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Fünen 1995
In diesem Jahr starteten wir zur Erkundung der - zu Recht -
"Garten Dänemarks" genannten Insel von Fåborg aus - hier begeisterten
uns vor allem die hübschen, reetgedeckten Bauernhäuser und die
wunderbaren Stockrosen!
Reisezeitraum:
9.- 23. September 1995
Fahrzeuge:
2 PKWs: VW-Golf Variant und Nissan Sunny
Fähre:
DSB: 'M/F Najaden':
Fynshav (Als) - Bøjden (Fyn) / Bøjden - Fynshav
Übernachtungen:
Ferienwohnung im Feriehotel Klinten in Fåborg
Reiseroute:
Bremen - Hamburg - Als - Fünen - Sternfahrten auf der Insel - Als
- Hamburg
Reisebericht:
Auf der Fahrt nach Fünen, die wir samstags morgens um 5:15 Uhr angetreten hatten, machten wir
gegen Mittag einen Abstecher nach Bremen, um uns die Altstadt
rund um den Markt - mit Rathaus, Roland, Dom, schönen Häusern im
Rokoko- und Renaissancestil und natürlich den Bremer Stadtmusikanten
- anzuschauen.
Leider waren sowohl die Liebfrauenkirche (Orgelprobe) als auch das Rathaus
(Staatsbesuch) geschlossen, weshalb wir sie nur von außen betrachten
konnten. Der Dom, dessen Westfassade mit den beiden 98 m hohen Türmen
wir sehr eindrucksvoll fanden, war jedoch geöffnet. Sein dreischiffiger
Innenraum weist zwei Krypten und mehrere Seitenkapellen sowie eine kunstvoll
geschnitzte Kanzel - ein Geschenk der schwedischen Königin Christine
- auf.
Das in der Ostkrypta untergebrachte Dommuseum besuchten wir
nicht, dafür aber die Bleikeller, in denen während der Bauzeit
des Domes die Bleiplatten für die Dacheindeckung gelagert wurden. Heute
befindet sich hier ein etwas kurioses Museum: in mit Glasplatten abgedeckten
Holzsärgen liegen sieben lederartig eingetrocknete Leichen, die teilweise
in diesen Räumen starben, teilweise erst nach ihrem Tod hierhergebracht
wurden. Das besondere an diesem Ort ist, dass keine der Leichen verwest,
sondern aus nicht ganz geklärten Umständen zu einer Art Mumie wird.
Die ersten Toten waren arme Leute wie z. B. ein vom Dom abgestürzter
Dachdecker; die älteste Leiche stammt von 1450. Erst als man per Zufall
das Geheimnis dieses Ortes entdeckte, wurden auch vornehmere Leute wie eine
schwedische Gräfin oder ein englischer Major hier bestattet.
Nun wanderten wir zum Schnoorviertel, einem früheren Wohngebiet von
Ratsherren und Kaufleuten mit engen Straßen und alten Bürger-
und Handwerkerhäusern aus dem 16.-19. Jahrhundert, in denen sich heute
Antiquitätenläden, originelle Gaststätten, kleine Galerien
und schöne Geschäfte mit allerlei Krimskrams befinden. Uns gefielen
besonders ein Buddelschiff-Laden und ein Geschäft, das ausschließlich
Windspiele aller Größen verkaufte, von denen eine ganze Anzahl
zu Werbe- und Demonstrationszwecken draußen auf dem Bürgersteig
im Wind flatterte. In den Obergeschossen der Häuschen wohnen Künstler,
Kunsthandwerker und Gewerbetreibende.
Anschließend schauten wir uns die schmale Fußgängerpassage
Böttcherstraße an. Diese ehemalige Handwerkergasse ließ
der Bremer Kaufmann Ludwig Roselius, der ein Denkmal niederdeutscher Kultur
und bremischen Pioniergeistes schaffen wollte, 1924-31 von zwei Architekten
und einem Bildhauer gestalten. Das Ergebnis ist eine eigentümliche Mischung
von mittelalterlichen und expressionistischen Formen, alles in rotem Backstein
ausgeführt. Roselius ist der Erfinder des koffeinfreien Kaffees und
gründete 1906 die Kaffee-Hag-AG. Das 1588 erbaute "Roseliushaus" kaufte
er bereits 1904, es wurde zur Keimzelle der neugestalteten
Böttcherstraße. Während des zweiten Weltkrieges wurde 1944
ein großer Teil der Straße zerstört, jedoch später
wieder aufgebaut.
Heute bietet die Passage eine Vielzahl von Ausstellungen, Läden,
Gaststätten und ein Theater. Vor einem der Restaurants betrachteten
wir die beiden Außenaquarien links und rechts des Eingangs, in denen
schöne exotische Fische schwammen. Am "Haus des Glockenspiels", dessen
30 aus Meissener Porzellan gefertigte, 16-34 cm große Glocken durch
ein Netz geschützt waren, kamen wir gegen 10:45 Uhr an. Das nächste
Spiel fand erst um 12 Uhr statt; so lange konnten wir natürlich nicht
warten, aber gerade wurde die Viertelstunde geläutet - immerhin etwas!
In der Langenstraße betrachteten wir die historische Fassade der 1587/88
errichteten Stadtwaage. Wie viele andere Gebäude der Bremer Altstadt
wurde auch dieses Haus im zweiten Weltkrieg zerstört und später
(1960) in alter Gestalt, aber mit neuer Rückfront wieder aufgebaut.
Der sechsgeschossige Südgiebel mit einer Vorhalle im Untergeschoss ist
mit allerlei Schmuckwerk reich verziert. Über dem ersten Stock der heutigen
Sparkassenfiliale weist eine kleine goldene Waage auf den früheren Zweck
des Gebäudes hin.
Auf der Weiterfahrt gerieten wir etwa 40 km vor Hamburg in einen durch einen
Unfall verursachten Stau - das kostete uns die letzte halbe Stunde der
vorsichtshalber eingerechneten Pufferzeit. Normalerweise hätten wir
trotzdem - bei einigermaßen flotter Fahrweise - unsere Fähre in
Fynshav locker erreicht. Aber kaum hatten wir den Elbtunnel einige km hinter
uns gelassen, standen wir bereits im nächsten Stau, der uns diesmal
25 Minuten aufhielt, die wir irgendwie wieder aufholen mussten. Auch dieser
Stau wurde durch einen Unfall verursacht: zwei Autos waren auf einen
vorausfahrenden Wagen aufgefahren - rätselhaft, wie aus einer solchen
vergleichsweise geringen Ursache ein so großer Stau werden konnte.
Sobald die Autobahn wieder einigermaßen frei war, drückten wir
also voll auf die Tube. Am Grenzübergang angekommen, trauten wir unseren
Augen kaum: auch hier war ein Stau von nicht zu verachtender Länge!
Ich war davon ausgegangen, dass innerhalb der EU keine Grenzkontrollen mehr
stattfinden und hatte natürlich keinerlei Wartezeiten an der Grenze
eingerechnet. Voller Ungeduld schlichen wir also in der Autoschlange
vorwärts. Endlich an der Kontrollstelle angekommen, wurden wir - wie
übrigens alle anderen, die wir vor uns sahen - von dem Beamten einfach
durchgewinkt, was in beiden Autos weitere Schimpftiraden auf diese absolut
unsinnige Verzögerung auslöste.
In Dänemark darf man in den Ortschaften nur 50 km/h, außerhalb
der Orte nur 80 km/h schnell fahren, außerdem wird streng kontrolliert
und noch viel strenger bestraft. Bei Einhaltung dieser Vorschriften konnten
wir jedoch unsere Fähre vergessen. Angenommen, wir könnten mit
der nächsten Fähre mitfahren, kämen wir nicht mehr innerhalb
der fürs Schlüsselabholen angesetzten Zeit zu unserer Ferienanlage
- was also tun? In der Hoffnung, auch kurz vor der Abfahrt noch aufs Schiff
gelassen zu werden (man sollte eigentlich 30 Minuten vorher da sein), entschieden
wir uns, auch hier in Dänemark alle Geschwindigkeitsbegrenzungen zu
ignorieren und unser Rennen gegen die Zeit fortzusetzen.
Auf der Nationalstraße 8 rasten wir ziemlich waghalsig - immerhin war das hier keine Autobahn
mehr - über Sønderborg in Richtung Fynshav. Es sah leider immer mehr so aus, als
ob wir der Fähre gerade noch nachwinken könnten. Schließlich erreichten
wir Fynshav, rasten auf den Hafen und das Wasser zu und kamen wie ein Überfallkommando mit
quietschenden Reifen vor dem Kontrollgebäude zum Stehen. Das Schiff war noch da, sah
aber so aus, als wolle es gerade losfahren - kein Wunder, es war nur ein
oder zwei Minuten vor 16 Uhr!
Drei uniformierte Männer standen vor der Auffahrtsrampe, anscheinend
völlig verwirrt angesichts unserer hollywoodreifen Ankunft. Ich
stürzte aus dem Auto und auf sie zu. Gaaanz ruhig und gelassen antworteten
sie auf meine hastig hervorgestoßene Frage, ob wir noch mitkönnten,
Tickets hätten wir bereits, mit "Jaaa". Also schnell die Fahrscheine
herausgeholt, wieder zu den dreien hin, stempeln lassen, rein ins Auto und
rauf aufs Schiff - Puh!
Unmittelbar hinter uns wurde die Klappe zugemacht und die Fähre setzte
sich in Bewegung. Wir suchten Jacken und Taschen zusammen und gingen hinauf
aufs Mitteldeck, wo wir zunächst alle hinter den verschiedenen Türen
mit der Aufschrift "WC" verschwanden. Anschließend schauten wir uns
ein wenig im Schiff um - viel war hier nicht zu sehen, denn die "Najaden"
war ein ziemlich altes und recht kleines Fährschiff, das die Strecke
Fynshav-Bøjden ganz alleine bediente. Die Überfahrt dauerte 50
Minuten, so dass auf jeder Seite alle zwei Stunden eine Abfahrt stattfand.
Das Schiff war kein Luxusliner, bot aber für eine so kurze Fahrt
genügend Bequemlichkeit. Dass es keinen Tax-Free-Shop besaß,
hätten wir uns denken können, denn schließlich handelte es
sich um eine innerdänische Fähre.
Fast die gesamte Fahrtzeit über den Kleinen Belt verbrachten wir
draußen auf dem Oberdeck und betrachteten das Meer und die
Küstenlinien des Festlandes und der verschiedenen Inseln. Das Wetter
war zwar trüb (bedeckter Himmel und Wind), aber trocken. Die unmittelbare
Umgebung des Schiffes war klar zu erkennen, alles weiter entfernte lag jedoch
unter einem Nebelschleier. Jetzt, wo wir Zeit hatten, darüber nachzudenken,
fiel uns auf, wie verrückt wir den Kontrolleuren und Passanten in Fynshav
erschienen sein mussten - ganz zu schweigen von der Gefahr, in die wir uns
und andere während der Autofahrt von Hamburg bis Fynshav, insbesondere
auf der erheblich gefährlicheren Landstraße, gebracht hatten.
Nach etwas mehr als einer halben Stunde konnten wir, auf der rechten Seite
des Schiffes nach vorne schauend, den ersten Blick auf einen Küstenstreifen
unserer Urlaubsinsel Fünen werfen. Was hier vor unseren Augen immer
näher kam, war Sønderhjørne, der südwestlichste
Ausläufer der Halbinsel Horne Land, auf der auch unser Zielhafen
Bøjden lag.
Sicher und pünktlich auf fünischen
Boden angelangt, konnten wir uns für die letzten 14 km bis zu unserem
Feriendomizil in Fåborg genügend Zeit lassen und die hübschen
Bauernhäuser am Straßenrand bewundern. Im
Danland Feriehotel Klinten angekommen,
waren die Formalitäten an der Rezeption schnell erledigt: gegen Vorlage
unserer Buchungsbestätigung und Hinterlegung einer Schlüsselkaution
von 100 DKR erhielten wir zwei Wohnungsschlüssel, einen Lageplan der
Ferienanlage und eine kurze Erklärung, wo unsere Wohnung, Schwimmbad,
Sauna, Restaurant usw. zu finden seien und wie der morgendliche
Brötchenservice funktioniere. Diesen Service nahmen wir dann auch gleich
in Anspruch und bestellten für morgen früh "Rundstykker". Das Geld
für die Brötchen legte man passend in die Bestelltüte, die
in einen Kasten an der Rezeption eingeworfen wurde.
Nachdem die heute zurückgelegten 704 Straßenkilometer notiert
waren, starteten wir zur Besichtigung unserer im ersten Stock gelegenen,
sich über die gesamte Haustiefe erstreckenden 60-qm-Wohnung: Vom Eingang
aus führte ein schmaler Flur an einem separaten Schlafzimmer und dem
Bad vorbei in den großen, mit hellem Holz und hellblau gemusterten
Polstersofas möblierten Wohnraum. Die aus einem riesigen Fenster und
einer Glastür bestehende Außenwand dieses Raumes ging auf den
überdachten Balkon, von dem aus man auf den Innenhof mit Freibad und
Spielplatz blickte.
Das auf der linken Seite gelegene Meer wurde leider
größtenteils von dem niedrigen Schwimmbad- und Restaurantgebäude
verdeckt - einen besseren Meeresblick hatten nur die im Stockwerk über
uns gelegenen Wohnungen. Gegenüber der Fensterwand war eine weiße
Küchenzeile mit Spüle, Herd, Kühlschrank und Spülmaschine
installiert; den Zwischenraum zum eigentlichen Wohnbereich füllte der
große, mit einer Schmalseite an der Wand stehende Esstisch. Die Sofas
im Wohnzimmer konnte man in ein Doppel- und zwei Einzelbetten verwandeln;
zusammen mit den beiden Betten im Schlafzimmer bot die Wohnung also sechs
Schlafplätze.
Nachdem wir uns davon überzeugt hatten, dass alles sauber und in Ordnung
war, begannen wir mit dem Entladen von Gepäck und Vorräten. Alle
Klamotten kamen in den großen Wandschrank im Schlafzimmer - hier war
genügend Platz für alles. In der elektrischen Kühltasche,
die während der Fahrt an den Autostromkreis angeschlossen gewesen war,
hatten wir Käse, Wurst, Schinken und sonstige, auf ständige
Kühlung angewiesene Lebensmittel transportiert, so dass wir von Anfang
an über einen wohlgefüllten Kühlschrank verfügen konnten.
Soweit man das jetzt schon beurteilen konnte, schien die übrige
Kücheneinrichtung, bestehend aus Geschirr, Gläsern und Besteck,
Töpfen, Pfannen und Schüsseln, ausreichend. Wir wunderten uns nur
über die in der Mehrzahl eher kleinen Töpfe und den lediglich aus
zwei Kochplatten bestehenden Herd - schließlich war dies eine Ferienwohnung
für sechs Personen, da musste doch mit größeren Mengen und
mehr als zwei Menübestandteilen gerechnet werden!
Anschließend begaben wir uns auf einen kleinen Rundgang durch die
Ferienanlage, der uns natürlich zu allererst einmal ans Meer führte.
Über eine kleine Treppe gelangten wir an das obere Ende des schön
angelegten Badestrandes. An einem hier aufgestellten Mast flatterte eine
blaue Fahne mit einem großen weißen Kreis, in dessen unterer
Hälfte blaue Wellenlinien Wasser andeuteten. Wie wir später erfuhren,
zeigte diese in ganz Dänemark verwendete Fahne die gute,
regelmäßig überprüfte Wasserqualität an und wäre
im Falle einer Verschlechterung sofort eingeholt worden.
In Richtung Stadt schauend, sahen wir ein rot-weißes
Schiff den Hafen verlassen; dies war eines der Fährschiffe von Fåborg
ins schleswig-holsteinische Gelting. Etwas weiter in der entgegengesetzten
Richtung wurde der Strand schmäler und die Wellenbrecher aus groben
Steinen sowie einige sehr zerbrechlich wirkende Stege reichten ein gutes
Stück weit ins Meer. Dazwischen ragten die schwarzen und roten
Markierungsfähnchen der ausgelegten Reusen aus dem Wasser und hier und
da schaukelte ein kleines Boot auf den Wellen.
Nun warfen wir noch einen Blick ins Restaurant, den Vorraum
zu Schwimmbad und Sauna (mit Straßenschuhen wollten wir nicht weiter
hineingehen), den Waschsalon mit Münzwaschmaschinen und die
"Spielhölle" mit diversen Spielautomaten, einer Tischtennisplatte, mehreren
Billiardtischen und diversem Spielzeug für Kinder - überall
öffnete unser Wohnungsschlüssel die Eingangstür - so war
gewährleistet, dass sich in den Räumen nur Gäste des Ferienhotels
aufhalten konnten. Abends stellten wir fest, dass der zur Wohnungseinrichtung
gehörende Farbfernseher neben mehreren dänischen Programmen und
dem in drei verschiedenen Sprachen ausgestrahlten Hotelkanal auch fünf
deutsche Programme aufwies.
In den zwei Wochen unseres Aufenthaltes auf Fünen machten wir eine ganze Reihe
von Tages- und Halbtagesausflügen über die Insel, die hier in der
Reihenfolge unseres Besuches genannt werden; abends hatten wir praktischerweise
fast immer Schwimmbad und Sauna für uns alleine. Doch zunächst
einige Infos zur Insel:
Die mit knapp 3.000 Quadratkilometern zweitgrößte Dänische
Insel Fünen wird nicht von ungefähr "Garten Dänemarks" genannt.
Sie liegt schön geschützt mitten im Land und weist fruchtbare,
größtenteils landwirtschaftlich genutzte Böden auf. Die
Landschaft mit ihren sanften Hügeln ist sehr romatisch und strahlt Ruhe
und Beschaulichkeit aus - Bäume stehen am Wegesrand, die Dörfer
bestehen aus idyllischen Fachwerkhäusern mit Reetdächern; neben
Windmühlen und Dorfkirchen sind nicht zuletzt auch zahlreiche Herrensitze
mit gepflegten Gärten und Parks zu bestaunen.
Odense, Bogense, Middelfart, Assens, Fåborg, Svendborg, Nyborg, Kerteminde und Ringe
heißen die fünischen Städte. Mit Ausnahme von Odense, der
drittgrößten Stadt Dänemarks mit fast 200.000 Einwohnern,
sind die übrigen ausgesprochene Kleinstädte. Lediglich Svendborg
hat mehr als 40.000 Einwohner. Alle diese in der Mehrzahl recht alten
Städte bilden kleine Zentren, die - obwohl mehr oder weniger vom
großen Zentrum Odense abhängig - ihr eigenes Leben führen
und ihre besondere Geschichte und Tradition besitzen. Die Küste Fünens
ist 1.130 km lang und bietet viele Strände und Bademöglichkeiten,
besonders im Norden und Osten der Insel.
Unser Ausgangspunkt: Fåborg
Fåborg ist ein hübsches, kleines Städtchen, das trotz der Zerstörungen
durch viele Kriege und Feuersbrünste noch Erinnerungen an die Vergangenheit
birgt. So ist es eines der wenigen auf Fünen, das noch ein Stadttor
(Vesterport) bewahrt hat. Vor allem in den als Fußgängerzone
(Gågade) gestalteten Straßen Vestergade und Østergade
finden sich schöne alte Häuser und Kaufmannshöfe, die meist
aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen. Ein Stadtsanierungsprogramm hat
schon frühzeitig dafür gesorgt, dass die alten Häuser der
verschiedenen Epochen, besonders die des 17. und 18. Jahrhunderts, erhalten
und gepflegt wurden. Das Ergebnis dieser Maßnahmen ist das auffallend
schöne Stadtbild mit den vielen Fachwerkhäusern und schmalen
Straßen mit Kopfsteinpflaster.
Im Hafen finden sich fast ausschließlich
Sport- und kleinere Fischerboote; außerdem natürlich die Anlegestellen
der Fähren zu den Inseln Bjørnø, Lyø, Avernakø,
Ærø und nach Gelting in Schleswig-Holstein. Die Fischer
Fåborgs bilden eine Genossenschaft und vermarkten ihren Fang gemeinsam.
Hier am Hafen haben sie einen kleinen Laden, in dem man frischen Fisch kaufen
kann. Ganz in der Nähe liegt die alte Fischräucherei - ebenfalls
mit Direktverkauf.
Der Glockenturm, dänisch
Klokketårnet ist der alleinstehende Rest der im 13. Jahrhundert erbauten
und um 1600 zerstörten Nicolai-Kirche. Er ist das Wahrzeichen der Stadt,
diente früher den Seeleuten zur Orientierung und hat das größte
Glockenspiel Fünens, das viermal täglich um 8, 12, 16 und 20 Uhr
mit Melodien von Kirchenliedern erklingt. Im Sommer kann man den Turm besteigen
und den Ausblick auf die der Stadt vorgelagerten Inselchen und das fruchtbare
Hinterland genießen - zur Zeit unseres Besuchs war er leider schon
für die Saison geschlossen.
Wir spazierten durch hübsche Straßen mit malerischen
kleinen Häuschen, vor denen man einfach hier und da einen Pflasterstein
gegen den Samen einer Bauernrose ausgetauscht hatte, was nicht zuletzt wegen
der vielen verschiedenen Blütenfarben sehr schön aussah.
Der Ymer-Brunnen am Marktplatz stellt
den nordischen Riesen Ymer dar, der sich von der Milch der Urkuh Audhumble
ernährt. Gemäß der Sage wird Ymer später von seinen
Söhnen erschlagen, die aus seinen Resten die Welt erschaffen.
Die um 1500 erbaute Heiliggeistkirche
gehörte ursprünglich zu einem 1477 gegründeten Kloster. Heute
dient sie als Hauptkirche der Stadt Fåborg. Die mittelalterlichen
Mönchsstühle im Chor stammen noch aus der Klosterzeit. Zu den
Kostbarkeiten der Kirche gehören eine Bibel aus dem Jahre 1632 und ein
Schrein aus der Zeit um 1500 sowie das "Altarbild von Marstrand". Das im
Hauptschiff hängende Schiffsmodell gefiel uns sehr gut; ansonsten fanden
wir die Kirche eher kühl und wenig ansprechend.
Voigts Gård, ein Hof in der Vestergade,
ging als Schauplatz der unglücklichen Liebe zwischen dem
Märchendichter Andersen und dem schönen Fåborger Mädchen
Riborg Voigt in die Geschichte ein - außer den teilweise
eingerüsteten Gebäuden war hier nichts zu sehen.
In einem ehemaligen, 1725 in Fachwerkbauweise errichteten Kaufmannshof befindet
sich seit 1932 das Heimatmuseum Den Gamle Gård, das die Geschichte
des fünischen Bauerntums, aber auch der Kaufmannsstadt Fåborg sowie einige
Erinnerungsstücke der großen Liebe Hans Christian Andersens zur Fåborger
Kaufmannstochter Riborg Voigt zeigt. Obwohl laut Aushang geöffnet sein
musste, war die Museumstür leider fest verschlossen.
Das Modellschiffsmuseum mit einer großen
Sammlung alter und neuer Modellschiffe sowie einer Sonderausstellung von
alten Spielzeugschiffen war seit Ende August nur sonntagmorgens geöffnet,
jetzt also ebenfalls geschlossen.
In der Kerzengießerei Fåborg Lysestøberi
werden wunderbare Kerzen in vielen verschiedenen
Farben und Formen, Kerzenleuchter, Gläser, Schalen und Vasen angeboten.
Außerdem gibt es eine große Auswahl von Steinen wie Bergkristalle
oder Rosenquarz. In der benachbarten Werkstatt werden die Kerzen per Hand
hergestellt.
Kaleko Mølle, etwa 2 km östlich
der Stadt, liegt noch heute unberührt in seiner ursprünglichen
Umgebung mit Wiesen, Feldern, Bach und dem Mühlenwehr. Sie ist auf einer
mittelalterlichen Mühlenstätte gebaut, die mindestens seit 1440
in Betrieb ist. Die ältesten Teile des jetzigen, strohgedeckten
Fachwerkgebäudes stammen aus dem Jahre 1600. Die Mühlräder
und die Müllerei werden noch immer betrieben; es handelt sich um die
älteste funktionstüchtige Mühle Dänemarks. Die Räume
im Inneren der Mühle sind als Museum erhalten und mit alten Möbeln
und Geräten aus der Gegend eingerichtet, was ein lebendiges Bild vom
Leben einer Müllerfamilie vor etwa 150 Jahren vermittelt.
Entlang der Westküste bis nach Assens
Auf dem Weg nach Assens hielten wir am Gut Lögismose, wohin
wir über eine schöne Allee mit allerdings ziemlich schlechter
Schotterstraße gelangten. Wie sehr mussten erst die Reisenden
früherer Zeiten in ihren schlecht gefederten Kutschen durchgerüttelt
worden sein! Durch ein Tor in der Mitte eines dreiflügeligen
Wirtschaftsgebäudes fuhren wir auf das eigentliche Gutsgebäude
zu und parkten den Wagen neben der Brücke über den Wassergraben.
Über diese Brücke konnten wir noch hinübergehen, dann standen
wir an einem niedrigen Hoftor mit Klingel und Privat-Schild - hier war also
für Besucher Schluss. Wie um dies zu bekräftigen, tauchte drüben
aus dem Zugang zum Innenhof ein Wachhund auf, der uns nicht aus den Augen
ließ. Die ältesten Teile des Gutes, das im Besitz der bedeutenden
Adelsfamilie Oxe war, stammen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts,
die geschwungenen Renaissancegiebel entstanden etwa 100 Jahre später
und der jüngste Teil ist der Treppenturm von 1882.
Zurück auf der
Straße, gelangten wir über einige Nebensträßchen, wo
uns vor allem die rings um den Rand der großen Felder gepflanzten,
zwei bis drei Meter hohen, jedoch ganz schmalen Windschutz-Hecken auffielen,
zum Schloss Hagenskov, das im Mittelalter eine Burg des Königs
war. Das jetzige, im neuklassizistischen Stil für den reichen Kaufmann
Niels Ryberg erbaute Gut stammt aus dem Jahre 1775 und steht seit 1973 unter
Denkmalschutz. Die Straße führte uns direkt zwischen dem
Hauptgebäude und den rund um den akribisch geharkten Schlosshof angeordneten
Wirtschaftsgebäuden hindurch. Eine ganze Reihe von "Privat"-Schildern
bewog uns allerdings dazu, gar nicht erst anzuhalten und lieber gleich zu
"De Syv Haver" weiterzufahren.
Diese Anlage, deren Name übersetzt "Die sieben Gärten" lautet,
stellte sich als ein privates Wohnhaus mit rundum angelegten Gärten
"am wärmsten Ort Dänemarks" in verschiedenen europäischen
Gartenstilen und mit Pflanzen aus den entsprechenden Ländern (Finnland,
Frankreich, Schweden, Schweiz, Italien, England und Dänemark) heraus.
Mit Schrecken stellten wir fest, dass die Besitzer für diese Gärten,
die aufgrund der Lage zwischen der schmalen Nebenstraße und dem Meer
nicht besonders ausgedehnt sein konnten, pro Kopf fast 11 DM Eintritt verlangten
- das fanden wir entschieden zu teuer.
Nach kurzer Beratung wurde beschlossen, stattdessen ein kleines
Stück weiter zur Steilküste Sønderby Klint zu fahren, auf die wir
vorhin von unterwegs schon einmal
einen Blick werfen konnten. Über einen Holperweg gelangten wir dort
bis auf wenige hundert Meter an die Küste heran. Hier war es wirklich
schön und trotz des allgegenwärtigen Windes war die Luft ziemlich
warm. Die "Wände" der Steilküste bestanden nicht aus Felsen, sondern
aus rutschigem Kies und Sand. Unten am Strand sammelten wir einige interessant
gezeichnete Steine.
Assens, dessen Wurzeln bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts zurückreichen, war
in alter Zeit ein wichtiger Überfahrtsort nach Jütland; vor allem
im 16. und 17. Jahrhundert blühte hier der Handel mit Vieh und
Landwirtschaftsprodukten. Heute ist Assens eine lebhafte Handelsstadt mit
moderner Marina. Das Stadtbild stellt eine recht gelungene Mischung aus neuer
Zeit und idyllischer, typisch dänischer Provinzstadtarchitektur dar.
In der Umgebung finden sich schöne Strände und Wälder, zahlreiche
stattliche Herrensitze, prächtige Schlossanlagen und
frühgeschichtliche Denkmäler.
Unser erster Weg führte zur Vor Frue Kirke. Die mächtige, Ende
des 15. Jahrhunderts vollendete, dreischiffige Liebfrauenkirche mit ihrem
einzigartigen schlanken, achteckigen Kirchturm ist mit 60 m Länge die
zweitgrößte Kirche Fünens. Leider war sie zur Zeit unseres
Besuches geschlossen (nur vormittags geöffnet). Nicht viel besser erging es uns
bei "Mands Sammlung" - ein laut Reiseführer
sehenswertes stadt- und kulturhistorisches Museum direkt gegenüber der
Kirche, an dessen Eingangstür wir leider ebenfalls vergeblich
rüttelten.
Nun wanderten wir zum Willemoesgård in der Østergade
- ein 1669-74 errichtetes und später wiederholt umgebautes Fachwerkhaus,
in dem 1783 der berühmteste Sohn der Stadt, der Seeheld Peter Willemoes
geboren wurde. Als 18jähriger Seeleutnant nahm Willemoes 1801 an der
Seeschlacht am "Københavns Red" teil und zeichnete sich durch große
Tapferkeit aus. Doch die Karriere des Helden war nur kurz. Im Kampf bei
"Sjælands Odde" im Jahre 1808, an dem er auf dem Linienschiff "Prins
Christian Frederik" teilnahm, wurde der erst 25jährige Willemoes
getötet. Das als Museum der Öffentlichkeit zugängliche, feuerrot
angestrichene Gebäude umfasst neben Sammlungen über Willemoes auch
eine interessante Ausstellung über Assens und Umgebung. Die
Besichtigungssaison dieses Museums ging leider nur bis zum 31. August, weshalb
wir auch hier wieder vor einer verschlossenen Tür standen.
Also weiter zur Fabrikant Ernst Samliger - von der
Fabrikantenfamilie Ernst zusammengetragene Kunstwerke und Antiquitäten
aus zahlreichen Ländern. Ein Schild im Schaufenster informierte
darüber, dass die Sammlung nur im Rahmen einer samstags um 14 Uhr
stattfindenden Führung zu besichtigen sei.
Enttäuscht verließen wir das Zentrum und fuhren hinaus zu "Assens Marina", dem
außerhalb der Innenstadt gelegene Yachthafen. Das wunderschöne, sonnige und warme
Wetter animierte uns zu einem Spaziergang an den Bootsstegen entlang bis
ganz nach vorne zum Hafeneingang. Leider war es nicht möglich, die vielen
weißen Boote zu fotografieren, ohne die hässlichen Industriebauten
auf der anderen Seite des Hafens in den Bildhintergrund zu bekommen. Von
der Mole aus konnten wir einen weiten Blick über den Kleinen Belt
genießen. Am Horizont sah man einen Landstreifen; wir waren jedoch
nicht sicher, ob es sich dabei um die mitten im Belt gelegene Insel
Bågø oder bereits um das jütländische Festland handelte.
Entlang der Südküste nach Svendborg und weiter auf die Inseln
Tåsinge und Langeland
Auf dem Weg nach Svendborg
fuhren wir in südöstlicher Richtung am Meer entlang durch mehrere
Ortschaften mit schönen alten Bauernhäusern und an riesengroßen
braunen Feldern vorbei. Hecken und Bäume lockerten die Landschaft auf,
einmal fuhren wir sogar durch ein kleines Waldstück. Dann erreichten
wir das sehr schön am gleichnamigen See gelegene
Herrenhaus Hvidkilde. Ursprünglich
1560 errichtet, wurde das Gebäude mit dem phantastischen Seeblick 1742
in ein Barockschloss umgebaut. Die Straße führte uns direkt zwischen
dem Schloss und dem See hindurch. Wegen der auch hier zahlreich vorhandenen
"Privat"-Schilder verzichteten wir auf einen Halt und fuhren an dem weißen,
heutzutage jedoch ein wenig heruntergekommen scheinenden Gebäude vorbei.
Svendborg liegt am gleichnamigen Sund, der Fünen von der im Süden vorgelagerten
Insel Tåsinge trennt. In der Stadtmitte sind noch einige schöne
Fachwerkhäuser aus der "guten alten Zeit" erhalten. Svendborg hieß
ursprünglich "Svineburgh", d. h. Schweineburg; seine Wurzeln reichen
bis zum Anfang unseres Jahrtausends zurück. Bereits im 13. Jahrhundert
bestand hier eine kleine Stadt, die sich vor allem wegen der guten
Hafenverhältnisse und des bedeutenden Fischfangs vielversprechend
entwickelte. Svendborg hat eine ähnliche Geschichte wie Fåborg;
es wurde von der Pest heimgesucht und ist mehrmals abgebrannt, kam als
Kaufmannsstadt aber immer wieder zu neuen Ehren.
1966 wurde die 1.200 m lange Brücke über den Svendborg Sund nach
Tåsinge eröffnet, wodurch die "Südfünische Inselwelt",
als deren Pforte Svendborg sich mit gutem Recht betrachtet, noch leichter
erreichbar wurde. Ab Svendborg verkehren außerdem Fähren zu den
Inseln Skarø, Drejø und Ærø. Neben den verwinkelten,
steilen Gassen an den Hängen oberhalb des Sundes und zahlreichen malerischen
alten Häusern gibt es im Zentrum von Svendborg schöne, gepflegte
Geschäftsstraßen wie die Gerritsgade oder die als
Fußgängerzone gestaltete Kattegade. Älteste Einkaufsstraße
ist die Møllergade mit dem Lilletorv. Ein wichtiger Teil des Stadtbildes
ist der geschäftige Hafen. Zu einem gelungenen Svendborg-Besuch gehört
eigentlich auch eine Rundfahrt auf dem Svendborg Sund mit dem 1924 erbauten
Schiff Helge, das aber leider nur im Hochsommer fährt, weshalb wir auf
dieses Vergnügen verzichten mussten.
Wir schauten uns zunächst die Nicolai-Kirche
in der Gerritsgade an. Die ältesten Teile der in romanischem
Stil aus rotem Backstein errichteten Kirche stammen aus dem 12. Jahrhundert;
1892 wurde sie umfassend restauriert. Vor dem Haupteingang fanden gerade
Pflasterarbeiten statt, bei denen man anscheinend auch auf archäologisch
interessante Spuren gestoßen war. Ein Teil der Baustelle war jedenfalls
gesondert abgesperrt und einige Mitarbeiter waren damit beschäftigt,
vorsichtig einzelne Erdschichten abzutragen. Von irgendwelchen Fundstücken
war jedoch nichts zu sehen.
Der schöne Innenraum, dessen dunkle Backsteinwände
durch helle, mit Fresken verzierte Gewölbe und drei schmale
Glasmosaikfenster hinter der Apsis aufgelockert werden, gefiel uns sehr gut,
weil alles so warm und gemütlich wirkte. St. Nicolai ist der Schutzpatron
der Seefahrer, daher wunderten wir uns nicht, dass mitten in der Kirche
Schiffsmodelle, sogenannte Votivschiffe, hingen. Diese Schiffe wurden
detailgetreu den Originalen nachempfunden und dienten dazu, Gottes Segen
für die realen Schiffe zu erbitten.
Am Torvet, einem lebhaften
Marktplatz mit schönen alten Häusern gefiel uns vor allem ein ziemlich
großes, rot-schwarzes Fachwerk-Geschäftshaus, auf dessen Dach
ein origineller Windrichtungsanzeiger in Schiffsform befestigt war. Auf der
gegenüberliegenden Seite des Torvet stiegen wir über eine Treppe
hinauf zur wuchtigen Liebfrauenkirche
(Vor Frue Kirke), die sich an der Stelle der historischen Svineburgh, der
die Stadt ihren Namen verdankt, erhebt.
Die ursprünglich
spätromanische Kirche wurde 1884 in gotischem Stil restauriert. Sie
besitzt ein viermal täglich (um 8, 12, 16 und 22 Uhr) erklingendes,
laut unserem Reiseführer "bemerkenswertes" Glockenspiel, dessen 27 Glocken
aus Holland stammen. Wegen unserer weit vor dem nächsten Spiel um 12
Uhr gelegenen Besuchszeit bekamen wir es jedoch nicht zu hören. Der
ganz in Blautönen gehaltene, helle Innenraum der Kirche mit den
Schmuckbordüren an den Spitzbogen gefiel uns auch sehr gut; allein durch
die Größe des Raumes wirkte dieses Gotteshaus jedoch nicht so
gemütlich wie die Nicolai-Kirche. Auch hier gab es wieder Votivschiffe
zu fotografieren und auf den Kopfseiten der Kirchenbänke waren abwechselnd
Kerzen und eine Art Erntedank-Sträußchen befestigt, was sehr
schön aussah.
In der Fruestræde schauten wir uns das Svendborg Museum im
Anne Hvides Gård an. Dieser um 1560
errichtete Fachwerkhof ist das älteste weltliche Gebäude Svendborgs.
Der größte Teil der Einrichtung stammt aus dem 18. und 19.
Jahrhundert. Bemerkenswert sind vor allem die Silber-, Kupfer-, Glas- und
Porzellansammlungen. Der "Museumswächter" war sehr freundlich; er
erklärte uns, dass leider alles nur in Dänisch beschriftet sei,
gab uns aber ein kleines Heftchen mit einer Kurzbeschreibung in Deutsch und
zeigte uns an einer Wand alte Fotos des Hauses. Dann führte er uns in
die Räume der Sonderausstellung "Bordets Klæder", dies war eine
Sammlung von festlicher Kleidung aus verschiedenen Epochen. An einer langen
Tafel saßen sich lebensgroße Puppenpaare, die jeweils
gemäß der Mode einer bestimmten Zeit gekleidet waren, gegenüber.
Auch die Teller, Gläser und das Besteck stammten immer aus der betreffenden
Zeit.
Unser Führer stellte uns extra "historische Tafelmusik"
an und wir wanderten langsam von Paar zu Paar, beginnend beim gotischen
Mittelalter (ca. 1200-1480), dann kamen Renaissance (ca. 1480-1620), Barock
(ca. 1620-1715), Rokoko (ca. 1730-70) und Empire (ca. 1804-20). Den Abschluss
bildeten Jugendstil (ca. 1890-1910) und die 1920er Jahre. Die beiden
Repräsentanten der Wikingerzeit (ca. 800-1200) durften aus unerfindlichen
Gründen nicht an der Tafel sitzen, sondern mussten stattdessen in der
Ecke stehen.
Im Nebenraum dieser Ausstellung waren Bestecke, Vorlegeteile,
kostbare silberne Schalen und Schüsseln, Kerzenleuchter und sonstiger
wertvoller Tischschmuck zu sehen. Im Obergeschoss schauten wir uns die Wohnung
einer Adelsfamilie früherer Jahrhunderte an - neben Sofa- und Sesselgruppen
waren hier mehrere Sekretäre, ein Kachelofen mit gesticktem Kaminschirm,
eine alte "Schreibmaschine", ein Klöppelgeschirr sowie Bilder, Bücher
und Vasen, alles sehr schön und sehr gediegen, zu bewundern. Zurück
im Erdgeschoss, trugen wir uns ins Gästebuch des Museums ein und plauderten
noch ein wenig mit dem wirklich besonders netten Museumswächter. Er
konnte ganz gut Deutsch und erklärte uns schließlich noch den
Weg zu unserem nächsten Ziel, dem einige hundert Meter nordwestlich
im Grubbemøllevej gelegenen Viebæltgård, einer weiteren
Abteilung des Svendborg-Museums.
Der 1872 erbaute, mit seinen hohen Mauern und Zäunen gefängnisartig
wirkende Viebæltgård war
früher Armenhaus und Zwangsarbeitsanstalt der Stadt. In diesem einzigen
Armenhausmuseum Dänemarks wird das Leben unter der sozialen Fürsorge
mit vielen unangenehm realistischen Einzelheiten gezeigt. Durch die Bewahrung
des alten Armenhaus-Milieus erhält der Besucher einen Einblick in die
trostlosen Verhältnisse, die damals den ärmsten Mitbürgern
zur Verfügung gestellt wurden. Dabei muss man bedenken, dass
Viebæltgård, verglichen mit den übrigen Einrichtungen des
Landes, sogar noch eine Musteranstalt war. Alle Neuankömmlinge (die
"Obdachlosen") wurden im Büro eingeschrieben und verhört, um
entscheiden zu können, ob sie wirklich hilfsbedürftig, d. h. ohne
Schuld an ihrer Notlage waren. Wurde dies anerkannt, kamen sie ins Armenhaus.
Hatten sie aber ihre Lage durch Trunkenheit, Ausschweifung oder Faulheit
selbst verschuldet, wurden sie in der Arbeitsanstalt untergebracht.
Zwischen diesen beiden Teilen des Viebæltgård gab es nochmals
ein soziales Gefälle: die Einwohner des Armenhauses schliefen beispielsweise
in Betten mit Matratzen, Bettüchern und Oberbetten, während die
Insassen der Arbeitsanstalt sich stattdessen mit Roggenstroh und einfachen
Decken begnügen mussten. Männer und Frauen wurden in beiden Teilen
streng voneinander getrennt; dies betraf nicht nur die Schlaf-, sondern auch
die Arbeits- und Aufenthaltsräume. Auch der tägliche Ausgang fand
auf getrennten Höfen statt; hier gab es statt Zäunen sogar Mauern
mit Stacheldraht, um selbst Blickkontakt und Gespräche zu verhindern.
Erst 1961 wurde die strenge Trennung von Frauen und Männern in den
Fürsorge- und Behandlungsheimen Dänemarks aufgehoben, jedoch nur
wenn es sich um Ehepaare handelte.
Neben den verschiedenen Wohn-, Wirtschafts- und Arbeitsräumen des bis
1974 benutzten Armenhauses sind in den Gebäuden heute auch andere Teile
des Svendborg-Museums untergebracht. Im ersten Stock des Hauptgebäudes
befindet sich die Altertums- und Mittelaltersammlung mit Ausgrabungen aus
Svendborg und ganz Südfünen, darunter viele Stein- und Metallwerkzeuge
sowie Funde aus dem ehemaligen Franziskanerkloster und dessen Friedhof (sechs
oder sieben Särge mit Skeletten - der Friedhof musste wohl einem
Gebäude weichen bzw. wurde erst beim Ausschachten entdeckt). Im Dachgeschoss
waren aus dem Kloster und von der Klosterkirche stammende Steine und Skizzen
ausgestellt.
Im Erdgeschoss des Gebäudes gegenüber schauten wir
uns die alten, teilweise heute noch benutzen Werkstätten (Herstellung
von Kokosmatten, Drechslerei, Druckerei) an. Durch den Hausflur und das
Treppenhaus, deren Wände mit Zeitungsausschnitten und Fotos aus der
Zeit der deutschen Besatzung im 2. Weltkrieg "tapeziert" waren, gelangten
wir in eine typische dänische Wohnung aus den 50er Jahren mit Küche,
Wohn- und Schlafzimmer. Dahinter gab es noch eine Sammlung von alten
Modezeitschriften und einen etwa aus den 20er Jahren stammenden Schulraum
zu sehen.
Nachmittags verließen wir Svendborg
und fuhren über die 1966 erbaute, 1.220 m lange und 33 m hohe
Sundbrücke hinüber auf die Insel Tåsinge.
Von hier oben hatten wir eine schöne Aussicht
auf die sich links und rechts erstreckende Wasserfläche des Svendborg
Sundes, konnten aber leider nirgends für ein Foto anhalten. Die nur
70 Quadratkilometer große Insel Tåsinge wird wegen ihrer
Fruchtplantagen als der "Kern des Gartens Dänemark" oder auch als
"Dänemark in der Nussschale" bezeichnet.
Wir schauten uns hier die sehr
schön auf einem Hügel gelegene Kirche von Bregninge an.
Sie birgt einen um 1200 aus Eichenholz geschnitzten
Christuskopf, einen Granit-Taufstein aus dem 12. oder 13. Jahrhundert und
eine reichgeschmückte Kanzel von 1621. Wegen des bedeckten Himmels
verzichteten wir darauf, den Kirchturm zu besteigen. Bei schönem Wetter
hatte man von dort oben sicherlich einen sehr schönen Blick auf die
Inselwelt zwischen Langeland und Ærø.
Unterhalb des Kirchenhügels stehen zwei alte
Fachwerkhäuser von 1820, in denen das
Seefahrerheim und Heimatmuseum von
Tåsinge (Tåsinge Skipperhjem og Folkemindesamling) untergebracht
sind. Eines der beiden Gebäude ist als Seefahrerhaus eingerichtet und
zeigt, wie eine Schifferfamilie im letzten Jahrhundert gelebt hat. Neben
maritimen Sammlungsgegenständen sind hier zahlreiche historische
Ausstellungsstücke von der Insel Tåsinge zu sehen. Leider war
auch dieses Museum bereits für die Saison geschlossen, weshalb wir nur
die idyllisch gelegenen Gebäude fotografierten.
An der Ostküste der Insel, nur wenige km hinter dem
Städtchen Troense liegt am Rand eines Waldgebietes direkt am Meer
Valdemars Schloss. König Christian
IV ließ das in strenger niederländischer Bauweise aus rotem Backstein
ausgeführte Hauptgebäude 1639-44 für seinen Sohn Graf Valdemar
Christian errichten, der jedoch nur selten hier weilte. Die verspielteren,
gelb und weiß angestrichenen Nebengebäude (zwei Torhäuser
mit Glocken im Dachreiter, Wirtschaftsgebäude und ein schöner
Teepavillon) im Barockstil wurden erst Mitte des 18. Jahrhunderts
hinzugefügt. Die heutigen Eigentümer, Baron und Baroness
Juel-Brockdorff sind Nachfahren des Seehelden Nils Juel, der das Schloss
1656 erwarb und haben den größten Teil des Hauptgebäudes
als "Herregårdsmuseum" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Für den relativ hohen Eintrittspreis von 45 DKR pro Nase, was nach deutschem
Geld knapp 12 DM entspricht, gab es in diesem Schloss dann aber auch sehr
viel zu sehen: insgesamt 24 elegant möblierte Räume, die allesamt
so wirkten, als seien sie auch jetzt noch bewohnt. In der großen,
langgezogenen Eingangshalle mit ihrem auffallenden, in schwarzweißem
Schachbrettmuster gekachelten Fußboden waren die Kasse und der
unvermeidliche Souvenirshop untergebracht. Die Kassiererin fragte nach unserer
Nationalität und händigte dann jedem ein in deutscher Sprache
abgefasstes Heft mit einer ausführlichen Beschreibung aller zu
besichtigenden Räume und des Inventars aus, das nach Ende des Rundgangs
wieder abzugeben war.
Im Speisesaal mit kostbaren, vor 200 Jahren in Paris hergestellten
Papiertapeten war der Tisch mit elegantem Porzellan, edlen Gläsern,
Silberleuchtern und Blumenschmuck gedeckt.
Die gemütliche Bibliothek enthält Literatur aus den Anfängen
des Schlosses bis in die Gegenwart.
Auch die diversen Salons, Säle, Wohn- und Aufenthaltszimmer
des Schlosses waren sehr schön und elegant eingerichtet. Fast überall
standen Tischchen mit Lampen und Lämpchen, Vasen mit schönen
Blumenarrangements und viele Familienfotos - alles wirkte so, als seien die
Bewohner nur eben mal hinausgegangen. Das lag bestimmt auch daran, dass es
keine Absperrungen gab und man sich frei in den Räumen bewegen konnte.
Im Obergeschoss gelangte man durch eine Tür direkt in die Loge der sehr
schönen Schlosskirche. Unten im Kirchenschiff waren gerade die Kerzen
in den Haltern an den Kopfseiten der Bänke, im Kronleuchter und am Altar
angezündet worden - wie sich später herausstellte, fand hier gleich
eine Hochzeit statt.
In einem dem Seehelden Nils Juel und seiner Familie gewidmeten Ausstellungsraum
gab es neben allerlei Erinnerungsstücken, unter denen so kuriose Dinge
wie riesige Seemannsstiefel waren, auch eine ganze Vitrine mit zahlreichen
Tellern, Schalen und Tassen des schönen und sehr kostbaren, in der
königlichen Porzellanmanufaktur zu Kopenhagen gefertigten
Flora-Danica-Porzellans zu bewundern.
Anschließend betraten wir den
großen Rittersaal, in dem drei riesengroße Portraits König
Frederiks V und seiner beiden Gemahlinnen in reichgeschmückten goldenen
Rahmen hingen. Diese Bilder hatte der König um 1750 Carl Juel zum Geschenk
gemacht. Das mittlere Portrait zeigte Frederik V in Krönungstracht,
das rechte seine erste Gemahlin Königin Louise und das linke seine zweite
Gemahlin, Königin Juliane Marie. Alle drei Hoheiten ließen den
Betrachter keinen Moment aus den Augen, egal an welchem Punkt des bis auf
eine unter den Portraits aufgestellte lange Stuhlreihe völlig leeren
Raumes man stand.
Nun folgten verschiedene Schlafzimmer, darunter das elegante, um 1775
eingerichtete Schlafgemach der Lehensbaronin, dessen Wände mit großen
Landschaftsbildern aus der Gegend geschmückt waren. Die Einrichtung
eines der Gästezimmer stammte aus der Empire-Zeit um 1820, wies jedoch
auch eine Biedermeyer-Sitzgruppe von etwa 1880 auf. Über einem neben
dem geschwungenen Doppelbett stehenden Sekretär hing ein Portrait der
Großmutter des jetzigen Schlossbesitzers, das zu Anfang unseres
Jahrhunderts entstand und die Baroness als junge Frau zeigte.
Nach der Besichtigung einiger Dienstbotenräume unter dem Dach und dem
mit allerlei Möbeln, Teppichen und sonstigen Dingen vollgestellten
Dachboden, der sich außer durch seine Größe eigentlich durch
nichts von einem x-beliebigen "bürgerlichen" Dachboden unterschied,
ging es ganz hinunter ins Kellergeschoss. Hier waren die alte, heute nicht
mehr benutzte Küche und einige ehemalige Wirtschaftsräume zu
besichtigen. Schmuckstücke der Küche waren der riesige, mit einem
als Strohdach gestalteten Dunstabzug versehene Herd und die vielen blitzblank
geriebenen Kupfergerätschaften.
Wieder draußen vor dem Schloss, warteten wir zunächst mit einigen
weiteren Schaulustigen und einer Spalier stehenden Anglergruppe am Eingang
der Schlosskirche auf das Brautpaar und die Hochzeitsgesellschaft, die jedoch
alle nicht übermäßig festlich gekleidet waren. Anschließend
machten wir einen kleinen Spaziergang durch einen Teil des Schlossparks und
hinüber zum Teepavillon, der im Sommer als Café dient. Drinnen
hingen noch die Bilder einer Kunstausstellung, wie wir durch die Scheiben
der nun allerdings verschlossenen Türen sehen konnten. Direkt unterhalb
des Pavillons begann der Sandstrand, an dem wir ein Stück entlangspazierten.
Von hier aus schaute man nach links auf den Eingang des Svendborgsundes;
das bewaldete Ufer gegenüber gehörte zu Fünen.
Troense ist ein altes Seefahrerstädtchen und besitzt eine der
besterhaltenen alten Dorfstraßen Dänemarks. Mehr als 30 alte
Fachwerkhäuser der Grønnegade (= Grüne Straße) stehen
unter Denkmalschutz, darunter auch die von 1790 stammende ehemalige Reiterschule
(Rytterskole), die heute die vom Schriftsteller F. Holm-Petersen eingerichtete
Seefahrtssammlung beinhaltet. Schade,
dass wir dieses die lange Seefahrtstradition des Ortes dokumentierende Museum
mit alten Logbüchern, Matrosensouvenirs aus fernen Ländern, Bildern,
etwa 300 Schiffsmodellen und außergewöhnlich umfangreichen Sammlungen
zur großen Zeit der Segelschiffahrt, insbesondere dem Handel mit China
und Ostindien, nun nicht besichtigen konnten.
Stattdessen gingen wir hinunter zum Hafen und wanderten ein
Stück an der "Promenade" entlang, wobei wir jedoch ständig darauf
achten mussten, nicht in die Hinterlassenschaften der zahlreichen, anscheinend
ausschließlich hier ausgeführten Hunde zu treten. Anschließend
spazierten wir durch die idyllischen Sträßchen mit den schönen
alten, strohgedeckten Häusern und gepflegten, von kleinen Hecken oder
mittelgroßen, wohl aus dem nahen Meer stammenden Steinen eingefassten
Vorgärten, in denen Bauernrosen und andere Blumen blühten.
Über einen zur kleinen
Insel Siø führenden Damm und die den Siø Sund
überspannende Langelandsbrücke (1.700 m) erreichten wir in
Rudkøbing die nur 5 km von
Tåsinge entfernte, 285 qkm große Insel Langeland. Die Stadtrechte
erhielt Rudkøbing, in dessen
Zentrum einige alte Häuser noch heute an die gutbürgerliche
Kaufmannszeit erinnern, bereits 1288, entwickelte sich aber trotz der
günstigen Lage an der engsten Stelle zwischen Langeland und Fünen
nur langsam, weil Kriege, Pest und verheerende Brände (zuletzt Ende
des 17. Jahrhunderts, weshalb alle alten Häuser frühestens aus
dem 18. Jahrhundert stammen) den Ort immer wieder heimsuchten.
Erst mit dem
Ausbau des Hafens 1822 und der Ansiedlung einiger Industriebetriebe erfuhr
die Stadt einen Aufschwung. Große Bedeutung hatte die Eröffnung
der Brückenverbindung zwischen Fünen, Tåsinge und Langeland
im Jahre 1966. Trotzdem schrumpft, genau wie auf vielen anderen dänischen
Inseln, die Zahl der Bewohner, da die Jugend und Leute mit besserer Ausbildung
in Städte mit sichereren und höher dotierten Arbeitsplätzen
abwandern.
Die alte Apotheke der Familie Ørsted ist das Geburtshaus des Physikers
und Entdeckers des Elektromagnetismus H. C.
Ørsted, der hier, ebenso wie sein Bruder, in der Apotheke des Vaters
lernte. Erhalten sind die Geschäftsräume aus der Zeit um 1700 und
aus dem 18. Jahrhundert sowie das große Labor aus dem Anfang des 20.
Jahrhunderts (war leider bereits für die Saison geschlossen). Der unter
Naturschutz stehende Apothekergarten, in dem sich durch die Jahrhunderte
das botanische und gartenarchitektonische Interesse der verschiedenen Apotheker
niedergeschlagen hat, befindet sich in Privateigentum und ist nur nach Absprache
zu besichtigen. Von der Straße aus konnten wir leider nicht hineinsehen,
da der Eingang aus einem großen Holztor bestand.
Den Gänsemarkt (Gåsetorvet) schmücken ein Standbild H. C. Ørsteds
und das gelb angestrichenen Fachwerkgebäude des 1754 erbauten Pfarrhofs, der heute als Wohnhaus
genutzt wird.
Die Kirche von Rudkøbing liegt am Marktplatz.
Die älteste Teile dieses spätromanischen Ziegelbaues stammen aus
der Zeit um 1100, der Turm mit seinen vier Renaissancegiebeln wurde 1621
errichtet. Die gesamte, 1896 restaurierte Kirche steht auf einem vier Meter
hohen Feldsteinsockel. Im relativ düsteren Innenraum fanden wir nichts
besonderes zu entdecken.
In die Fischerei- und Seefahrtssammlung ("Fiskeri-
og Søfartssamlingen") in der Østergade gelangte man zu unserer
Verblüffung völlig kostenlos hinein. Diese Ausstellung
zur Geschichte von Fischfang, Seefahrt und Bootsbau auf Langeland beinhaltet
alte Jollen und Kähne, Netze und andere Gerätschaften, eine ganze
Reihe von Schautafeln, einige ausgestopfte Fische und Vögel sowie eine
kleine Buddelschiffsammlung.
Sehr schön sind auch verschiedene alte Häuser in der Østergade,
darunter der über 200 Jahre alte Kaufmannshof "Den Bayske Gård".
"Langelands Museum" wurde 1900 vom
einheimischen Kaufmann Jens Winther gegründet. Archäologische Sammlung
mit Waffen und Grabbeigaben, darunter silberbeschlagene Schwerter und
Rüstungen aus Wikingergräbern. Außerdem Möbel, Fayencen,
Glas, Silber und Gegenstände aus dem Besitz der Brüder Ørsted,
die einen Einblick in die Lebensgewohnheiten des Bürgertums vergangener
Jahrhunderte geben. In einem großen, zur archäologischen Sammlung
gehörenden Raum stehen lange Reihen von raumhohen Vitrinen, die mit
Steinen förmlich vollgestopft sind. Alle diese, meist 5-6 cm langen,
schmalen Steine waren von Stein- und Eisenzeitmenschen bearbeitet worden
- für uns war das nicht immer erkennbar und wir hätten die meisten
dieser Steine wahrscheinlich achtlos weggeworfen. Gut gefiel und auch die
Sammlung von Grabfunden aus der Wikingerzeit.
Auf einem Hügel südlich des Zentrums liegt die
Bymølle (Stadtmühle). Diese holländische Windmühle
wurde 1826 gebaut; einige Nebengebäude stammen jedoch aus der Zeit vor
1796. Auf uns machte die Mühle, die man nur von außen anschauen
konnte, einen sehr alten und schon richtig baufälligen Eindruck.
Etwa in der Mitte der langgestreckten Insel auf halbem Weg nach Spodsbjerg
besuchten wir das "Aquarium Langeland". In mehr
als 100 Aquarien werden hier über 250 Arten von Süß- und
Salzwasser-Zierfischen gezeigt. Leider waren die Aquarien nicht
übermäßig groß und auch nicht besonders geschickt
aufgestellt. In einigen Becken hatte man sich bemüht, eine Landschaft
aus Korallen, Steinen und Pflanzen aufzubauen, in anderen lagen nur einige
Steine auf dem Sandboden.
Die Fische hingegen fanden wir alle sehr interessant:
manche waren sehr schön gefärbt, wobei eindeutig die Farbkombination
blau-gelb vorherrschte; andere beeindruckten uns durch ihre
außergewöhnliche Form. Die hinter den Ausstellungsräumen
gelegene Aufzuchtstation machte leider keinen besonders sauberen Eindruck.
Als besondere technische Konstruktion wird hier das Aquarienwasser
wiederverwendet und mit UV-Licht und Ozon gereinigt.
Die Inselhauptstadt Odense
Das etwa 40 km von Fåborg entfernte
Odense zählt zu den ältesten
Städten Dänemarks und ist das kulturelle und wirtschaftliche Zentrum
der Insel Fünen. Archäologen fanden hier die Überreste einer
Wikingerburg ähnlichen Typs wie Trelleborg auf Seeland und Fyrkat bei
Hobro in Jütland. Erstmals erwähnt wird Odense 988 auf einem
Schutzbrief Kaiser Ottos; 1020 wurde die Stadt zum Bischofssitz erhoben.
Im Jahre 1086 ermordeten aufrührerische Bauern, die nicht mehr auf
Wikingerfahrt nach England gehen, sondern einfach nur ihre Äcker in
Frieden bestellen wollten, den letzten Wikingerkönig Knud vor dem Altar
der Odenser St. Albani Kirche.
Durch die spätere Heiligsprechung des
Königs wurde im 12. Jahrhundert ein wahrer Pilgerstrom nach Odense
ausgelöst. Zahlreiche Kirchen und Klöster, darunter eine der
größten dänischen Kirchen der Gotik, der Sankt Knuds Dom,
entstanden. Durch die zentrale Lage der Stadt nicht nur auf Fünen, sondern
im gesamten dänischen Königreich entwickelte sich Odense zu einer
wichtigen Handelsstadt, obwohl es nicht direkt am Meer lag. Tüchtige
Kaufleute, deren Handelsverbindungen weit über Dänemark hinausreichten,
verhalfen Odense zu großem Wohlstand und trugen zur weiteren Entwicklung
bei.
Die Sankt Knuds Kirke, auch einfach Domkirke
genannt, ist die größte Kirche Fünens, ein wuchtig wirkender,
langer Bau mit einem einzigen, massigen Turm. Sie wurde Mitte des 13.
Jahrhunderts errichtet, die gesamte Bauzeit dauerte jedoch mehr als 200 Jahre.
Der Dom gilt durch seinen schlichten gotischen Stil als einer der
beachtenswertesten Kirchenbauten Dänemarks. Vom aussichtsreichen Turm
erklingt mehrmals täglich ein Glockenspiel, das wir aber leider nicht
zu hören bekamen. Weil nirgends ein Besucheraufgang zum Turm zu entdecken
war, mussten wir auch auf die Aussicht über die Dächer Odenses
verzichten.
Den immens hohen, hellen und stilrein gestalteten Innenraum des Domes fanden
wir sehr beeindruckend. Durch die in drei Reihen übereinander angeordneten
gotischen Spitzbögen wird der Eindruck großer Höhe noch
verstärkt. In dieser riesigen Kirche wirkt sogar die 5 m hohe, prachtvolle
Altarwand mit ihren 300 goldenen Figuren geradezu klein. Auch die edle, von
1750 stammende Rokokokanzel aus dunklem Holz, die schlichte offene
Königsloge und die sehr hoch plazierte Orgelempore passen unserer Meinung
nach sehr gut ins Gesamtbild.
In den beiden Seitenschiffen führen Treppen hinunter zu zwei durch
kunstvolle schmiedeeiserne Gitter vom übrigen Kirchenraum getrennten,
prunkvollen Grabkapellen. Von hier aus gelangt man über einige weitere
Stufen in die unterhalb des Chores gelegene, Ende des 19. Jahrhunderts
rekonstruierte mittelalterliche Krypta hinunter. In zwei großen
Glasvitrinen stehen dort die oben offenen Holzsarkophage mit den Reliquien
König Knuds des Heiligen und seines Bruders Benedikt. Im 16. Jahrhundert
wurden weitere Könige und Königinnen hier beigesetzt; sie alle
liegen unter großen, in den Boden der Krypta eingelassenen Grabplatten.
An der rechten Seitenwand bewunderten wir den ebenfalls durch Glas
geschützten, in rötlichen Farben gehaltenen "Adlerteppich", eine
kostbare Seidendecke byzantinischer Herkunft, die einst den Reliquienschrein
des Heiligen deckte. Eine weitere Glasvitrine beinhaltet alte Kirchenschriften
und Kirchenbücher.
Am Rathausplatz Flakhavn steht das 1955
um- und ausgebaute Rathaus. Der zum Platz hin gelegene Westflügel des
roten Ziegelbaues stammt von 1883 und weist einen Schmuckgiebel mit großer
Turmuhr und mehreren Statuen auf. Das Innere des Gebäudes ist mit
zahlreichen Kunstwerken ausgeschmückt und zeichnet sich durch seine
moderne, funktionale Einrichtung mit dänischem Design aus. Im Rathaus
befindet sich auch das Odense Turist Bureau - hier erwarben wir für
50 DKR pro Nase jedem einen Eventyrpas (Abenteuerpass), der für einen
Tag freien bzw. ermäßigten Zutritt zu 24 Sehenswürdigkeiten
und Einrichtungen der Stadt gewährt und außerdem noch als Busfahrkarte
im Stadgebiet gilt.
Der Münzhof, dänisch
Møntergården, ist das kulturhistorische Museum Odenses und befindet
sich in schönen alten Stadthäusern des 16. und 17. Jahrhunderts,
darunter auch der alte Münzhof von 1646, der dem Museum den Namen gab.
Im Inneren der Gebäude befinden sich Ausstellungen über Odense
in der Wikingerzeit und im Mittelalter sowie zahlreiche Räume mit Interieurs
aus verschiedenen Jahrhunderten und von verschiedenen Bevölkerungsschichten
(Möbel und Hausgeräte, Porzellan, Trachten- und Silbersammlungen).
Einige Räume enthalten Kirchenkunst, andere einen Überblick über
die Damen-, Herren- und Kindermode im Laufe der Jahrhunderte, wieder andere
eine Spielzeugausstellung aus der Zeit von 1840-1940. Sehr gut fanden wir,
dass in jedem Raum neben der Tür ein Kästchen mit Beschreibungen
der ausgestellten Gegenstände in dänischer, englischer, deutscher
und französischer Sprache hing, die man für den Rundgang entnahm
und nach Gebrauch wieder hineinlegte.
Durch mehrere in Fußgängerzonen umgewandelte kleine
Sträßchen, in denen das Bild des alten Odenses mit kleinen bunten
Stadthäuschen und Kopfsteinpflaster bewahrt bzw. durch Restaurierungen
wieder hergestellt wurde, gingen wir nun zum in der Hans Jensens Stræde
gelegenen H. C. Andersen Hus. Der als
Märchendichter bekannt gewordene Hans Christian Andersen stammt aus
Odense; er wurde 1805 als einziges Kind eines Flickschusters und einer Waschfrau
"in einem kleinen, ärmlichen Zimmer" geboren und ist bis heute der wohl
populärste Sohn der Stadt. Das niedrige Gebäude wurde durch Anbauten
erheblich erweitert und bietet heute als Andersen-Museum anhand von
persönlichen Gegenständen, Dokumenten, Fotografien, Zeichnungen
u. ä. einen chronologischen Überblick über das Leben und Werk
des bekannten Schriftstellers. Zum Museum gehört auch eine große
Bibliothek mit Buchausgaben seiner Werke in mehreren Sprachen.
Wir waren von diesem Museum ziemlich enttäuscht, denn unsere Erwartung,
das komplett eingerichtete Haus Andersens mit einigen daran angefügten
Ausstellungsräumen für die Papiere aus seinem Besitz zu sehen,
erfüllte sich leider nicht. Stattdessen wanderten wir durch
überwiegend leere Räume, deren Wände mit Schautafeln voller
Texte, Bilder, Briefe, Entwürfe usw. bedeckt waren. Im neueren Teil
des Museums stießen wir gar auf einen riesigen, von einer Lichtkuppel
gekrönten runden Raum, an dessen Wänden ringsum große Mosaike
mit Motiven aus dem Leben und den Märchen Andersens prangten. Rundherum
waren Bänke angebracht, damit man sich die lebensgroßen Werke
in Ruhe betrachten konnte; ansonsten war auch dieser Raum völlig leer.
Nur ganz hinten in einer Ecke des Museums entdeckten wir zwei kleine, als
Schlaf- und Wohnzimmer Andersens eingerichtete Räume, die man jedoch
nicht betreten, sondern lediglich durch Glaswände betrachten konnte.
Wieder draußen vor dem Museum, fiel uns auf, dass man
nur die Sträßchen in unmittelbarer Umgebung des Andersen-Hus sehr
schön restauriert hatte. Unser Reiseführer verriet uns, dass das
ganze Viertel renoviert und unter Heimatschutz gestellt wurde, um vor allem
ausländischen Besuchern einen Eindruck von der Stadt zur Zeit Andersens
zu vermitteln. Etwas weiter weg sah man jedoch schon wieder neue Häuser.
Das Ganze wirkte irgendwie künstlich, da es keinen harmonischen
Übergang zwischen alt und neu gab - vielleicht auch, weil die "alten"
Häuschen alle so blitzblank aussahen.
Unsere nächste Station war die zu Anfang des 20. Jahrhunderts
in frühgotischem Stil erbaute St. Albani Kirche.
Neben dem stattlichen, 54 m hohen und von einem spitzen
grünen Kupferdach bedeckten Turm fallen besonders die verspielten
Treppengiebel mit vor- und zurückspringendem Mauerwerk, durchbrochenen
Rosetten und kleinen Türmchen ins Auge. Die Kirche wurde an der Stelle
errichtet, wo im Mittelalter die gleichnamige Holzkirche stand, in der vor
900 Jahren König Knud ermordet wurde. Der in interessantem Kontrast
zwischen weißen Wänden und dunklen Backsteinverzierungen gestaltete,
großzügige Innenraum dieses mit südtiroler Holzschnitzarbeiten
geschmückten Gotteshauses gefiel uns sehr gut.
In der Munkemøllerstræde befindet sich das
H. C. Andersens Barndomshjem (Kindheitsheim).
In einer Wohnung dieses kleinen, bescheidenen Fachwerkhauses, das heute am
Ende einer kleinen Reihe alter Häuser steht, die zwischen modernen Bauten
förmlich eingequetscht ist, lebte Andersen von seinem 2. bis zu seinem
14. Lebensjahr zusammen mit seinen Eltern. Viele Motive seiner Märchen
entnahm der Dichter dieser Umgebung. Auch viele Eindrücke, die er
später verwendete, gewann er hier in seinem Elternhaus. Leider trafen
wir auch hier nicht auf eine erhaltene Wohnungseinrichtung; das aus drei
oder vier kleinen Räumen bestehenden Häuschen enthielt nur leere
Zimmer mit Schautafeln, gefüllt mit - zumindest für uns - langweiligen
Dokumenten. Durch eine Hintertür gelangte man in den kleinen, aus einer
Rasenfläche mit einigen Sträuchern und Kletterpflanzen bestehenden
Garten des Hauses, in dem auch nichts besonderes zu entdecken war.
Südöstlich von Odense liegt das Kulturcenter Hollufgård
mit dem 1577 errichteten, schlossartigen Hauptgebäude in typischem
Renaissancestil. In den 1830er Jahren wurde der heute weißgekalkte
Ostflügel hinzugefügt; die Wirtschaftsgebäude stammen aus
den 1920er Jahren. 1979 erwarb die Stadt Odense Hollufgård mit dem
Ziel, hier ein neues Museums- und Kulturzentrum zu schaffen. Im
Hauptgebäude sitzt die Verwaltung, der Ostflügel beherbergt das
Forschungszentrum Mensch und Natur und die Wirtschaftsgebäude wurden
zu Ausstellungsräumen, Werkstätten und Magazinen umgebaut.
Zu Hollufgård gehört ein über 50 ha großes
Freigelände, das aus einer typischen fünischen Gutslandschaft mit
Mischwald, Feldern und Wiesen sowie einem im englischen Stil angelegten Park
mit freistehenden Bäumen und Rasenflächen besteht.
Im Ausstellungsgebäude schauten wir uns zunächst die im Erdgeschoss
untergebrachte Sonderausstellung über das Verhältnis des modernen
Menschen zur Natur an. Die große Halle war wie ein Bienenstock in viele
kleine Waben eingeteilt, in denen jeweils einer der zahlreichen Aspekte wie
z. B. Ernährung, Abfallentsorgung und Umweltschutz behandelt wurde.
Im Stockwerk darüber wanderten wir durch die Ausstellungen zur Vor-
und Frühgeschichte Fünens seit 10.000 Jahren und an den langen
Reihen von Vitrinen und Regalen des großen offenen Magazins des Museums
vorbei.
Dann ging es hinaus in das riesige Freigelände mit dem noch im Aufbau
befindlichen vorgeschichtlichen Szenario. Nach seiner Fertigstellung soll
dieses Gebiet rekonstruierte Häuser aus der Steinzeit, der Bronzezeit,
der Eisenzeit und der Wikingerzeit in jeweils originalgetreuer Umgebung
enthalten. Diese Symbiose aus Häusern, Tieren und Landschaft soll das
Wissen vermitteln, das man heute über die fünische Vor- und
Frühgeschichte hat. Als erstes erreichten wir den bereits fertiggestellten
Hof aus der Bronzezeit mit einem langen, von einem weit herunterreichenden
Reetdach bedeckten Gebäude. Die Inneneinrichtung bestand aus einer
Feuerstelle und einigen wohl als Sitz- und Schlafgelegenheiten dienenden
Gestellen entlang der Wände.
Nun folgte ein langer Spaziergang durch
das in verschiedene riesige Weiden für urig aussehende, zottige braune
Rinder eingeteilte Gelände. Schließlich erreichten wir den aus
einem Haupt- und zwei Nebengebäuden bestehenden Hof aus der Wikingerzeit,
der jedoch im Vergleich mit dem Bronzezeithaus einen sehr dürftigen
Eindruck machte. Die Gebäude aus der Stein- und Eisenzeit waren anscheinend
noch in der Planung, wir konnten jedenfalls keine weiteren Bauwerke oder
Baustellen entdecken.
Vorbei am Abenteuerspielplatz gingen wir nun durch den Rosengarten und einen
Teil des Parks zum 1760 aufgeschütteten großen Aussichtshügel,
der nach dem spiralförmig auf die Spitze führenden Weg
Schneckenhügel getauft wurde. Die damals rings um den Aufgang gepflanzten
Bäumchen sind mittlerweile so groß, dass sie die Aussicht verdecken.
Im Inneren des Hügels befindet sich ein Keller mit Kuppelgewölbe,
in dem man Wein und Gemüse aufbewahrte. Direkt neben dem
Schneckenhügel liegt das etwa 1925 errichtete, runde Eishaus. Es ist
tief in den Boden eingelassen und wird durch ein weit herunterreichendes
Strohdach vor der Sonne geschützt. Das im Winter aus dem nahen
Mühlenteich geholte Eis behielt darin seine Kühlwirkung bis in
den Sommer hinein, so dass sich das Häuschen gut zur Aufbewahrung leicht
verderblicher Waren eignete.
Das 1946 eröffnete Freilichtmuseum
Den Fynske Landsby ist eines der
größten des Landes und besteht ausschließlich aus den typischen
Häusern des 19. Jahrhunderts. Der Baukern mehrerer Häuser ist zwar
erheblich älter, sie enthalten aber alle Um- und Anbauten aus der Zeit
bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Alle späteren Umbauten wurden beim
Aufbau im fünischen Dorf wieder entfernt, so dass ein zeitlich und
geografisch abgegrenztes Dorf, jedoch mit der ganzen Breite der Baukultur,
die Fünen und die umliegenden Inseln im 18. und 19. Jahrhundert
prägte, entstand. Auch die Einrichtung der Häuser und die
Gerätschaften stammen aus dieser oder älterer Zeit. Durch die Anwendung
alter Arbeitsverfahren und -prozesse in der Landwirtschaft, in den
Werkstätten und bei der Anlage von Gärten und Anpflanzungen mit
alten Baumarten, Büschen und Nutzpflanzen soll diese Ganzheit bewahrt,
unterstrichen und ausgebaut werden.
Im Museum waren zahlreiche, oftmals zwei- drei- oder gar
vierflügelige Bauernhöfe zu betrachten - gemäss der
Größe des dazugehörigen Ackerlandes und des damit verbundenen
Wohlstandes ihrer Bewohner manchmal klein und bescheiden, manchmal groß
und schon etwas luxuriöser ausgestattet. Oben: Der Fjeldsted-Hof, ein
vierflügeliges Anwesen aus der Nähe von Odense, dessen älteste
Teile aus dem 17. Jahrhundert stammen.
Gemeinsam hatten alle Höfe
die Fachwerkbauweise, die direkt an die Hauswände gepflanzten,
wunderschön blühenden Bauernrosen und die hübschen
Reetdächer. Außerdem betrachteten wir eine schöne
holländische Windmühle (oben), eine Wassermühle, die unterschiedlichsten
Fachwerkhäuser von Landhandwerkern (Weber, Schuhmacher, Schneider) und
Tagelöhnern, ein Armenhaus, eine Schmiede, eine Torf- und Holzscheune
mit Wänden aus geflochtenem Reisig, ein Schulhaus mit Lehrerwohnung,
einen Dorfkrug (rechts) und eine alte Ziegelei, die noch bis 1940 in Betrieb war.
Westlich von Fåborg
Etwa 3 km westlich von Fåborg schauten wir uns die Grubbe Mølle
an. Diese Windmühle holländischen Ursprungs
wurde 1892 in Nykøbing auf Seeland abgebaut und hierher transportiert,
wo sie neben der alten, bereits 1599 erstmals erwähnten Wassermühle
am Svanningebach wieder aufgebaut wurde. Weil wir erst gestern in Odense
sowohl eine Wasser- als auch eine Windmühle besichtigt hatten,
beschränkten wir uns auf die Außenansicht und verzichteten auf
die "persönliche Führung" die uns der Prospekt für den Preis
von 20 DKR pro Nase versprach.
Nun ging es hinüber auf die südlich gelegene Halbinsel
Horne Land, wo wir auf der Suche nach
einem schönen Strand zum Spazierengehen zunächst nahe Bøyden
auf der Südseite der Landzunge Sønderhjørne ans Meer fuhren.
Hier gelangten wir über eine Treppe bis hinunter zum nicht besonders
breiten Kiesstrand, an dem man leider nur ein kleines Stück entlanglaufen
konnte. Daher fuhren wir ein ganzes Stück weiter nach Norden, etwa bis
in die Hälfte der Bucht Lyø Krog, wo wir einen für unsere
Zwecke geeigneten Strand vorfanden.
Langsam am Wasser entlangschlendernd, hielten wir Ausschau
nach besonders schön gezeichneten Steinen, die wir zuerst in allen
möglichen Jackentaschen aufbewahrten, bis es einfach zu viele wurden
und eine Plastiktüte aus dem Auto geholt werden musste. Hier am Wasser
war es zwar etwas windig, aber schön warm und wir genossen die Aussicht
auf das Meer und die am Horizont gerade noch als dünne Waldstreifen
erkennbaren Inselchen. Später wanderten wir an der gegenüberliegenden
Nordwestseite der Halbinsel ebenfalls am Strand entlang - hier sammelten
wir eine ganze Tüte voller Muscheln und saßen anschließend
noch ein wenig in der Sonne.
Die sehr schön auf einem Hügel gelegene
Horne Kirke ist eine der nur noch sieben
erhaltenen Rundkirchen Dänemarks und die einzige Rundkirche auf Fünen.
Alle übrigen Kirchen dieses Typus befinden sich auf der Insel Bornholm.
Die hiesige Kirche wurde um 1100 als Festungskirche zum Schutz gegen die
Wenden erbaut, hat aber im Laufe der Jahrhunderte durch zahlreiche Um- und
vor allem Anbauten ihren ursprünglichen Charakter verloren. Im sehr
schönen Innenraum der Kirche bewunderten wir zwei kunstvolle Votivschiffe;
eines war mit eingerollten Segeln, das andere jedoch mit voller Takelage
nachgebildet. Von einem seitlich der leider abgeschlossenen Königsloge
gelegenen Platz aus konnte man auf ihre Decks schauen, auf denen sich sogar
kleine Mannschaftsfiguren befanden. Auf den Kopfseiten der hellblau gestrichenen
Kirchenbänke waren abwechselnd Rosen und Kerzen befestigt und die
übrige Dekoration der Kirche wies auf eine bevorstehende Erntedankfeier
hin.
Fahrt an die Ostküste Fünens: Nyborg
und das Ausstellungszentrum zur Große-Belt-Brücke in Knudshoved
Nach etwa 50 km erreichten wir die Hafenstadt
Nyborg an der Ostküste
Fünens. Die zentrale Lage im Königreich - und noch dazu bequem
mit dem Schiff zu erreichen - ließ Nyborg im Mittelalter zu einem gern
genutzten Versammlungsort von Adel und Klerus werden. Zwischen etwa 1250
und 1413 war Nyborg die eigentliche Hauptstadt Dänemarks. 1282 unterschrieb
König Erik Klipping hier die erste Verfassung seines Reiches. Die exponierte
Lage machte Nyborg aber auch zum Ziel vieler bewaffneter Angriffe; Schloss
und Stadt wurden mehrmals zerstört, aber immer wieder aufgebaut. Aus
dem Mittelalter sind neben dem Westflügel des Schlosses noch mehrere
Gebäude mit mächtigen Mauern erhalten, außerdem sind Teile
der mittelalterlichen Wälle und Gräben immer noch intakt. Ein Teil
der alten Befestigungsanlagen wurde Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen
und durch breite Promenaden ersetzt.
Der 1601 in Fachwerkbauweise errichtete Mads Lerches Gård
enthält heute das Stadtmuseum von Nyborg. Der
Kaufmann und Bürgermeister Mads Lerche ließ den Hof nahe an der
Förde errichten, damit die Waren auf kürzestem Wege von und zu
seinen Schiffen gelangten. Die beiden Seitenflügel des stattlichen,
rot-schwarzen Gebäudes ließ 1637 und 1643 sein Sohn, der Ratsherr
Jakob Lerche, anbauen. Wie durch ein Wunder überstand der Hof den
großen Brand des Jahres 1797, der weite Teile der alten Stadt
zerstörte. Das 30 Zimmer umfassende zweistöckige Fachwerkhaus gilt
daher als ein einzigartiges Zeugnis damaliger Baukunst und gibt außerdem
ein ausgezeichnetes Bild vom Leben und Wohnen einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie
aus der Zeit um 1740. Im Inneren des Gebäudes besichtigten wir die Amts-,
Wohn- und Wirtschaftsräume des Bürgermeisterhofes, Arbeitsräume
verschiedener Handwerker, ein Schulraum, Waffen und eine Sammlung zum Seehandel.
Das am Westrand der Innenstadt gelegene Schloss Nyborg wurde um 1170 als
Festung zur Verteidigung des Großen
Belts angelegt. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Schloss, das sich
ursprünglich auf einer Insel befand, mehrfach zerstört, um- und
ausgebaut; besonders schwer waren die Verwüstungen des Schwedenkrieges
1658-60. Von ca. 1200 bis 1413 war Schloss Nyborg Sitz des dänischen
Reichstages Danehof, der aus König, Adel und Klerus bestand - Handwerker
und Bauern hatten nichts zu sagen! 1917 übernahm der Staat das Schloss
und ließ den heutigen Flügel mit dem historisch wertvollen
Reichsratssaal, zwei Rittersälen und einigen anderen Räumen
restaurieren; seit 1922 ist es für die Öffentlichkeit zugänglich.
Den Rittersaal im Erdgeschoss ließ König Christian
III etwa 1549 einrichten. Die schweren Eichenbalken der Holzdecke haben sich
unter dem Gewicht des darüberliegenden Fußbodens, das sie immerhin
seit fast 450 Jahren tragen, gebogen. Der Klinkerfußboden ist kein
Original mehr, sondern wurde rekonstruiert. Mitten im Raum stehen zwei Vitrinen
mit Modellen, die das Aussehen des Schlosses in früheren Jahrhunderten
zeigen. An den Wänden hängen riesige, Szenen aus dem Leben des
Königs darstellende Bilder sowie die Ahnentafeln von König Christian
III und Prinzessin Hedvig, einer Schwester König Christians IV, die
beide von deutschen Adelsgeschlechtern abstammten.
Jetzt betraten wir den benachbarten Danehofsaal, einen der
ältesten Räume des Schlosses, dessen Wände mit einem
verblüffenden 3D-Würfelmuster in schwarzen, weißen und grauen
Farbtönen bemalt sind (wegen schlechter Lichtverhältnisse leider
nicht zu fotografieren). Möbliert war er mit einem großen Tisch,
einem Lehnstuhl und mehreren an den Wänden aufgestellten Truhen. Insgesamt
wurden 25 Danehöfe auf Schloss Nyborg abgehalten. Der letzte fand 1413
statt, danach verlegte König Erik die Regierung nach Kopenhagen. Im
Garnisonssaal betrachteten wir eine Ausstellung von Uniformen und
Ausrüstungen und stiegen dann über eine Wendeltreppe in den ersten
Stock.
Oben traten wir ins Königszimmer, das eine ähnliche 3D-Wanddekoration
wie der Danehofsaal aufweist. An den tiefen Fenstererkern bekam man einen
Eindruck von den meterdicken Außenmauern des Schlosses. Die Aussicht
hielt sich wegen der Bleiverglasung in Grenzen. Auch in diesem, genau wie
die unteren Säle mit Holzbalkendecke und Fliesenfußboden
ausgestatteten Raum bestand die spärliche Möblierung aus schweren
Tischen, Stühlen und Truhen, alle aus dunklem Holz gefertigt. Nun folgte
der spätmittelalterliche Rittersaal, daran schlossen sich einige kleinere
Wohn- und Schlafzimmer an. In mehreren Räumen gab es in die
Außenmauern eingebaute "Heimlichkeiten"; diese Toiletten der Vergangenheit
reichten etwas über die Außenmauer hinaus und waren nach unten
geöffnet - Wachen und sonstige Passanten taten also gut daran, einigen
Abstand zur Schlossmauer zu halten.
Nach einem Blick in den mit Schießscharten versehenen Eckturm stiegen
wir über eine Holztreppe hinauf auf den riesigen Dachboden. Hier kann
man die komplizierte Holzkonstruktion bewundern, die das Dach trägt
und durch einen rekonstruierten Teil des alten Wächterganges wandern:
von den Brühlöchern aus konnte der Feind mit kochendem Wasser,
Pech oder Teer übergossen werden. Durch die kleinen Fenster bot sich
eine gute Aussicht auf die Umgebung. Über die Wendeltreppe am anderen
Ende des 30 m langen Baues stiegen wir wieder hinunter ins Erdgeschoss. In
den gegenüber liegenden Knudsturm, der einst der in die Burgmauer eingebaute
Kernturm des Schlosses war, warfen wir nur einen kurzen Blick - drinnen war
außer einem leeren Raum nämlich nichts zu sehen.
Das nicht weit entfernte Landtor wurde
1666 unter König Frederik III in den Ringwall eingebaut - bis zur Mitte
des 19. Jahrhunderts war diese 40 m tiefe, durch einen davorliegenden Wallgraben
mit Zugbrücke gesicherte Pforte der einzige Zugang zur Stadt von der
Landseite aus.
Der Grundstein der am alten Markt gelegenen
Liebfrauenkirche wurde 1388 gelegt, die
Einweihung fand 40 Jahre später statt. Chor, Glockenturm und Turmspitze
stammen aus dem 16. Jahrhundert. Der schlanke Kirchturm ist mit seinen 65
m der höchste der Insel. Wie schon so oft, war auch hier nicht der
Haupteingang, sondern nur eine kleine Seitentür geöffnet. Der
weiße, durch rote Backsteinverzierungen geschmückte Innenraum
dieser dreischiffigen, gotischen Kirche gefiel uns sehr gut, weil alles sehr
hell und freundlich wirkte.
Direkt neben der Kirche liegt der
Korsbrødregården
(Kreuzbrüderhof/Kreuzritterhof) von 1396, der einst dem Johanniterorden
gehörte und nach der Reformation in Privatbesitz kam. Das Gebäude
weist einen schönen Renaissancegiebel aus dem Jahre 1614 auf. Die ehemaligen
Mönchszellen im Gewölbekeller kann man besichtigen, wozu wir aber
keine Lust hatten.
Im Osthafen von Nyborg liegen die Oldtimer
und großen Yachten vor Anker, während die kleineren Boote den
etwas entfernteren, modernen Yachthafen benutzen. An einem der Kais gingen
wir langsam an der "Alexander von Humboldt", dem aus der Becks-Bier-Werbung
bekannten grünen Segelschiff vorbei. Einer der Matrosen des in Bremerhaven
beheimateten Schiffs antwortete auf unsere Frage, dass sie erst am nächsten
Tag weitersegeln würden; wir brauchten also nicht darauf zu spekulieren,
dass die grünen Segel heute noch entrollt werden könnten.
Im nahen Knudshoved besuchten wir das
Storebælt Udstillingscenter, das
Ausstellungszentrum zum Bau der Brücken- und Tunnelkombination über
bzw. unter dem hier 18 km breiten Großen Belt. Nach seiner Fertigstellung
sind Seeland, Fünen und Jütland durch Straße und Schiene
miteinander verbunden. Das 1989 begonnene Projekt gliedert sich in drei Teile:
die bereits 1993 fertiggestellte, 6,6 km lange Westbrücke für Autos
und Züge bis zum mitten im Belt gelegenen Inselchen Sprogø, den
aus zwei Röhren bestehenden Osttunnel für den Schienenverkehr von
Sprogø nach Seeland und schließlich die Ostbrücke für
den Autoverkehr, ebenfalls von Sprogø nach Seeland. Sobald der aus
62.000 Beton-, 18.000 Boden- und 20.000 Gehweg-Elementen bestehende Osttunnel,
dessen beide jeweils 8 km lange Röhren einen Innendurchmesser von 7,7
m haben und an dem momentan fieberhaft gearbeitet wird, fertig ist, wird
die Schienenverbindung für den Bahnverkehr freigegeben. Die neuesten
Schätzungen datieren diese feierliche Eröffnung auf den Jahreswechsel
1996/1997.
Die 6,8 km lange Ostbrücke mit einer freien Spannweite von 1.624 m und
einer Durchfahrtshöhe von 65 m wird die größte
Hängebrücke der Welt sein. Die 3 km langen und 85 cm dicken Tragkabel
der Brücke werden mittels eines eigens konstruierten Apparates an Ort
und Stelle aus 5,5 mm dicken Drähten gesponnen. Wenn die Brücke
fertig ist, werden insgesamt 115 Millionen Meter Draht verarbeitet sein,
was dem dreifachen Erdumfang am Äquator entspricht. Die beiden gigantischen
Brückentürme, Pylonen genannt, ragen 254 m über die
Wasseroberfläche, das ist sechsmal so hoch wie die New Yorker
Freiheitsstatue! Der Abschluss der Bauarbeiten und die Eröffnung der
Straßenverbindung werden innerhalb des Jahres 1998 erwartet. Das gesamte
Projekt kommt übrigens ganz ohne staatliche Mittel aus: die immensen
Baukosten werden durch die Nutzungsgebühren der Dänischen Staatsbahnen
und die für jede PKW- und LKW-Überfahrt erhobene Maut refinanziert.
Im sehr interessanten Ausstellungszentrum wurden die verschiedenen Baustufen
der Teilprojekte mit den verwendeten Maschinen und Materialien durch Schautafeln
mit Fotos, Texten, beweglichen Modellen der Spezialmaschinen und Proben der
verwendeten Materialien erläutert. An jedem "Stand" gab es einen Monitor,
auf dem ein Video zum behandelten Thema gezeigt wurde; abwechselnd in
dänisch, englisch, französisch und deutsch.
Einige km südlich
von Nyborg liegt Schloss Holckenhavn,
einer der schönsten Renaissance-Herrensitze Dänemarks. Das prachtvolle
Gebäude wurde 1590 erbaut und 1631 erweitert. Seit 1671 besitzt die
Familie Holck das Schloss mit dem 12 ha großen, teilweise unter Naturschutz
stehenden Park. Das Innere des eindrucksvollen Schlosses ist gar nicht,
der Park nur dienstags und samstags für die Öffentlichkeit
zugänglich. Heute war Donnerstag, also eigentlich geschlossen. Wir gingen
jedoch einfach durch das weit geöffnete Tor hinein und spazierten ein
wenig in den schönen Gartenanlagen herum. Sehr gut gefiel uns der kleine
See, an dessen gegenüberliegendem Ufer einige Reiher standen.
Fahrt an die Nordostspitze Fünens: Ladby, Kerteminde, Viby, die
"Mårhøj Jættestue" und Fyns Hoved
Im Nordosten der Insel
fuhren wir an riesigen Feldern und Wiesen vorbei durch kleine Ortschaften
mit malerischen Häuschen und gepflegten Gärten. Eine Besonderheit
dieser Gegend schienen die großen Gewächshäuser zu sein,
in denen wir Tomatenpflanzen ausmachten. Hinter Radstrup folgten wir einer
langen Allee mit sehr schönen alten Bäumen zum
Schloss Ulriksholm. Weiter als bis zum
Schlosstor mit den "Privat"- und "Fotografieren Verboten"-Schildern gelangten
wir allerdings nicht. Von drinnen bellte auch schon ein Wachhund. Das aus
der Mitte des 17. Jahrhunderts stammende Hauptgebäude im Stil der
Renaissance, dessen Vorderfront ein achteckiger Turm schmückt, war wegen
der vielen Büsche und Bäume vom Tor aus leider nur teilweise zu
sehen.
Nördlich von Ladby wurde 1935 ein aus der Mitte des
10. Jahrhunderts stammendes Wikinger-Schiffsgrab entdeckt. In einem
reetgedeckten ehemaligen Bauernhaus, das neben der Kasse auch eine kleine
Wikingerausstellung beinhaltet, kauften wir die Eintrittskarten, betrachteten
dann die Ausstellung und suchten anschließend nach dem Zugang zum
Ladbyschiff (Ladbyskibet), den wir hier im oder am Haus vermuteten. Doch
die Kassiererin schickte uns hinaus und ein ganzes Stück vom Haus weg
zum Kertemindefjord; dort sei der Hügel mit dem Schiffsgrab.
Also wanderten
wir an einem Feld entlang und folgten dann dem in Richtung Wasser führenden
Pfad zum Grabhügel. Der Eingang befand sich auf der dem Wasser zugewandten
Seite und bestand aus einer Glasfront mit automatischer Tür. Außer
uns war hier niemand und schon gar kein Kartenkontrolleur; die Betreiber
des Museums verließen sich anscheinend darauf, dass alle Besucher
zunächst oben im Bauernhaus den Eintritt zahlten.
Drinnen führte ein Gang rund um das von einem riesigen Glaskasten
geschützte Ladbyschiff. In diesem 21,6 m langen und 2,85 m breiten Schiff
ging Mitte des 10. Jahrhunderts ein angesehener Wikingerhäuptling mit
11 Pferden, 5 Jagdhunden, diversen Textilien und allerlei Gerätschaften
auf seine letzte Reise. Das wegen der niedrigen Bordwand und der kaum abgenutzten
Riemen wohl nur für kurze Fahrten und nicht für kühne Seereisen
benutzte Schiff wurde nach der Beisetzung mit einem Erdhügel bedeckt.
Wegen einer noch in der Wikingerzeit erfolgten Plünderung hat man bei
der Ausgrabung keine Waffen und Schmuckstücke mehr gefunden.
Im Laufe der Jahrhunderte war das Holz zerfallen, so dass nach fast 1.000 Jahren nur
noch die Abdrücke des Schiffes in der Erde zu sehen waren. Mit Hilfe
der an den ursprünglichen Stellen liegenden Eisennägel, die einst
die Planken zusammenhielten, gelang den Archäologen jedoch in
mühevoller Kleinarbeit eine authentische Rekonstruktion. Nachbildungen
der einzelnen Teile sind heute auf den über dem Schiffsrumpf befestigten
Schautafeln zu bewundern. Außerdem enthalten diese Tafeln Zeichnungen
und Erläuterungen zu den Forschungsergebnissen.
Etwa 500 hier gefundene Beigaben und kleinere Schmuckstücke, die die Räuber der Wikingerzeit
übersehen oder wegen ihres geringeren Wertes liegengelassen hatten,
werden heute im Kopenhagener Nationalmuseum gezeigt. Nach Abschluss der
Ausgrabungsarbeiten wurde über dem einzigen bekannten Wikingerschiffsgrab
Dänemarks eine elektrisch beleuchtete Betonkuppel errichtet und das
Grab so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Wir fanden das Ladbyschiff sehr beeindruckend; vor allem die über dem
Schiff aufgehängten Schautafeln mit den umfassenden Erläuterungen
waren sehr informativ. Hier wurde auch immer wieder auf andere
Wikingerschiffsgräber bezug genommen, insbesondere auf die Osloer
Wikingerschiffe Gokstad und Oseberg. Eine Restaurierung wie bei den norwegischen
Schiffen war hier allerdings nicht möglich, da das Schiff nur seine
Abdrücke im Boden hinterlassen hat.
Die Geschichte von Kerteminde reicht bis ins Mittelalter
zurück. 1412 zum ersten Mal urkundlich erwähnt, erhielt der Ort
im Jahr darauf bereits die Handelsrechte. Während der Schwedenkriege
(1657-60) kam die blühende Entwicklung zu einem plötzlichen Stillstand.
Kerteminde wurde weitgehend zerstört und verfiel zur Bedeutungslosigkeit.
Die Erholung des Städtchens ging nur langsam voran, zumal es durch die
Einweihung des Odense-Kanals 1804 seine Stellung als Verladehafen für
Odense verlor. Neuen Aufschwung brachte im 19. Jahrhundert der aufstrebende
Fischereisektor. Die geschlossene, harmonische Architektur der Innenstadt
mit ihrem weitgehend unzerstörten historischen Stadtkern macht Kerteminde
zu einem der schönsten Orte auf Fünen. Neben dem modernen Yachthafen
und einem langen Sandstrand findet man in der Umgebung schöne Naturgebiete
wie z. B. die nördlich der Stadt gelegene Halbinsel Hindsholm.
Die St. Laurentius-Kirche wurde 1476 erbaut
und ist heute das älteste Gebäude der Stadt. Uns gefielen vor allem
die Altartafel und die bunt bemalte Kanzel; beide sind reichlich mit funkelndem
Gold verziert. Eines der beiden Votivschiffe trägt viele kleine
Danebrog-Flaggen und erinnert an die tragische Seeschlacht in der Køge
Bucht vor Seeland im Jahre 1710, in der das ebenfalls mit dem Danebrog geschmückte Originalschiff gegen die Schweden kämpfte.
Das Stadtmuseum Farvergården befindet sich in einem schönen roten
Fachwerkhaus von 1630, das ursprünglich Teil einer vierseitig geschlossenen
Hofanlage war. Seine Eigentümer waren geachtete Bürger; zeitweise
diente der Hof auch als Pfarrhaus. Über 100 Jahre lang gehörte
das Gebäude dem Färbergeschlecht Hinke, daher stammt auch die
Bezeichnung Färberhof.
Das hier eingerichtete Museum enthält eine
stadtgeschichtliche Sammlung, Ausstellungen zu Fischerei und Handwerk sowie
zahlreiche Kunstwerke, darunter Gemälde des aus Kerteminde stammenden
Malers Johannes Larsen. Der freundliche Kassierer machte uns darauf aufmerksam,
dass die Eintrittskarte für vier verschiedene Museen gelte; nur beim
ersten Museum zahle man den vollen Eintrittspreis, während bei allen
übrigen dann ein geringerer Eintritt erhoben würde. Eines dieser
vier Museen war das Ladbyschiff, wo wir auch genau solche Eintrittskarten
bekommen hatten - allerdings ohne einen Hinweis auf die mögliche
Mehrfachnutzung.
Im Inneren des Museums wanderten wir durch einige sehr schön eingerichtete
Wohnräume, darunter eine Bauernstube mit Inventar aus dem 19. Jahrhundert,
eine überwiegend im Empirestil eingerichtete Bürgerstube sowie
eine alte Küche mit offener Feuerstelle, eine Spielzeugausstellung und
die Werkstätten diverser Handwerker aus der Zeit um 1900.
Nach einer kleinen Pause im sehr schön angelegten Innenhof des
Gebäudes gingen wir durch die von schönen, guterhaltenen
Fachwerkhäusern gesäumte Langegade zum nicht weit entfernten alten
Kaufmannsladen Høkeren, in dem
man vom Salzhering über Bonbons und Schlittschuhe alles mögliche
kaufen kann. Sein Motto lautet: "Stets führend im Altmodischen!". Leider
war der Laden bereits für die Saison geschlossen; wir schauten aber
durch die zahlreichen Fenster hinein und sahen so annähernd alles, was
wir bei geöffneter Eingangstür natürlich genauer hätten
betrachten können.
Nördlich der Innenstadt besuchten wir die 1850 erbaute, strohgedeckte
Svanemølle (Schwanenmühle),
die der Maler Johannes Larsen vor dem Verfall bewahrte. Durch die weit
geöffnete Eingangstür gelangten wir hinein, ohne von irgend jemandem
auf Eintrittskarten angesprochen worden zu sein. Wahrscheinlich gehörte
die Mühle zum benachbarten Larsen-Museum, dessen Betreiber gar nicht
auf den Gedanken kamen, dass es Besucher geben könnte, die zwar die
Mühle, nicht aber das Museum besichtigen möchten. Wir kletterten
jedenfalls in allen Stockwerken herum und wanderten auch einmal rund um den
"Mühlenbalkon" im ersten Obergeschoss.
Draußen neben der
Eingangstür stand eine Verkaufskiste mit abgepacktem Obst, wie wir sie
bereits an vielen Bauernhöfen gesehen hatten. Ein Pappschild gab Auskunft
über die für die einzelnen Waren zu zahlenden Preise. Wir entschieden
uns für Äpfel und Pflaumen und steckten das dafür verlangte
Geld in die neben der Kiste bereitgestellte Büchse.
Auf der Halbinsel Hindsholm schauten wir uns das
ganz unter Denkmalschutz stehende Dörfchen
Viby an. Am Ortsrand hielten wir kurz
an der Viby Mølle, eine von
Dänemarks größten und besterhaltenen holländischen
Windmühlen. Sie wurde 1873 erbaut und in den 80er Jahren unseres
Jahrhunderts gründlich restauriert. Weil wir uns erst vorhin in Kerteminde
die Svanemølle in allen Einzelheiten angeschaut hatten, beschlossen
wir, auf die Besichtigung dieser Mühle zu verzichteten.
Obwohl unser Reiseführer Viby "eines der schönsten
Dörfer auf Fünen" nannte, machte der Ort auf uns keinen sonderlich
anderen Eindruck als andere Dörfer der Insel. Hier gab es zwar einige
sehr schöne, reetgedeckte Bauernhäuser und -höfe, aber eine
ganze Anzahl von Häusern war genau wie in anderen Orten mit Schindeln
oder Pfannen gedeckt.
Die weißgetünchte, etwas erhöht gelegene
Kirche von Viby zeichnet sich durch einen
eigentümlichen, 1718 über der Vierung erbauten Fachwerkturm aus,
der als architektonische Rarität gilt. Wegen der großzügigen
Verwendung von Holz in warmen Farbtönen und die durch die breiten, mit
dezenten grafischen Mustern geschmückten Rundbogen niedrig wirkende
Gewölbedecke fanden wir ihren Innenraum sehr gemütlich. Am
videoüberwachten (!) Verkaufsstand des Bauernhofes schräg
gegenüber der Kirche erstanden wir einen Karton Eier, dann setzten wir
unsere Fahrt in Richtung Norden fort.
Nach etwa 10 km auf kleinen und kleinsten Nebenstraßen erreichten wir das etwa in der Mitte der
Halbinsel Hindsholm gelegene Stubberup, dessen Kirche, auch "weiße
Jungfrau" (den hvide Jomfrue) genannt, schon seit dem Mittelalter als weithin
sichtbares Seezeichen bekannt ist. Das aus Ziegeln erbaute Kirchenschiff
entstand in spätromanischer Zeit, der Turm und der Vorraum während
der Renaissance. Uns gefielen vor allem die sehr schöne, von 1655 stammende
Holztür zwischen Vorraum und Kirchenschiff, die Kanzel mit Schalldeckel
und die Altartafel, die alle kunstvoll geschnitzt und ganz in blau mit Gold
gehalten waren.
Auch in dieser Kirche hingen natürlich wieder Votivschiffe.
An den Wänden und Rundbögen waren Zeichnungen und Inschriften aus
früherer Zeit zu bewundern, die man bei einer Restaurierung entdeckt
und freigelegt hatte. Im Vorraum lag eine Kirchenbeschreibung in deutscher
Sprache aus, die wir nach Abschluss unserer Besichtigung wieder
zurücklegten.
Nordöstlich von Martofte liegt mitten in den Feldern
Mårhøj Jættestue,
das größte prähistorische Einkammerkuppelgrab Dänemarks.
Ins Innere des aus der jüngeren Steinzeit stammenden Grabhügels
gelangten wir durch einen niedrigen, 7 m langen Gang. Die aus riesigen
Feldsteinen bestehende Grabkammer ist ziemlich groß; ihre Länge
beträgt mehr als 10 m und sie ist so hoch, dass man drinnen fast aufrecht
stehen kann. Im Inneren der Jættestue ist es logischerweise stockfinster;
wir hatten aber den Rat unseres Reiseführers befolgt und Taschenlampen
mitgenommen. Außerdem fanden wir in der Nähe des Eingangs eine
Kerze, mit der wir die zahlreichen, noch nicht ganz abgebrannten Teelichte,
die im Inneren der Kammer verstreut waren, für ein Foto anzündeten.
Wieder draußen, kletterten wir hinauf auf den Hügel,
von dem sich ein weiter Blick über die sehr flache, leicht gewellte
Landschaft bot. In einigen Abständen sahen wir weitere Hügel, die
sich von dem unter uns eigentlich durch nichts unterschieden. Wir fragten
wir uns unwillkürlich, ob man darin wohl auch schon nach einem
prähistorischen Grab gesucht hatte und wenn ja, warum sich dann nur
in diesem hier ein Grab befand.
Immer weiter nach Norden durch die immer einsamer werdende Landschaft fahrend,
erreichten wir schließlich Fyns Hoved, die äußerste Spitze
der Halbinsel Hindsholm, die gleichzeitig die nördlichste Spitze Fünens ist. Wir spazierten
zunächst über die südlichere der beiden durch eine schmale
Landbrücke miteinander verbundenen Halbinseln, die den westlichen Teil
von Fyns Hoved bilden. Hier war die Landschaft noch ziemlich flach und wir
wanderten dicht am Strand auf der Westseite entlang.
Im Osten erstreckt sich
eine weitere, langgestreckte Landzunge, wodurch eine fast kreisrunde Lagune
gebildet wird, die großen Vogelschwärmen als bevorzugter Rast-
und Brutplatz dient. Momentan waren allerdings nur wenige Vögel zu sehen
- wahrscheinlich muss man im Frühling hierherkommen, um die Brutzeit
mitzuerleben oder viel später im Herbst, um rastende Zugvögel zu
sehen. Wir lasen jedoch später, dass zu diesen besonderen Zeiten das
gesamte Gebiet gesperrt wird, um die Vögel nicht zu stören.
Drüben auf der nördlicheren Halbinsel angekommen,
stieg das Land an und der Pfad verlief in luftiger Höhe über dem
steil abfallenden, sandigen Ufer, das nur ganz unten, direkt am Wasser einen
wenige Meter breiten Kiesstreifen aufwies. Keine besonders angenehme Vorstellung,
mit einer Fuhre abbröckelnden Sandes hinunterzurutschen! Allerdings
hatte man von hier oben einen fantastischen Ausblick aufs Meer, auf dem nur
ab und zu ein Frachter oder ein Fischerboot zu sehen war.
Dieser nördliche
Landzipfel mit seiner kargen Vegetation erwies sich als viel größer,
als wir nach der Karte gedacht hatten, denn der Pfad schlängelte sich
einige Kilometer weit nach Norden.
Das Wetter hätte heute übrigens nicht schöner sein können:
die Sonne schien und es wehte nur ein ganz leichter Wind.
An der äußersten Spitze war das Ufer nicht mehr
ganz so hoch und fiel auch etwas flacher ab, so dass man problemlos zum Strand
hinuntergelangen konnte, wo einige Angler hüfttief im doch sicherlich
nicht gerade warmen Nass standen. Vor uns lag nun die weite, von hier aus
endlos scheinende Wasserfläche zwischen Fünen und der etwa 17-18
km entfernten, dem dänischen Festland vorgelagerten Insel Samsø.
Der Rückweg zum Parkplatz führte uns an der Ostseite der Halbinsel
entlang. Von hier aus schauten wir auf den nördlichsten Teil des Store
Bælt. Irgendwo hinter dem Horizont, etwas mehr als 30 km entfernt,
musste die dänische Hauptinsel Seeland liegen. Am nach einiger Zeit
langsam wieder flacher werdenden Strand gab es Unmengen von großen,
kleinen und kleinsten Steinchen, aus denen wir eine beträchtliche Anzahl
von besonders schönen Exemplaren heraussuchten, um sie mit nach Hause
zu nehmen.
Fahrt über Vissenbjerg nach Bogense an der Nordküste von Fünen
An einem Regentag starteten
wir - abermals durch Dörfer mit wunderschönen alten
Fachwerkhäusern und mehrflügeligen Höfen - nach Vissenbjerg,
wo ein Aquarium und ein Terrarium anzuschauen waren. Unterwegs warfen wir
bei Glamsbjerg einen Blick auf Schloss Krengerup, das als der schönste
neuklassizistische Herrensitz
Dänemarks gilt, aber nicht zu besichtigen ist. Der Mittelteil des
zweigeschossigen Gebäudes wird durch vier korinthische Pilaster (Halbpfeiler
mit Basis und Kapitell) betont; darüber befinden sich auf dem Dachsims
Vasen, Wappen und ein Füllhorn. Weiter ging es durch mehrere kleine,
meist nur aus ein paar Häusern bestehende Ortschaften und am schönen,
malerisch mitten im Wald gelegenen, aber leider für Besucher ebenfalls
nicht zugänglichen Schloss Erholm vorbei.
Im nordwestlich von Vissenbjerg gelegenen
Fyns Akvarium wanderten wir langsam an
den 27 verschiedenen Becken mit einer äußerst artenreichen Sammlung
von heimischen und exotischen Fischen entlang. Insgesamt wurden 300 Fischarten,
darunter sowohl Süßwasser- als auch Meeresfische, gezeigt. Neben
einigen sehr großen Becken, deren Dekoration eher dürftig ausgefallen
war, gab es eine ganze Anzahl mittelgroßer Becken, die sehr schön
mit Korallen und bunten, meist aus tropischen Gewässern stammenden Fischen
eingerichtet waren.
Auf uns machte die Anlage einen nicht besonders gepflegten
Eindruck; in manchen Becken war das Wasser schon ziemlich trüb und
hätte dringend gewechselt werden müssen. Die Attraktion des Aquariums
bestand aus vier kleineren Haien in einem zwar verhältnismäßig
großen, gegen die Weite ihrer Heimat, des karibischen Meeres, aber
nicht vergleichbaren Becken. Die Tiere schwammen mehr oder weniger stumpfsinnig
im Kreis und wechselten nur manchmal die Richtung, in der sie an der großen
Glasscheibe zum Besuchergang vorbeiglitten. Durch das trübe Wasser waren
sie drüben auf der anderen Seite fast nicht mehr zu erkennen.
Seitlich des Gebäudes konnte man durch einen langen Gang an einer ganzen
Reihe von überdachten Gitterverschlägen entlanggehen, in denen
jeweils mehrere Exemplare verschiedener Hühnerrassen, Fasane, Pfauen
und andere Vertreter der Tiergattung "Geflügel" eingesperrt waren. Im
Inneren der Verschläge war von Gras keine Spur und alle Tiere wirkten
nicht gerade so, als ginge es ihnen hier besonders gut.
Nur wenige km weiter südlich schauten wir uns anschließend das
Terrariet Vissenbjerg mit Skandinaviens
größter Sammlung von Lurchen, Krokodilen, Schlangen, Leguanen,
Fröschen und vielen anderen Arten von exotischen Tieren an. Neben
geschlossenen Terrarien für die kleineren Exemplare gab es auch durch
Wassergräben und Mauern gesicherte offene Gehege, in denen
größere Tiere wie z. B. die Leguane lebten. Den verschiedenen
Erläuterungstafeln war zu entnehmen, dass in diesem Terrarium sogar
bei einigen Tierarten die in Gefangenschaft sehr schwierige Nachzucht gelungen
ist.
Sehr gut gefielen uns zwei aus Südamerika stammende,
nebeneinander auf einem Ast hockende grasgrüne Frösche, die zu
grinsen schienen. Auch ein mittelgroßes Terrarium mit wieselflink
umherhuschenden Seidenäffchen fesselte unsere Aufmerksamkeit. Etwas
störend fanden wir nur den beißenden Geruch der Reptilien, der
in allen Räumen hing. In den eigentlich nur für den Sommer gedachten
Freigehegen (der Regen hatte gerade eine Pause eingelegt) waren noch einzelne
Tiere wie Nasenbären, Schildkröten und ein Iltis zu sehen. Einige
Ziegen, die zu einer Art "Streichelzoo" gehörten, kamen nur bis an ihre
Stalltür; wahrscheinlich war es ihnen draußen noch zu nass.
Nachdem wir auch hier alles gesehen hatten, entschieden wir
uns wegen des regnerischen Wetters gegen einen Besuch auf dem
Aussichtspunkt Vissenbjerg, einem mit
129 m für die ansonsten recht flache Insel bereits ziemlich hohen Berg,
von dem man an klaren Tagen eine schöne Aussicht über Nordfünen
haben soll. Stattdessen fuhren wir zurück zur Str. 329 und folgten ihr
weiter nach Norden, in Richtung Bogense. Etwa 3 km südöstlich der
Stadt kamen wir am alten, aus dem 13. Jahrhundert stammenden und bereits im
Mittelalter erstmals urkundlich erwähnten
Gutshof Harritslevgård vorbei.
Zu dem schon ziemlich verfallen wirkenden Gebäude, dessen älteste
Teile von 1606 stammen, hat die Öffentlichkeit keinen Zutritt, weshalb
wir auch gar nicht erst anhielten, sondern gleich weiterfuhren.
Bogense war im Mittelalter ein bedeutender Fährhafen für den Schiffsverkehr
mit Jütland und der zweitgrößte Ort auf Fünen; bereits
1288 erhielt es die Stadtrechte und war um das Jahr 1500 eine der führenden
Kaufmannsstädte Fünens. Das Bild der heute kleinsten Stadt Fünens
wird durch gut erhaltene Fachwerkhäuser des 17.- 19. Jahrhunderts,
malerische Gassen wie die Østergade oder die Adelgade, den idyllisch
durch die Stadt verlaufenden Bach und die Fischerboote im Hafen geprägt.
Am Ende der Adelgade steht eine Kopie der berühmten Brüsseler
Springbrunnenfigur "Manneken Pis". Der im 19. Jahrhundert angelegte
Fischereihafen wird auch heute noch von vielen Kuttern angelaufen. Mitte
der 70er Jahre wurde er durch einen Yachthafen ergänzt.
Grund zur Bewunderung bietet das Meer bei Bogense, denn hier geht das
verhältnismäßig ruhige Binnenmeer Kattegat in eine enge
Meeresstraße, den Kleinen Belt über. Die Stadt ist heute noch
von Kanälen, fruchtbaren Landwirtschaftsflächen und Wassermühlen
umgeben. Daneben gibt es Wiesen, Wälder und ausgedehnte Strände,
von denen aus man an klaren Tagen bis nach Jütland und zu den Inselchen
Æbelø und Endelave sehen kann.
Wir parkten in der Adelgade, holten die Schirme aus dem Kofferraum und starteten
zur Stadtbesichtigung. Langsam an den Schaufenstern entlangschlendernd, gingen
wir durch einen Teil der Adelgade und anschließend durch die
Østergade mit dem alten, mit schwarzweißem Fachwerk und einem
schönen Erker versehenen Kaufmannshof aus der Renaissancezeit. Das in
der St. Annasgade gelegene alte Rathaus
gilt als typisches Beispiel der Monumentalarchitektur der 40er Jahre des
19. Jahrhunderts. Auf unserem Programm stand auch das
im in der Vestergade
gelegenen neuen Rathaus: ein kulturhistorisches Museum mit Volkstrachten,
Möbeln, Haushalts- und Handwerksgegenständen, Münzen,
Gemälden und archäologischen Funden aus Bogense und Umgebung, das
am heutigen Sonntag aber leider geschlossen war.
Durch mehrere kleinere Straßen gelangten wir zu Bogenses
größter Sehenswürdigkeit, dem
historischen Marktplatz. Rund um diesen
idyllischen, mit hohen Ulmen bestandenen Platz gruppieren sich bunte kleine
Bürgerhäuser vom Anfang des 19. Jahrhunderts. Auf der einen Langseite
wurde zwischen zwei schönen alten Häuschen gerade ein doppelt so
hoher, hässlicher Neubau errichtet - einfach scheußlich! Wir wunderten
uns, dass die Stadtverwaltung eine solche Verschandelung des historischen
Platzes zuließ.
Die am anderen Ende des Platzes gelegene
St. Nicolaikirche war trotz des
anderslautenden Aushanges geschlossen. Wir liefen einmal rundherum und
rüttelten an allen vorhandenen Türen - leider vergeblich. Diese
ursprünglich romanische Kirche, deren Chor und Mittelschiff aus Feldsteinen
bestehen und aus der Zeit um 1200 stammen, wurde in spätgotischer Zeit
um ihre aus Backsteinen errichteten Querschiffe erweitert. Charakteristisch
ist ihr mächtiger, ebenfalls im späten Mittelalter angebauter Ostturm,
der mit Schindeln bedeckt ist und noch heute als Seezeichen dient. Der Kirchturm
von Bogense ist übrigens nicht wie bei fast allen anderen dänischen
Kirchen der westlichste, sondern der östlichste Teil des Gotteshauses.
Zum sehenswerten Inventar der Kirche, das wir nun allerdings nicht zu sehen
bekamen, gehören ein Altar von 1588, ein romanisches Taufbecken und
eine Kanzel aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Vom Kirchhof
aus warfen wir einen Blick auf den direkt unterhalb der Mauer beginnenden
Strand und das ruhige Wasser des Meeres. Bei schönem Wetter hätte
man hier einen wunderbaren Strandspaziergang machen können, aber leider
mußten wir uns immer noch mit den Schirmen gegen den andauernden
Nieselregen schützen.
Zum Auto zurückgeschlendert,
verließen wir Bogense in östlicher Richtung. Nach kurzer Zeit
sahen wir in einiger Entfernung zur Straße inmitten der hier extrem
flachen Landschaft die restaurierte Pumpenmühle
Stegø Mølle aufragen, die
früher zur Entwässerung des eingedeichten Gebietes diente. Dann
erreichten wir die Abzweigung zum Gutshof Gyldensteen, den man aber leider
nur von außerhalb des
Eingangstores anschauen durfte. Der aus den 30er und 40er Jahren des 17.
Jahrhunderts stammende Besitz mit seinen charakteristischen Renaissancegiebeln
ist besonders schön gelegen und von breiten, fast schon seeartig
ausgedehnten Wassergräben mit schönen Seerosen umgeben. Vor dem
Eingangstor mit dem obligatorischen Privat-Schild informierte eine Tafel
interessierte Besucher über die Geschichte des Gutes. Unter anderem
stand hier, dass eine frühere Gutsherrin das Gebäude jeweils in
der Weihnachtsnacht gemieden habe - einer Sage nach solle nämlich
Gyldensteen in einer solchen Nacht im Wasser versinken.
Schloss Egeskov, Steinsetzungen von
Lindeskov, Gutshof Ravnholt und Schloss Brahetrolleborg
Kurz bevor wir das etwa 20 km von Fåborg entfernte
Schloss Egeskov erreichten, sahen wir
links der Straße die 1855 gebaute Egeskov Mølle.
Seit 1952 ist diese schöne und gut erhaltene
Windmühle in Dänemark sehr berühmt, denn sie ziert den damals
neugestalteten Zehnkronenschein, weshalb sie bis heute den Beinamen
10-Kronen-Mühle trägt. Die Zufahrt zum Schloss verläuft leider
nicht mehr über die schöne alte Allee mit ihrem fast geschlossenen
Blätterdach, sondern über eine etwas weiter westlich gelegene,
breitere Straße.
Schloss Egeskov ist die besterhaltene Wasserburg Europas.
Reichsmarschall Frants Brockenhuus ließ es in den Jahren 1524-54 auf
zwölftausend Eichenpfählen erbauen, die in den Grund des Sees gerammt
wurden; daher stammt auch der Name "Eichenwald". Die von französischen
Baumeistern beeinflusste Architektur des Gebäudes repräsentiert
die Übergangsphase vom Mittelalter zur Renaissance. Nach 1880 wurde
die Anlage durch zwei Türme und ein Portalgebäude ergänzt.
Dass Egeskov nicht friedlichen Zwecken diente, zeigen der Wehrgang, zahlreiche
Schießscharten und Pechausgusslöcher.
Das heute die pure Idylle ausstrahlende Schloss gehört
seit 1784 einer der bekanntesten dänischen Adelsfamilien, den Grafen
Ahlefeldt-Laurvig-Bille.Während der Fahrt hierher hatte ein leichter
Nieselregen eingesetzt, der jetzt jedoch aufhörte. Am Kassenhäuschen
wurden wir um ziemlich genau 25 DM pro Nase erleichtert und erwarben
zusätzlich noch den umfangreichen Schlossprospekt. Weil das Wetter im
Moment noch verhältnismäßig freundlich war, beschlossen wir,
uns zuerst die ausgedehnten, insgesamt 15 Hektar großen Parkanlagen
anzuschauen. Der Schlosspark von Egeskov wurde im Jahre 1730 angelegt und
in der Folgezeit immer wieder erweitert und verschönert. Er diente nie
als Privatpark, den nur die Schlossbesitzer und ihre Gäste betreten
durften, sondern war schon immer für Besucher geöffnet.
Vorbei an einer Sonnenuhr inmitten einer etwa 30 cm hohen Buxbaumhecken-Anlage
gingen wir zunächst durch den schön gestalteten
Wassergarten zum "größten
Labyrinth der Welt", das der Künstler
Piet Hein aus schnellwachsendem Bambus geschaffen hat. Es war gar nicht so
einfach, den richtigen Weg zum Aufgang des Aussichtsturms in der Mitte des
Labyrinths zu finden und wir irrten eine ganze Weile zwischen den knapp 3
m hohen, dichten Wänden herum. Muss ich noch extra erwähnen, dass
ich die letzte war, die endlich auch die Treppe zum Aussichtsturm erklimmen
konnte? Einen kleinen Trost für alle Nachzügler sollte wohl der
hier angebrachte Text darstellen, der besagte, dass die intelligentesten
Menschen die größten Schwierigkeiten hätten, den richtigen
Weg durch das Labyrinth zu finden.
Die einzelnen Gärten des Schlossparks sind von bis zu 4 m hohen, akkurat
geschnittenen Hecken aus Buxbaum, Buchen oder Linden eingefasst, deren maximales
Alter 255 (!) Jahre beträgt. Durch den in Hochbeeten angelegten
Kräutergarten gingen wir zum
Motorrad- und Veteranenmuseum. Dieses
1967 in der ehemaligen Scheune eröffnete Museum fällt schon von
weitem durch die auf den Schornsteinen befestigten Motorräder auf. Im
Laufe der Jahre hat es sich auf mehrere der umliegenden Wirtschaftsgebäude
ausgedehnt. Wir kamen zunächst durch eine Halle mit erstklassig erhaltenen
alten Motorrädern und Mopeds, dann folgte ein Kuriositätenmuseum
mit einer ganzen Reihe alter Fernseher, Radios und diversen anderen
Gebrauchsgegenständen. Im benachbarten Veteranenmuseum stehen sehr viele,
auf Hochglanz polierte, wunderschöne alte Autos - richtige
Schmuckstücke.
Etwa ein Drittel der Exponate gehören dem Museum; die
übrigen wurden von Hobbysammlern, Institutionen und Clubs aus
Dänemark, England und Deutschland als dauerhafte Leihgabe zur
Verfügung gestellt. Neben Autos, Motoren und mechanischem Zubehör
ist in der großen Scheune sogar eine schöne Sammlung von Flugzeugen
und Flugzeugdetails wie z. B. den Cockpits eines Starfighters und eines
Verkehrsflugzeuges zu bewundern. Neben einem alten Doppeldecker-Bus aus Bristol,
der die Ausstellung sogar noch auf "eigenen Rädern" erreichte, gefiel
uns besonders ein ganz altes Wohnmobil, das sehr gemütlich und sogar
schon mit eigener Toilette eingerichtet war.
Direkt gegenüber schauten wir uns das 1990 in einem weiteren
Nebengebäude eingerichtete Landwirtschaftsmuseum an. Mittels der
früher verwendeten Geräte und Maschinen
wird hier der Arbeitsgang eines Jahres in der Landwirtschaft gezeigt. In
diesem langgezogenen Gebäude steht auch Egeskovs umfangreiche Sammlung
von Pferdewagen, Kutschen und Schlitten. Dann wanderten wir durch den
großen, mit schönen alten Bäumen bestandenen und schräg
zum Schlosssee abfallenden Englischen Garten im Nordwesten des Schlosses.
Daran schließt sich
das aus gestutzten Buchenhecken bestehende, mehrere hundert Jahre alte
Labyrinth an, das ab und zu kräftig
beschnitten werden muss, um zu überleben. Diese Anlage konnten wir von
einer eigens zu diesem Zweck aufgestellten Plattform aus überblicken.
Momentan schien es nicht ratsam, hineinzugehen, denn die Hecken waren wohl
den gesamten Sommer über unkontrolliert gewachsen und ihre Äste
ragten weit in die Wege hinein.
Den Mittelpunkt des Renaissancegartens bildet eine große,
aus niedrigen Buxbaumhecken bestehende
französische Lilie. Als "Hintergrund" dieser Figur dient roter Kies,
wodurch die Lilie sehr plastisch erscheint. Neben einem Springbrunnen fielen
uns hier vor allem die merkwürdigen "topiaries"-Figuren auf; das sind
Buxbäumchen, verschnitten zu Spiralen, Eichhörnchen, Pfauen und
Pyramiden. Zum Gesamtbild des Gartens passten sie ja sehr gut, aber jede
Figur für sich genommen wirkte doch sehr künstlich und schien vor
allem kaum noch etwas mit dem ursprünglichen Bäumchen zu tun zu
haben. Der zur Zugbrücke an der Nordostseite des Schlosses hin gelegene,
größte Teil dieses Gartens war übrigens durch ein Seil
abgesperrt, so dass Besucher nicht näher an die heruntergelassene
Brücke herankommen konnten. Wie wir aus den darauf aufgestellten
Gartenmöbeln schlossen, diente die Brücke den Schlossbewohnern
anscheinend als private Terrasse.
Jetzt folgte der im 17. Jahrhundert streng symmetrisch angelegte
Küchengarten, der alles enthielt,
was man für einen großen Haushalt brauchte: Gemüse für
die Küche, Blumen für die Säle und wohlriechende Kräuter
für die Wäscheschränke. Mit seiner rein biodynamischen und
ökologischen Pflege, also ganz ohne Chemikalien, war er seiner Zeit
weit voraus. Im Fuchsiengarten betrachteten
wir die größte Fuchsiensammlung Europas, die aus etwa 75 in Farbe
und Form reich variierten Arten besteht. Wie uns eine hier beschäftigte
Gärtnerin erklärte, sind die teilweise fast schon die Höhe
kleinerer Bäumchen besitzenden Pflanzen samt Kübeln eingegraben
und werden im Herbst herausgenommen, um den Winter in großen
Treibhäusern zu verbringen.
Rund um die alte Orangerie, die nun im Sommer als Cafeteria dient, gruppieren
sich die Rabatten des schön gestalteten
Rosengartens. Neben vielen anderen Sorten
wächst hier die 1982 getaufte, rosa
Egeskov-Rose, deren korrekter Name "Rosa Polyantha Egeskov" lautet. Wie wir
in unserer Beschreibung lasen, ist Egeskov für sein feines, an den Kiosken
erhältliches Rosengelee berühmt. Außerdem entnahmen wir dem
Heft, dass in Schloss und Park insgesamt 34 Angestellte damit beschäftigt
sind, alles zu hegen und zu pflegen.
Nun wandten wir uns dem Schloss zu, das wir auf unserem Rundweg durch die
verschiedenen Gärten bereits von allen Seiten betrachten konnten. Von
der kleinen Eingangshalle aus ging es zunächst in das "Jagtstuen", also
Jagdzimmer genannte, große Arbeitszimmer des Großvaters des heutigen
Eigentümers. Der Raum zeugt von der großen Liebe des Grafen zu
Afrika und zur Jagd, denn er ist voller Trophäen und völkerkundlicher
Gegenstände, die er aus Ostafrika und dem Kongo mitgebracht hat. Es
folgte "Den Gule Stue", das gelbe Zimmer, ein ganz in französischem
Stil mit Möbeln aus der Zeit von Louis XVI eingerichteter Raum mit
zitronengelben Gardinen an den zahlreichen Fenstern.
Dann stiegen wir über die in einem Turm untergebrachte Treppe hinauf
in den ersten Stock und betraten den großen Rittersaal, der jedes Jahr
den festlichen Rahmen für die weithin bekannten Egeskover Sommerkonzerte
bietet, weshalb er auch jetzt mit langen Stuhlreihen und einer kleinen
Bühne mit Flügel versehen war. Mit seiner dunklen, durch die schwere
Last ein wenig gebogenen Holzbalkendecke und den großen Gemälden
über schweren Eichentruhen sah der Saal sehr schön aus. Während
die eine Langseite des Rittersaales durch große, viel Licht hereinlassende
Fenster unterbrochen wird, führen auf der anderen Seite mehrere
Rundbogentüren in verschiedene Wohn- und Schlafräume.
Eines dieser Zimmer ist die Rigborgstuen: Rigborg, die 1579 geborene Enkelin
von Frands Brokenhuus, dem Erbauer von Egeskov, kam an den Hof des Königs
und lernte dort den jungen Frederik Rosenkrantz kennen. "Sie kamen einander
so nahe, dass sie durch einen unglücklichen Unfall mit einem Sohn
niederkam". Dieser Skandal wurde vor Gericht verhandelt und Rigborg, der
man das Baby sofort weggenommen hatte, wurde zur "Einmauerung" (strenger
Stubenarrest) verurteilt. 5 Jahre lang musste sie daraufhin im Rigborgzimmer
leben. Das ursprüngliche Urteil für Frederik Rosenkrantz lautete,
dass ihm zwei Finger abgehackt werden sollten. Er erreichte jedoch, dass
er stattdessen mit Verlust der Ehrenrechte ins Ausland gehen durfte.
Vom benachbarten Turmzimmer aus bot sich ein schöner Blick auf den
schräg unter uns liegenden Renaissancegarten mit der französischen
Lilie, die von hier oben wirklich toll aussah. Für ein Foto hätte
man einfach nur eines der bleiverglasten Fenster öffnen müssen,
doch wir waren nicht sicher, ob wir damit nicht etwa die Alarmanlage
auslösen würden und ließen es deshalb lieber bleiben.
Die weiteren hier zu besichtigenden Räume waren ein Musikzimmer mit
einer Sammlung schöner alter Chippendale-Möbel, das als
Gästezimmer eingerichtete Hofmeisterzimmer und die Admiralens Stue mit
holländischen Möbeln, japanischen Vasen und zahlreichen Portraits
dänischer Könige. Nun folgte der Jagtgangen, ein nach den hier
aufgehängten Jagdtrophäen und Jagdwaffen aus aller Herren Länder
benannter Flur. In einer Vitrine am Fenster ist der in einem zu Egeskov
gehörenden Moor gefundene, älteste Langbogen Dänemarks
ausgestellt. In einem großen Eichenholzschrank am Ende des Ganges befindet
sich eine Toilette, ein sogenanntes "geheimes Örtchen". In alten Zeiten
fragte man nämlich nicht nach der Toilette, sondern nach dem "Schrank".
Nun warfen wir noch einen Blick in die Klunkestue, das Plüsch- und
Rüschenzimmer. Dieser Raum wurde aus Möbeln, Gemälden, Fotos,
Nippes, Gardinen und Teppichen aus dem Familienbesitz eingerichtet. Wir Besucher
konnten das Zimmer nicht betreten, sondern lediglich durch zwei mit halbhohen
Gittern verschlossene Türöffnungen hineinsehen. Insgesamt waren
wir vom Inneren des Schlosses eher enttäuscht, denn von den 66 Zimmern
war leider nur eine sehr kleine Auswahl öffentlich zugänglich,
die (mit Ausnahme des Jagdzimmers im Erdgeschoss) außerdem sehr
unpersönlich wirkten und beispielsweise dem Vergleich mit den Räumen
von Valdemars Schloss nicht standhielten.
Zum Abschluss unserer Besichtigung stiegen wir über die Treppe hinauf
auf den Dachboden, wo eine interessante Fotoausstellung über die 1987
durchgeführte Dachrestaurierung zu betrachten war. Unter einer der
Turmspitzkonstruktionen sahen wir den Træmanden, den "hölzernen
Mann" liegen. Mit dieser Bubenfigur von unbekannter Herkunft ist eine Sage
verknüpft: sollte der Træmanden von seinem Platz weggetragen werden,
versinkt das Schloss in der darauffolgenden Weihnachtsnacht im Schlosssee.
Ein Foto von den Restaurierungsarbeiten zeigte, dass die Figur auch während
dieser Zeit an ihrem Platz geblieben und mit einer eigens gefertigten Kiste
gegen Schmutz und Staub geschützt worden war.
Nach Osten weiterfahrend, hielten
wir kurz vor der Ortschaft Ørbæk am
Schloss Ørbæklunde. Mit
dem achteckigen Treppenturm, den geschwungenen Renaissancegiebeln und einem
Wehrgang mit Schießscharten über dem zweiten Stockwerk hat das
Schloss sein Aussehen aus der Zeit um 1560 weitgehend bewahrt. Leider sind
weder das Gebäude noch der Park öffentlich zugänglich. Obwohl
bereits die Zufahrt als Privatweg ausgeschildert war, fuhren wir trotzdem
bis auf den Vorhof, von wo aus man jedoch nur die weniger schöne Nordseite
des Gebäudes betrachten konnte. Die prachtvolleren Fassaden befinden
sich an den West- und Ostseiten, die wir nur von der in einiger Entfernung
am Schloss vorbeiführenden Straße aus zu sehen bekamen.
Wenige km westlich von Ørbæk
liegen die Steinsetzungen von Lindeskov.
Hierbei handelt es sich um sieben Steindolmen und ein Hünengrab. Wir
fuhren zunächst zur Jættestue, dem längsten erhaltenen
Hünengrab Dänemarks. Es ist 168 m lang, 10 m breit und wird von
126 Begrenzungssteinen eingefasst. Von den fünf Grabkammern in seinem
Inneren ist nur diejenige am Nordende sichtbar.
Wegen des leichten Nieselregens, der vor kurzer Zeit wieder
eingesetzt hatte, verzichteten wir auf eine genauere Untersuchung des etwa
1 m hohen, langgestreckten und grasbewachsenen Hügels, der zudem auch
kein geeignetes Fotoobjekt war. Zur Straße zurückgekehrt, trafen
wir nach wenigen hundert Metern auf die eindrucksvolle Steinsetzung Langdyssen.
Handelte es sich bei diesen aufeinandergetürmten Riesensteinen wohl
auch um eine Begräbnisstätte oder eher um einen religiösen
Platz, an dem den Göttern Opfer dargebracht wurden?
Wir fuhren nun weiter zum Gutshof Ravnholt, der seinen Namen nach
einer Rodung im Wald erhielt, wo einst die Raben ihre Nester bauten. Zum
Hauptgebäude, dessen ältester Flügel von 1592 stammt, führen
drei malerisch das gewaltige Rittergut durchziehende Alleen: eine aus Kastanien,
die zweite aus Ulmen und die dritte aus Rotdorn. Heute ist Ravnholt eines
der größten und ältesten Erbgüter Dänemarks. Der
weitläufige, von Waldstücken und kleinen Seen durchzogene Park
sollte laut Reiseführer teilweise der Öffentlichkeit zugänglich
sein, wir fanden jedoch außer der mit Privat-Schildern versehenen Auffahrt
zum Gutsgebäude keinen Eingang.
In der kleinen Stadt Ringe schauten wir uns zunächst
die ursprünglich romanische Kreuzkirche aus dem 12. Jahrhundert, die
später im gotischen Stil umgebaut wurde, an. Drinnen übte gerade
ein Kinderchor, weshalb wir uns nur kurz umschauten und dann wieder hinausgingen.
Das in der benachbarten Boltinggård Landschule, einem strohgedeckten
Fachwerkhaus aus dem Jahre 1704 untergebrachte Stadtmuseum von Ringe war
leider geschlossen (nur Sonntags geöffnet). Wir machten noch einen kleinen
Spaziergang durch die Straßen der netten Kleinstadt und schauten uns
auch ein wenig in den Geschäften um.
Auf dem Rückweg nach
Fåborg kamen wir an den ziemlich ramponierten und unserer Meinung nach
abrißreifen Wind- und Wassermühlen von Lydinge vorbei und hielten
schließlich noch am Schloss Brahetrolleborg, das seit dem Ende des
18. Jahrhunderts im Besitz
der Familie Reventlow ist. Die Ostseite des mächtigen, bis ins 19.
Jahrhundert hinein mehrfach umgebauten, vierflügeligen Schlosskomplexes
bildet die Klosterkirche aus dem 13. Jahrhundert, deren Innenraum wir sehr
eindrucksvoll fanden. Das für Besucher nicht zugängliche Schloss,
dessen guterhaltene Wirtschaftsgebäude weiter östlich entlang der
Straße liegen, schien uns sehr renovierungsbedürftig zu sein.
Brahetrolleborg ging in die jüngere dänische Geschichte als der
erste Schauplatz der Bauernbefreiung ein: 1788 ließ der Gutsherr seine
Bauern das berüchtigte Holzpferd, den Schandpfahl und andere Instrumente
der Unterdrückung verbrennen und gab ihnen gleichzeitig die Freiheit.
Nach Nordwesten an den Kleinen Belt: Middelfart und Kolding
Middelfart ist eine der ältesten Städte Skandinaviens
(über 1.000 Jahre alt) und liegt am Nordwestzipfel von Fünen, an der schmalsten Stelle
des Kleinen Belts. Schon im Mittelalter war es ein wichtiger Fährhafen,
erhielt 1496 die Stadtrechte und wurde im 16. Jahrhundert zum Zentrum der
Tümmlerjagd im Kleinen Belt. Die kleine Stadt wuchs nur langsam, was
sich erst mit der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts und der Eröffnung
der ersten Brücke über den Kleinen Belt im Jahre 1935 änderte.
Ihr Bau war ein Wagnis gewesen, denn wegen der großen Wassermengen
und der verhältnismäßig engen Fahrrinne ist der Strom an
diesem Punkt ungeheuer stark.
Die alte Brücke, wie sie heute genannt
wird, misst gut 1 km, die größte freie Höhe von der
Wasseroberfläche beträgt 33 m und das Wasser ist an einigen Stellen
unter der Brücke 40 m tief. Mit ihren zwei Fahrbahnen wurde sie schnell
zu einem Flaschenhals für den Autoverkehr zwischen Fünen und
Jütland, weshalb eine neue, 1,7 km lange Autobahnbrücke mit
6 Fahrbahnen gebaut wurde, die 1970 vollendet war.
Das heutige Middelfart ist ein lebhafter Handelsort, dessen
schönstes Viertel wohl die Altstadt im Bereich der Kirche ist. Insbesondere
die Algade und Brogade weisen hübsche alte Häuser auf (rechts:
Holms Restaurant). Nachdem wir vom Hafen aus die beiden Brücken betrachtet
hatten, wanderten wir zur St. Nicolai Kirche, die um 1200 als einschiffiges
romanisches Gotteshaus errichtet
und im Laufe der Jahrhunderte mehrfach aus- und umgebaut wurde. Heute zeigt
sie sich als spätmittelalterliche, dreischiffige Backsteinkirche. In
ihrem sehr schönen, hellen Innenraum sind eine kunstvoll geschnitzte
Kanzel vom Ende des 16. Jahrhunderts und eine Barockaltartafel aus der Mitte
des 17. Jahrhunderts zu bewundern.
Genau wie die Kirchenbänke, wurden auch sie aus dunklem
Holz gefertigt. Bemerkenswert soll auch die gute Akustik in der Kirche sein.
Im Jahre 1603 strandete ein Wal in Middelfarts Hafen und in Ermangelung eines
Museums, das so große Ausstellungsstücke aufnehmen konnte, befestigte
man einige seiner riesigen Knochen über dem Kirchenportal, wo sie auch
heute noch hängen. Wie erwartet, gab es auch in dieser Kirche sehr
schöne Segelschiffsmodelle, und zwar gleich drei Stück: "Saga"
und "Neptun" wurden von der Tümmlerjägerzunft, "Freia" von Schiffern,
Kaufleuten und anderen Bürgern der Stadt gestiftet.
Im direkt gegenüber der Kirche gelegenen Henner Friisers Hus, einem
prächtig erhaltenen Giebelfachwerkhaus von 1570, ist das
Middelfart-Museum untergebracht. Im
Erdgeschoss waren Ausstellungen zu Fischerei, Seefahrt und dem Fährbetrieb
über den Kleinen Belt; im ersten Stock einige Wohnräume des
Bürgermeisters und eine Sammlung englischer Porzellanhunde (Staffordshire)
zu betrachten. Der zweite Stock wurde gerade renoviert und war deshalb gesperrt.
Dort befand sich wohl auch die in unserem Reiseführer erwähnte
Sammlung von Damenhüten aus der Zeit von 1865 bis 1935. Im Haus Algade
4 ist eine weitere Abteilung des Museums untergebracht: Neben einer Sammlung
von alten gusseisernen Öfen betrachteten wir hier eine Ausstellung zum
Bau der beiden Kleine-Belt-Brücken und schauten uns einen sehr interessanten
Dokumentarfilm vom schwierigen Bau der ersten Brücke in den Jahren 1928-35
an.
Nun ging es zum nicht weit außerhalb der Stadt gelegenen
Schloss Hindsgavl. Bereits als Besitz
Waldemars II urkundlich erwähnt, wurde es im Jahre 1287 von den Horden
Erik Klippings in Brand gesetzt. 1694 zerstörte eine Sturmflut das
inzwischen wieder aufgebaute Schloss. Das heutige Hauptgebäude wurde
1785 im klassizistischen Stil als Königsresidenz errichtet und später
von einer Adelsfamilie übernommen. Zum Schloss, das heute als Hotel
und Tagungszentrum dient und daher nicht besichtigt werden kann, gehört
ein frei zugänglicher, ausgedehnter und direkt am Wasser angelegter
Park mit herrlichem Ausblick auf den Kleinen Belt und zur
gegenüberliegenden, waldbestandenen Insel Fænø.
Vom sehr schön angelegten Schlosspark aus gelangten wir über einen
steilen Fußweg hinunter zum Strand. Hier lagen Unmengen von Muscheln,
von denen wir einige aufsammelten. An diesem windgeschützten Sund gefiel
es uns, nicht zuletzt wegen des wunderbar warmen, richtig sommerlichen Wetters,
sehr gut. Langsam am Strand entlangwandernd, gelangten wir zum Hügel
mit den Ruinen der alten Königsburg aus dem 10. Jahrhundert. Eine Tafel
erläuterte, dass die dicken Steine die Begrenzungen der einzelnen Zimmer
markierten.
Viel interessanter als diese nicht besonders aussagekräftigen
Steinvierecke fanden wir die hier grasenden, in der Mehrzahl völlig
schwarzen Schafe, von denen eines besonders zutraulich war und sich streicheln
ließ. Vom Hügel herab bot sich uns außerdem ein
wunderschöner Ausblick: auf der einen Seite über den Fænø
Sund und die lange Wiese, über die wir hierher gekommen waren; auf der
anderen Seite über den hier nur sehr schmalen Kleinen Belt auf das
jütländische Festland.
Gegen 16 Uhr verließen
wir Middelfart und fuhren über die alte Kleine-Belt- Brücke
hinüber nach Jütland, um uns die Stadt
Kolding anzuschauen. Dort wanderten wir
durch einen Teil der Fußgängerzone zum
Schloss Koldinghus. Die ältesten
Teile dieses Gebäudes stammen aus dem 15. Jahrhundert. Bis zum Anfang
des 18. Jahrhunderts wurde das Schloss mehrfach umgebaut. Im März 1808,
als Dänemark mit Napoleon gegen England verbündet war, entfachten
spanische Soldaten im Schloss ein so großes Feuer, dass das Gebäude
in Brand geriet. Erst nach 1880 begannen die Renovierungsarbeiten, die sich
über einen Zeitraum von 100 Jahren erstreckten. Während ein Teil
des Schlosses als Ruine erhalten blieb und mittels moderner Holz- und
Glasarchitektur in ein Kulturzentrum verwandelt wurde, sind rund 30 andere
Räume als kulturhistorisches Museum mit Interieur vom 16. Jahrhundert
bis in die heutige Zeit zugänglich. Auf dem Turm wurde eine
Aussichtsplattform angelegt.
Als wir an der Kasse ankamen, war es bereits 16:50 Uhr und
das Museum war, wie wir jetzt erfuhren, nur noch 10 Minuten lang geöffnet.
Die freundliche Kassiererin sagte jedoch, wir könnten für diese
kurze Restzeit ohne Tickets hinein und uns ein wenig umsehen. Das taten wir
dann auch - im Eilschritt ging es durch die wirklich sehr schön gestalteten
Säle des Kulturzentrums und die ehemalige Schlosskirche. Erstaunlich,
wie gut die modernen Holz- und Glaselemente und das alte Gemäuer zueinander
passten!
In den verschiedenen Räumen des kulturhistorischen Museums
waren spärlich möblierte Säle, eine sehr schöne,
geräumige Bibliothek und Räume mit katholischer Kirchenkunst, die
nach der Reformation abmontiert und ins Museum gebracht worden war, zu sehen.
Schade, dass wir uns wegen der knappen Zeit nichts genauer anschauen und
vor allem auch nicht auf die Aussichtsplattform auf dem Heldenturm hinaufsteigen
konnten, denn bei dem momentan sehr schönen Wetter hätten wir bestimmt
einen weiten Blick über die Stadt und den Fjord genießen können.
Die am Fuße des "Schlossberges" gelegene St. Nicolai Kirche
wurde um 1250 errichtet, 1753-58 zu einer barocken
Hallenkirche und 1885-86 nochmals im neugotischen Stil umgebaut. Die sehr
schönen, farbigen Mosaikfenster im Chor der großen, ganz in weiß
gehaltenen Kirche wurden 1950 eingesetzt, nachdem die alten Fenster im zweiten
Weltkrieg zerstört worden waren. Das Altarbild stammt von 1590 und die
Kanzel mit Schalldeckel wurde ein Jahr später gefertigt. Beides sind
Geschenke des Lehensmanns auf Schloss Koldinghus.
Da der Geographische Garten Koldings (Kolding
Kommunes Geografiske Have og Rosenhave) doch nicht, wie ursprünglich
vermutet, in der Stadtmitte, sondern etwas weiter außerhalb lag, gingen
wir nun zurück zum Auto, um dorthin zu fahren. Eine genauere Lektüre
des Prospektes ergab dann jedoch, dass der bereits 1917 angelegte, etwa 14
ha große Garten mit mehr als 2.000 verschiedenen, nach geographischer
Herkunft geordneten Baum- und Buscharten der ganzen Welt, dem größten
Bambushain Nordeuropas und über 100 verschiedenen Rosensorten leider
nur bis 18 Uhr, also noch ganze 25 Minuten geöffnet war. Es lohnte sich
also nicht, jetzt noch extra hinzufahren. Deshalb machten wir uns gleich
auf den Rückweg nach Middelfart, das wir diesmal über die neuere,
wirklich sehr beeindruckende Autobahnbrücke erreichten.
Sydfyns fugle- og blomsterpark, Damestenen, Hesselagergård, Lundeborg
und Gudme
Kurz vor der Stadt Svendborg,
bei Brændeskov liegt "Sydfyns fugle- og blomsterpark", ein sehr
schön angelegter, 30.000 qm
großer Vogel- und Blumenpark mit über 500 Pflanzen- und mehr als
100 Vogelarten aus allen Teilen der Welt. Neben zahlreichen Volieren mit
kleineren Vögeln, denen es darin eigentlich ganz gut zu gehen schien,
kamen wir an eingezäunten Freigehegen für größere Tiere
wie z. B. einigen Emus sowie mehreren Teichen mit Enten, Gänsen,
Schwänen usw. vorbei. Der "Streichelzoo" bestand aus einer Gruppe von
Ziegen, schwarzen Kaninchen und einer Hühnerschar.
Über einige kleine Nebenstraßen
fuhren wir nun etwa 12-15 km weit in nordöstlicher Richtung nach Hesselager.
Östlich dieser Ortschaft entdeckten wir an der Abzweigung eines schmalen
Weges von der Hauptstraße ein Hinweisschild zu dem von uns gesuchten
Damestenen. Diesem Weg folgend, gelangten
wir zunächst zu einem einsam gelegenen, bildschönen Bauernhaus
und noch ein Stück darüber hinaus mitten in die auch hier
riesengroßen Felder. Hier liegt der Damestenen, ein riesiger Stein
mit einem Umfang von 52 m, der mehr als 1.000 Tonnen wiegen und inclusive
des in der Erde steckenden Teils 12 m hoch sein soll.
Später hielten wir etwas weiter südlich am
Hesselagergård, der als der
bedeutendste Herrenhof Fünens gilt. Das im 16. Jahrhundert erbaute,
stattliche Stammhaus des Friisgeschlechtes war einer der am reichsten
ausgestatteten Herrensitze jener Zeit. Heute zählt es zu den wenigen
erhaltenen Schlössern, deren Äußeres seit mehr als 400 Jahren
nicht verändert wurde.Der breite Wassergraben schützte das
Gebäude gegen Angriffe; ein Wehrgang mit Schießscharten im
Obergeschoss sowie gut postierte Ecktürme und Pechnasen ergänzten
die Ausstattung. Bei der Ausschmückung der Räumlichkeiten, insbesondere
der Säle im zweiten Stockwerk, wurde nicht gespart. Die früher
erlaubten Besichtigungen wurden leider zu Anfang der 80er Jahre gestrichen,
so dass wir das inmitten der gutseigenen Wälder gelegene Gebäude
und einige Teile des dazugehörenden Parks nur von der Straße aus
betrachten konnten.
Weil wir es nicht versäumen
wollten, auch Fünens Südostküste anzuschauen und heute
außerdem auch ein sehr schöner Tag für einen Strandspaziergang
war, fuhren wir ins nahe Küstenstädtchen
Lundeborg und dort bis zu einem etwas
außerhalb und direkt am Strand gelegenen Parkplatz. Auf dem nun folgenden,
langen Spaziergang entlang des momentan nur von einem ganz leichten Wellengang
bewegten Meeres sammelten wir natürlich wieder Muscheln und schöne
Steine. Direkt gegenüber sahen wir am Horizont die Nordspitze der Insel
Langeland; man konnte gerade noch den helleren Küstenstreifen und die
sich dahinter erstreckenden, dunkleren Wälder ausmachen.
Nach einem kurzen Halt am Schloss Broholm, das
sich ebenfalls in Privatbesitz befindet und daher nicht besichtigt werden
kann, fuhren wir nach Gudme, um uns die
dortige, etwas erhöht gelegene, weißgestrichene
Kirche, eine typische fünische
Dorfkirche, anzuschauen. Leider war sie bereits geschlossen (18 Uhr), weshalb
nun dem Hinweisschild zum
Kongsgården, einer
Ausgrabungsstätte, an der man einen alten Königshof aus der
Wikingerzeit gefunden hat, folgten. Heute sind hier nur noch die mit etwa
20 cm aus der Erde ragenden Holzpfählen markierten Fundamente eines
Gebäudes zu sehen, das wohl riesige Ausmaße gehabt haben muss,
denn die Ausgrabungsstätte hat in etwa die Größe eines
Fußballfeldes.
Auf dem Rückweg nach Fåborg
bogen wir in Korinth nach Norden zum Arreskov-See ab, um uns das am Ostufer
dieses größten fünischen Binnengewässers gelegene
Schloss Arreskov anzuschauen. Der
öffentliche Weg, auf dem wir den See erreichten, führt als
Kastanienallee an dem in Privatbesitz befindlichen Schloss vorbei. Das
vierflügelige Renaissancegebäude aus rotem Backstein mit den
hübschen, verzierten Stufengiebeln stammt aus dem 16. Jahrhundert und
liegt inmitten eines sehr schönen, am Seeufer angelegten Schlossparks
mit großen alten Bäumen. Vom See selbst, der zum größten
Teil unter Naturschutz steht, sahen wir wegen der zahlreichen Bäume
nur wenig.
Links: Sonnenuntergang an unserem letzten Abend in Fåborg
Am Samstagmorgen verließen wir Fünen mit der
Fähre "Najaden", die uns bei
wunderschönem Wetter (blauer Himmel mit einzelnen, kleinen weißen
Wolken und tiefblauem Meer) über den hier etwa 15 km breiten Kleinen
Belt nach Fynshav auf der Insel Als brachte. Dort fuhren wir zunächst
nach Sønderborg und investierten unser letztes dänisches Kleingeld
in Kuchen und Gebäck
Die nächste Station war die kleine Stadt Gråsten auf dem
dänischen Festland. Das im 17. Jahrhundert erbaute
Schloss Gråsten ist die Sommerresidenz
der Königinmutter Ingrid. Die im Westflügel des Gebäudes
untergebrachte Schlosskirche gilt als einer der prächtigsten
Rokokokirchenräume des Landes, war zur Zeit unseres Besuches aber leider
geschlossen.
Das eigentliche Schloss darf man nicht besichtigen, aber der
schöne Park ist bei Abwesenheit der Königsfamilie öffentlich
zugänglich und wir wanderten einmal rund um das Gebäude. Während
wir durch die hübsch angelegten Gärten schlenderten, fiel uns auf,
dass einige der Fenster, und zwar meistens die zu den Schlossecken gelegenen,
nur auf die Wände aufgemalt waren. Diese Täuschung war allerdings
so perfekt ausgeführt, dass man sie nur aus der Nähe bemerkte.
Die wirklichen Fenster waren alle mit undurchsichtigen Gardinen verhängt,
so dass man vom Park aus nicht hineinschauen konnte. Durch einige der leider
relativ hoch gelegenen Fenster der Schlosskirche konnten wir jedoch Teile
der prunkvollen, über und über mit Gold verzierten Einrichtung
des Gotteshauses erkennen.
Auf der Weiterfahrt überquerten wir bei
Kruså die dänisch-deutsche Grenze völlig staufrei und problemlos;
dann fuhren wir ohne größere Aufenthalte durch bis
Hamburg, wo wir kurz nach 16 Uhr oberhalb
der Landungsbrücken parkten, um anschließend an einer
Hafenrundfahrt teilzunehmen. Trotz des
mittlerweile von einer leicht grauen Wolkenschicht bedeckten Himmels
wählten wir eine niedrige Barkasse mit offenem Heckteil, denn nur diese
niedrigen Boote fahren auch durch die Speicherstadt. Bis unser Boot gefüllt
war, dauerte es noch eine Weile, doch gegen 16:50 Uhr ging es dann endlich
los.
Zunächst schipperten wir zu den beiden ganz in der Nähe vertäuten
Museumsschiffen: das eine ist die Rickmer Rickmers, ein schönes grünes
Segelschiff und das andere ist ein altes Frachtschiff, das nur Stückgut
und keine Container transportieren kann und daher als unrentabel ausgemustert
wurde. Hier in Hamburg hat es schließlich eine neue Aufgabe als
Museumsschiff gefunden. Nun kamen wir in den den historischen Kern des
Freihafens, die 400 qkm Lagerfläche bietende Speicherstadt, die nur
von niedrigen Booten, die unter den zahlreichen Brücken hindurchpassen,
befahren werden kann. Links und rechts der Wasserstraßen stehen
schöne alte Lagerhäuser aus rotem Backstein, von denen viele noch
heute benutzt werden.
Dann ging es hinaus in die Norderelbe und in den modernen Teil des Hafens.
Sein Gesamtgebiet umfasst rund 87 qkm; darunter befinden sich rund 16 qkm
Freihafen. Die 70 Hafenbecken bieten Platz für 340 See- und Binnenschiffe
und sorgen für einen jährlichen Güterumschlag von ca. 50 Millionen
Tonnen. Im Laufe eines Jahres legen 15.000 Seeschiffe an den Kais an;
Liniendienste verbinden Hamburg mit 1100 Häfen in aller Welt.
Besonders beeindruckend fanden wir die immense Größe der Ozeanriesen,
gegen die unsere Barkasse wie eine Nussschale wirkte. Viele Schiffe befanden
sich in Trockendocks, waren also in ihrer ganzen Größe zu bestaunen.
Vor allem, wenn unser Boot ganz nahe an einem der Schiffshecks mit dem mehrere
Meter hohem Ruder und der riesigen Schraube vorbeifuhr, bekam man einen Eindruck
von der tatsächlichen Größe dieser Schiffe.
An der langen Dockwand der Werft Blohm und Voß befindet sich ein ganz
besonderes Graffiti: Zur Feier des 800. Hafengeburtstages im Jahre 1989 wurde
hier die Geschichte des Hafens aufgemalt. Wir starteten am "neuzeitlichen"
Ende mit Containerschiffen und modernen Werften, fuhren dann an den schönen
Lagerhäusern und den aus Segelschiffen bestehenden Handelsflotten
vergangener Jahrhunderte vorbei zu der einstigen, noch kleinen Stadt und
schließlich zu den frühen Schiffsbaustellen, die sich an einem
alten Handelsplatz aus der Wikingerzeit entwickelten.
Nach ziemlich genau einer Stunde waren wir wieder zurück an den St.
Pauli Landungsbrücken und schauten uns anschließend den benachbarten,
in den Jahren 1907-11 erbauten alten Elbtunnel an. Mit dem heute noch
betriebenen Personenaufzug fuhren
wir hinunter und warfen einen Blick in die beiden 448,5 m langen
Tunnelröhren, die jetzt nur noch von Fußgängern benutzt werden.
Die Tunnelmitte liegt 6 m unter der Sohle der Elbe, die hier bei mittlerem
Niedrigwasser 10 m tief ist. Die vier Autoaufzüge, zwei auf jeder Seite,
sind seit langem außer Betrieb; beim heutigen Verkehrsaufkommen kann
man sich auch kaum noch vorstellen, dass hier jedes Auto einzeln hinunter
und drüben wieder heraufgefahren wurde.
Nach einem kurzen Fußmarsch durch mehrere hafennahe Straßen
erreichten wir die St. Michaelis Kirche,
die 1751-62 an der Stelle einer 1750 abgebrannten, gleichnamigen
Renaissancekirche aus dem 17. Jahrhundert als "größtes und
schönstes Gotteshaus Hamburgs" erbaut wurde. Zwischen 1777 und 1786
wurde der 132 m hohe Turm hinzugefügt, der sehr bald zum Wahrzeichen
Hamburgs wurde und den Beinamen "Michel" erhielt. Durch die Unachtsamkeit
von Dachdeckern fiel auch dieser Bau 1906 einem Brand zum Opfer, wurde jedoch
bis 1912 mit einigen unwesentlichen Änderungen neu errichtet. Im zweiten
Weltkrieg erlitt die Kirche beträchtliche Schäden, deren Beseitigung
bis 1952 dauerte. Leider konnten wir weder das Kircheninnere besichtigen,
noch den Turm besteigen, denn die Kirche war nur bis 18 Uhr und der Turm
sogar nur bis 17:30 Uhr geöffnet; jetzt war es aber bereits 18:30 Uhr.
Da ich hier schon einmal vor verschlossenen Türen stand, muss ich also
mindestens bis zu meinem dritten Besuch bei dieser Kirche warten, bis ich
eventuell auch einmal hineinkomme.
Zum Abschluss unseres Hamburg-Besuchs machten wir - bei einsetzender
Dämmerung - noch einen kleinen Spaziergang entlang der
Außenalster - wir wollten eigentlich
bis zur Binnenalster laufen, scheiterten dann aber daran, dass man an der
Kennedybrücke die eingezäunten Gleise der S-Bahn nicht überqueren
kann.Wir konnten die Binnenalster mit den dahinterliegenden, beleuchteten
Häusern und Türmen zwar sehen, aber wegen des störenden Zaunes
nicht fotografieren. Sehr schade, denn der Blick über die ruhige
Wasserfläche mit der Fontäne im Vorder- und der beleuchteten Stadt
im Hintergrund war wirklich toll.
Kurz nach 20 Uhr starteten wir zur letzten Etappe unserer Heimfahrt: die
ausgeschilderten Autobahnsymbole lotsten uns auf eine durch den Südosten
Hamburgs und schließlich zur A1 in Richtung Bremen führende Autobahn.
Ohne weitere Vorkommnisse hielten wir auf der Weiterfahrt jeweils nur zum
Fahrerwechsel und kamen schließlich gegen 1:30 Uhr zu Hause an. Ein
Blick auf den Tacho zeigte, dass wir heute 736 Tageskilometer und auf unserer
15tägigen Reise insgesamt 2.941 Kilometer zurückgelegt hatten.
E N D E
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