deshalb nichts anderes
übrig, als jeweils eine Straße entlangzufahren und an jedem
Kreuzungspunkt in die rechtwinklig angelegten Seitenstraßen zu
spähen. Mit dieser Methode hatten wir schließlich Erfolg und parkten
direkt gegenüber der Kirche. Insgesamt gefiel uns dieses Gotteshaus
jedoch lange nicht so gut wie z. B. die Kirche von Glanshammar und wir wunderten
uns, dass es in unserem Reiseführer als "eine der schönsten Kirchen
Västergötlands" bezeichnet wurde.
Kaum zurück auf der Str. 44, bogen
wir auch schon wieder ab, diesmal in nördlicher Richtung zum
Tafelberg Kinnekulle. Dieser gewaltige,
mit Tannenwald bestandene, etwa 15 km lange und 6 km breite,
terrassenförmig ansteigende Tafelberg gipfelt im 307 m hoch gelegenen
"Högkullen". Hier steht ein 18 m hoher Aussichtsturm, von dem aus man
einen einzigartigen Blick über den Vänernsee und
Västergötland hat.
Die Tafelberge in diesem Gebiet entstanden vor
etwa 500 Millionen Jahren, als das Urgestein Gneis im Meer versank. Darauf
lagerten sich in Jahrmillionen Sand, Lehm, Pflanzen- und Tierreste ab, die
im Laufe der Zeit versteinerten. Durch Gesteinsspalten quollen Lavaströme
herauf und schlossen verschiedene Gebiete ein. Als das Land schließlich
langsam wieder aus dem Meer stieg, wurden die leicht verwitternden Schichten
weggespült, nur die von der Lava geschützten Gebiete blieben
unversehrt. Als größter Tafelberg dieser Gegend zeigt der Kinnekulle
mit seinen "Treppen" alle Ablagerungen bis hinunter zum Urgestein und ist
damit ein wichtiger und interessanter Zeuge geologischer Geschichte.
Die Straße, der wir hinauf zum Högkullen folgten, führte
uns zunächst durch eine wilde, einsame Landschaft mit vereinzelten
Bäumen und Sträuchern und dann durch dichten Tannenwald. In der
Nähe von Österplana hielten wir kurz an einigen, wie kleine Baggerseen
wirkenden Tümpelchen, denn an den in mehreren Stufen abfallenden
Rändern waren sehr gut die verschiedenen Erdschichten des Kinnekulle
zu erkennen. In der Nähe des Gipfels stellten wir unser Wohnmobil auf
einem menschenleeren Parkplatz ab und gingen die restlichen 900 m bis zum
Aussichtsturm zu Fuß hinauf. Der ursprüngliche, im Jahre 1892
errichtete Turm brannte 1982 ab, wurde aber ein Jahr später wieder
rekonstruiert, so dass in diesem Jahr das 100jährige Turmjubiläum
gefeiert werden konnte.
Heute war das Wetter leider nicht gerade ideal für einen Besuch auf
dem Tafelberg: leichter Nieselregen und - besonders störend - ein starker
Wind, der an unseren Schirmen riss und sie am liebsten weggeblasen hätte.
Oben angekommen, stellten wir fest, dass der Turm abgeschlossen war, obwohl
er laut einer neben der Tür angebrachten Tafel jetzt geöffnet sein
musste. Die in luftiger Höhe rund um den Turm laufende Aussichtsplattform
ist lediglich durch ein Holzgeländer gesichert, weshalb wir vermuteten,
dass es bei diesem starken Wind wohl zu gefährlich war, dort oben zu
stehen.
Ein Stück hinter dem Turm fiel das Gelände hinter einigen Felsen
relativ steil ab, so dass wir über die Baumspitzen hinweg einen ganz
passablen Blick auf einen Teil der riesigen Wassermassen des Vänernsees
hatten. Diese bei schönem Wetter sicherlich fantastische Aussicht war
heute durch die dicken Regenwolken regelrecht verdorben; den Horizont als
Übergang zwischen Wasser und Wolken konnten wir nur mit Mühe ausmachen.
Wenigstens hatte es vorhin mit unserer Ankunft auf dem Gipfel des Högkullen
aufgehört zu regnen. Durch den immer noch recht starken Wind kämpften
wir uns zurück zum Wohnmobil und begannen die kurvenreiche Abfahrt entlang
der Vänern-Bucht Kinneviken. Zunächst konnten wir noch ab und zu durch
eine Lücke zwischen den Bäumen auf das Wasser des Sees schauen,
dann rückte der Wald aber schnell immer dichter heran und nahm uns jede Fernsicht.
Am Fuß des Berges angekommen, herrschte schon wieder schönes Wetter
und bald kam sogar die Sonne zum Vorschein. Wir fuhren jetzt meistens ein
Stück weit vom Ufer entfernt an dichtem Wald vorbei, während auf
der dem See zugewandten Seite grüne Weiden mit grasenden Pferden und
Kühen lagen. Wegen direkt am Ufer stehender Bäume und Sträucher
war es auch hier unten nur selten möglich, einen Blick auf das Wasser
der Bucht zu werfen. Ab und zu führte uns die Nebenstraße aber
auch ganz vom Seeufer weg und wir fuhren durch hübsche kleine Dörfer.
Die um das Jahr 1450 entstandene Altstadt
Lidköpings liegt am östlichen,
die 1670 gegründete Neustadt am westlichen Ufer des hier in den Vänern
mündenden Lidan-Flusses. Das heute als Rathaus dienende, ehemalige
Jagdschloss am Stora Torget in der Neustadt schauten wir uns nicht an, sondern
fuhren gleich zur Porzellan- und Keramikfabrik Rörstrand. Diese im Jahre
1726 gegründete Porzellanmanufaktur ist eine der ältesten Europas
und die älteste in Schweden. Auf dem Parkplatz vor der Fabrik trafen
wir ein deutsches Ehepaar aus Ost-Holstein, die mit einem Wohnwagengespann
am Nordkap gewesen waren und in den letzten drei Wochen 6.000 km
zurückgelegt hatten.
Im Inneren der Fabrik schauten wir uns zunächst die sehr schöne
Ausstellung mit kostbaren Objekten aus Porzellan und Keramik an, die allesamt
als Einzelstücke hergestellt wurden und sowohl aus der Gründerzeit
der Manufaktur als auch aus den folgenden Jahrhunderten und der heutigen
Produktion stammen. Uns gefielen vor allem die großen Schalen und Vasen
mit wunderbaren Mustern und Motiven. Natürlich sind hier auch die
berühmten Rörstrand-Porzellanservices der unterschiedlichsten
Zeitperioden ausgestellt. Daneben kann man sich historische Wandteller und
viele Porzellangegenstände anschauen, die in den vergangenen zwei
Jahrhunderten zur Ausstattung königlicher oder zumindest adeliger Tafeln
und zum Schmuck der Ess- und Wohnräume in den unzähligen
Schlössern und Landsitzen angefertigt wurden.
Nachdem wir unseren Rundgang in der Ausstellung beendet hatten, besuchten
wir die benachbarte "Fabriksbutiken", in der Stücke aus der derzeitigen
Produktion zum Verkauf angeboten werden. Darunter sind auch im Verhältnis
zu den normalen Einzelhandels-Verkaufspreisen sehr günstige B-Sortierungen
der Kaffee- und Speiseservices. Moderne Skulpturen, Schalen und Vasen, wie
wir sie in der Ausstellung gesehen hatten, waren hier jedoch nicht zu sehen.
Solche Teile produziert Rörstrand anscheinend auch heute nur als - für
uns unerschwinglich teure - Einzelstücke und nicht, wie ich gehofft
hatte, in vielleicht etwas abgewandelter Form auch in bezahlbarer Serie.
Wir kauften schließlich zwei weiße Porzellanleuchter mit
schönen, wild wirkenden Blumenkränzen in Grün und Apricot,
die sowohl Souvenir als auch mein diesjähriges Geburtstagsgeschenk sein
sollten. Die dazu passenden, apricotfarbenen Kerzen konnten wir leider nicht
mitnehmen, weil die Verkäuferinnen hartnäckig darauf beharrten,
sie seien lediglich Dekoration und nicht verkäuflich.
Der nächste Haltepunkt auf unserer Fahrtroute
war Schloss Läckö an der Spitze
der etwa 21 km entfernten Vänerninsel Kållandsö. Weil wir
keinerlei Information über die Öffnungszeiten dieses Schlosses
hatten, machten wir uns lieber direkt auf den Weg dorthin, anstatt erst noch
einmal in die Innenstadt Lidköpings zu fahren und dann später
vielleicht nicht mehr in das Innere des Schlosses zu gelangen. Den nicht
sehr breiten Sund hinüber zur Insel hätte man ohne weiteres für
einen Fluss halten können. Während wir durch die sehr schöne
Landschaft mit Wald, Feldern und Wiesen fuhren, herrschte wunderbares Wetter
mit Sonnenschein und teilweise schon wieder richtig blauem Himmel; man konnte
kaum glauben, dass es heute morgen auf dem Kinnekulle noch grau und
regenverhangen gewesen war. Nur der Wind war fast unverändert stark,
was uns aber nicht weiter störte, weil wir ihm ja diese gewaltige
Wetterverbesserung zu verdanken hatten.
Schließlich erreichten wir das weiße, von mehreren
Türmen gekrönte Schloss, das wunderschön auf einem Kap über
dem Vänernsee liegt und auf drei Seiten von der riesigen blauen Fläche
des Seewassers umgeben ist. Das vor allem von weitem wie ein Märchenschloss
wirkende Gebäude wurde im 13. Jahrhundert als Festung erbaut und im
17. Jahrhundert zu einem Renaissanceschloss umgebaut. Nach einer in unserem
Jahrhundert durchgeführten gründlichen Instandsetzung und Restaurierung
kann heute eine Auswahl der 248 Räume des Schlosses, darunter auch die
Schlosskapelle, besichtigt werden.
Es war jetzt 14:50 Uhr und die nächste Führung begann
erst in 40 Minuten - wir hätten also doch noch genügend Zeit für
einen Besuch der Alt- und Neustadt Lidköpings gehabt. Hier in
Läckö verbrachten wir die Wartezeit aber auch sehr angenehm: nachdem
wir uns in den zwei hintereinanderliegenden Schlosshöfen umgesehen hatten,
wanderten wir auf einem Fußweg rund um die Außenmauer des Schlosses.
Zunächst ging es an einer schmalen Vänern-Bucht mit
schilfbestandenen Ufern entlang, dann gelangten wir zur Nordseite des Schlosses,
von wo aus man einen wirklich beeindruckenden Blick hinaus auf den riesigen
Vänernsee hat. Das Wasser reicht bis an den weit entfernten Horizont
und man kann sich kaum vorstellen, dass das was man hier sieht, trotzdem
nur ein kleiner Teil des Vänern ist. Insgesamt hat dieser größte
See Schwedens nämlich eine Fläche von fast 6.000 Quadratkilometern;
er ist 140 km lang, bis zu 73 km breit und weist eine größte Tiefe
von 98 m auf. Wie unvorstellbar groß dieser See ist, zeigt die Länge
seines Ufers: wollte man ihn einmal umrunden, müsste man 400 km
zurücklegen.
Pünktlich um 15:30 Uhr begann die in schwedischer Sprache
durchgeführte Führung. Nicht-Schweden wie wir erhielten am Eingang
einen Zettel mit einer Kurzbeschreibung der Räume, die wahlweise in
Englisch, Französisch oder Deutsch zu bekommen war und nach dem Ende
der Besichtigung wieder abgegeben wurde. Das Innere des Schlosses hielt leider
nicht, was sein Äußeres versprochen hatte: im Laufe der Jahre
hatte es ständig wechselnden Besitzern gehört, die es nicht alle
gut behandelt und instandgehalten hatten.
Schloss Läckö besitzt heute noch einen ganz passablen Rittersaal
und ein oder zwei weitere Räume mit annähernd vollständiger
Einrichtung; ansonsten sind die Säle so gut wie leer. Die Wände,
Decken und Türen weisen Malereien auf, die jedoch sehr blass und teilweise
auch nicht besonders kunstvoll ausgeführt sind. Zum Schluss der Tour
verließen wir das Hauptgebäude und gingen zur schräg
gegenüberliegenden Schlosskirche, die noch vollständig möbliert
ist und unserer Meinung nach den schönsten Raum des Schlosses darstellt.
Ihre Wände sind mit schönen, blassblauen Fresken bedeckt; Kanzel,
Altar und Orgel reich geschnitzt. Dann warfen wir noch einen Blick in den
ebenfalls sehr schönen Schlossgarten mit leuchtend bunten Blumen in
streng geometrisch angeordneten Beeten, die von kleinen Buchsbaumhecken
eingefasst sind. Wegen der hohen, rundum laufenden Mauer hatten wir diesen
Garten, in den man nur vom Schloss aus gelangen kann, vorhin bei unserer
Wanderung rund um das Gebäude nicht sehen können.
Kurz nach 16 Uhr fuhren wir schließlich zurück nach Lidköping,
von wo aus wir dann der Str. 44 in Richtung Vänersborg folgten. In dem
für besonderen Elchreichtum bekannten Gebiet zwischen den beiden Tafelbergen
Hunneberg und Halleberg hielten wir wieder besonders genau Ausschau - leider
vergeblich. Am Stadtrand von Vänersborg hielten wir an einer Stadtplan-Tafel
und entnahmen einem kleinen Kasten einen der grob skizzierten Stadtpläne,
der uns quer durch die Stadt zum Yachthafen am Vänern führte, wo
wir ein wenig am Seeufer entlangspazierten.
Auch am Ortseingang von
Trollhättan stand eine dieser praktischen
Stadtplan-Tafeln, an der man sich ein DIN-A-4-Blatt mit einer Stadtplan-Skizze
mitnehmen konnte. Die größte Attraktion der Stadt stellen der
Trollhättan-Kanal und die Wasserfälle dar. Beim Durchbruch eines
Gneisrückens schuf der aus dem Vänern abfließende
Götaälv im Laufe der Jahrmillionen die vier
Trollhättan-Wasserfälle, über die er bis vor wenigen Jahrzehnten
auf einer Strecke von 1,5 km mehr als 33 m tief hinabfiel. Heute ist das
Flussbett an dieser Stelle trockengelegt, denn die riesigen Wassermengen
fließen jetzt unterirdisch durch das Kraftwerk "Hojums Kraftstation",
wo sie der Stromgewinnung dienen. Nur an einem Tag im Juli, dem zu einem
großen Volksfest ausgeweiteten "Fallens Dagar" darf das Wasser von
12 bis 23 Uhr durch sein ursprüngliches Bett schießen. Während
der übrigen Zeit des Jahres kann man die Wildnis betrachten, die in
dem trockenen Flussbett entstanden ist.
Wir schauten uns zunächst die 1800 entstandene, oberste der alten
Polhem-Schleusen an. DieWände des vollständig leeren Beckens sind
bereits so verwittert, dass man fast nicht mehr erkennen kann, dass dies
einmal eine Schleuse war. Seitlich über dem Becken befindet sich ein
großer, "Kungsgrottan" genannter, halbrunder Felsen, in den im Laufe
der Jahrhunderte viele Mitglieder des Königshauses und später auch
Mitglieder der Regierung ihre Namen sowie das Datum ihres Besuches eingraviert
haben.
Die übrigen Schleusen, darunter auch die heute noch benutzten, befinden
sich an einem etwas weiter östlich verlaufenden Arm des Götaälv,
wohin wir nun fuhren. In der Nähe des - wegen der fortgeschrittenen
Stunde natürlich bereits geschlossenen - Kanalmuseums fanden wir einen
kleinen, ruhigen Parkplatz und beschlossen, über Nacht hier stehen zu
bleiben. Der Tacho zeigte 221 Tageskilometer.
Die treppenartig angelegten Staubecken mussten teilweise in die Felsen gesprengt
werden. Wie schon oben bei der ersten Polhem-Schleuse, war auch hier bei
den älteren Schleusen nicht besonders viel zu sehen; der einzige Unterschied
bestand darin, dass diese Becken mit Wasser gefüllt waren. Die 4 neueren
Schleusenbecken (von 1916), durch die heute pro Jahr bis zu 20.000
Wasserfahrzeuge geschleust werden, sind jeweils 90 m lang und heben bzw.
senken die Schiffe um 7 bis 9 Meter. Insgesamt wird so ein Höhenunterschied
von 32 Metern überwunden.
Als wir gegen 20 Uhr gerade wieder beim Wohnmobil angekommen waren, sahen
wir ein großes Schiff flussabwärts auf die Schleusenanlage zufahren
und beeilten uns, schnell wieder zurück zur obersten Schleuse zu kommen.
Wie wir ganz richtig vermuteten, passierte die "Stella Atlantic", ein ziemlich
großes Seeschiff, die Schleusen noch heute abend. Zusammen mit einigen
anderen Zuschauern, die von einigen flussaufwärts festgemachten Segelbooten
herbeigekommen waren, beobachteten wir, wie das Schiff langsam in die erste
Schleuse, in die es gerade so hineinpasste, einfuhr. Dann wurde das obere
Tor geschlossen und das Wasser durch kleine Öffnungen im unteren Tor
abgelassen, so dass das Schiff im Zeitlupentempo hinuntersank. Nachdem es
auf der Höhe des Wartesees angekommen war, wurde das untere Tor
geöffnet und das Schiff fuhr weiter zur zweiten Schleuse.
Am nächsten Morgen setzten wir unsere Fahrt in Richtung Göteborg
fort. Nach etwa einer Stunde Fahrt bogen wir von der Str. 45 ab, um uns die
bereits von weitem sichtbare, auf einer hohen Insel im Götaälv
gelegene Ruine der Festung Bohus anzuschauen. Sie wurde im Jahre 1308 als
Holzbau angelegt und im 16. Jahrhundert in Stein neu errichtet. Obwohl
Dänen, Norweger und Schweden sich hier wiederholt blutige Kämpfe
lieferten, wurde die Festung niemals bezwungen. Über einen steinigen
Weg kletterten wir zur Festung hinauf, deren Tor aber leider noch geschlossen
war. Wegen des unangenehm kühlen Windes, vor dem man hier oben nirgends
Schutz finden konnte, warteten wir nicht auf die Öffnung
(in etwa 20 Minuten), sondern fuhren lieber gleich weiter nach Göteborg.
Dort steuerten wir als allererstes das Dänemark-Terminal der Stena Line
am Masthuggskajen an, um ein Ticket für die morgige 13-Uhr-Fähre
nach Frederikshavn auf dem dänischen Festland zu kaufen. Die Dame am
Schalter verlangte 910 Kronen für das Ticket - so viel schwedisches
Geld hatten wir aber gar nicht mehr. Ohne den genauen Preis, von dem ich
ausgegangen war, im Kopf zu haben, wusste ich nur noch, dass ich das Ganze
so ausgerechnet hatte, dass wir sowohl die Fahrkarte als auch die übrigen
noch in Göteborg anfallenden Ausgaben mit diesem Geld bezahlen konnten.
Glücklicherweise hatte ich den deutschen Prospekt dabei und konnte direkt
hier am Schalter nachsehen, ob der Ticketpreis darin genauso hoch war oder
ich mich doch irgendwo verrechnet hatte. Und tatsächlich war der Preis
im Prospekt mit 158 DM angegeben - das waren umgerechnet 570 SKR! Ja, von
Deutschland aus gebucht sei die Überfahrt billiger, bekamen wir zu
hören. Ein anderer Kunde bestätigte dies: man müsse immer
direkt in Deutschland buchen, wo alle Fährlinien der Stena Line
günstiger angeboten würden. Das nützte uns jetzt natürlich
sehr viel.
Die Kassiererin war sichtlich beeindruckt von unserer
vollständigen Verwirrung über diese merkwürdigen Preisdifferenzen
und sagte, wir könnten ja in Deutschland bei der Stena Line Kiel anrufen
und die Überfahrt von dort aus buchen lassen. Dann überlegte sie
es sich jedoch anders und bot uns an, das Ticket doch gleich hier für
den in Deutschland gültigen Preis, also 570 SKR auszustellen. Erfreut
willigten wir ein und beglückwünschten uns auf dem Rückweg
zum Wohnmobil gegenseitig dazu, dass wir den deutschen Prospekt dabeigehabt
und so fast 95 DM gespart hatten. Bedauerlich fanden wir nur, dass die Schweden
es nicht so gut hatten wie wir, sondern die höheren Preise bezahlen
mussten.
Weil der Parkplatz auf dem Gelände der Stena Line gar nicht so weit
von der Innenstadt entfernt war, beschlossen wir, unser Fahrzeug gleich hier
stehenzulassen und fütterten deshalb den Parkautomat mit allen Münzen,
die wir hatten, woraufhin er einen bis zum Abend gültigen Parkschein
ausspuckte. Auch während der Nacht betrug der Tarif hier gleichbleibend
3 SKR pro Stunde. Falls wir auf dem Weg zur Stadt nicht noch an einem
günstigeren Parkplatz vorbeikommen sollten, wollten wir heute Abend
ein neues, bis morgen Mittag gültiges Ticket ziehen; dann konnten wir
gleich von hier aus aufs Schiff fahren. Jetzt notierten wir erst einmal die
86 Tageskilometer und starteten dann bei recht gutem Wetter, das sich leider
später zu einem leichten, aber dauerhaften Regen wandeln sollte (und
wir hatten keine Schirme dabei!), zur Stadtbesichtigung:
- Oscar Frederiks Kyrkan - ein auffälliger, roter Kirchenbau mit spitzen
Türmen, grünen Kupferdächern und leider fest verschlossenen
Türen.
- Wachturm Skansen Kronan aus dem 17. Jahrhundert; beherbergt heute ein
Militärmuseum.
- Stadtteil Haga - ein im ursprünglichem Stil des 18. und 19. Jahrhunderts
bewahrtes Arbeiterwohngebiet mit Läden, Werkstätten und Bierstuben.
Etwa ein Fünftel der Häuser sind Originale; der Rest wurde nach
alten Plänen neu errichtet.
- Fischmarkthalle "Feskekyrkan" am Rosenlundskanalen.
- Lilla Torget mit alten Häusern, die wir aber nicht so schön und
idyllisch fanden, wie sie der Reiseführer anpries.
- Kronhus - 1643-54 erbaut und somit das wohl älteste Gebäude der
Stadt. Es diente zunächst als Zeughaus. Im Jahre 1660 tagte hier der
schwedische Reichstag und wählte den erst fünfjährigen Karl
XI. zum König. Seit der 1957 erfolgten Restaurierung beherbergt es einen
Teil der Sammlungen des Historischen Museums.>
- Kristinenkirche - dieses 1648 eingeweite, auch "Tyska Kyrkan" genannte Gotteshaus
wurde mehrfach durch Feuer zerstört und in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts völlig neu erbaut. Wir fanden die Kirche nicht besonders
sehenswert; lediglich die zwölf bunten Glasfenster, die jeweils einen
Apostel darstellen, gefielen uns gut.
- Gustav-Adolfs-Torg - auf einem hohen Sockel in der Mitte des Platzes steht
ein Denkmal des Stadtgründers König Gustav II Adolf. Rund um den
Platz gruppieren sich das ursprünglich von 1672 stammende, 1935-37
erweiterte Rathaus, das 1849 errichtete Börsengebäude sowie das
Wenngren- und das Stadthaus; die beide von 1759 stammen.
- Bummel durch das moderne Geschäftszentrum Göteborgs: schöne
Fußgängerzonen in der Östra Hamngatan und den umliegenden
Straßen (Tourist-Information am Kungsportplatsen).
- Der Dom wurde Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Resten von zwei 1721 bzw.
1802 abgebrannten Vorgängerkirchen errichtet. Hätten wir keinen
Stadtplan gehabt und nicht gewusst, dass dies ein Dom ist, wären wir
niemals auf die Idee gekommen, den recht einfachen und vor allem auch gar
nicht besonders hohen Kirchenbau für einen Dom zu halten. In unserem
Reiseführer hatten wir gelesen, dass sein klassizistischer Innenraum
wenig verziert und fast schmucklos sei - diese Aussage fanden wir mehr als
bestätigt: wir standen in einer zwar ziemlich großen, aber eigentlich
völlig leeren Kirche, die uns überhaupt nicht gefiel.
- Kungsportsaveny - eine große, lange Prachtstraße mit eleganten
Geschäften, Kaufhäusern, Restaurants und Lokalen, die bis zum
Götaplatsen reicht. Um diesen Platz, in dessen Mitte ein imposanter
Poseidonbrunnen steht, gruppieren sich die Konzerthalle, das Stadttheater
und das Kunstmuseum.
Einen Schwerpunkt unserer
Göteborg-Besichtigung bildete das riesige
Ostindien-Haus, das 1750-62 als Lagerhaus
und Verwaltungsgebäude der damals florierenden schwedischen
Ostindiengesellschaft gebaut wurde. Seit 1890 befinden sich hier die Museen
für Archäologie, Ethnographie und Geschichte.
Göteborgs Archäologisches Museum ist das einzige Museum in Schweden,
das sich ausschließlich mit vorhistorischer Archäologie befasst.
Die umfangreichen Sammlungen reichen von der Steinzeit bis zur jüngeren
Eisenzeit. Eine Besonderheit stellen insbesondere die zahlreiche Fundstücke
aus der Wikingerzeit dar. Die Ausstellungsstücke stammen hauptsächlich
aus Westschweden und der Umgebung Göteborgs, werden jedoch durch Funde
aus den übrigen Landesteilen, aus Mitteleuropa, den Mittelmeerländern
und aus dem Orient ergänzt.
Im Ethnografischen Museum sind verschiedenste Gegenstände aus den
entferntesten Erdteilen zu bewundern, die von alten, fremdländischen
Kulturen zeugen. Teils als Einzelstücke, teils als ganze Sammlungen,
waren die meisten Gegenstände Schenkungen von Privatpersonen, meist
Göteborger Bürgern, die diese selbst oder ihre Vorfahren von ihren
Reisen mit den Schiffen der Ostindischen Kompanie mitgebracht hatten.
Die Säle sind nach der geografischen Herkunft der Stücke geordnet:
"Afrikanische Völkerkunde" aus den Ländern südlich der Sahara
beinhaltet Gebrauchsgegenstände von Hirten und Kriegern, für
religiöse Riten, Beerdigungs- und Hochzeitsbräuche. Außerdem
sind hier Schmuck, Musikinstrumente, Totems und Fetische ausgestellt. Als
wertvollstes Stück der Sammlungen gilt der reich verzierte Thron eines
Stammeshäuptlings. Von den "Indianern Nordamerikas" stammen Totems,
Webarbeiten, Waffen und Schmuck sowie Portraits der legendären Helden
aus den Indianerkämpfen.
Die Ausstellung "Lateinamerika" ist der Stolz des Museums, denn sie enthält
außergewöhnliche Sammlungen über präkolumbische Kulturen:
Aus der Maya-Zeit stammen große Ton-Urnen, Darstellungen von
Monumentalbauten und das Faksimile einer Maya-Schrift, dessen Original sich
in Madrid befindet. In den chilenischen, mexikanischen, argentinischen und
peruanischen Kulturen vor der Ankunft der Spanier entstanden Urnen, Stoffe
(darunter über 2000 Jahre alte Paracastextilien aus Peru), Musikinstrumente,
Jagdwaffen und Angelzeug. Außerdem kann man hier Metallarbeiten aus
Peru und Funde aus der Inka-Kultur bewundern. Die "Südamerikanische
Völkerkunde" beinhaltet Kleidungsstücke, Waffen, Webarbeiten und
Gebrauchsgegenstände der Indianer von Feuerland bis Panama. Einige weitere
Säle sind den Völkern Burmas, Indonesiens und Ozeaniens gewidmet.
Das Thema "Lappländischen Völkerkunde" wird mit
Ausstellungsstücken zur Wohnkultur, Kleidung und Lebensweise, den
Kunstgegenständen und den Rentierherden der Sami behandelt. In einem
weiteren Raum kann man Schiffe, Kajaks, Angelzeug, Harpunen,
Kleidungsstücke und Wohngegenstände der Eskimos betrachten.
Das Historische Museum der Westküste und Göteborgs ist teilweise
auch in anderen Gebäuden der Stadt untergebracht. Hier im "Östindiska
Kompagnietshus" befinden sich hauptsächlich die Stadt betreffende Sammlungen
zu den Themen Wachstum der Stadt, soziale Schichtung, Handwerke und Industrie
sowie Wohnkultur von Bauern, Arbeitern, Bürgern und Adeligen in den
verschiedenen Jahrhunderten.
Jedes der drei Museen erstreckt sich in einem bestimmten Teil des großen,
vierstöckigen Gebäudes über mehrere Etagen. Nach kurzer Beratung
entschieden wir uns dafür, jeweils die ganze Etage zu umrunden und erst
danach ins nächste Stockwerk hinaufzugehen. Auf diese Weise betraten
wir zwar jedes Museum mehrmals, brauchten dafür aber nicht mehr Treppen
hinauf- und hinabzusteigen, als unbedingt notwendig war.
Mit der Betrachtung der umfangreichen Ausstellungen, die uns sehr gut gefielen, waren wir eine
ganze Weile beschäftigt. Besonders interessant fanden wir die Säle,
in denen die Lebensweisen fremder Völker dargestellt sind. An allen
Ausstellungsstücken befinden sich kurze Beschreibungen, die deren Funktion,
Herkunft und Alter erläutern. Jeder Raum sieht anders aus und ist
gemäß dem jeweiligen Thema gestaltet, so dass man sich fast so
fühlt, als wandere man nicht nur durch Museumssäle, sondern
buchstäblich von einem Lebensraum in den anderen.
Gegen 18 Uhr zurück am Terminal der Stena Line, schauten wir zu, wie
zunächst alle Passagiere das gerade aus Dänemark angekommene Schiff
verließen. Dabei fiel uns auf, dass fast alle schwere Taschen, Tüten
und Pakete schleppten, die leise klirrten, also vermutlich Alkohol enthielten,
den man ja auf dem Schiff erheblich billiger und wohl auch problemloser in
größeren Mengen bekommen kann, als hier an Land, wo man extra
einen staatlichen Laden, "Systembolaget" genannt, aufsuchen muss.
Anschließend durften die bereits wartenden neuen Passagiere einsteigen.
An der Kleidung der überwiegenden Mehrheit der Passagiere sah man, dass
sie wohl als Samstagabend-Vergnügen mit dieser Fähre hinüber
und entweder mit der gleichen oder der nächsten Fähre wieder
herüberfuhren, das Schiff also lediglich als Bar, Restaurant und
Vergnügungslokal benutzten. Unter ihnen befand sich auch eine elegant
gekleidete Hochzeitsgesellschaft, die wohl einen der extra für solche
Zwecke zur Verfügung stehenden Säle an Bord des Schiffes gemietet
hatte - bei trinkfesten Hochzeitsgästen lohnte sich das bestimmt!
Während wir abends gemütlich im Wohnmobil saßen,
ertönten gegen 22.30 Uhr zwei laute Knalle: schräg gegenüber
am Freihafen fand ein Feuerwerk statt! Als hätte das Wetter auf diese
Veranstaltung Rücksicht genommen, hatte es fast gänzlich
aufgehört zu regnen. Flugs zogen wir uns Jacken über und gingen
hinaus bis an den Zaun, der das eigentliche Terminalgelände vom Parkplatz
trennt. Hier standen wir sozusagen "in der ersten Reihe", denn das Feuerwerk
spielte sich direkt vor uns am Himmel ab. Die zahlreichen Zuschauer drüben
am Freihafen hatten es nicht so gut wie wir, denn sie mussten sich die
Hälse verrenken und senkrecht nach oben schauen, um die direkt über
ihnen explodierenden Raketen zu bewundern.
Das Wetter hatte sich über Nacht kolossal gebessert: alle Regenwolken waren verschwunden und
früh am nächsten Morgen herrschte bereits strahlender Sonnenschein.
Zu Fuß wanderten wir durch ruhige Nebenstraßen zum
Seefahrtsmuseum und verbrachten die verbleibende
halbe Stunde bis zur Öffnung um 10 Uhr auf der dem Götaälv
zugewandten Terrasse in der Sonne. Zunächst betraten wir das im Erdgeschoss
untergebrachte Aquarium mit einheimischen und tropischen Fischen, vielen
anderen Meeresbewohnern, Wasserschildkröten, Schlangen und Leguanen
sowie zwei kleinen Krokodilen. Insgesamt ist das Aquarium nicht besonders
groß.
Im ersten und zweiten Stock des Gebäudes befindet sich das eigentliche,
1933 eröffnete Seefahrtsmuseum, das mit vielen schönen Schiffsmodellen
und tausenderlei Dingen, die die Seeleute entweder selbst gefertigt oder
aus fremden Ländern mitgebracht haben, die Bedeutung des Meeres für
das Leben der Stadt seit 350 Jahren verdeutlicht. Besonders schön fanden
wir das in der Mitte der großen Halle aufgestellte Modell der "Finnland",
mit der die Händler der Ostindischen Kompanie zwischen 1769 und 1771
eine Reise nach China unternahmen. Skizzen, Stiche und weitere Schiffsmodelle
dokumentieren die Entwicklung der Seefahrt von der Wikingerzeit an.
Andere
Ausstellungen zeigen die Methoden und Ausrüstungen der Hochseefischerei,
die Funktionsweise eines Leuchtturmes, dass Süßwasser leichter
ist als Salzwasser und wie sich der Salzgehalt in der Ostsee verteilt. Neben
Modellen von Werften und Beispielen von Seemanskleidung beschäftigt
sich eine weitere Abteilung mit der Auswanderungswelle des 19. Jahrhunderts,
als sich viele Schweden von Göteborg aus nach Nordamerika einschifften.
Uns gefiel das Museum sehr gut und wir wanderten eine ganze Weile in den
zahlreichen Ausstellungsräumen herum, um uns alles ganz genau anzuschauen.
Anschließend gingen wir zum am anderen Ende der Terrasse gelegenen
Seemannsturm. Auf der Spitze des insgesamt 49 m hohen, zum Gedenken an
die im Ersten Weltkrieg umgekommenen Seeleute errichteten Turmes steht die
Statue "Frau am Meer". Sie blickt sehnsüchtig in Richtung Kattegat und
der imaginäre Wind bauscht ihre Kleider, während sie um die
Rückkehr der in den Krieg gezogenen Männer bangt. Vom Haltepunkt
des Fahrstuhles aus stiegen wir über eine enge, steile Treppe weiter
hinauf bis zur in 39 m Höhe gelegenen Aussichtsplattform. Dort angekommen,
bot sich uns ein wunderbarer Rundumblick auf Göteborg, den Hafen und
den sich in Richtung Meer schlängelnden Götaälv.
Etwa um 11:40 Uhr reihten wir uns bereits
in die noch relativ kurze Wohnmobil-Schlange auf Bahn Nr. 7 ein. Kurz darauf
lief unser Schiff, die "Stena Nordica" in
den Hafen ein und wurde entladen. Bis wir ins Schiff gelotst wurden, dauerte
es noch eine ganze Weile, doch schließlich ging es los: wir durften
an Bord fahren und bekamen einen Platz "in vorderster Reihe" auf dem Autodeck.
Über mehrere Treppen im Inneren des Schiffes stiegen wir zunächst
zum Sonnendeck am Heck, von wo aus man noch einmal in Richtung Freihafen
und Innenstadt blicken konnte. Als das Schiff sich pünktlich um 13 Uhr
in Fahrt setzte, wanderten wir jedoch langsam nach vorne zum Bug.
Am einige hundert Meter stadtauswärts gelegenen
Tyskland-Terminal der Stena Line war ein die Route Göteborg-Kiel befahrendes
Schwesterschiff festgemacht, das im Vorbeifahren mit kräftigem Hupen
gegrüßt wurde und das auf gleiche Weise antwortete. Nachdem wir
langsam unter der den Götaälv am Hafenausgang überspannenden
Älvsborgsbron hindurchgeglitten und am Mast über der Brücke
die Flaggen der Stena Line, Schwedens und Dänemarks gehisst worden waren,
befanden wir uns schon bald zwischen den Schäreninselchen vor der
schwedischen Westküste. An einem der ersten, etwas größeren
Inselchen fuhr unser Schiff besonders nahe vorbei, damit wir uns die aus
dem 16. Jahrhundert stammende Elfsborgs Festning anschauen konnten.
Auf die meisten der übrigen Schären, die wir links
und rechts unseres Weges liegen sahen, trifft die Bezeichnung Insel eigentlich
nicht zu, denn sie bestehen lediglich aus einigen nackten grauen
Felsrücken, die aus dem Wasser herausragen. Dazwischen sieht man jedoch
immer wieder Eilande, die mit etwas Gras und einigen Sträuchern bewachsen
sind und hier und da steht sogar eine kleine Hütte auf einem der Inselchen.
Die vom Wasser wie mit tausenden kleinen Spiegeln reflektierten Sonnenstrahlen
tauchten dieses an sich schon sehr schöne Bild zusätzlich noch
in ein glitzerndes, strahlendes Licht.
Nachdem wir das freie Wasser des Kattegats erreicht hatten, verließen
wir das Sonnendeck und gingen hinunter in den Tax-Free-Shop, um unsere letzten
schwedischen Kronen auszugeben. Neben Süßwaren, ein paar
Zigarettenmarken und einigem Spielzeug wurden hier ungeheure Mengen von Schnaps
angeboten. Genau wie auf der Vogelfluglinie, war alles im Vergleich zu deutschen
Preisen brandteuer. Die Süßigkeiten, die wir uns schließlich
heraussuchten, sollten insgesamt 44 SKR kosten, aber in meinem Portemonnaie
fanden sich nur noch 43,70 SKR. Der nette Kassierer kapitulierte angesichts
der leeren Börse und gab mir sogar noch ein 10-Öre-Stück mit
der Erklärung zurück, dass diese Münze dafür sorgen solle,
dass ich wieder nach Schweden zurückkäme.
Den größten Teil der dreistündigen Überfahrt verbrachten
wir auf einer sonnenbeschienenen Bank an der Backbord-Seite des Schiffes,
die durch eine zum Bug hin angebrachte Trennwand ziemlich gut gegen den
unangenehmen Fahrtwind geschützt war. Von hier aus bot sich ein sehr
schöner Blick über die im Sonnenlicht glitzernde
Wasseroberfläche, die nur von sanften Wellen bewegt wurde. Es war sehr
angenehm, einfach nur hier zu sitzen und das Wasser, den Horizont und die
langsam zahlreicher werdenden Wolken zu betrachten.
Auf dänischem Boden war erst gar kein Zollgebäude zu sehen, so
dass wir vom Schiff aus an einigen Hafengebäuden vorbei direkt nach
Frederikshavn gelangten, das wir aber sofort wieder in nördlicher Richtung
auf der bis nach Skagen an der Nordspitze Jütlands führenden Str.
40 verließen. Nach etwa 10 km näherte sich die bisher etwas weiter
im Landesinneren verlaufende Straße wieder der Küste und manchmal
sahen wir rechts hinter den Dünen des Strandes einige Brandungswellen
des Kattegats hervorblitzen. In der entgegengesetzten Richtung schauten wir
auf eine ziemlich hügelige Heidelandschaft mit weiten, welligen Dünen
und kleinen Kiefernwäldchen, die schließlich in das große,
unter Naturschutz stehende Wanderdünengebiet Råbjerg Mile
überging.
Wir befanden uns jetzt bereits auf der schmalen, in
nordöstlicher Richtung verlaufenden Landzunge
und erreichten wenig später den Ort
Skagen, durch den hindurch wir nach Grenen,
dem nördlichsten Punkt Dänemarks fuhren.
Auf einem Parkplatz vor den hohen, die Sicht vollständig
versperrenden Dünen verließen wir unser Wohnmobil und folgten
einem Fußpfad hinauf auf die Dünen. Dort oben angekommen, sahen
wir die vollständig mit Sand bedeckte, nördlichste Landspitze
Dänemarks vor uns liegen. Der Weg ganz nach vorne an den Punkt, an dem
Skagerrak und Kattegat gegeneinanderbranden, war jedoch noch ganz schön
weit. Durch den starken Gegenwind und den weichen Sand, in dem man ziemlich
tief einsank, mussten wir uns, immer an den Brandungswellen der Ostsee
entlanggehend, regelrecht dorthin "kämpfen". Das Spiel der nun direkt
vor uns mit einiger Wucht gegeneinander brandenden Wellen von Nord- und Ostsee
fanden wir sehr eindrucksvoll.
Je nach Windrichtung verläuft diese äußerste
Spitze des Landes mehr in nördlicher oder mehr in östlicher Richtung.
Heute kam der Wind aus Richtung Ostsee, so dass die Landspitze leicht nach
Norden zeigte. Sowohl hier als auch an den Seiten der Landzunge entlang gibt
es starke Strömungen, weshalb man sich auch bei schönem, zum Baden
einladenden Wetter nicht ins Wasser wagen darf. Auf dem Rückweg zum
Parkplatz wanderten wir ein Stück am Strand der viel ruhigeren Nordsee
entlang, wechselten dann aber wieder zurück zur Ostsee, weil wir ansonsten
einen viel zu großen Bogen gelaufen wären. Unterwegs sammelten
wir an beiden Stränden einige Muscheln und Steine auf, die uns später
an den Besuch hier in Grenen erinnern sollten.
Auf dem Rückweg in Richtung Frederikshavn schauten wir uns die alte,
versandete Kirche von Skagen an, die einst von den mächtigen, sich in
einem breiten Streifen zum Strand hin ausdehnenden Heidedünen so sehr
bedrängt wurde, dass man sie aufgeben musste. Lediglich der Kirchturm
steht noch und das aus dem Sand herausragende Turmstück dient als
Seezeichen.
Den nächsten Halt machten wir in
Ålborg, wo wir gegen 20 Uhr ankamen
und auf einem großen, direkt am Wasser des Limfjorden gelegenen Parkplatz
übernachteten. Wir hatten heute 163 Straßenkilometer
zurückgelegt und waren drei Stunden lang mit der Fähre unterwegs
gewesen.
Im Laufe des Abends hatte es etwa 2 Stunden lang geregnet, aber am nächsten
Morgen herrschte schon wieder recht schönes Wetter - teilweise sogar
mit ganz blauem Himmel. Unsere Stadtbesichtigung führte zunächst
zur Vor Frue Kirke (= Liebfrauenkirche), einer ehemaligen Klosterkirche,
deren Inneres uns sehr gut gefiel. Eine freundliche Küsterin freute
sich über unseren Besuch und zeigte uns alles ganz genau. Unter anderem
demonstrierte sie uns die Funktion eines originellen Taufbeckens, dessen
Deckel an einer Kette in die Höhe gezogen werden kann.
Durch die ziemlich
belebte, mit weiß-roten Flaggen geschmückte Fußgängerzone
wanderten wir zum schneeweißen Gebäude der 1399 erstmals
erwähnten Sankt- Budolfi-Kirche, die seit 1554 Domkirche ist. Ihre barocke
Turmspitze stammt von 1779. Durch die mit Fresken bemalte Vorhalle betraten
wir den Innenraum des Domes mit kunstvoll geschnitzter Kanzel und Altarwand.
Über dem Eingang befindet sich die Orgel mit einem Monogramm König
Frederiks V und rundum im Kirchenschiff "hängen" kunstvoll bemalte und
mit Blattgold verzierte Emporen, in denen das Königspaar und die Mitglieder
des Adels den Gottesdienst verfogen konnten.
Durch einige andere Straßenzüge, deren Bebauung uns sehr an die
Bürgerhäuser der deutschen Hansestädte erinnerte, gelangten
wir zu "Jens Bangs Stenhus". Dieses schöne, von 1623 stammende
sechsstöckige Renaissancegebäude mit zahlreichen Giebeln und einem
Erker gilt als das eleganteste bürgerliche Bauwerk aus der Zeit König
Christians IV. Das Schloss Ålborghus erwies sich als ein von außen
weiß verputzter, niedriger Gebäudekomplex, in dessen Inneren ganz
normale Fachwerkbauten zu sehen waren, die in jeder x-beliebigen Straße
hätten stehen können. Laut unserem Reiseführer entstand es
kurz nach der Reformationszeit als Nachfolgebau einer niedergerissenen
mittelalterlichen Burg.
Um 10:40 Uhr verließen wir Ålborg
auf der zunächst als Autobahn ausgebauten E 45 in südlicher Richtung.
Bei Hobro konnten wir einen kurzen Blick auf das seeähnlich wirkende
Ende des Mariagerfjordes werfen, von dessen intensiver Betrachtung
uns allerdings auch die Suche nach einem Hinweisschild zur
Wikingerburg Fyrkat abhielt, die etwa 3
km südwestlich des Städtchens liegt. An einem alten Bauernhaus
mit Mühle zahlte man den Eintritt, der auch gleichzeitig für
die Besichtigung der Mühle galt, in der wir uns aber nur kurz umsahen.
Danach überquerten wir den bisher die Sicht nach Westen versperrenden
Hügel und erreichten nach etwa 200 m Fußmarsch ein in 2
1/2-jähriger Arbeit mit den Werkzeugen, von damals nachgebautes
Wikinger-Langhaus.
Es besteht aus senkrechten, leicht schräg in den Boden
gerammten Wandbohlen, die auf der Außenseite zusätzlich von
schrägen Stützen gehalten werden. An zwei Seiten befinden sich
Eingänge, die jeweils mit einem Windfang als Schutz gegen Zug und
Wärmeverlust ausgestattet sind. Im Inneren betraten wir einen großen
Aufenthaltsraum mit einer Feuerstelle in der Mitte. An den beiden
Längswänden sind Bänke zum Sitzen und Schlafen angebracht;
darüber eine hölzerne Überdachung als Schutz gegen Zugluft,
Rauch und Ruß. Die Giebelräume an den Schmalseiten dienten wohl
als Vorratsspeicher.
Die jetzt noch etwa 300 m entfernte, fast 1000 Jahre alte
Wikingerburg wurde 1952-59 entdeckt und teilweise rekonstruiert. Es handelt
sich um eine der insgesamt vier Wikingerburgen Dänemarks, die immer
nach gleichem Muster, nämlich in Form eines Ringwalls angelegt waren.
Das hiesige Lager hatte einen Durchmesser von etwa 120 m und wurde von zwei
sich rechtwinklig kreuzenden Straßen durchzogen, die zu vier genau
in den vier Himmelsrichtungen liegenden Toren im Ringwall führten. Dieser
3 m hohe und 11 m dicke Wall bestand aus einer mit Erde und Grassoden bedeckten
Holzkonstruktion, die außen mit Brettern verkleidet war und auf der
Pfahlzäune und eine Brustwehr standen.
Durch die beiden Straßen
im Inneren der Burg ergaben sich Viertelkreise, in denen jeweils vier streng
geometrisch ausgerichtete Langhäuser um ein kleineres Gebäude,
das wohl als Küchen- oder Vorrratshaus diente, errichtet waren. Bei
der teilweisen Rekonstruktion hat man alle gefundenen Spuren von eingegrabenen
Pfosten mit Beton ausgegossen, so dass die Fundamente der Bauten und
Straßen markiert sind. Lediglich einen der Viertelkreise hat man unversehrt
gelassen, damit zukünfitige Archäologen sich mit bis dahin vielleicht
erheblich verbesserten Methoden daran versuchen können. Beeindruckend
fanden wir vor allem die vollständige Symmetrie der Anlage, in der zu
ihrer Blütezeit etwa 1.000 Menschen gelebt haben müssen.
Zurück auf der E 45, fuhren wir durch eine
hügelige, von Viehweiden mit schwarz-weißen Kühen und
riesengroßen Feldern geprägte Landschaft nach
Århus und folgten dort den Wegweisern
zum 1914 im Park neben dem Botanischen Garten angelegten Freilichtmuseum
"Den gamle By". Es besteht aus etwa 70 Häusern aus der Zeit zwischen
dem 16. Jahrhundert und dem Jahre 1909, die aus verschiedenen dänischen
Provinzstädten zusammengetragen und hier originalgetreu wieder aufgebaut
wurden.
Langsam durchs Museum schlendernd, gingen wir immer abwechselnd
links und recht in ein Haus hinein - auf diese Weise sahen wir Werkstätten
von Schneidern und Uhrmachern, von Hut- und Handschuhmachern sowie andere
Arbeitsräume, an die jeweils die Wohnräume der einst hier tätigen
Handwerker angegliedert sind. Da die Häuser aus unterschiedlichen Zeiten
stammen, sind auch die Wohn- und Schlafräume völlig verschieden
eingerichtet, weshalb uns die Betrachtung nicht langweilig wurde.
In die
meisten Werkstätten lässt man die Besucher nur ein kleines Stück
weit hineingehen, dann versperren raumhohe Glasscheiben den Weg, durch die
man allerdings bis in alle Winkel schauen kann. Diese Methode hat den Vorteil,
dass die Räume mit allen Geräten und Werkzeugen genau so dargestellt
sind, wie sie damals benutzt wurden, ohne dass Besucher etwas kaputt machen
oder entwenden können. Auch die alte Apotheke, in der alle
Gerätschaften so aufgestellt sind, als ob der Apotheker nur kurz weggegangen
wäre, ist auf die gleiche Weise gesichert.
Im Verhältnis zu den eher kleinen Handwerkerhäusern
war der Bürgermeisterhof mit Amtsräumen, verschiedenen Warte- und
Aufenthaltszimmern, großer Küche und den geräumigen Wohn-
und Gästezimmern des Bürgermeisters, sehr groß und prächtig
angelegt. Im Inneren anderer Häuser trafen wir nicht auf Wohn- oder
Arbeitsräume, sondern auf interessante Ausstellungen mit Spielzeug,
Uhren, Porzellan, Musikinstrumenten und Mode aus verschiedenen Zeiten. Manche
dieser Häuser hatte man untereinander verbunden, was aber von außen
nicht zu sehen war. Wir merkten es nur daran, dass wir die Ausstellung durch
das erste Haus am Anfang einer Häuserzeile betraten und sie erst durch
einen Ausgang im letzten Haus wieder verließen.
Nach einem Besuch im Postamt und in der Schule schauten wir uns die
Bäckerei und den Kaufmannsladen an, die beide heute noch betrieben werden
und in denen man Spezialitäten "von damals" kaufen kann. Auch in die
Töpferwerkstatt mit angegliedertem Verkaufsraum, in dem moderne Tonwaren
angeboten werden, warfen wir einen Blick hinein. Etwa in der Mitte des Museums
liegt ein hübscher kleiner See, der den rund um das Wasser gruppierten
alten Mühlen und ehemaligen Lagerhäusern als Flussersatz dient.
Kurz nach 16 Uhr fuhren wir ins Zentrum der Innenstadt und parkten auf dem
Bispetorvet, einem großen freien Platz neben dem Dom. Dieses
ursprünglich romanische Gotteshaus aus dem 13. Jahrhundert, das im 15.
Jahrhundert im Stil der Gotik umgebaut und im 19. Jahrhundert umfangreich
restauriert wurde, war leider vor wenigen Minuten geschlossen worden. Also
schauten wir uns den Dom, dessen Kirchenschiff mit 93 m das längste
Dänemarks ist, nur von außen an und wanderten dann zur nicht weit
entfernten Liebfrauenkirche. Sie wurde um das Jahr 1100 erbaut und ist die
älteste Kirche von Århus. Auch hier hatten wir pech: alle Türen
waren fest verschlossen.
Also betrachteten wir nur noch die sehr schön
bemalte Front des Stadttheaters und setzten dann unsere Fahrt nach Süden
auf der als Autobahn ausgebauten E 45 fort. Auch hier fuhren wir wieder durch
eine zwar flache, aber immer leicht "gewellte" Landschaft mit grünen
Weiden, auf denen große Herden von schwarz-weiß gefleckten
Kühen grasten. Ringsum sahen wir einzelne oder in kleinen Gruppen
zusammenstehende Windräder, die unserer Meinung nach sehr gut in die
Landschaft passten und überhaupt nicht störten - jedenfalls viel
weniger als irgendwelche Kernkraftwerke.
Nachdem wir unser letztes dänisches Geld an einer Tankstelle
in Süßigkeiten und Diesel investiert hatten, bogen wir bei Haderslev
von der Autobahn ab und fuhren über kleine und kleinste Nebenstraßen
ein letztes Mal in Richtung Meer.Hinter dem Örtchen Kelstupstrand spazierten
wir ein wenig am Strand des Kleinen Belts entlang, sammelten ein paar Muscheln
und betrachteten während des Abendessens das Meer und den beginnenden
Sonnenuntergang.Dann verabschiedeten wir uns endgültig von der Ostsee
und fuhren zurück zur Autobahn, die wir allerdings erst ein ganzes
Stück weiter südlich wieder erreichten.
Bis zur dänisch-deutschen Grenze bei Flensburg war es
nun nicht mehr weit. Unsere bereitgehaltenen Pässe konnten wir allerdings
gleich wieder wegstecken, denn das Grenzhäuschen war gar nicht besetzt.
Ganz so, als hätte das Wetter abgewartet, bis wir wieder in Deutschland
waren, fing es kurz vor dem Hamburger Elbtunnel, den wir gegen 21 Uhr passierten,
an zu regnen. Der Regen hielt leider an und wurde teilweise auch ganz schön
stark. Bei diesem Wetter fuhr es sich gar nicht so gut, denn die weißen
Streifen, die die verschiedenen Autobahnspuren voneinander trennen, waren
kaum noch zu erkennen. In der Nacht war ziemlich viel Verkehr, der
hauptsächlich aus Lkws bestand.
Als würde der Regen allein nicht reichen, setzte unterwegs auch noch
ein unangenehmer, immer stärker werdender Wind ein. Manchmal störte
er uns als Seitenwind beim Überholen, aber meistens kam er direkt von
vorne, was unsere ohnehin nicht besonders hohe, normalerweise zwischen 100
und 120 km/h liegende Reisegeschwindigkeit noch verminderte. Nur von hinten,
wo er uns als Rückenwind nützlich gewesen wäre, kam er
merkwürdigerweise nie. Auf dem letzten Teilstück von Siegen bis
in den Westerwald rüttelte und schüttelte der Wind besonders stark
am Wohnmobil und wir waren froh, als wir kurz vor 5 Uhr morgens zu Hause
ankamen.
Nach ein paar Stunden Schlaf packten wir unsere ganzen Sachen aus und
säuberten anschließend das Wohnmobil von Innen und Außen.
Aus dem Tachostand errechneten wir für die gestrige Fahrt von Ålborg
bis nach Hause eine Streckenlänge von 986 km. Insgesamt hatten wir auf
unserer Reise durch Dänemark und Schweden während der letzten
zweieinhalb Wochen stolze 3.940 km zurückgelegt.
Jetzt blieb nur noch
die traurige Pflicht, das Wohnmobil zurückzubringen. Ich fuhr ich mit
dem Auto hinterher - nach der langen Zeit in dem hohen Wohnmobil kam ich
mir dabei vor, als säße ich in einem extrem tiefliegenden Sportwagen,
nur wenige Zentimeter über dem Straßenbelag.
E N D E
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