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Norwegen 1991

Unsere erste Reise in den Norden Europas sollte uns - wie so viele andere auch - zu absoluten Skandinavienfans machen!

Karte Norwegenreise 1991
  • Reisezeitraum:
  • 12.- 28. August 1991

  • Fahrzeug:
  • PKW, VW-Golf II

  • Fähren:
  • Color-Line: M/S Kronprins Harald: Kiel-Oslo / Oslo-Kiel

  • Übernachtungen:
  • in "Vandrerhjemen", den sogenannten "Norwegischen Familienherbergen", alle durch zwei freundliche Mitarbeiter von Fjordtra Frankfurt bzw. Fjordtra Oslo vorab reserviert

  • Reiseroute:
  • Kiel - Oslo - Stavanger - Bergen - Jostedalsbreen - Jotunheimen - Geirangerfjord - Åndalsnes - Lillehammer - Oslo - Kiel

  • Reisebericht:
  • Unsere Anreise nach Norwegen bestand aus zwei Etappen: Zunächst mit dem Auto 569 km weit aus dem Westerwald bis nach Kiel und dann mit dem luxuriösen Fährschiff M/S Kronprins Harald der Color Line in 19,5 Stunden bequem über Nacht nach Oslo.

    'M/S Kronprins Harald' am Kieler Oslokai

    Ziemlich genau um 15 Uhr wurde die erste Autoschlange ins Schiff gelotst. Wir standen in der zweiten Schlange, kamen aber auch bald an die Reihe. Aussteigen, Gepäck für die Nacht mitnehmen; alles ging sehr schnell. Ein Aufzug brachte uns auf Deck 6, wo unsere Kabine lag. Nachdem wir diese für schön und vor allem zweckmäßig befunden hatten und in einem der beiden Bordrestaurants einen Fenstertisch für den Abend bestellt hatten, begaben wir uns aufs Sonnendeck, um von dort aus die für 16:30 Uhr angesetzte Abfahrt des Schiffes zu erleben.

    Endlich war es so weit. Die Maschinen wurden angelassen und die Kronprins Harald setzte sich langsam in Bewegung. Im Hafen und in der Innenförde bemerkte man kaum ein Schwanken, in der Außenförde schon eher und später auf offener See hatten die Decks manchmal schon ein bischen Schräglage. Jede noch so kleine Richtungsänderung machte sich bemerkbar. Einen langen Gang hinunterzugehen, ohne zu schwanken, war gar nicht so einfach. Das Wetter war jetzt sehr schön, nur vor dem Fahrtwind mußte man sich an eine geschützte Stelle flüchten.

    Die Fahrtroute der Kronprins Harald sah folgendermaßen aus: Zunächst ging es durch die Kieler Bucht, dann an der Ostseite der dänischen Insel Langeland entlang und durch den Großen Belt zwischen den beiden größten dänischen Inseln, Seeland (östlich) und Fünen (westlich). Danach würden wir durch den Samsøbelt ins große Seegebiet Kattegat fahren. Nach dem Passieren der nördlichsten Spitze Dänemarks gelangten wir dann in den Skagerrak, den wir erst wieder bei der Einfahrt in den etwa 100 km langen Oslofjord verlassen würden. Nach einer insgesamt 19,5-stündigen Schiffsreise sollten wir morgen Mittag um 12 Uhr Oslo erreichen.

    Nun brachen wir zu einer Schiffsbesichtigung auf. Zuerst wurden alle für Passagiere betretbaren Gänge, Treppen und Aussichtspunkte draußen "an Deck" erkundet, danach wandten wir uns dem Inneren des Schiffes zu. Außer den bereits erwähnten Restaurants gab es zwei Salons, eine "Spielhölle", einen Pub und ein Café. Außerdem natürlich den Tax-Free- Shop, der aber nur ausgesprochene Luxusartikel, Souvenirs sowie die üblichen Alkoholika, Süßigkeiten und Zigaretten führte - bis auf letztere war alles ziemlich teuer. Daher kauften wir auch nur etwas Bier, Zigaretten und Schokolade - wir würden ja auf der Rückfahrt nochmals diese "einmalige" Kaufgelegenheit haben.

    Um 20:30 Uhr gingen wir zum Essen: Koltbord, ein teils kaltes, teils warmes Buffet skandinavischer Köstlichkeiten. Als Vorspeisen gab es diverse kalte Fischgerichte, darunter wahre Berge von Lachs, Aal und Krustentieren. Geflügel und kalte Bratenscheiben, dazu die unterschiedlichsten Salate. Verschiedene warme Fleischgerichte, darunter Gebratenes, Gegrilltes und Geschnetzeltes. Kartoffeln und Brot in einigen Variationen; als Gemüse Blumenkohl, Erbsen und Möhren - um nur einige zu nennen. Als Dessert gab es eine Käseplatte, verschiedene Puddingarten und Obstvariationen. Es ist unmöglich, hier alles aufzuzählen, was dieses Buffet bot - natürlich war auch alles erstklassig dekoriert und angerichtet.

    Da wir ziemlich spät gegessen hatten, war es mittlerweile schon dunkel geworden. Durch unser Panoramafenster sahen wir die Leuchttürme an der dänischen Küste und die Lichter uns begegnender Schiffe. Während der ganzen bisherigen Fahrt konnte man immer auf einer Seite Land erkennen. Der Ober erklärte uns, dass auf der Strecke Kiel-Oslo an der dänischen und auf der Strecke Oslo-Kiel an der schwedischen Küste entlanggefahren würde.

    Blick aufs schwedische Festland

    Kurz nach 7 Uhr am nächsten Morgen: Ausblick nach Osten - der schmale Landstreifen am Horizont ist das schwedische Festland.

    Nach einem gemütlichen Frühstück im Café suchten wir uns gegen 9 Uhr einen windgeschützten Platz am Heck, wo wir stundenlang in der Sonne saßen. Ungefähr ab 10:30 Uhr konnte man erkennen, dass wir in den Oslofjord einfuhren: links und rechts waren Ufer zu sehen, die im Laufe der Zeit immer näher kamen. Kurze Zeit später wechselten wir nach oben auf das Sonnendeck, den einzigen Ort, an dem man draußen direkt nach vorne schauen (und vor allem fotografieren) konnte.

    Ankunft in Oslo

    Nach einer wunderschönen Fahrt durch den etwa 100 km langen Oslofjord rückte die norwegische Hauptstadt langsam näher und die Kronprins Harald begrüßte ihren Heimathafen mit dreimaligem Hupen. Anschließend wurden die Flaggen der Color Line und der Bundesrepublik Deutschland gehisst. Schon bald konnte man die Holmenkollen-Sprungschanze hoch über der Stadt und das direkt am Hafen gelegene, rot verklinkerte Rathaus mit zwei Türmen, das Wahrzeichen Oslos, erkennen. Je näher wir der Stadt kamen, desto häufiger ertönte das Klicken der zahlreichen Fotoapparate der noch zahlreicher hier oben versammelten Passagiere. Auch wir trugen unseren Teil dazu bei.

    Dann mussten wir uns jedoch beeilen, die Sachen aus unserer Kabine zu holen und zum Auto zu bringen. Nach einigem Auf und Ab in einem der drei Aufzüge (die urplötzlich auf allen Stockwerken gleichzeitig sein sollten) gelang uns das auch.Wir hatten Glück, als drittes Auto von Bord zu fahren und betraten (oder besser: befuhren) norwegischen Boden um 12:20 Uhr. Das Wetter war sehr schön, richtig hochsommerlich.

    Da wir uns Oslo erst am Ende unserer Reise anschauen wollten, fuhren wir gleich los in Richtung Telemark. Den Weg über die als Autobahn ausgebaute E 18 in die ca. 40 km entfernte Stadt Drammen fanden wir problemlos. In Norwegen gelten relativ niedrige Werte für die zulässige Höchstgeschwindigkeit: 90 km/h auf (den wenigen) Autobahnen, 80 km/h auf Landstraßen und 50 km/h innerhalb geschlossener Ortschaften. Außer uns schienen sich jedoch nicht sehr viele Autofahrer daran zu halten.

    Das Stadtgebiet von Oslo geht nahtlos in das der Gemeinde Baerum und dieses wiederum in das der Gemeinde Asker über. An der Brücke über den Drammensfluß zahlten wir zwar 10 Kronen Maut, mussten dann jedoch unmittelbar vor der Brücke rechts abbiegen. Plötzlich fanden wir uns mitten im Verkehrsgewühl Drammens wieder. Obwohl wir zwischendurch daran zweifelten, befanden wir uns anscheinend immer noch auf der richtigen Straße. Während der langsamen Fahrt von einer roten Ampel zur Nächsten betrachteten wir die bunten Holzhäuser und die Auslagen in den Schaufenstern. Während wir hier nur kleine Geschäfte sahen, gab es außerhalb der Stadt, genau wie bei uns, große Supermärkte.

    Elchschild

    Im Norden von Drammen bogen wir auf die E 76 in Richtung Kongsberg (von hier aus 41 km) ab. Die ersten 20 km führten uns am Drammenselv, einem beliebten Lachsfluß, entlang. Nach mehreren Industriesiedlungen ging es durch eine liebliche Landschaft mit großen Feldern, rotgestrichenen Bauernhäusern und kleinen Wäldchen. Am Nordende des Eikeren-Sees entlang kamen wir in einen größeren Wald. Hier war die Straße teilweise recht unübersichtlich und kurvig. Es war so heiß, dass wir an einem kleinen Parkplatz stoppten, um Shorts anzuziehen. Unterwegs sahen wir immer wieder die Hinweisschilder „Elchwechsel“ und hielten natürlich fortan links und rechts der Straße fleißig Ausschau nach diesen urigen Tieren.

    In Kongsberg hielten wir an, um auf dem Postamt Norwegische Kronen (NOK) von unserem Postsparbuch abzuheben. Die alte Silberstadt liegt malerisch an beiden Ufern des drei kleine Wasserfälle bildenden Flusses Numedalslägen und wird von einer stattlichen Kirche überragt (Kongsberg Kirke von 1761; außen Stein, innen Holz; eine der größten Kirchen des Landes; Rokkokostil). Wir schauten nur kurz in die wirklich wunderschöne Kirche hinein. Die Silberförderung rund um Kongsberg wurde 1957 eingestellt und andere Industrien traten an die Stelle des Bergbaus. Die königliche Münzanstalt befindet sich jedoch nach wie vor in der Stadt. Wir verließen Kongsberg auf der Kirkegata und gelangten wieder auf die E 76, die uns an den alten Bergwerken von Saggrenda vorbeiführte. Unterwegs kauften wir in einem großen Einkaufszentrum Nescafé und Brot. Die Straße stieg nun leicht bergan bis zur Meheia Turisthytte. Hinter Meheia überquerten wir die Provinzgrenze Buskerud - Telemark.

    Die Provinz Telemark unterscheidet sich von anderen Landschaften Norwegens dadurch, dass sie von keinem beherrschenden Tal durchzogen wird; vielmehr ist das Gebiet reich gegliedert mit vielen kleinen Tälern, großen Seen und wasserreichen Flüssen. Typisch für diese Provinz sind die kleinen Dörfer mit ihrer alten Bauerntradition und ihrer bodenständigen Kultur (Volkskunst). Telemark und das Hallingdal waren im 18. Jahrhundert Mittelpunkte der Rosenmalerei.

    Stabkirche von Heddal

    Wir fuhren jetzt hinunter ins nur 35 m hoch gelegene Notodden an der Mündung des Tinnelva in den See Heddalsvatn. Nach weiteren 7 km gelangten wir zur Heddal Stavkirke, der größten der etwa 30 erhaltenen norwegischen Stabkirchen. Sie stammt aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts, wurde 1849-51 wiederhergestellt und 1954 restauriert.

    Uns gefiel vor allem die Außenansicht mit der vielstufigen Dachkonstruktion, aber auch die Besichtigung des Innenraumes (schöne Schnitzarbeiten) war sehr interessant.

    Die E 76 führte uns jetzt mitten in die waldreiche Telemark. Auffallend waren die vielen Stabburen; das sind alte, einzeln stehende quadratische Vorratshäuser aus Holz. Früher hatte jeder Hof einen oder mehrere Stabburen, die vielfach kunstvoll mit Schnitzereien verziert wurden. Anhand der Schnitzereien kann man erkennen, wie reich der Bauer war.

    Die häufig mit Grassoden gedeckten Vorratshäuser sind meistens zweistöckig. In der unteren Etage wurden die Nahrungsmittel aufbewahrt und im zweiten Stockwerk befanden sich Schlafstätten, die oftmals den Gästen als Übernachtungsort angeboten wurden. In einem Speicher übernachten zu dürfen, wurde als große Ehre betrachtet, denn lange Zeit war der Stabbur das wichtigste Gebäude auf dem Hof. War der Speicher gefüllt, dann ging es dem Bauern und seiner Familie gut. Da wir dachten, diese schönen alten Holzhäuschen gäbe es überall im Land und wir hätten somit noch oft die Gelegenheit, welche abzulichten, haben wir (im nachhinein: leider) kein einziges fotografiert.

    Stabkirche von Eidsborg

    Zu unserem ersten Tag in Norwegen gehörten noch ein Abstecher nach Dale, dem Endpunkt des Telemarkkanals am Bandaksee und ein Besuch bei der Stabkirche von Eidsborg (ebenfalls aus dem 13. Jahrhundert, aber um 18:30 Uhr leider bereits geschlossen).

    Jetzt ging es entlang des Vinje-Sees nach Vinjesvingen, dem Ziel unserer heutigen, insgesamt 314 km langen Fahrt. Im Vandrerhjem Grungebru, das wir beinahe übersehen hätten, kamen wir ca. um 19:15 Uhr an. Nachdem wir eine umständliche Anmeldung ausgefüllt und ein ziemlich teures Frühstück für den nächsten Tag bezahlt hatten, besahen wir uns das Zimmer. Es hielt zwar keinem Vergleich mit dem Schiff stand (WCs und Duschen zwei Stockwerke tiefer!), war ansonsten aber in Ordnung.

    Weil wir so spät angekommen waren, konnten wir hier kein Essen mehr bekommen. Da der nächste Ort jedoch mindestens 15 km entfernt und es obendrein nicht gerade früh am Tag war, bereiteten wir uns aus unseren Vorräten in der Küche der Herberge ein kaltes Abendessen. Anschließend machten wir noch einen kleinen Spaziergang in die nähere Umgebung, wobei wir auf zwei niedliche Kätzchen unserer Vermieter und einen ganz und gar nicht niedlichen, kläffenden Köter trafen, der wohl sein Revier verteidigen wollte und uns am liebsten angefallen hätte. Wir traten vorsichtshalber den Rückzug an.

    Am nächsten Morgen war das strahlende Wetter verschwunden: bei mit dicken, dunklen Wolken bedecktem Himmel und zeitweiligem Nieselregen näherten wir uns der berühmten Haukelistraße, die über das Haukelifjell und anschließend an der Hardangervidda entlangführt. Diese wichtige Ost-West-Verbindung wurde Ende des vorigen Jahrhunderts angelegt, ist aber heute gut ausgebaut und zahlreiche - für uns allerdings noch ungewohnt lange (bis zu 6 km!) und vor allem auch sehr schlecht beleuchtete - Tunnel führen unter den höchsten Bergen hindurch.

    See auf dem Haukelifjell

    Gerade wegen des „schlechten“ Wetters geriet diese bis auf 1.085 Höhenmeter hinaufführende Fahrt durch eine wilde und abwechslungsreiche Landschaft für uns zu einem besonderen Erlebnis. Seitlich der kurvenreichen Straße lagen noch Schneereste und es war ganz schön kühl. Wir hielten öfters an, um Fotos zu machen. Die Landschaft war ganz anders als gestern, wo wir durch lieblichere, waldreiche Gegend mit verspielten Häuschen gefahren waren - nun umgaben uns schroffe Berge mit kärglicher Vegetation. Hier und da weideten ein paar Schafe und Ziegen. Die mehrere Meter hohen Markierungsstäbe am Straßenrand ließen erahnen, wie hoch hier im Winter der Schnee liegen muss!

    Am höchsten Punkt der Straße hätten wir eigentlich auf eine Mautstation treffen müssen - da sich jedoch momentan in einigen Tunnels größere Baustellen befanden (die Tunnelwände wurden verkleidet, um Steinschläge zu verhindern), weshalb der Verkehr immer wieder einige Zeit angehalten wurde, verzichtete man wohl auf das Erheben des Straßenzolls.

    Hinter dem letzten, auf etwas mehr als einem Kilometer leicht bergab führenden Tunnel hatten wir von einem der Parkplätze am linken Straßenrand eine schöne Aussicht auf die unter uns liegende Serpentinenstraße Austmannlia. Diese Straße - teilweise überquert die neue die alte Straßenführung - wurde bereits vor 100 Jahren angelegt. 7 große Kehren verbinden eine höchste Steigung von 12 %.

    Stabkirche von Røldal

    Unten im Tal, auf einer Höhe von 370 m, liegt Røldal am gleichnamigen See. Hier steht eine Stabkirche aus dem 13. Jahrhundert, die nach Renovierungen leider nicht in ihrer ursprünglichen Form erhalten ist. Als wir an der Røldal-Stabkirche ankamen, hingen zwar immer noch dicke Nebelwolken zwischen den umligenden Bergen, aber die Sonne kam schon wieder hervor und es war auch viel wärmer (wir waren jetzt ja auch 700 m tiefer als vorhin). Die Kirche beeindruckte uns durch einen sehr schön bemalten Inneraum - in dem man leider nicht fotografieren durfte -, hielt jedoch von außen dem Vergleich mit Heddal nicht stand.

    Anschließend ging es in luftiger Höhe am Røldalsvatn entlang in Richtung Sand am Sandesfjord. Nach der Überquerung der Provinzgrenze von Hordaland nach Rogaland erreichten wir den langgestreckten See Suldalsvatn und fuhren auf den nächsten 22 km entlang des Westufers durch insgesamt 17 Tunnel (der längste war 2,3 km lang).

    Hinter Sand, wo wir uns in der Tourist-Information nach den Abfahrtszeiten der Fähren erkundigten, die wir heute noch benutzen wollten, wechselten wir auf die Str. 13, den sogenannten Ryfylkevegen. Die Landschaft war sehr schön und vor allem höchst abwechslungsreich: steile, eng zusammenstehende Berge wechselten sich mit breiteren, grünen Tälern ab. Eines gab es jedoch überall: Wasser; sei es als Wasserfall, als Fjord, See oder Tümpel.

    Landschaft am Erfjord

    Links: Landschaft am Erfjord - das Foto entstand hinter der Brücke, auf der wir den still wie ein Spiegel daliegenden Fjord überquert hatten.

    Hafen von Nesvik

    Das Wetter wurde immer besser, bis es schließlich richtiggehend heiß war. In Nesvik warteten wir eine Weile am malerischen Bootshafen auf die Fähre, die uns in 15 Minuten über den Josenfjord nach Hjelmeland bringen sollte.

    Die Straßen führen hier einfach über die Fjorde hinweg: Straße bis zum Fjordufer / Fähre als fester Straßenbestandteil / am anderen Ufer wieder Straße.

    In Årdal besichtigten wir die alte Kirche von 1619 mit typisch norwegischer Rosenmalerei, die wir sehr schön fanden. Im Inneren der Kirche durfte man leider keine Fotos machen.

    Tysdalsvatnet

    Die nächsten 28 km führten uns an den zwischen hohen, steil aufragenden Felsen gelegenen, langgestreckten Seen Tysdalsvatn (links: sieht aus wie ein Fjord, ist aber keiner) und Bjorkheimsvatn entlang schließlich wieder ans Fjordufer nach Tau. Hier mussten wir einige Zeit auf die Fähre, die uns nach Stavanger bringen sollte, warten.

    Dann kam die Fähre, die schon ein ganzes Stück größer war, als diejenige, die uns von Nesvik nach Hjelmeland gebracht hatte. Unser Auto wurde als erstes Fahrzeug auf das Unterdeck in den Bauch des Schiffes gelotst. Während der 40-minütigen Überfahrt standen wir zunächst auf dem obersten Deck der Fähre, setzten uns dann aber wegen des Fahrtwindes (und unserer hochsommerlichen Kleidung) in einen mit großen Panoramascheiben ausgestatteten Innenraum.

    In Stavanger angekommen, brauchten wir als allererstes einen Stadtplan. Mittlerweile war es 17:15 Uhr und wir wußten nur, dass das Vandrerhjem irgendwo außerhalb an einem See liegen mußte. Am Hafen gab man uns eine Fotokopie des Stadtplans und zeigte uns darauf den Weg zur Tourist-Information. Diese hatte leider schon geschlossen, aber ein freundlicher Taxifahrer half uns weiter. Er zeigte uns auf der Fotokopie die Richtung zum Vandrerhjem, das selbst nicht mehr auf dem Plan drauf war.

    Die in unserem Vandrerhjem-Verzeichnis angegebene Adresse fanden wir dann sehr schnell, waren aber gar nicht so sicher, vor dem richtigen Haus angehalten zu haben. Es sah zwar genauso aus wie auf dem Foto im Verzeichnis, hieß aber "Mosvangen Parkhotel". Ein Blick auf den Kilometerzähler sagte uns, dass wir heute bis hierher auf den Parkplatz des Hotels 250 Straßenkilometer zurückgelegt hatten. Dazu kam dann noch die Strecke, die wir in insgesamt 55 Minuten mit den beiden Fährschiffen gefahren waren. Wie sich an der Rezeption herausstellte, befanden sich die Räume der Norwegischen Familienherberge im Untergeschoß des Hotels. Unser Zimmer war ganz nett; das Bad teilten wir jetzt nur noch mit dem Nachbarzimmer.

    Nachdem wir uns häuslich eingerichtet hatten, machten wir uns zu Fuß auf den Weg zur Stadt. Man konnte die ganze Strecke auf einem Weg für Fußgänger und Radfahrer zurücklegen. In der Stadt gingen wir durch ruhige Nebenstraßen, so dass uns die Hauptverkehrsadern erspart blieben. Die Häuser, an denen wir vorbeikamen, waren alle aus Holz bzw. zumindest mit Holz verkleidet und meistens weiß, manchmal aber auch rot und blau angestrichen. Erst im unmittelbaren Stadtkern trafen wir auch auf Steinhäuser.

    Stavanger ist die Hauptstadt und der wirtschaftliche Mittelpunkt der Provinz Rogaland. Bereits im 12. Jahrhundert gegründet, ist Stavanger heute die viertgrößte Stadt Norwegens. Über ihren Hafen steht diese lebendige und aktive Stadt am Boknafjord mit der ganzen Welt in Verbindung, daher weht hier ein deutlich spürbarer, kosmopolitischer Hauch. Stavanger gilt heute als Norwegens Öl-Stadt; bedeutend sind aber auch der Seehandel und die Werft-Industrie.

    In der schönen Altstadt machten wir uns auf die Suche nach einem Restaurant und wählten schließlich das "Skagen" am alten Hafen Vågen; ein gutbesuchtes Lokal in einem alten, urgemütlichen Holzhaus. Das Essen (Schweinekotelett bzw. Hühnerbrustfilet) war sehr gut und nicht allzu teuer. Etwa um 22 Uhr traten wir den Heimweg an; im Hotel waren wir dann ungefähr eine Stunde später.

    Am nächsten Morgen besuchten wir zunächst unsere Verwandten und starteten später gemeinsam zur Besichtigung von Stadt und Umgebung:

    Jernaldergarden

    Jernaldergarden - eine 1968 entdeckte Farm aus der Eisenzeit (etwa 350-550). In den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden drei der Häuser als Teil des Archäologischen Museums von Stavanger wieder aufgebaut; in ihrem Inneren kann man sich anschauen, wie die Menschen vor über 1.500 Jahren lebten. Zur Zeit unseres Besuches wurde gerade am offenen Feuer Brot gebacken - an den Seiten des Wohnraums waren Sitz- und Lagerplätze mit weichen Fellen und im hinteren Teil des Hauses befand sich der Stall für die Tiere.

    Sverd i fjell

    Sverd i Fjell - dieses beeindruckende Denkmal erinnert an die Schlacht im Hafrsfjord 872, bei der die norwegischen Länder vereinigt wurden. Wir fanden dieses Denkmal sehr beeindruckend. Die drei riesigen Schwerter (um die 10 m hoch) erwecken den Eindruck, man habe sie ganz fest in den Felsen gerammt, damit sie niemand mehr herausziehen und einen neuen Krieg beginnen kann.

    Der 131 m hohe Fernmeldeturm Ullandshaug steht am südlichen Stadtrand von Stavanger. Von der Aussichtsplattform dieses Turmes kann man fast die gesamte Stadt und große Teile des Fjords überblicken. Auf der gegenüber liegenden Seite schaut man in Richtung Jaeren, das ist ein fruchtbares, landwirtschaftlich genutztes Gebiet an der Südwestküste Norwegens.

    Das in zwei renovierten Speicherhäusern am alten Hafenbecken Vågen untergebrachte Seefahrtsmuseum dokumentiert die lokale Seefahrtsgeschichte der letzten 200 Jahre von der Segelschiffepoche bis zur heutigen Ölindustrie.

    Villa Breidablikk

    Die stattliche Villa Breidablikk wurde 1881/-82 für den Schiffsreeder Lars Berentsen erbaut. Dieser hatte acht Kinder, von denen aber fünf im Kindesalter starben. Die überlebenden drei Kinder, ein Junge und zwei Mädchen, blieben selbst kinderlos und wohnten gemeinsam in der Villa. Das letzte der Kinder, Fräulein Olga, starb 1965 und vermachte das Haus der Stadt Stavanger, die es 1975 zur Besichtigung öffnete. Das Gebäude mit der gesamten (sehr schönen) Inneneinrichtung wurde nie verändert, sondern ist in dem Zustand erhalten, in dem es sich befand, als der Reeder und seine Frau noch lebten - die Zeit scheint hier einfach stehen geblieben zu sein.

    Gamle Stavanger

    In Gamle Stavanger wurden rund 130 schöne alte, weißgestrichene Holzhäuser in der traditionellen Bauweise des 18. und 19. Jahrhunderts vorbildlich erhalten, so dass man heute einen wunderbaren Spaziergang durch die Gassen der ursprünglichen Altstadt unternehmen kann: Unten am Hafen befinden sich Lagerschuppen und Speicher, weiter oben die Wohnungen und noch höher, oberhalb der Wohngassen, wurden kleine Terrassengärten unterhalten. Es handelt sich aber nicht etwa um eine Art Freilicht-Museum, sondern alle Häuser sind bewohnt, genau so wie in jedem anderen Stadtteil.

    Interresant sind auch der Fischmarkt am alten Hafen Vågen, der Gemüse- und Blumenmarkt auf dem sich direkt anschließenden Torget sowie das großzügig mit Fußgängerzonen und Ladenpassagen versehene Geschäftsviertel im Zentrum. Auf dessen höchstem Punkt steht der Brandschutzturm - über eine Wendeltreppe gelangt man hinauf in den Aussichtsraum des Turms; von hier aus ist fast die gesamte Innenstadt zu überblicken.

    Dom von Stavanger

    Der romanische Dom von Stavanger mit seiner kunstvoll verzierten Westfassade und den beiden kupfergedeckten, massigen Türmen wurde um 1125 erbaut, etwa 150 Jahre später durch ein Feuer schwer beschädigt und erhielt daraufhin um 1300 einen gotischen Chor. Seitdem ist das Gebäude nahezu unverändert. Im beeindruckenden Innenraum findet sich u.a. eine wunderschöne Barockkanzel von 1658.

    Hafen bei Nacht

     

    Sowohl bei Tage als auch abends einen Besuch wert: Das Stadtzentrum mit Geschäften, Restaurants und Kneipen auf der Nordseite des Hafenbeckens Vågen, überragt vom alten Brandschutzturm.

    Nach zwei Tagen in Stavanger setzten wir am nächsten Morgen unsere Fahrt in Richtung Norden fort. In Erwartung zahlreicher Wochenendausflügler reihten wir uns bereits um 8 Uhr am Fähranleger Mekjarvik in die - noch kurze - Autoschlange für die einzige Samstagmorgen-Fähre ein. Während der Wartezeit von etwas über einer Stunde mussten wir allerdings feststellen, dass der Andrang doch nicht so groß war, wie wir geglaubt hatten. Mit der Fähre "M/S Fjordveien" ging es dann schließlich in etwa einer Stunde über den Boknafjord (recht hoher Seegang - man merkte deutlich, dass wir uns hier direkt an der Mündung des Fjordes in die Nordsee befanden) nach Skudeneshavn auf der Insel Karmøy, wo wir nochmals schöne alte, meist weißgestrichene Holzhäuser bewundern konnten (lt. einem Reiseführer eine der besterhaltenen Holzhausbebauungen des Landes).

    Jetzt fuhren wir auf der Str. 14 an der Westküste der Insel Karmøy entlang. Die Landschaft war sehr karg: überall Felsen und Steine; leicht hügelig aber insgesamt doch ziemlich flach. Wir kamen durch mehrere am offenen Meer gelegene Fischersiedlungen. Vor der Küste sah man öfters kleine Schären-Inselchen. Über die 690 m lange und 50 m hohe Karmsundbrücke verließen wir Karmøy und kamen auf das Festland, ins Stadtgebiet von Haugesund.

    Im Hafen dieser von Fischfang, Schiffahrt und Ölindustrie geprägten Stadt fand gerade das jährliche Jazz-Festival "Silda-Jazz" statt, das Publikum aus ganz Norwegen und Musiker aus der ganzen Welt anlockt. Entsprechend überfüllt war natürlich die gesamte Stadt und wir hatten einige Schwierigkeiten, einen Parkplatz zu finden. Dann ließen wir uns einfach inmitten des bunten Stromes durch die Straßen treiben, schauten mal hier, mal da und genossen die Atmosphäre. Unser Fazit: Musik an jeder Ecke, eine super Stimmung in der ganzen Stadt, toll!

    Später machten wir erste Bekanntschaft mit dem System der norwegischen Selbstbedienungs-Restaurants: man stellte sich wie in einer Cafeteria an der Theke an, nahm sich aus einer der bereitgestellten Kannen Kaffee, versorgte sich mit Besteck, Servietten, Milch und Zucker und wurde sodann nach dem gewünschten Essen gefragt. Die Speisekarte war der Einfachheit halber auf großen Tafeln oberhalb der Theke (teilweise sogar mit Abbildungen) angebracht. Wir bestellten "Kylling" (Grillhähnchen) mit Pommes Frites und Salat.

    Um die Sache noch etwas komplizierter zu machen, fragte man uns nach unserem Tisch - den wir natürlich noch nicht organisiert hatten. Aber wir hatten Glück, gerade wurde einer frei. An der Rechnung, die man am Ende der Theke zu begleichen hatte, stellten wir fest, dass der Kaffee nicht extra bezahlt werden musste, sondern im Essenspreis enthalten war. Die Kyllings, die der Kellner kurze Zeit später an unseren Tisch brachte, schmeckten sehr gut. Der gemischte Salat wurde unangemacht gereicht, dazu gab es einen kleinen Plastikbecher mit French Dressing.

    Nachmittags schauten wir uns etwas außerhalb der Stadt an der Nordseeküste das norwegische Nationaldenkmal Haraldshaugen an.

    Haraldshaugen

    Es wurde 1872 zum tausendjährigen Jubiläum der Vereinigung der norwegischen Länder unter Harald Schönhaar (siehe Schwerter-Denkmal in Stavanger) über dessen Grab erbaut. Rund um einen zentralen, großen Obelisken gruppieren sich 29 kleinere, stellvertretend für die 29 damals vereinigten Länder. Jeder dieser Obelisken wurde aus einem Stein des jeweiligen Landes gefertigt. Rechts: Eisenplatte mit der Darstellung eines Wikingerschiffs, eingelassen in den Fuß des großen Obelisken.

    Kurz hinter Haugesund verließen wir die Nordseeküste und fuhren wieder in Richtung Landesinnere. Schon bald begann das Gelände bergig zu werden. Überhaupt wechselt hier die Landschaft alle paar Minuten ihr Aussehen, es wird niemals langweilig, sie anzuschauen. Bald fährt man durch breite, grüne Täler, bald durch enge Schluchten zwischen hohen Bergen. Die Norweger wohnen in wunderschönen, weiß, blau oder rot angestrichenen Holzhäusern mit großen Fenstern, die nicht mit Gardinen zugehängt sind. Hier wollen die Menschen hinaussehen können und haben nichts dagegen, dass man auch von draußen hereinschauen kann. Natürlich fehlt auch vor kaum einem Haus der Fahnenmast, an dem die norwegische Fahne flattert.

    Langfossen

    Unsere weitere Fahrt ging teilweise über Land, teilweise an schönen Fjordarmen entlang. Dann trafen wir auf den plötzlich rechts auftauchenden Wasserfall Langfossen. Nun wußten wir, warum in den Reiseführen stand, dass jeder Norwegen- Neuling so lange kleine, unbedeutende Wasserfälle fotografiert (und sie natürlich für ganz ordentlich hält), bis er den ersten richtigen Wasserfall gesehen hat. Es war wirklich faszinierend, wie diese gewaltigen Wassermassen mit viel Getöse über eine gesamte Fallhöhe von über 500 m hinunter in den Fjord stürzten.

    Låtefossen

    Hinter der Schlucht Rullestadjuvet stieg die Straße in Serpentinen hinauf ins Gebirge; durch das Sørdalen gelangten wir zur Kreuzung Jøsendal, von wo aus wir der Str. 47 in Richtung Odda folgten. Hinter Steinabergbru kamen wir zum Wasserfall Låtefoss an der gleichnamigen Brücke. Der Wasserfall teilt sich auf halber Höhe über der Brücke in zwei Arme; die Gischt spritzt auf die Straße und die Windschutzscheiben der vorüberfahrenden Autos. (Das Foto rechts zeigt den rechten "Arm" des Låtefossen). Obwohl seine Fallhöhe mit 165 m lange nicht so hoch ist, wie die des Langfossen, wirkt er durch seine Breite und Wildheit noch imposanter als dieser.

    Wasserfall vor Odda

    Kurz vor Odda, dem Ziel unserer heutigen Fahrt, trafen wir auf einen weiteren sehr imposanten, aber in unserer Karte nicht namentlich erwähnten Wasserfall, der natürlich ebenfalls im Foto festgehalten wurde.

    Odda liegt am Südende des malerischen Sørfjorden, das ist einer der größten Seitenarme des Hardangerfjordes. Das Fjordtal wird im Westen vom Gebirge des Folgefonn-Gletschers und im Osten von der größten Hochebene Europas, der Hardangervidda (ca. 3.500 qkm) begrenzt. Wir befanden uns jetzt übrigens in der Provinz Hordaland; die Grenze zwischen Rogaland und Hordaland war entweder durch kein Schild angezeigt worden, oder wir hatten es einfach übersehen. In Odda konnten wir das "Sørfjordheimen Hotell" nicht finden, nirgends war ein Hinweisschild zu sehen. Deshalb fragten wir an einem Kiosk nach dem Weg und fanden das Haus dann auch wenig später.

    Nachdem wir die Anmeldung ausgefüllt, unsere Übernachtungsschecks abgegeben und unser Gepäck aufs Zimmer gebracht hatten, fuhren wir einige Kilometer zurück nach Buar zum Buarbreen, einem Seitenarm des Folgefonn-Gletschers. Über eine schmale Straße ging es hinauf bis zu einem einsamen Bauernhof. Hier endete die Straße; wir parkten den Golf und gingen zu Fuß weiter. Bereits von weitem sah man zwischen den Bergen die Gletscherzunge liegen. Der Weg hinauf war nur zu Anfang ein Spazierweg, er wurde zunehmend steiler und beschwerlicher. Schon bald kletterten wir zwischen Steinen im Wald hinauf. Damit man die Richtung nicht verfehlte, waren von Zeit zu Zeit gelbe Markierungen an Steinen oder Bäumen angebracht.

    Buarbreen

    Unten am Bauernhof hatte auf einem Hinweisschild gestanden, dass man bis zum Gletscher eine Stunde brauche. Ziemlich weit oben fanden wir ein weiteres Schild, das nochmals eine Stunde Weg bis zum Gletscher ankündigte. Nach einiger Zeit kamen wir an eine Planken-Brücke, die über einen breiten, wilden Gletscherbach führte. Anfangs war noch ein Drahtseil als Geländer gespannt, später mußte man ohne auskommen. Es war so laut, dass man sich sogar aus nächster Nähe anschreien mußte. Als schließlich die Planken endeten und man auf zwei halbierten Baumstämmen weiter balancieren sollte, wurde es uns doch zu gefährlich und wir kehrten um. Wäre uns hier oben etwas passiert, hätte es mindestens bis zum nächsten Morgen gedauert, ehe hier wieder jemand vorbeigekommen wäre. Anfangs waren uns noch einige zurückkehrende Wanderer begegnet, danach waren wir aber ganz allein hier oben.

    Den Rückweg ins Tal schafften wir in viel kürzerer Zeit. Nach kaum 5 Minuten Autofahrt fing es dünn an zu regnen - den ganzen Tag über hatten wir wirklich Glück mit dem Wetter gehabt. Mit dem Abstecher zum Buarbreen waren wir heute 214 Straßenkilometer gefahren; dazu kam noch die Strecke, die wir während der einstündigen Fährüberfahrt von Mekjarvik nach Skudeneshavn zurückgelegt hatten. Zurück im Hotell, aßen wir zu Abend und setzten uns anschließend in den wirklich sehr schön eingerichteten Aufenthaltsraum, in dem es sogar einen Kamin gab. Hier saßen schon einige andere Gäste vor dem Fernseher.

    Zuerst gab es ein Konzert des Ex-Beatles Paul McCartney, danach einen amerikanischen Krimi; beides mit norwegischen Untertiteln. Von den Filmen habe ich nicht viel mitbekommen, weil ich währenddessen dieses Tagebuch schrieb. In den anschließenden Nachrichten (in norwegischer Sprache) sahen wir einen Bericht über das Fest in Haugesund und erfuhren, dass es der Auftakt zu einem Filmfestival gewesen war. Außerdem zeigten sie die Wetterkarte: Sonne, Wolken und kein Regen! Die Norweger haben übrigens nur ein einziges Programm in norwegischer Sprache. Da es aber zwei Landessprachen, Bokmål und Nynorsk gibt, wird mit der gerade nicht benutzten Sprache untertitelt. Außerdem gibt es, genau wie bei uns, noch verschiedene Kabelkanäle in englischer Sprache.

    Sonntags hatten wir zwar nicht so viele Kilometer zurückzulegen, dafür aber eine schwierige Strecke, die laut Reiseführer viel Zeit und Geduld erforderte. Bereits am Vorabend hatten wir uns an der Rezeption erkundigt, wann die Fähren von Brimnes nach Bruravik abfuhren und richteten unseren Zeitplan danach aus. Auf dem Weg zur Fähre war die Straße so gut wie leer; außer uns war anscheinend niemand unterwegs. Wir hatten nochmals einen schönen Blick auf verschiedene Teile des Folgefonn-Gletschers, deren weißes Eis im Sonnenlicht strahlte. Auf der linken Seite der Straße begleitete uns der Sørfjord, auf der rechten Seite lagen große Obstanbaugebiete, die sich später drüben auf der anderen Fjordseite fortsetzten. Die meisten Bäume waren jetzt in der Erntezeit (August und September) mit Netzen gegen räuberische Vögel geschützt. Rund um die Gemeinde Ullensvang liegt das größte Obstanbaugebiet Norwegens mit über 275.000 Obstbäumen. An den zahlreichen Parkplätzen am Straßenrand wiesen immer wieder Schilder darauf hin, dass man hier (leider nur an Wochentagen) frisch geerntetes Obst kaufen konnte.

    In Kinsarvik, wo sich die Fjordarme Utnefjord, Eidfjord und Sørfjord treffen, suchten wir vergeblich nach dem Bootsanlegeplatz Skiparstod aus der Wikingerzeit. Da auch dieser Ort wegen der frühen Stunde wie ausgestorben war, konnten wir niemand danach fragen und fuhren deshalb weiter ins 40 km entfernte Brimnes. Hier mussten wir noch etwas warten, dann brachte uns das Fährschiff "Eidfjord" um 9:50 Uhr in nur 10 Minuten hinüber nach Bruravik. Dort verließen wir beim nächsten Ort, Vallavik, den Eidfjord und fuhren durch den 7,5 km langen Vallvik-Tunnel unter dem Gebirge hindurch nach Granvin, von wo aus es dann auf der E 68 in Richtung Bergen weiterging.

    Auf der Weiterfahrt lag jetzt immer der Hardangerfjord auf der linken Seite. Er ist mit 179 km Norwegens zweitlängster Fjord und bis zu 830 m tief, das ist erheblich tiefer als die Nordsee vor der gesamten westnorwegischen Küste! Die Berge ragen zwar relativ steil aus dem Wasser des Fjordes heraus und auch wenn man davon ausgeht, dass es unter der Wasseroberfläche im gleichen Winkel nach unten weitergeht, ist es trotzdem sehr schwierig, sich diese Tiefe vorzustellen. Bis nach Bergen waren es jetzt noch ca. 130 km. Die Straße wand sich in teilweise schwindelnder Höhe am Fjordufer entlang und war stellenweise so schmal, dass nur ein Auto durchpasste. Immer wieder mussten wir an Ausweichstellen anhalten und einmal sogar eine kurze Strecke zurückfahren.

    Steindalsfossen

    Wir hatten Glück, dass heute Sonntag war; an einem anderen Tag wären nicht nur noch mehr Pkw mit und ohne Wohnwagen, Wohnmobile und Busse unterwegs gewesen, sondern zusätzlich auch noch zahlreiche Lkw. Das Wetter war sehr schön; wir genossen während der ganzen Fahrt einen herrlichen Blick auf den majestätischen Hardangerfjord und die ihn umgebenden Berge. Hinter Ålvik überquerten wir den Samlafjord auf der 1937 erbauten, nur 6 m breiten Fykesund-Brücke. Eine Ampel sorgt dafür, dass nicht von beiden Seiten gleichzeitig auf die nur einspurige Brücke gefahren wird. Auch hier sahen wir wieder überall entlang des Weges Erdbeerplantagen, Pflaumen-, Kirsch- Birn- und Apfelbäume. Bei Norheimsund kamen wir zum Wasserfall Steindalsfossen, hinter dem man hindurchgehen kann, ohne nass zu werden.

    Bei Snaugehaugen bog die E 68 vom Hardangerfjord ab und führte ins Tokafjell-Massiv. Bei der Durchquerung dieser wilden Gebirgslandschaft fuhren wir bald über Serpentinen mit zahlreichen Haarnadelkurven, bald durch Tunnel. Starkes Gefälle und steile Felswände machten die Fahrt zu einem besonderen Erlebnis. Im Waldgebiet Kvamskogen fielen uns die Hytter (Ferienhütten) auf, die jeweils einzeln oder höchstens zu dritt oder viert an einsamen Plätzen, meistens jedoch an kleinen Seen standen. Wir hielten an einem Speiselokal und aßen zu Mittag: "Sprøbakt Rødspette", ein mit Krabben und Kräutern gefülltes, paniertes und fritiertes Fischfilet. Auf der Weiterfahrt hielten wir einige Zeit später an einem kleinen Wasserfall und nutzten die Gelegenheit zu einem kurzen Fußbad in eiskaltem Wasser. In Tysse, wo der fischreiche Tyssefluß in den Samnangerfjord, einen Seitenarm des Bjornafjordes mündet, gelangten wir wieder ans Fjordufer. Doch schon nach wenigen Kilometern auf einer unübersichtlichen, kurvigen Strecke stieg die Straße wieder an und führte uns hinauf ins Ski- und Wandergebiet Gullbotn.

    Ab Trengereid war die Straße zweispurig ausgebaut - ein sicheres Zeichen dafür, dass wir jetzt nur noch wenige Kilometer von Bergen entfernt waren. Die nun folgende, kurvenreiche Strecke führte durch mehrere Tunnel und einige Dörfer nach Nestun. Hier wies ein Schild auf der linken Straßenseite zur Fantoft-Stabkirche. Wir bogen natürlich ab. Vom Parkplatz aus mussten wir nur noch ein kurzes Stück laufen, dann standen wir vor der mitten im Wald aufgestellten, pechschwarzen Stabkirche.

    Fantoft-Stabkirche

    Sie hatte ursprünglich in Fortun am innersten Zipfel des Sognefjordes gestanden, war 1884 hierher gebracht und stark restauriert worden. Zur Abwechslung kamen wir mal nicht nach dem Ende der Öffnungszeit, sondern vor dem Beginn derselben. Außer uns fanden sich im Laufe der Zeit noch einige andere Besucher ein, daher warteten wir ab, bis der erste Ansturm vorüber war und gingen erst etwas später hinein. Auch diese Stabkirche fanden wir sehr schön: außen mit Pech ganz schwarz angestrichen, war das Holz im Innenraum heller, reich geschnitzt und auch wieder bemalt. Trotz der beiden nachträglich eingebauten Buntglas-Fenster war die Kirche nur spärlich beleuchtet (leider brannte die Kirche ein Jahr nach unserem Besuch ab – heute ist an gleicher Stelle eine Rekonstruktion zu besichtigen).

    Anschließend machten wir uns am Stadtrand von Bergen auf die Suche nach dem "Montana Vandrerhjem", zu dem es laut dem Mini-Plan in unserem Verzeichnis irgendwann rechts abgehen mußte. Wir fanden jedoch wieder mal kein Schild, irrten deshalb in irgendwelchen Wohngebieten (mit äußerst wirksamen Bodenschwellen, die zum Langsamfahren zwingen) herum und fragten schließlich an einer Tankstelle nach dem richtigen Weg. Den fanden wir dann auch problemlos und standen wenig später (nach einer Fahrt von insgesamt 209 km plus 10 Minuten Fährzeit) vor dem Vandrerhjem. Dort besichtigten wir unser Zimmer (DU/WC direkt gegenüber bzw. nebenan), brachten die Sachen hinein, zogen uns um und fuhren dann in den Stadtkern von Bergen.

    Die Hauptstadt der Provinz Hordaland ist die zweitgrößte Stadt Norwegens und wurde im 9. Jahrhundert von König Olav Kyrre gegründet. Bergen liegt an den inneren Buchten des Byfjords, besitzt den bedeutendsten Hafen der norwegischen Westküste, eine stattliche Handelsflotte und mehrere große Werften. Umgeben von einem Kranz teilweise bewaldeter Höhen (bis 643 m hoch), an deren Hängen sich die Stadt amphitheatralisch aufbaut, gilt das farbenfrohe, lebendige Bergen als eine der schönsten Städte des Landes.

    Da heute Sonntag war, bekamen wir relativ problemlos einen Parkplatz direkt am alten Hafen. Langsam spazierten wir entlang der alten Häuser von Bryggen, dem Handelsviertel aus der Hansezeit. In den zahlreichen Souvenirshops hielten wir Ausschau nach einem Norwegerpulli; beschlossen aber zu warten bis wir übermorgen nach Dale kommen würden, denn dort werden die meisten dieser Pullover hergestellt. Zu Fuß wanderten wir bis zur Festung Bergenhus am Ende des Hafenbeckens und schrieben uns unterwegs die Öffnungszeiten von verschiedenen Museen, der Häkonshalle und dem Rosenkrantzturm auf. Dann gingen wir in Richtung Dom (war leider geschlossen) und schauten unterwegs in die Kreuzkirche hinein. Auf dem Rückweg zum Auto kamen wir durch die Fußgängerzone Torgalmenningen mit kleinen und grossen Geschäften, darunter auch mehreren Kaufhäusern.

    Gasse in Bryggen

    Am nächsten Morgen fuhren wir gegen 9 Uhr mit dem Auto in die Stadt. An einer Mautstelle waren 5 NOK Gebühr für die Benutzung der Straßen in der Innenstadt zu entrichten (war gestern kostenlos). Wir beobachteten, dass viele Wagen eine Dauerkarte an der Windschutzscheibe hatten. Die auf diese Weise zusammenkommenden Gelder werden zum Ausbau des Nahverkehrsnetzes verwandt. Heute war es nicht so einfach wie gestern, einen Parkplatz zu finden, deshalb stellten wir den Golf schließlich in einem zentral gelegenen Parkhaus ab.

    Zunächst wanderten wir nochmals zu den alten Häusern von Bryggen, in denen heute meist Geschäfte und Restaurants untergebracht sind. Früher hieß dieses Viertel auch Tyske Brygge, also Deutsche Brücke. Zur Hansezeit (ca. 1500- 1750) befanden sich hier die jeweils aus einer ganzen Reihe hintereinander geschachtelter Häuser bestehenden Höfe der deutschen Hansekaufleute. Die Holzgebäude wurden später immer mehr durch steinerne Lagerhäuser ersetzt. Heute stehen alle diese Häuser unter Denkmalschutz; Bryggen steht auf der UNESCO- Liste der besonders erhaltenswerten Denkmäler. Nur ein einziger der hölzernen Höfe, der im Stil des 18. Jahrhunderts eingerichtete Finnegård ganz vorne am Torget ist in ursprünglichem Zustand mit Kontor, Wohnräumen, Lagerhäusern erhalten und vermittelt seit 1872 als Hanseatisches Museum ein getreues Bild des kaufmännischen Lebens und Treibens zur Hansezeit (sehr interessant, unbedingt zu empfehlen!).

    'Statsraad Lehmkuhl'

    Rechts: Die "Statsraad Lehmkuhl" im Hafenbecken Vågen vor den alten Bryggen-Häusern. Dieses wohl eindrucksvollste norwegische Segelschulschiff ist ein 98 m langer Dreimaster mit etwa 2.200 qm Segelfläche.

    Fischmarkt in Bergen

    Ein absolutes "Muss" in Bergen ist ein Besuch auf dem Fischmarkt - auf dem nicht nur Fisch, sondern auch allerlei andere Dinge wie Obst, Felle und Souvenirs angeboten werden.

    Nach dem Mittagessen in einem der Restaurants an der Fußgängerzone schauten wir uns die Johanneskirche an, die wir aber nicht besonders schön fanden. Danach holten wir unser Auto aus dem wirklich brandteuren Parkhaus und fuhren zum an der Spitze der Landzunge zwischen Vågen und Puddefjord im Nordnespark gelegenen Aquarium. In den Außenanlagen betrachteten wir ein Becken mit zwei Pinguin-Arten, mehreren Robben und zwei Ottern und ein weiteres mit vier Seehunden. Beide Becken besaßen große Glasscheiben, durch die man die Tiere auch unter Wasser beobachten konnte.

    Im Inneren des Aquariumsgebäudes hatte jedes Becken ein bestimmtes Thema wie beispielsweise die verschiedenen Wassertiefen, das Unterwasser-Geschehen in den Fjorden, in den Hafenbecken und im Schärengürtel vor der norwegischen Küste. Natürlich behandelte nur ein Teil der Aquarien die norwegischen Gewässer, andere Becken hatten Hoch- und Tiefsee-Themen und es gab auch Aquarien mit exotischen Tieren und Pflanzen. Das Ganze war sehr schön gemacht und wurde im Führer durch das Aquarium, den wir an der Kasse erworben hatten, sehr genau beschrieben.

    Pinguine im Aquarium von Bergen

    Bis zur nächsten Fütterung der Seehunde, Robben, Otter und Pinguine um 18 Uhr tranken wir in der Cafeteria des Aquariums erst mal gemütlich Kaffee. Anschließend setzten wir uns auf die Wandbank gegenüber dem Seehunde- Becken und beobachteten die elegant hin- und herschwimmenden Tiere durch die Glasscheibe.

    Manchmal konnte man sich des Eindruckes nicht erwehren, man selbst sei das ausgestellte Tier und die Seehunde kämen als interessierte Betrachter an den Fenstern vorbei. Auf jeden Fall schienen sie Spaß daran zu haben, zuzuschauen, was die Menschen auf der anderen Seite der Scheibe taten.

    Während der Tierpfleger den Robben und Ottern im Nachbarbecken die Fische einfach zuwarf, mußte er sie den Pinguinen in die Schnäbel stopfen. Teilweise war das recht schwierig: die Tiere kamen zwar zu ihm, hatten also anscheinend Hunger, nahmen dann aber die Fische oft nicht an. Einige freche Möwen, die wohl die Fütterungszeiten genau kannten, bekamen auch ihren Teil ab. Die vier Seehunde im anderen Becken fingen die ihnen zugeworfenen Fische geschickt auf und machten teilweise sogar kleine Kunststücke.

    In Bergen außerdem besucht und sehr zu empfehlen:

    • Schøtstue - altes Versammlungshaus der Hansekaufleute mit Schankstube und riesiger Küche. In den Hansehöfen war jegliches Feuer streng verboten, daher trafen sich die Handelsherren und ihre Angestellten hier zum Essen und "gemütlichen Beisammensein" - was allerdings für die Lehrjungen, die nicht nur fürs Kochen zuständig waren, sondern auch noch allerlei brutale Rituale über sich ergehen lassen mussten, nicht immer die reine Freude war.
    • Håkonshalle und Rosenkrantzturm in der alten Festung Bergenhus.
    • Die Mariakirke aus dem 12. Jahrhundert ist das älteste Gebäude Bergens und weist dank der reichen Hansekaufleute eine reiche Ausstattung und wunderbare Schnitzereien auf.
    • Aussicht vom "Hausberg" Fløyen - allein die Fahrt mit der Fløybahn hinauf ist ein Erlebnis!
    • Villa Troldhaugen - der idyllisch gelegene Wohnsitz des berühmten norwegischen Komponisten Edvard Grieg. Unten am See steht die "Komponistenhütte", eingerichtet mit Schreibtisch, Klavier und einem bequemen Sessel - ein wirklich wunderbarer Platz zum Denken und Träumen!

    Obwohl Bergen als die regenreichste norwegische Stadt gilt, hatten wir unsere Regenschirme (zum Glück) ganz umsonst mit uns herumgeschleppt. Den ganzen Tag über herrschte trockenes Wetter, es war zwischen 17 und 19 Grad warm, aber die Sonne zeigte sich leider nur selten. Ein kleines Stück hinter dem hoch über der Stadt gelegenen Vandrerhjem gab es einen Aussichtspunkt, von dem aus man einen herrlichen Blick auf Bergen hatte. Vom etwa doppelt so hoch schräg über uns gelegenen Berg Ulrikken, auf den man mit einer Schwebebahn vom Stadtzentrum aus gelangen konnte, war die Aussicht sicherlich nicht viel anders. Vor allem bei Dunkelheit sah die beleuchtete Stadt von hier oben phantastisch aus.

    Am nächsten Tag fuhren wir bei bedecktem Himmel durchs Gebirge nach Dale, wo die schönen Norwegerpullis hergestellt werden ("Dale of Norway"). Die Str. 13 führte durch mehrere völlig unbeleuchtete und mit sehr schlechtem Straßenbelag versehene Tunnel. Dabei hatte im Reiseführer gestanden, dass hier die Strecke besonders gut ausgebaut sei. Auf der 25 km langen Strecke bis nach Dale passierten wir insgesamt 10 größere Tunnel.

    Die Strickwarenfabrik fanden wir schnell und fragten am Empfang, wo man die Erzeugnisse käuflich erwerben könne. Das von uns gesuchte Geschäft sei mitten im Ort, lautete die Antwort. Bevor wir gingen, schwatzten wir der Empfangsdame noch einen Katalog mit der diesjährigen Kollektion ab. Im "Fabrikutsalg" war jedoch die Auswahl nicht besonders groß, außerdem gab es keine Tax-Free- Schecks, mit denen man bei der Ausreise die höhere Mehrwertsteuer erstattet bekommt, so dass die hiesigen Preise für uns im Endeffekt höher waren als in Bergen.

    Hinter Dale stieg die Str. 13 steil hinauf ins Gebirge. Oben folgten wir dem rund 500 m hoch gelegenen Bergsdalen, einem beliebten Erholungsgebiet der Bergenser Bevölkerung. Wir fuhren durch eine recht einsame Gegend mit vereinzelten Ferienhütten; nur ab und zu sah man einige Schafe und Kühe. Das Gelände war in großflächige, eingezäunte Weidegebiete aufgeteilt. Damit die Tiere nicht über die Straße in angrenzende Weidegebiete gelangen konnten, waren auf Höhe der Weidezäune Viehgitter in die Straße eingelassen. Durch das Torfinnodal und vorbei am See Vangsvatn ging es dann wieder abwärts.

    In Voss machten wir einen kurzen Rundgang im Ortskern, kauften Brot und Butter und aßen anschließend in einem Restaurant zu Mittag (Kylling bzw. Rødspette). Die aus dem 13. Jahrhundert stammende Steinkirche des Ortes stand auch auf unserem Besichtigungsprogramm, war aber wegen Arbeiten an der Orgel geschlossen. Deshalb fuhren wir weiter in Richtung Vik. Unterwegs trafen wir auf den schönen Wasserfall Tvindefoss, wo wir zu einem Foto anhielten.

    Die weitere Strecke führte uns durch das landwirtschaftlich, hauptsächlich durch Viehwirtschaft genutzte Myrkdal. Das Tal war zunächst breit, wurde dann aber immer schmäler. Schließlich fuhren wir über vier Serpentinen hinauf auf fast 1.000 m Höhe. Hier oben auf dem Vikafjell war die Landschaft wieder völlig anders. Es gab keine Bäume mehr, nur noch Gräser und Flechten. Überall war Wasser; teils als kleine Seen, Teiche und Tümpel, teils als Schneereste. Auch hier sahen wir wieder verstreute Ferienhytter. Die über 4 m hohen Stangen am Straßenrand, durch die der Straßenverlauf im Winter sichtbar bleibt, waren teilweise noch mit Stöcken verlängert. Den mit 986 m höchsten Punkt dieser Hochgebirgsstrecke erreichten wir an der Provinzgrenze zwischen Hordaland und Sogn og Fjordane.

    Rentier auf dem Vikafjell

    Ein Same (so nennen sich die Lappen selbst und in ganz Norwegen wurde diese Bezeichnung für das Nomadenvolk übernommen) hatte hier oben ein Zelt und ein regalartiges Vorratsgestell aufgebaut. Daneben war ein Rentier angebunden. Auf der anderen Seite des Zeltes befand sich ein Verkaufsstand mit Rentierfellen, Messern, Elch- und Rentierwurst, Fellschuhen und sonstigen Souvenirs. Der Mann wohnte nicht etwa in dem Zelt, sondern in einem hinter dem Verkaufsstand aufgestellten modernen Wohnwagen. Das Zelt und das Rentier dienten nur dazu, die vorbeifahrenden Touristen zum Anhalten zu bewegen - was ja auch bei uns prima geklappt hatte. Wir kauften jedoch nichts, sondern fotografierten nur das Rentier und bewunderten die wunderbar dichten Rentierfelle am Verkaufsstand.

    Sognefjord

    Während der Abfahrt nach Vik hatten wir vor allem im oberen Streckenabschnitt eine großartige Aussicht auf den Ort und den Sognefjord. Noch ziemlich weit entfernt konnte man in nördlicher Richtung das Gebirge mit dem weißen Schnee des Jostedalsgletschers erkennen. Der Abstieg vom baumlosen Hochgebirge zum Fjordufer erfolgte - mit zahlreichen Kehren und Kurven sowie immer freundlicher werdendem Wetter - recht zügig. Hier war die Landschaft wieder fast wie im Allgäu: grüne Wiesen und in Gruppen zusammenstehende Häuser und Bauernhöfe.

    Stabkirche von Hopperstad

    Unten im Tal bogen wir zur Stabkirche von Hopperstad ab. Die aus der Mitte des 12. Jahrhunderts stammende Kirche lag sehr schön inmitten der grünen Wiesen, war jedoch von innen nicht so schön wie die anderen Stabkirchen, die wir bisher gesehen hatten. Sie war kaum bemalt und bis auf den mit Schnitzereien und Malereien verzierten Altarbaldachin und die von 1661 stammende Altartafel überhaupt nicht möbliert. In das Portal der Kirche waren schöne, ineinander verwobene Schlangen-, Drachen- und Rankenornamente geschnitzt.

    Vom 11 km entfertnen Vangsnes aus überquerten wir den "König der Fjorde" genannten Sognefjord mit der Fähre "Stryn", die uns kurze Zeit später in Hella absetzte. Drüben ging es dann noch etwa 40 km am nörlichen Fjordufer entlang bis nach Sogndal. Obwohl es jetzt schon nach 16 Uhr war, kam auf einmal die Sonne zum Vorschein und es wurde noch einmal richtig schön.

    Der Sognefjord ist der längste norwegische Fjord. Er erstreckt sich vom Meer aus nach Osten 204 km weit ins Land hinein, ist durchschnittlich ca. 6 km breit und stellenweise über 1.200 m tief. Je weiter man in das Innere des Fjordes vordringt, desto ernster und großartiger wird die Landschaft. Auffallend ist der große Klimaunterschied am Sognefjord: während im westlichen Teil ein gemäßigtes Seeklima mit großer Niederschlagsmenge herrscht, findet man im östlichen Teil ein ausgesprochenes Landklima mit geringem Niederschlag.

    Stabkirche von Kaupanger

    In Sogndal fanden wir das Vandrerhjem problemlos, luden unsere Sachen aus und fuhren weiter ins 11 km entfernte Kaupanger, um die dortige Stabkirche aus dem Jahre 1180 anzuschauen. Sie war leider schon geschlossen, so dass wir sie nur von außen betrachten konnten. Diese Kirche fanden wir lange nicht so schön wie diejenigen in Heddal und Røldal.

    Zurück in Sogndal, schrieben wir die heute gefahrenen Kilometer auf: mit dem Abstecher nach Kaupanger waren es 268,5 km. Dazu kam noch die während der 15minütigen Fährüberfahrt von Vangsnes nach Hella zurückgelegte Strecke. Dann aßen wir zu Abend und setzten uns anschließend ein wenig in den schön gestalteten Aufenthaltsraum, der - genau wie unser Zimmer - einen wunderschönen Ausblick auf den Sognefjord hatte.

    Der folgende Tag begann mit strahlendem Sonnenschein. Da die Rezeption um 7:45 Uhr noch geschlossen war, legten wir den Zimmerschlüssel neben die Tür, wo schon ein weiterer Schlüssel von Gästen, die noch vor uns abgefahren waren, lag. In den Vandrerhjemen brauchten wir nur bei der Ankunft das Anmeldeformular auszufüllen und einen Personalausweis vorzuzeigen. Mit der Abgabe der Übernachtungsschecks der Norwegischen Familienherbergen war dann alles Weitere erledigt und wir konnten am nächsten Tag abreisen, wann wir wollten.

    Jetzt verließen wir Sogndal auf der Str. 55, der sogenannten Sognefjellstraße, die zu den beeindruckendsten Strecken Norwegens gehört. Auf den ersten 12 km begleitete uns der Lachsfluß Arøyelva, der als einer der besten Lachsflüsse der Welt gilt (Lizenz für einen Tag: ca. 1.000 NOK!). Nach einigen weiteren Kilometern erreichten wir den Lustrafjord, einen Seitenarm des Sognefjordes. Am Ende der sich nun anschließenden Bucht, dem Gaupnefjord, bogen wir kurz vor dem Ort Gaupne auf die Str. 604 ins Jostedal ab, um den Gletscherarm Nigardsbreen zu besuchen.

    Während der Fahrt durch das enge, wilde Jostedal begleitete uns ein von zahlreichen Wasserfällen gespeister, glasklarer Fluß von unwahrscheinlich grüner Farbe. Nach ca. 30 km kamen wir zum Gasthof Kroken, von wo aus man auf einer gebührenpflichtigen Privatstraße weiterfährt. Die restlichen 3 km bis zum Gletschersee fuhren wir jedoch, ohne dafür zu bezahlen: angesichts der frühen Stunde war noch niemand am Kassenhäuschen.

    Schon aus einiger Entfernung sah man den Gletscher zwischen den Bergen liegen. Wir parkten direkt am Seeufer und schauten uns nach dem Boot um, das hinüber zum Geröllende des Gletschers pendelt. Doch dieses lag friedlich am Bootssteg und es gab auch kein Schild, auf dem man hätte ablesen können, um wieviel Uhr der Fährbetrieb aufgenommen wird. Die Umgebung des Gletschers und des Gletschersees war mit rundgeschliffenen Felsbrocken und Steinen in allen Größen übersät. Bereits vom hiesigen Ufer aus konnten wir erkennen, dass man nach der Überfahrt noch ein ganzes Stück zwischen den Steinen hinaufklettern mußte.

    Der Nigardsbreen ist ein Ausläufer des Jostedalsbreen, des mit ca. 1.000 qkm Ausdehnung größten europäischen Gletschers. Nur wenige niedrige Felshöcker durchbrechen die Eismasse, deren Dicke auf etwa 500 m geschätzt wird. In die umliegenden Täler senken sich 26 größere Gletscherzungen. Da das Eis des Gletschers wie fast überall in Norwegen seit Jahrzehnten im Rückgang ist, sind die Aufstiege zum Firnfeld teilweise beschwerlich und steil. Der nun vor uns liegende Nigardsbreen ist eine der relativ unproblematisch zu erreichenden Gletscherzungen. Die Höhenzüge des Jostedalsbreen bewegen sich um die 2.000 m, der Gipfel Lodalskåpa ist mit 2.080 m die höchste Erhebung.

    Außer uns war noch eine Gruppe (unserer Meinung nach Italiener) hier, die direkt vor uns heraufgefahren waren. Sie purzelten aus ihrem R irgendwas heraus und machten sich sofort zu Fuß auf den Weg rund um den See zum Gletscher. Das sah eigentlich gar nicht so weit aus; anfangs erwägten wir sogar, es ihnen nachzumachen. Doch dann beobachteten wir, dass sie in dem unwegsamen Gelände immer große Umwege machen mussten, um eine Stelle zu finden, wo sie die vom Parkplatz aus harmlos aussehenden Gebirgsbäche überqueren konnten. Ihr Zickzack-Weg ging bald am Seeufer entlang, bald kletterten sie ziemlich weit oben am Berg. Insgesamt kamen sie nur sehr langsam vorwärts und brauchten ungefähr eine Stunde bis zum Gletscher.

    Während wir hier warteten, kamen noch einige andere Autos an; in einem davon saß der Fahrer des Gletscherbootes. Um 10 Uhr ging die Fahrt über den hellgrünen See, in dem viele kleine und mittelgroße Eisbrocken schwammen, los. Außer uns fuhr nur noch ein weiterer Fahrgast mit hinüber. Bis zum Bootssteg auf der anderen Seite brauchten wir nur etwa 10 Minuten. Immer wieder stieß das Boot gegen die im Wasser schwimmenden Eisbrocken; auch der Fahrtwind war ganz schön kühl. Vom Parkplatz aus hatte der Gletscher greifbar nahe ausgesehen, aber nach der Überfahrt hatte sich die Entfernung anscheinend noch gar nicht verringert. Ein Blick zurück zum Parkplatz zeigte uns jedoch die abgestellten Autos bereits in Spielzeuggrösse.

    Gletschertor des Nigardsbreen

    Über Stock und Stein wanderten wir nun hinauf zum Gletscher. Einen markierten Weg über die riesigen Felsbrocken, deren Oberfläche der Gletscher in vielen tausend Jahren glattgeschliffen hat, gab es nicht. Ein Stück weit vor dem Gletscher standen Hinweisschilder, die eindringlich davor warnten, näher an das Gletschertor heranzugehen; es war sogar ein Absperrseil gespannt. Wir ließen uns jedoch davon nicht beeindrucken und gingen "auf eigene Gefahr" weiter bis ganz nahe an das Gletschertor, wo ein ziemlich kräftiger Bach des wunderbar hellgrünen Wassers herausfloss.

    Im Inneren des Gletschers knisterte und knackte es ständig leise, das machte das Ganze doch etwas unheimlich. Das Eis am Gletschertor hatte eine wunderschöne blaue Farbe, wirklich "eisblau". Die weiße Oberfläche des Gletschers war ganz zerfurcht und auch ziemlich schmutzig. Hier oben war es übrigens wieder warm und die Sonne schien - richtiges Bilderbuchwetter.

    Gletschereis des Nigardsbreen

    Auf dem Rückweg zum Bootssteg sammelten wir ein paar interessante Steine, die während der Wartezeit auf das Boot im eiskalten Seewasser abgewaschen wurden. Dann fischten wir einige der skurril geformten Eisbrocken heraus - schade, dass man diese nicht mitnehmen konnte! Das Gletscherboot brachte uns um 11:30 Uhr wieder zurück zum Parkplatz, wo mittlerweile sehr viele Autos standen. Mit der nächsten Fuhre setzte eine mit Stöcken und Steigeisen ausgerüstete Touristengruppe über, die an einer der geführten Touren auf dem Gletscher teilnahm. Wir hatten gestern abend in Sogndal Prospekte von diesen Touren gesehen, aber leider passte keine davon in unseren Zeitplan. Das Angebot umfasste einen einstündigen Spaziergang (in sicherlich total ausgetretenen Pfaden), Halbtags- und Ganztagstouren. Gegen entsprechendes Entgelt konnte man sogar mit einem Hubschrauber über dem Gletscher herumfliegen.

    Es war jetzt sehr warm; bereits auf dem Boot hatten wir den Fahrtwind nur noch als ein angenehmes Lüftchen bemerkt. Daher tauschten wir die warmen Klamotten und festen Schuhe, die wir extra zur Gletscherwanderung angezogen hatten, flugs gegen Shorts, T-Shirt und Sandalen. Nach einer kurzen Kaffeepause machten wir uns auf den Rückweg zum Sognefjord. Diesmal war das Kassenhäuschen am Beginn der Privatstraße besetzt und wir entrichteten nachträglich 15 NOK Benutzungsgebühr. Der uns zurück durchs Jostedal begleitende hellgrüne Fluß, von dem wir ja jetzt wussten, dass er direkt aus dem vom Nigardsbreen gespeisten Gletschersee kommt, sah im strahlenden Sonnenlicht noch schöner aus.

    Wieder zurück am Fjordufer, fuhren wir nur bis in den nächsten Ort Gaupne, wo wir in der Cafeteria eines Boutique- Centers zu Mittag aßen. Anschließend wurde in einem der Läden der heissersehnte Norwegerpullover gekauft (natürlich Tax-Free!). Nun folgten wir wieder der Str. 55, die uns entlang des Lustrafjordes durch mehrere kleinere Ortschaften führte. Bei Nes sahen wir am gegenüberliegenden Fjordufer den Wasserfall Feigumfoss, der über eine Höhe von mehr als 200 m in freiem Fall herunterstürzt.

    Über Luster gelangten wir nach Skjolden, wo wir das hochsommerliche Wetter zu einer längeren Pause am Fjordufer nutzten. Wir fanden eine wohl als Bootsanlegeplatz dienende Holzplattform, die direkt am Ufer auf dem Wasser schwamm. Hier ließen wir uns nieder, steckten die Füße ins ziemlich kalte Fjordwasser und genossen die Wärme der Sonnenstrahlen. Skjolden liegt am Endpunkt des Lustrafjordes und ist der am weitesten im Landesinneren liegende Punkt, der auf einem Fjord von der Küste aus erreicht werden kann (etwas mehr als 200 km).

    Schließlich verließen wir den Sognefjord und begannen den Aufstieg ins Sognefjell an der Nordseite des Gebirgsmassives Jotunheimen. Über den kleinen Ort Fortun (von hier stammt die in Bergen stehende Fantoft-Stabkirche) fuhren wir in ungezählten Kurven und Windungen hinauf ins Hochgebirge. Die Straße (immer noch Nr. 55) schraubt sich auf nur 33 km von Meeresniveau auf die Passhöhe von 1.430 m hinauf. Praktischerweise waren alle 100 Höhenmeter am Straßenrand kleine Schilder mit der jeweiligen Höhenangabe aufgestellt. Wir hatten gedacht, dass es hier oben kalt sein würde, doch dank der strahlenden Sonne war es hier genauso warm wie unten am Fjord, lediglich der Wind war etwas frisch.

    Die Landschaft war unbeschreiblich schön: tiefblauer Himmel, das dunkle Gestein der Berge, die weißen Schneefelder und kleine, ebenfalls tiefblaue Seen. Wir befanden uns oberhalb der Baumgrenze; hier gab es noch nicht einmal grössere Sträucher, sondern nur moosartige Gewächse und das in der Umgebung der Wasserflächen wachsende Wollgras. Überall entlang der Straße waren Ausbuchtungen, wo man anhalten und die hinter jeder Biegung immer wieder anders aussehende Landschaft betrachten (und natürlich fotografieren) konnte. Dank des schönen Wetters wurde davon auch eifrig Gebrauch gemacht.

    Jotunheimen

    Bei der Fahrt durch dieses bizarre Hochgebirge sahen wir überall links und rechts der Straße kleine Steintürmchen stehen. Ursprünglich waren dies alte Wegmarkierungen über den Pass, später bauten jedoch viele "Passkletterer" ebenfalls solche Steintürmchen. Wir bauten zwar kein Steintürmchen, pflückten aber einen kleinen Strauß Wollgras, den wir mit nach Hause nehmen wollten. Bei 1.400 m Höhe trafen wir auf den Herva-Stausee, der zur Energiegewinnung für das Fortun-Kraftwerk unten am Sognefjord dient. Etwas später erreichten wir die Sognefjellhütte, von wo aus es nicht mehr weit bis zur Passhöhe war.

    Jotunheimen ist Norwegens höchstes Gebirge. Die schneeweißen Berggipfel im Süden und Südwesten erreichen gut 2.000 m. Die höchsten Berge sind der Galdhøppigen (2.469 m) und der Glittertind (mit Gletscher 2.472 m). Hier oben gibt es viele Berghütten, von denen zahlreiche Wanderwege und Kletterpfade in die Bergwelt führen. Die Passhöhe bei 1.430 m ist der höchste Straßenübergang Norwegens und etwa vom 15. Oktober bis zum 10. Juni gesperrt. Wir hatten gelesen, dass der Altschnee oft noch im Hochsommer an einigen Stellen eine Hohlgasse von bis zu 3 m hohen Wänden links und rechts der Straße bildet. Auf etwas über 1.400 m Höhe kamen wir an einer solchen Stelle vorbei: der Schnee lag in einer kleinen Senke und bildete etwa 2 m hohe Wände entlang der Straße.

    Die Straße schlängelte sich nun wieder hinunter in landwirtschaftlich genutzte Täler mit braunen Feldern und vielen grünen Wiesen. Nachdem wir im Hochgebirge nur Schafen begegnet waren, gesellten sich hier unten Kühe und einige Pferde dazu. Immer begleitet von einem herrlich grünen Fluß aus glasklarem Gletscherwasser erreichten wir Bøverdalen, unseren heutigen Übernachtungsort am Fuße der beiden höchsten Berge Norwegens, dem Galdhøppigen und dem Glittertind.

    Die Familienherberge lag direkt an der (einzigen) Straße, so dass wir diesmal nicht suchen mussten. Unser Zimmer war sehr schön und das Fenster ging auf der Rückseite des Hauses auf den wild rauschenden Fluß hinaus. Nur die Duschen teilte das Vandrerhjem mit einigen Ferienhütten; man mußte Münzen einwerfen, um duschen zu können.

    Wir fanden, dass der heutige Tag einer der schönsten der bisherigen Reise war; einmal wegen des Wetters, aber vor allem wegen der phantastischen Erlebnisse am Nigardsbreen und der großartigen Fahrt durch das Gebirge Jotunheimen.

    Weil es noch ziemlich früh war, beschlossen wir, die Besichtigung der Stabkirche von Lom, die eigentlich für den morgigen Tag geplant war, vorzuziehen. Unser Wirt rief extra die Tourist-Information an, um zu erfragen, ob die Kirche noch geöffnet sei. Wir erfuhren, dass sie um 19 Uhr für eine Reisegruppe geöffnet würde, der wir uns sicherlich anschliessen könnten. Im 17 km entfernten Lom kauften wir zunächst einige Lebensmittel ein, unter anderem auch das schon lange gesuchte Multebeer-Gelee. Die Beeren selbst gab es allerdings auch hier nicht. Wir dachten damals, dass man sie wahrscheinlich nur in Nordnorwegen bekäme - wie wir später erfuhren, gibt es sie aber sehr wohl auch im Süden, beispielsweise auf der Hardangervidda.

    Vor der Stabkirche wartete bereits die Reisegruppe. Nach kurzer Zeit kam eine Frau mit dem Schlüssel. Sie wollte zwar Eintritt kassieren, hatte aber kein Wechselgeld dabei. Wir hatten leider nicht genügend Kleingeld, deshalb ging nur ich allein mit hinein. Insgesamt fand ich diese aus der Mitte des 12. Jahrhunderts stammende, allerdings im 17. Jahrhundert stark umgebaute Stabkirche eher enttäuschend; besonders störend wirkten die großen Fenster. Nur der hintere Teil mit dem Altarraum und die Säulen mit dem Kreuzmuster waren wohl noch in ursprünglichem Zustand.

    Der Innenraum war während des Umbaus mit barockem Inventar ausgestattet worden; heute sind jedoch sämtliche Einrichtungsgegenstände mehr oder weniger neueren Datums. Ausnahmen hiervon bilden lediglich die Altartafel und die mit geschnitzten Akanthusblättern verzierte Kanzel, die beide von 1669 stammen. Im Inneren der Kirche durfte man nicht fotografieren und Postkarten konnte man wegen der nur inoffiziellen Öffnungszeit leider auch keine bekommen.

    Stabkirche von Lom

    Von außen hielt die Kirche dem Vergleich mit Heddal keinesfalls stand; sie wirkte viel schlichter und hatte auch nicht die vielen übereinander geschachtelten Dächer. Früher hatte die Stabkirche auch einen Laubengang, dieser wurde jedoch abgerissen, um Raum für die Fenster zu schaffen. Das Säulen-Rundbogen-Portal an der Nordseite ist mit verzierten Halbsäulen ausgestattet, auf deren Kapitellen Löwen sitzen. Diese Löwen sollten verhindern, dass böse Geister und Dämonen in die Kirche eindrangen. Auf den Dachreitern sind Drachenköpfe angebracht, die eine ähnliche Funktion erfüllen sollten. Beides waren von den Wikingern stammende, heidnische Bräuche. Nach der Christianisierung Norwegens dauerte es noch Jahrhunderte, bevor die heidnischen Bräuche und Motive endgültig aus den Kirchen verschwanden.

    In einiger Entfernung der Stabkirche schauten wir uns die alten Bauernhäuser des Lom Bygdemuseum von außen an; das Museum war zu dieser Uhrzeit natürlich längst geschlossen. Danach holten wir unser Auto vom Parkplatz in der Ortsmitte und fuhren wieder zurück nach Bøverdalen. Die heutige Etappe von Sogndal bis Bøverdalen war 268 km lang gewesen; durch die vorgezogene Fahrt nach Lom kamen wir dann aber auf insgesamt 307 Tageskilometer.

    Weil wir am nächsten Tag nur etwa 150 km zu fahren hatten, standen wir etwas später auf und fuhren erst gegen 9 Uhr los. Die Strecke bis Lom kannten wir ja schon von gestern; dort bogen wir auf die Str. 15 in Richtung Grotli ab. Nun fuhren wir durch das vom Fluß Ottaelv durchflossene Ottadal. Hier herrscht ein besonders trockenes Klima, so dass die Felder künstlich bewässert werden müssen. Viele der alten Höfe stehen unter Denkmalschutz. Die Straße überquerte mehrmals die Otta und stieg allmählich immer mehr an. In Nordberg schauten wir uns die achteckige Kirche aus dem Jahre 1864 an. Im Nachbarort Dønfoss folgten wir einem Sehenswürdigkeits-Schild auf einen Campingplatz mit lustigen, aus Baumstämmen gefertigten Holzstühlen und einem schön angelegten Freibad aus Naturstein und Holz. Die Sehenswürdigkeit war der Fluß Otta, der hier über einige Stromschnellen brauste.

    Einige Kilometer weiter hielten wir am Gasthof Pollfoss, wo laut Reiseführer ein 81 m hoher Wasserfall zu bewundern war. Ein Hinweisschild führte uns hinter das Haus zu einer Brücke über die Otta. Wir überquerten die Brücke, weil wir dachten, der Weg würde uns weiter unten zu besagtem Wasserfall führen. Aber wir kamen nur immer weiter in ein Waldgebiet mit vereinzelten Hütten hinein. Schließlich kehrten wir um. Die zwischen 5 und 10 m hohen Stufen, über die der Fluß an der Brücke fiel, sollten wohl zusammen den Wasserfall bilden.

    Das anfangs noch breite und grüne Ottadal mit Wiesen und Feldern wurde nun enger; die Straße stieg immer höher und die Gegend war mit lichten Kiefernwäldern bedeckt. Schon bald verschwanden die Bäume und machten der kargen Hochgebirgsvegetation Platz. In Grotli übernachten die meisten Geiranger-Besucher, daher bestimmen Hotels und Souvenirshops das Ortsbild. Wenig später fuhren wir bereits wieder zwischen hohen, schneebedeckten Bergen und riesigen Geröllfeldern hindurch. Auf der linken Straßenseite begleitete uns der recht große Breidalsee.

    Am Seeende trafen wir wieder auf ein Samenzelt mit Rentieren und Verkaufsstand. Wir hielten wegen der sechs oder sieben Rentiere, die der Same hier angebunden hatte, an und machten einige Fotos von und mit den Tieren. Zwei kleinere Rentiere waren nicht angebunden, hatten aber Angst und liefen weg, wenn man zu nahe an sie herankam. Fast alle vorbeikommenden Autos und Wohnmobile, darunter übrigens sehr viele Deutsche, hielten hier an. Doch genau wie wir hatten es die meisten Touristen lediglich auf die fotogenen Rentiere abgesehen, gekauft wurde kaum etwas.

    Wenig später bogen wir bei Langevatn auf die Str. 58 in Richtung Geiranger ab. An der am etwa 10 km entfernten See Djupvatn gelegenen Djupvasshytta erreichten wir die Passhöhe von 1.038 m. Dann führte uns die Straße in sehr vielen Serpentinen hinunter ins über 1.000 m tiefer gelegene Tal des Geirangerfjordes. Wir hielten unterwegs zweimal, um Fotos zu machen. Am Aussichtspunkt Flydalsjuvet hat man einen besonders schönen Blick auf den Fjord und seinen Endpunkt, den Ort Geiranger. Die Serpentinenstraße endet übrigens erst kurz vor dem Fjordufer; der halbe (allerdings nicht sehr große) Ort ist in Terrassen an den Berg gebaut.

    Der Geirangerfjord und die ihn umgebende Landschaft zählen zu den größten Naturschönheiten, die Norwegen zu bieten hat. Er bildet die östliche Fortsetzung des Sunnylvsfjords, der seinerseits vom Storfjord abzweigt. Seine Ufer sind besonders steil und reich an Wasserfällen und eine Bootsfahrt auf dem Geirangerfjord gehört zu den Höhepunkten einer Fjordland- Reise.

    Wir kamen um die Mittagszeit hier an, stellten den Golf auf einem Parkplatz direkt am Fjordufer ab und erkundigten uns als erstes nach den Abfahrtszeiten des Sightseeing-Schiffs für die 90-minütige Rundfahrt über den Fjord. Danach machten wir uns auf die Suche nach einem Restaurant. Leider stellte sich heraus, dass anscheinend bereits alle Lokale geschlossen waren; die Saison war vorüber. Dabei war es hier nicht gerade menschenleer; wir fragten uns, wo die anderen Besucher wohl aßen.

    Schließlich kehrten wir zu einem Imbiss nahe unserem Parkplatz zurück, wo man das Essen in Pappgeschirr bekam und draussen sitzen mußte. Welch ein Glück, dass es nicht regnete! Wir bestellten Løvstek (ein Fleischgericht) mit Pommes Frites und Salat. Dazu tranken wir unseren eigenen Kaffee. Eine Gruppe Spatzen wartete gierig darauf, dass man ihnen von den Pommes hinwarf, dann stürzten sie sich alle wie wild darauf und jeder versuchte, ein möglichst grosses Stück zu ergattern.

    Kurz vor der Abfahrt der "M/S Geirangerfjord" fanden wir uns an dem Fjordsightseeing-Schiff ein. Natürlich waren bereits alle Sitzplätze an Deck besetzt, wir hätten uns nur noch unter Deck an die großen Panoramascheiben setzen können. Das wollten wir aber nicht. Seitlich der Brücke fanden wir ein prima Plätzchen, wo man zwar nicht sitzen, sich aber anlehnen und vor allem alles von vorne, also immer beide Fjordufer gleichzeitig sehen konnte (die Sitzplätze hatten den Blick seitlich bzw. von hinten). Das Wetter war den ganzen Tag über gut; recht warm, aber leider etwas diesig, die Sonne kam nicht so richtig heraus.

    Die Rundfahrt über den 18 km langen und rund 300 m tiefen Geirangerfjord dauerte 1 3/4 Stunden und war sehr schön. Das Schiff fuhr immer ganz nahe an die jeweiligen Sehenswürdigkeiten heran und eine Lautsprecherstimme erklärte diese in Norwegisch, Englisch, Deutsch und Französisch. Bereits nach einigen hundert Metern Fahrt sahen wir auf der rechten Seite die Serpentinenstraße "Adlerweg". Diese Fortsetzung der Str. 58 (der einzigen durch Geiranger führenden Straße) schraubt sich in 11 Haarnadelkurven vom Fjordufer aus bis in eine Höhe von 625 m. Auch wir würden den Ort später auf dieser Straße wieder verlassen.

    'Höllenschlucht' am Geirangerfjord

    An der ersten Biegung des Fjordes war am linken Ufer der Felsen "Prekestolen" (Kanzel) zu sehen. Von der Seite betrachtet, war der hervorstehende, kanzelförmige Felsvorsprung deutlich zu erkennen. Kurze Zeit später zeigte man uns am gegenüberliegenden Ufer den aus sieben Armen bestehenden Wasserfall "Die sieben Schwestern" (De syv Søstre), der aber leider momentan nicht viel Wasser führte. Danach kamen wir an der tiefen "Höllenschlucht" (links) vorbei, von der uns die Lautsprecherstimme erzählte, dass sie vom Teufel aufgerissen worden sei, als er vor dem Tageslicht unter die Erde habe fliehen müssen.

    Nun erreichten wir den wenige Meter über dem Fjordufer auf einem nur schmalen landwirtschaftlich nutzbaren Fleckchen vor der steil aufragenden, hohen Felswand liegenden Martvik-Hof. Wegen der günstigen Lage im Windschatten eines Berges konnten hier sogar Aprikosen und Tomaten angebaut werden. Da es sich jedoch im Laufe der Zeit immer weniger lohnte, unter diesen harten Bedingungen Landwirtschaft zu betreiben, wurde der Hof im Jahre 1962 verlassen. Er dient jetzt manchmal als Feriendomizil für Touristen, die ausprobieren wollen, wie es sich in völliger Abgeschiedenheit lebt. Auch unser Schiff brachte drei mit großen Rucksäcken bepackte Urlauber hierher. Wegen der steilen Felswände konnte das Schiff problemlos direkt am Bootssteg anlegen, ohne auf Grund zu laufen.

    Auf der Weiterfahrt sahen wir noch mehrere alte Bauernhöfe, die aber alle hoch oben in den Felsen lagen. Sie waren schon viele Jahre vor der Aufgabe des Martvik-Hofs von ihren Bewohnern verlassen worden. Früher gab es hier insgesamt 10 Bauernhöfe, die wie Vogelnester an den Bergen klebten. Einer davon war besonders schwer zu erreichen: das letzte Stück des Weges musste auf einer Strickleiter hinaufgeklettert werden. Trotzdem gab es auf dem Hof ca. 150 Schafe und Ziegen, 6 Kühe und sogar ein Pferd. Dieser Hof steht allerdings bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts leer.

    Wasserfall 'Der Freier'

    Vorbei am Wasserfall "Brautschleier" (Brudesløret) fuhren wir bis zur Einmündung des Geirangerfjordes in den Sunnylyfsfjord. Von hier aus sind es noch 85 km bis zur Nordsee. Das Schiff wendete und fuhr an der anderen Fjordseite entlang wieder zurück in Richtung Geiranger. Direkt gegenüber den "Sieben Schwestern" kamen wir ganz nahe am Wasserfall "Der Freier" (Friaren, rechts) vorbei. Die Lautsprecherstimme erzählte uns hierzu folgende Geschichte: Der Freier soll einmal um eine der sieben Schwestern gefreit haben, wurde aber abgewiesen und ertränkte seinen Kummer daraufhin in Alkohol. Die Flasche könne man zwischen seinen beiden Armen erkennen. Tatsächlich hatte der Felsen, den der Wasserfall umspülte, eine flaschenähnliche Form.

    Nun näherten wir uns langsam wieder unserem Ausgangspunkt. Wir hatten jetzt den gleichen Blick auf den Ort Geiranger wie die Passagiere der zahlreichen Kreuzfahrtschiffe, die in den Fjord einlaufen. Zur Zeit unseres Besuches war zum Glück keines dieser großen, mitten im Land doch sicherlich sehr merkwürdig anmutenden Schiffe hier.

    Zurück an Land, verließen wir Geiranger über die bereits während der Rundfahrt gesehene Adlerstraße. Die Serpentinen mit den 11 Haarnadelkurven führten uns immer höher hinauf; von hier aus hatte man noch einmal einen sehr schönen Ausblick über den Geirangerfjord und die an den steilen Felswänden herabstürzenden Wasserfälle. Wir fuhren nun zunächst wieder über eine Hochebene; dann ging es langsam hinunter nach Eidsdal am Nordlandsfjord.

    Während der zehnminütigen Fährüberfahrt nach Linge blieben wir im Auto sitzen. Der Steuermann der Fähre hatte wohl nicht das richtige Zielwasser getrunken; er rummste beim Anlegen (sowohl in Eidsdal als auch in Linge) ganz schön gegen den Kai. Auf der Str. 63 fuhren wir am Fjordufer entlang in den Nachbarort Valldal, wo wir das Vandrerhjem ohne große Schwierigkeiten fanden. Dort erhielten wir ein ganz passables Zimmer, duschten erst mal ausführlich und aßen danach zu Abend.

    Dann folgte ein kleiner Spaziergang durch den Ort und später setzten wir uns in den rustikalen, wie eine Berghütte eingerichteten Aufenthaltsraum. Den obligatorischen Kamin gab es hier natürlich auch. Wir vertrieben uns die Zeit damit, die Erlebnisse des heutigen Tages im Reisetagebuch festzuhalten (151 gefahrene Kilometer), zu lesen und einige der hier herumliegenden Brettspiele auszuprobieren. Es sah zunächst ganz so aus, als seien wir heute die einzigen Gäste im Vandrerhjem; am späten Abend kam dann aber noch ein alleinreisender deutscher Motorradfahrer, der gerade in Ålesund gewesen war und von der Jugendstilarchitektur dieser Stadt schwärmte.

    Berge der Rauma-Kommune

    Am nächsten Morgen führte uns die sanft ansteigende Straße durch das Meierdal. Die Gegend war zunächst mit lichten Birkenwäldern bestanden, die später der kargen Hochgebirgsvegetation Platz machten. Dank des schönen Wetters konnte man auch heute wieder weit sehen; hier und da ragten kahle, merkwürdig geformte Gebirgszüge und einzelne Begspitzen in den Himmel.

    Oben auf der Passhöhe von 850 m standen einige Gebäude, ein paar Menschen liefen herum und fast alle vorüberkommenden Autos hielten an. Wir stoppten natürlich auch, um zu erfahren, was es hier zu sehen gab. Schon nach einigen Metern zu Fuß sahen wir es: wir waren am oberen Ende des Trollstigveien angekommen; direkt vor uns fiel die Felswand steil in die Tiefe.

    Trollstigveien

    Der Trollstig ist eine höchst eindrucksvolle Serpentinenstraße, die vom bizarren Hochplateau durch eine fast senkrechte Bergwand in 11 Spitzkehren hinunter ins Tal führt. Das Gefälle erreicht bis zu 12 %, die früher gefürchtete Straße ist heute jedoch gut ausgebaut. Wir sahen mehrere Wasserfälle, die vom Gebirge hinunter ins Tal stürzten. Einer davon, der Stigfoss, der an einer Stelle 180 Höhenmeter in freiem Fall zurücklegt, wird im unteren Teil der Bergwand vom Trollstigveien überquert.

    Kurze Zeit später fuhren wir über den Trollstig hinunter ins Tal. Seinen Namen hat der Weg übrigens von den Trollen, die hier angeblich immer hinauf- und hinuntergestiegen sein sollen. Trolle sind norwegische Fabelwesen, die nur 8 Finger und 8 Zehen, dafür aber bis zu 9 Köpfe haben. Diese können sie, wenn ihnen gerade danach ist, auch mal unter dem Arm tragen. Sie werden so alt, dass sie manchmal selbst nicht mehr wissen, wie alt sie sind. Wenn ein Troll einen anderen etwas fragt, kann es 100 Jahre dauern, bis der Gefragte antwortet. Trolle leben im Dunkeln und müssen sich vor der Sonne hüten: wenn ein Sonnenstrahl auf sie trifft, erstarren sie zu Stein.

    Unten im Tal angelangt, hielten wir noch einmal an einem Parkplatz und schauten zurück auf die eindrucksvolle Bergwand mit dem Trollstig und dem Wasserfall Stigfoss. Dann fuhren wir weiter bis Soggebru, wo die Str. 63 in die E 69 mündet. Letzterer folgten wir bis zum Ufer des Romsdalsfjordes, wo sich die Straßenführung teilt. Wir bogen hier auf die Str. 64 nach Åndalsnes ab.

    Åndalsnes, der nördlichste Punkt unserer Reise, liegt am Isfjord, einem Nebenarm des Romsdalsfjordes und wird die "Alpenstadt am Fjord" genannt. Ihre Lage zwischen den Bergen des Romsdalen und der verkehrsmäßig voll erschlossenen Fjordküste machte die kleine Stadt zu einem führenden Verkehrszentrum. Der Touristenort besitzt außerdem Möbelindustrie und eine Werft, auf der Ölbohr-Plattformen hergestellt werden.Wir hatten uns Åndalsnes als eine richtige Stadt vorgestellt, aber es war ein eher kleiner Ort, dessen wenige Geschäfte wir in einer halben Stunde alle angesehen hatten.

    Daher beschlossen wir, unserer Reiseroute weiter in Richtung Dombås zu folgen, befanden uns somit ab jetzt auf dem Rückweg in Richtung Oslo. Die E 69 führte uns durch das vom Fluß Rauma durchflossene Romsdal. Die eindrucksvolle, wilde Landschaft wird durch die umliegenden, um 1.600 m hohen Berge und zahlreiche Wasserfälle geprägt. Dieser nördlichste Teil des Romsdalen wird 5 Monate im Jahr von kaum einem Sonnenstrahl erreicht. Auf der linken Seite sahen wir die angeblich von den Trollen geschaffenen, bizarren Bergspitzen der Trolltindane. Sie sehen aus, als hätten die Trolle dort oben, genau wie die Menschen an den Pässen, Steintürmchen gebaut.

    Wasserfall im Romsdal

    An einem Rasthaus hielten wir zum Mittagessen (Kylling bzw. Østesnitzel). Es war sehr warm, ein Aussenthermometer zeigte 25 Grad an. Wegen des schönen Wetters und weil wir durch den nur kurzen Besuch in Åndalsnes jetzt Zeit hatten, bogen wir ein paar Kilometer weiter südlich auf einen Rastplatz ab und machten eine längere Pause. Auf der Weiterfahrt stoppten wir an der Kirche von Kors und etwas später bei einem alten Bauernhaus, in dem ein Museum untergebracht war (beide waren leider geschlossen). Gegenüber dem Bauernhaus stand auf der anderen Straßenseite ein Wohnhaus, in dessen Garten eine schöne blaue Hortensie blühte. Da wir schon seit dem Beginn unserer Rundreise diese wunderbar blauen Pflanzen bewunderten, nutzten wir die günstige Gelegenheit und mopsten einen Ableger.

    Nun ging es, immer noch von der Rauma begleitet, durch den unteren Teil des Romsdalen. Nach dem Passieren der Provinzgrenze zwischen Møre og Romsdal und Oppland kamen wir in den oberen Teil des lieblicheren Gudbrandsdals. Die Berge traten weiter zurück und in dem jetzt breiten Tal lagen einige größere Ansiedlungen, die jedoch von der Straße umgangen wurden. Insgesamt fanden wir diese Gegend nicht so schön - aber vielleicht kam das auch nur daher, dass wir bisher immer von einer großartigen Landschaft in die nächste gefahren waren.

    In Dombås, einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt und Einkaufszentrum der Dovre-Gebirgsgegend, hielten wir längere Zeit und schauten uns ausführlichst in den Läden und Boutiquen um. In einem Lebensmittelladen erstanden wir einen Zitronenkuchen, der auf der Weiterfahrt über die E 6 in Richtung Otta am nächsten Rastplatz gegessen wurde. Hier war die Gegend wieder schöner, etwa so wie im Allgäu. Stets vom Fluß Lågen begleitet, kamen wir nach Nord-Sel. Ein Hinweisschild führte uns zur Statue der Kristin Lavransdatter, der Titelfigur des berühmten, im mittelalterlichen Sel spielenden Romans der norwegischen Schriftstellerin und Nobelpreisträgerin Sigrid Undset.

    Kurz hinter Otta folgten wir in Sjoa einem Vandrerhjem-Hinweisschild auf eine schmale Nebenstraße. Wenig später (etwa um 18 Uhr) hielten wir vor dem sehr einsam gelegenen Vandrerhjem, das anscheinend aus mehreren Gebäuden bestand, von denen nur eines ganz passabel aussah. Leider wollte man uns nicht in diesem neueren Teil, sondern in einem uralten, halb verfallenen Bauernhaus unterbringen, in dem es einfach schrecklich aussah. Während des Abendessens, das wir an einem Tisch im Freien zu uns nahmen, überlegten wir, was zu tun sei. Nach einigem hin und her und schließlich heftigem Wortwechsel mit den Wirtsleuten, der damit endete, dass wir ankündigten, uns bei der Gesellschaft in Oslo zu beschweren, ließen wir uns telefonisch im nächsten Vandrerhjem im 150 km entfernten Hamar (wo wir für die kommende Nacht sowieso reserviert hatten) noch für heute Abend anmelden.

    Da es mittlerweile 19:30 Uhr war, mussten wir nun ein wenig "auf die Tube drücken". Zurück auf der E 6, ging es durch das Gudbrandsdal in Richtung Lillehammer. Die Gudbrandsdal-Route ist die längste und älteste Straße Norwegens. Seit jeher eng mit der Geschichte des Landes und dem Leben der Menschen verbunden, spielt sie auch in den Legenden dieser Täler und Berge eine Rolle. Sie war einst der Weg, auf dem wandernde Stämme und Pilger dahinzogen. Jetzt ist die wichtige Europastraße 6 die meistbefahrene Durchgangsstraße Norwegens, auf der eilige Touristen zum Nordkap fahren. Uns kam es sehr gelegen, dass die E 6 sehr gut ausgebaut ist, so konnten wir wenigstens relativ schnell fahren. Auf der Strecke waren in einigen Abständen Radarfallen aufgebaut, die man aber schon vorher sehen konnte - wir kamen also recht zügig voran.

    Durch diese ungeplante Aktion verpassten wir leider zwei auf dem Weg liegende Stabkirchen - Ringebu und Fåvang. Auch die achteckige Kirche von Sor-Fron, die "Kathedrale des Gudbrandsdals" genannt wird und aus dem Jahre 1787 stammt, hätten wir unter anderen Umständen bestimmt besichtigt. Jetzt konnten wir, genau wie bei der Fåvang-Stabkirche, nur im Vorüberfahren einen Blick auf sie werfen. Wir fuhren die ganze Zeit durch eine waldreiche Gegend mit vielen Elch- Warnschildern, sahen jedoch leider keinen "König der Wälder". Zu allem Überfluß fing es jetzt auch noch an zu regnen.

    Entlang des Ostufers des Losnasees sausten wir zum Hundersee. Dann erreichten wir Lillehammer, fuhren aber sofort weiter in Richtung Hamar (nach Lillehammer und Umgebung wollten wir morgen nochmal zurückfahren). Einige Zeit später kamen wir an eine Mautstation und fragten uns, wofür man hier wohl Maut zahlen mußte. Doch dann bemerkten wir vor uns eine Brücke, die sich als ziemlich lang herausstellte. Es war die Mjøsbrua, auf der die E 6 den Mjøsasee überquert. Nun dauerte es nicht mehr lange, bis wir zur Abfahrt nach Hamar kamen. Wir bogen ab und sahen uns vor dem Problem, mit einer Mini-Zeichnung, die wirklich nicht Karte genannt werden konnte, das Vandrerhjem finden zu müssen.

    Wir fuhren zunächst mal in den Ortskern und hofften, irgendwo auf ein Hinweisschild zu stoßen. In der mittlerweile hereingebrochenen Dunkelheit erwies sich sowohl das Schilderlesen als auch die eventuelle Befragung von Passanten als schwierig, daher hielten wir an einer Tankstelle an. Der Tankwart zeichnete uns den Weg in eine Fotokopie des Stadtplanes ein und wir machten uns mit dieser Zeichnung auf die Suche. Die Kugelschreiber-Kringel auf dem Blatt waren mit der Taschenlampe nicht besonders gut zu entziffern; gleichzeitig mussten wir versuchen, die Namen der Straßen, durch die wir gerade fuhren, irgendwo abzulesen und dann auf dem Blatt zu finden.

    Nachdem wir einige Male im Kreis herumgefahren waren, hielten wir nochmals an einer anderen Tankstelle. Der hiesige Tankwart konnte kein Englisch, ich kein Norwegisch. Aber die Verständigung klappte trotzdem und er wies uns die richtige Richtung. In einer Straße ganz in der Nähe des Vandrerhjems fragten wir nochmal einen Jogger und standen dann einige Minuten später auf dem Parkplatz des Hamar-Vandrerhjems.

    Insgesamt hatten wir heute 406 Straßenkilometer zurückgelegt; allein die Strecke von Sjoa bis hierher war 199 km lang gewesen. Die Uhr zeigte mittlerweile auf kurz vor 22 Uhr, was aber nichts ausmachte, weil die Rezeption sowieso bis 23 Uhr geöffnet war. Wir bekamen ein anständiges Zimmer, Duschen und WCs waren in Ordnung und es gab auch einen sehr schönen Aufenthaltsraum mit Kamin, Fernseher und Balkon.

    Weil wir abends erst sehr spät ins Bett gekommen waren (das letzte Licht hatte ich um 0:10 Uhr gelöscht), standen wir am nächsten Morgen etwas später auf. Das Vandrerhjem lag direkt am Fußballstadion; der Balkon erwies sich als Logenplatz, von dem aus man momentan allerdings nur beim Training einer Jugendmannschaft zuschauen konnte. Gestern Abend hatten wir von dem eigentlich unübersehbaren Stadion überhaupt nichts bemerkt; blind wie die Maulwürfe waren wir in der Gegend herumgeirrt.

    Gegen 9 Uhr fuhren wir auf der E 6 zurück in Richtung Lillehammer, bogen aber bei Moelv auf die Reichsstraße (Nummer habe ich vergessen) ab, die entlang des östlichen Seeufers nach Lillehammer führt. Hinter der Stadt trafen wir wieder auf die E 6, auf der wir nochmals etwa 20 km in Richtung Otta bis zur Mini-Stadt Lilleputhammer zurückfuhren, die wir gestern abend beim Vorbeifahren entdeckt hatten.

    Entlang einer "Hauptstraße" waren die unterschiedlichsten, jeweils um die 2,5 m hohen, meist als Geschäfte und Handwerksbetriebe mit Schaufenstern gestalteteten Häuser aufgebaut. Alles war sehr schön ausgeführt; die Fenster in den Obergeschossen waren als Wohnungen mit kleinen Gardinen versehen und im Café sah man die Gäste an den Tischen sitzen. In einem anderen Haus zeigte eine per Münzautomat einzuschaltende Mechanik die unterschiedlichen Handwerker, die beim Innenausbau eines Hauses gebraucht werden, bei der Arbeit. Eine Malstube, ein kleiner Zoo mit Ponys, Enten, Hühnern und sonstigem Federvieh sowie Kasperltheater und Schnellimbiss komplettierten die äußerst kinderfreundliche Anlage.

    Auf dem Rückweg nach Lillehammer bogen wir am Hundersee zum Hunderfossen-Lekkeland ab. Die Straße führte uns über den 16 m hohen Staudamm an der südlichen Seeseite hinweg zum gegenüberliegenden Ufer. Nach unseren Informationen sollte ein riesengroßer Troll direkt am Eingang des Familienparks stehen. Seitdem der Autor des Reiseführers dies geschrieben hatte, war der Vergnügungspark wohl erweitert worden: den Troll konnten wir zwar sehen, er stand aber nicht vor, sondern inmitten des Parks. Für ein vernünftiges Foto hätten wir schon hineingehen müssen. Dazu hatten wir jedoch weder Zeit noch Lust und fuhren deshalb wieder zur E 6 zurück.

    Lillehammer, das seit 1827 die Stadtrechte besitzt, liegt am südlichen Ende des Gudbrandsdals, an der Mündung des Flusses Mesna in den Mjøsasee. Als einzige Stadt der Welt führt Lillehammer einen Skiläufer, den Birkebeiner, in ihrem Wappen. Dies soll daran erinnern, daß 1206 die Birkebeiner-Bauern den Königssohn Håkon während eines Bürgerkrieges von Lillehammer aus ins 55 km entfernte Østerdal in Sicherheit brachten. Håkon wurde später einer der größten Könige Norwegens. Noch heute wird alljährlich der Birkebeiner-Lauf veranstaltet, bei dem die 5. - 6.000 Teilnehmer aus aller Welt einen 5,5 kg schweren Rucksack tragen müssen - als Symbol für den Königssohn.

    Am 15. September 1988 bekam Lillehammer den Zuschlag für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 1994. Sowohl in der Stadt als auch in der näheren Umgebung stellten wir bereits jetzt eine fieberhafte Bautätigkeit für dieses Großereignis fest und an sämtlichen Ortseingängen standen große Schilder, die die Orte als zukünftige Olympiastädte auswiesen.

    Nach dem vergeblichen Versuch, in einem Rasthaus am Stadtrand zu Mittag zu essen (die Hälfte der Gerichte wurde nur im Sommer - der hier als bereits beendet galt - serviert - was man uns praktischerweise immer erst sagte, wenn wir uns für eines dieser Gerichte entschieden hatten), beschlossen wir, uns ein Restaurant in der Innenstadt zu suchen. Dort mussten wir aber erst mal unser Auto loswerden. Auf einem zentral gelegenen Parkplatz wurde gerade ein Wochenmarkt abgehalten und auf den meisten der wenigen freigebliebenen Stellplätzte waren die Fahrzeuge der Händler abgestellt. Schließlich fanden wir einen Parkuhr-Parkplatz in einer Seitenstraße. Ganz in der Nähe aßen wir dann im Restaurant "Bøndernes Hus" Roastbeef mit Pommes Frites und Salat (nicht gerade billig, aber sehr gut).

    Anschließend wanderten wir durch die sehr schön angelegte Fußgängerzone Storgaten. Die Geschäfte waren in meist zweistöckigen, hübsch hergerichteten Holzhäusern untergebracht. Als Mitbringsel boten sich Käsehobel an, denn schließlich wurden diese praktischen Dinger einst in Lillehammer erfunden!

    Um 13:30 Uhr hielten wir auf dem Parkplatz des Freilichtmuseums Maihaugen, den Sandvikschen Sammlungen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann der ehemalige Zahnartzt Anders Sandvik, alte Gebäude und Möbel aus dem Gudbrandsdal aufzukaufen und in seinem Garten wieder aufzubauen. Als der Garten schließlich mit 6 alten Häusern völlig überfüllt war, stellte die Stadt Lillehammer Sandvik das Gelände auf Maihaugen (= Maihügel, hier versammelte sich am 17. Mai, dem norwegischen Nationalfeiertag, die Jugend der Stadt) zur Verfügung.

    Sandvik ging es hauptsächlich darum, die alte Bauernkultur zu bewahren, die noch seine eigene Kindheit geprägt hatte. Er war der Meinung, daß die Ausformung und Einrichtung der Häuser ein Bild von den Menschen, ihrer Lebensart, ihrem Geschmack und ihrer Arbeit wiedergeben; all das wollte er in Maihaugen zeigen. Deshalb sammelte er nicht nur kunsthandwerkliche Gegenstände, sondern auch Möbel und Geräte, die dazu dienten, daß Haus und Hof funktionierten. Heute umfasst das Freilichtmuseum 130 alte Häuser, darunter 5 komplette Höfe.

    Stabkirche von Garmo

    An der Kasse erfuhren wir, daß die nächste Führung um 14 Uhr stattfinden würde. Bis dahin schauten wir schon einmal in die aus der Zeit um 1200 stammende Stabkirche von Garmo und in zwei weitere alte Häuser hinein; dann gingen wir zum vereinbarten Treffpunkt, von wo aus die Führung starten sollte. Hier fand sich nach und nach eine relativ große Besuchergruppe ein, die dann aber von den in norwegische Trachten gekleideten Führerinnen und Führern erst einmal nach Sprachen und dann bei Bedarf nochmals aufgeteilt wurde. Unsere deutsche Gruppe umfaßte ca. 15 Personen.

    Die Führung war sehr interessant, wir erfuhren viel über das Leben im Gudbrandsdal seit dem Mittelalter. Die alten Gehöfte und Häuser waren genauso wieder aufgebaut worden, wie sie ursprünglich gestanden hatten.

    Maihaugen in Lillehammer

    Besonderen Wert legt man darauf, die damalige Lebensweise durch "Vorleben" zu verdeutlichen. So wird z. B. einer der Höfe jeden Sommer von einer Familie bewohnt und genauso wie damals üblich bewirtschaftet. In den Schmieden und Werkstätten werden die alten Handwerke vorgeführt, in den Backhäusern wird Brot gebacken und in den Höfen werden alle Arten von Hoftieren gehalten - im Winterhalbjahr jedoch nur Kühe, Hühner und Schweine. Wir erfuhren, daß die Demonstration der alten Handwerke wegen der Olympiade in den kommenden zwei Sommern ausfällt; die "Vorführer" werden beim Bau von Sportanlagen, Gebäuden und Straßen gebraucht.

    Zurück am Auto, tranken wir eine Tasse Kaffee (in diesem Punkt waren wir absolut unabhängig, weil wir jeden Morgen zwei Thermoskannen Kaffee kochten) und fuhren dann zurück nach Hamar. Unterwegs hielten wir an der Kirche von Ringsaker, die aber bereits geschlossen war. Das Wetter hatte sich überraschend gut gehalten: nach anfänglichem Sonnenschein hatte es gegen Mittag angefangen zu regnen - wie praktisch, dass wir den ganzen Nachmittag draußen herumlaufen wollten! Aber es war dann gar nicht so schlimm; es regnete zwar immer wieder mal leicht, war aber die ganze Zeit über angenehm warm. Jetzt, gegen Abend, hatte der Regen ganz aufgehört.

    In Hamar angekommen, stand der Tageskilometerzähler auf 166. Wir gaben an der Rezeption weitere Schecks für die kommende Nacht ab, aßen zu Abend und gingen nochmal in die Stadt. Von einer Telefonzelle aus riefen wir zu Hause an. Wir hatten nur 7 NOK eingeworfen, damit konnte man eigentlich nicht lange telefonieren. Aber wir sprachen und sprachen und wurden nicht unterbrochen. Der Apparat war augenscheinlich kaputt. Nach einer ganzen Weile legten wir schließlich auf und bekamen sogar noch 2 NOK zurück. Danach wanderten wir an der Uferpromenade des Mjøsasees entlang bis zum Yachthafen. Anschließend schlenderten wir noch ein bischen durch die Innenstadt von Hamar und betrachteten die Auslagen der sehr gepflegt wirkenden Geschäfte, auch die Fußgängerzone war sehr schön angelegt.

    Am Mjøsasee

    Am nächsten Tag fuhren wir gegen 9 Uhr in Richtung Oslo ab. Es ging immer am riesengroßen Mjøsasee entlang, der aber streckenweise kaum zu sehen war, weil die E 6 nicht direkt am Ufer entlanglief.

    Der Mjøsa ist mit 369 qkm (etwa Gardasee-Größe) Norwegens größter Binnensee. Er liegt langgestreckt zwischen Lillehammer und Minnesund, die Entfernung zwischen beiden Orten beträgt etwa 120 km. Auf dem See verkehrt seit 135 Jahren die M/S Skibladner, der älteste Raddampfer der Welt. Wir hielten jedoch vergeblich nach ihm Ausschau, denn der Sommerbetrieb war bereits eingestellt. Das Wetter war gut, vor allem hatten wir heute einen schönen blauen Himmel mit strahlend weißen Wolken. Unterwegs hielten wir öfters an, um den See zu fotografieren.

    Die E 6 führte uns schon seit kurz vor Lillehammer nicht mehr durch die einzelnen Orte, sondern an ihnen vorbei. Wenn man einen Ort besuchen wollte, mußte man über die entsprechende Ausfahrt dorthin abbiegen. Bei Jessheim begann die Ausbaustrecke der E 6 zur Autobahn - wir fuhren nun durch das landwirtschaftlich gut genutzte, für norwegische Verhältnisse recht dicht besiedelte Gebiet Romerike. Dann gelangten wir in die östlichen Vororte der Hauptstadt Norwegens und dem Ausgangspunkt unserer Rundreise, Oslo.

    Die älteste Hauptstadt Skandinaviens wurde 1050 von König Harald Hårdråde gegründet; es war jedoch vermutlich schon vorher ein Schiffslandeplatz mit einer kleinen Siedlung vorhanden. Haralds Sohn Olav Kyrre erhob den Ort zum Bischofssitz und errichtete eine Domkirche. Für längere Zeit war Oslo der kirchliche Mittelpunkt des Landes, während die Könige in Bergen residierten. Um 1300 verlegte Håkon V seinen Wohnsitz von Bergen nach Oslo und begann mit dem Bau der Festung Akershus. Auch die Hanse legte um diese Zeit hier eine Niederlassung an.

    Nach dem großen Brand von 1624 ließ der Dänenkönig Christian IV die Stadt im Norden der Festung Akershus neu errichten und nannte sie Christiania. Im Jahre 1814 trennte sich Norwegen von Dänemark; Christiania wurde unter der Regierung von König Karl Johan wieder Haupt- und Residenzstadt. Am 1. Januar 1925 erhielt die Stadt wieder ihren alten Namen Oslo.

    Heute ist Oslo der Hauptort der Verwaltungsbezirke Oslo und Akershus, Sitz der Regierung, einer Universität, mehrerer Hochschulen sowie eines evangelischen und seit 1953 auch eines katholischen Bischofs. Die Stadt liegt in herrlicher Gegend am Fuß bewaldeter Höhen und am Nordende des tief ins Land einschneidenden Oslofjordes, in den der kleine Fluß Akerselv mündet. Der Hafen ist der bedeutendste des Landes, er ist Ausgangspunkt vieler Schiffahrtslinien und der großen Handelsflotte. Die hier angesiedelte Industrie umfasst vor allem Metallwerke, Nahrungsmittelfabriken, Bekleidungsherstellung und Werften.

    Am Stadtrand mussten wir an einer Straßenzollstelle 10 NOK Maut für die Einfahrt in das Osloer Stadtgebiet zahlen. Die auf diese Weise eingenommenen Gelder werden zur Verbesserung des städtischen Verkehrsnetzes, insbesondere für öffentliche Verkehrsmittel, verwandt. Dank des Stadtplanes, den wir bereits in Deutschland besorgt hatten, fanden wir das "Haraldsheim" problemlos. An der Rezeption erfuhren wir bereits unsere Zimmernummer und wurden auch schon eingetragen. Alle anderen Formalitäten würden zwischen 15 und 18 Uhr erledigt; vor 15 Uhr könnten die Zimmer noch nicht bezogen werden. Also ließen wir uns einen für die Dauer unseres Oslo-Aufenthaltes geltenden Parkschein ausstellen, notierten die heute gefahrenen 142 km, stellten den Golf auf dem Parkplatz des Vandrerhjems ab und machten uns zu Fuß auf den Weg zur Innenstadt.

    Wir hatten vor, uns die Oslo-Karte zu kaufen, mit der man alle öffentlichen Verkehrsmittel kostenlos benutzen kann und auch in den meisten Museen keinen Eintritt mehr zu zahlen braucht. Bekommen kann man diese Karte in allen Postämtern und in der Tourist-Information am Bahnhof. Da heute Sonntag war, fielen die Postämter aus und wir machten uns auf den Weg zum Bahnhof. Das erschien uns nicht besonders weit und so gingen wir den Grashügel, auf dem das Haraldsheim liegt, hinunter, durch Wohngebiete, an einem Park und später an dem kleinen Fluß Akerselv entlang. Dabei hielten wir uns immer abseits der großen Straßen, was uns mit dem Stadtplan auch ganz gut gelang. Wir mussten dann allerdings feststellen, dass wir die Länge des Weges total unterschätzt hatten: es dauerte fast 1 1/2 Stunden, bis wir am Bahnhof ankamen.

    Weil es mittlerweile nach 13 Uhr war und wir auf dem ganzen Weg hierher kein einziges geöffnetes Restaurant gefunden hatten, aßen wir zunächst einmal im Bahnhofs-Restaurant zu Mittag: gebratenes Fischfilet mit gedünstetem Gemüse und Salzkartoffeln. Danach gingen wir zur Tourist-Information, wo wir für 130 NOK pro Person die 48 Stunden geltende Oslo-Karte erwarben. Gleichzeitig erkundigten wir uns, ob wir damit auch zur Holmenkollen-Sprungschanze fahren könnten, was bejaht wurde. Außerdem notierten wir uns die Bus- und Straßenbahnlinien zurück zum Haraldsheim.

    Jetzt schlenderten wir die Prachtstraße Karl Johans Gate, deren unterer Teil im Zentrum der Innenstadt Fußgängerzone ist, hinauf. Am norwegischen Nationalfeiertag, dem 17. Mai, findet hier eine große Parade statt und ganz Oslo ist unterwegs und feiert. Obwohl heute ja alle Geschäfte geschlossen waren, war hier einiges los, Straßenmusikanten und Gaukler sorgten für Unterhaltung.

    Vorbei am Standbild Christians IV auf dem Torget, dem schönen Gebäude des norwegischen Parlaments Storting, dessen Grünanlage die Osloer Bürger als Liegewiese und zum Frisbee-Spielen nutzten, der Springbrunnenanlage auf dem baumbestandenen Eidsvollplass und dem Nationaltheater mit den Bronzestandbildern Ibsens und Bjørnsons wanderten wir zum am oberen Ende der Karl Johans Gate sehr schön auf einem Hügel gelegenen Königlichen Schloss.

    Wenn am Fahnenmast des 1825 -1848 erbauten Schlosses die norwegische Flagge weht, bedeutet dies, dass der König anwesend ist. Heute war das nicht der Fall.

    Wir umrundeten das von vielen Soldaten bewachte rechteckige Gebäude, das durch seine Lage mitten in der Stadt nur einen kleinen, aber hübschen Schlosspark auf der der Karl Johans Gate gegenüberliegenden Seite besitzt. Als Garten für ein Privathaus wäre er allerdings total überdimensioniert. Vor dem Schloss stehend, kann man fast die ganze Karl Johans Gate hinunterblicken; die Innenstadt Oslos liegt dem König sozusagen zu Füßen.

    Wache am Königlichen Schloss in Oslo

    Die Wachsoldaten, die von Zeit zu Zeit vor ihren Wachhäuschen hin- und hermarschierten, durften sich von den Besuchern ansprechen lassen, gaben bereitwillig Auskunft und ließen sich sogar lächelnd mit den Besuchern fotografieren. Obwohl sie alle modernste Maschinenpistolen trugen und durch Funkgeräte ständig mit ihrer Zentrale in Verbindung standen, hatte man nicht den Eindruck, dass sie hier waren, um das Schloss zu schützen. Sie schienen vielmehr lediglich eine lebendige Dekoration des Gesamtbildes zu sein.

    Anschließend gingen wir zum direkt am Hafen gelegenen Rathaus, dem Wahrzeichen der Stadt Oslo. Das eindrucksvolle Gebäude mit den zwei wuchtigen Türmen wurde 1931 - 1950 erbaut. Es war leider schon geschlossen, aber wir würden ja noch öfter hier vorbeikommen. Östlich am Rathaus vorbei wanderten wir zur Festung Akershus. Das in der Festung befindliche Schloss Akershus war nur noch eine Viertelstunde geöffnet. Daher sagte man uns am Eingang, wir könnten nur noch einen schnellen Rundgang machen. Wir schauten in einige Räume hinein, darunter die sehr schöne Halle Christians IV und die Schloßkirche. Wir waren sogar noch im Keller und haben das Verlies besichtigt. Alles in Allem haben wir wohl den Grossteil des Schlosses gesehen.

    Die das Schloss umgebende riesige Festung Akershus, die übrigens noch heute vom norwegischen Militär benutzt wird, war zwar bis 21 Uhr geöffnet (da Freilicht-Anlagen), aber wir waren zu kaputt, um hier noch lange herumzulaufen. Deshalb genossen wir noch eine Weile den wunderschönen Blick über den Hafen und die Stadt Oslo, den man (nicht zuletzt wegen des wirklich tollen Wetters) von den Festungsmauern aus hatte und machten uns anschließend auf den Rückweg zum Bahnhof, von wo aus wir mit der Straßenbahn zurück zum Haraldsheim fahren wollten.

    Es war dann aber gar nicht so einfach, auf dem Bahnhofsvorplatz die Haltestelle der richtigen Linie zu finden. Wir warteten einige Minuten an der Haltestelle in die Gegenrichtung, bevor wir die Abfahrtstafel genauer betrachteten und prompt feststellten, dass wir hier irgendwie falsch waren. Direkt gegenüber hätte eigentlich die von uns gesuchte Haltestelle sein müssen, es war aber weit und breit keine solche zu sehen. Wir fragten eine Passantin, die uns aber nicht weiterhelfen konnte, weil sie kein Englisch verstand. Schließlich erwischten wir eine Bahn mit der richtigen Nummer, die in der richtigen Richtung an einer Ampel hielt. Der Fahrer schimpfte zwar, dass hier keine Haltestelle sei, ließ uns aber einsteigen.

    Der Weg, der mittags so lang gewesen war, schien nun vom bequemen Sitzplatz in der Straßenbahn aus gleich viel kürzer zu sein. An der Endstation "Sinsen" direkt unterhalb des Haraldsheims stiegen wir aus. Vor der Rezeption herrschte jetzt ein ganz schöner Andrang, aber wir kamen fast sofort an die Reihe. Weil unsere Zimmernummer schon feststand, füllten wir nur noch die Anmeldekarte aus, gaben unsere Übernachtungsschecks ab und erhielten den Schlüssel zu einem wirklich sehr schönen Zimmer. Dusche und WC waren in einem kleinen Bad in einer Zimmerecke. Überhaupt war dieses Haus das schönste von allen Häusern, in denen wir auf unserer Reise übernachtet hatten, sozusagen der "krönende Abschluss".

    Nach einer ausführlichen Dusche und dem Abendessen setzten wir uns noch eine Weile in den Aufenthaltsraum. Von unserem Hügel aus hatte man einen schönen Blick auf die Stadt und den Oslofjord; besonders schön war der Sonnenuntergang hinter diesem Panorama.

    Am nächsten Morgen fuhren wir mit der Straßenbahn zum Rathaus, an dessen Wasserseite die Boote zur Museumsinsel Bygdøy ablegen. Zunächst warfen wir noch einen Blick in die große Eingangshalle des Rathauses - hier war ein riesiges Gemälde, das die Entwicklung Norwegens schildert, zu bewundern. Dann nahte bereits die Abfahrtszeit des ersten Bootes, weshalb wir auf die Besichtigung der übrigen Räume verzichteten (war sowieso nicht in der Oslo-Karte enthalten) und sahen zu, dass wir hinüber zur Anlegestelle kamen. Die kleine Fähre lag auch schon bereit und kurze Zeit später ging die Fahrt los. Unterwegs wurde der Fährpreis kassiert; wir brauchten nur ganz bequem unsere Oslo-Karten vorzuzeigen.

    Etwa 20 Minuten später stiegen wir an der zweiten Haltestelle "Bygdøynes "aus, um zunächst das Polarschiff Fram, das Seefahrts- und das Kon-Tiki-Museum zu besuchen. Der hohe, helle Bau des Fram-Museums wurde um das Polarschiff herumgebaut; das Schiff ist komplett bis auf den obersten Teil der Masten, die zu hoch für die Halle waren. Die Fram gilt als "das stärkste Schiff der Welt". Dieses außergewöhnliche Schiff ist weiter gegen Norden und auch weiter gegen Süden vorgedrungen als je ein anderes Überwasserfahrzeug.

    Es ist genauso erhalten, wie es vor rund 90 Jahren aussah. Fridtjof Nansen ließ die Fram 1892 bauen und untersuchte mit ihr in den Jahren 1893 - 1896 die Strömungsverhältnisse im Gebiet zwischen Nordeuropa und dem Nordpol. Die zweite Fram-Expedition von 1898 bis 1902 leitete Otto Sverdrup. Roald Amundsen als dritter Expeditionsleiter brach mit ihr 1910 zum Südpol auf, den er am 14. Dezember 1911 als erster Mensch erreichte.

    An Bord der 'Fram'

    Nach dem Passieren des Eingangsbereichs mit der Kasse und einem kleinen Souvenirshop standen wir vor dem gewaltigen Rumpf der Fram. Über eine Treppe an der rechten Seitenwand des Gebäudes ging es hinauf auf das Deck des Schiffes. Von hier aus stiegen wir in das Innere der Fram hinab. Das ganze Schiff kann von der Kommandobrücke über den Maschinenraum bis hinunter in den Kielraum besichtigt werden. Die geschickte Konstruktion versetzte die Fram in die Lage, auch dem schlimmsten Packeis zu widerstehen.

    Trotz des etwas strengen Geruches der Konservierungsmittel, mit denen hier alles behandelt worden war, schauten wir uns ausgiebig um. Die Türen der relativ kleinen Kajüten hatte man alle verglast und darin die wissenschaftlichen Ausrüstungsgegenstände, die Waffen und die Fellkleidung der Polarforscher ausgestellt. Wir besichtigten außerdem die Küche, den Speisesaal, mehrere Aufenthalts- und Arbeitsräume, den Maschinenraum und einen Lagerraum ganz unten am Kiel, in dem ein Zelt, das am Südpol benutzt worden war und ein bepackter Hundeschlitten aufgebaut waren.

    An den Seitenwänden des Museumsgebäudes hingen in 3 Etagen neben vielen Seekarten und Zeichnungen zahlreiche Schaukästen mit Gegenständen vom Polarschiff; darunter Dinge des täglichen Gebrauchs, wissenschaftliche und medizinische Instrumente, Gegenstände zum Fischfang und die unterschiedlichsten Waffen. Außerdem waren ausgestopfte Tiere der Polarregionen, Fotos von den Expeditionen und Statuen, Büsten und Portraits der Polarforscher zu sehen. Wir hielten uns ziemlich lange in dem wirklich äußerst interessanten Fram-Museum auf, etwas störend war nur der allgegenwärtige Geruch der Konservierungsmittel.

    Anschließend besichtigten wir imSeefahrtsmuseum zunächst die direkt neben dem Fram-Museum gelegene Bootshalle. Darin wird die Entwicklung der norwegischen Boote vom Floß und Einbaum bis hin zu den heutigen, modernen Segelbooten dokumentiert. Die Nordmänner benutzten die hier ausgestellten alten Bootstypen auf den zahlreichen Fjorden und für Küstenfahrten, also auf den natürlichen Verkehrswegen ihres Landes. Je nach Region gab es unterschiedliche Bauweisen, aber in den meisten Booten kann man die reinen Linien des Wikingerschiffs wiederfinden.

    Im direkt gegenüberliegenden Hauptgebäude des Seefahrtsmuseums waren viele Modelle von alten und neuen Schiffen, Werften und Ölbohr-Plattformen ausgestellt. In allen Räumen gab es Sitzgelegenheiten (willkommene Pausen für müde Beine und Füße!) gegenüber von Monitoren, an denen man per Knopfdruck Diavorführungen zu bestimmten Themen abrufen konnte.

    Im Kon-Tiki-Museum schauten wir uns das Papyrusboot RA II und das Balsa-Floß Kon-Tiki an. Mit der aus dem besonders leichten Balsaholz bestehenden Kon-Tiki segelten der norwegische Anthropologe Thor Heyerdahl und fünf weitere Männer vom 28. April bis zum 7. August 1947 vom peruanischen Hafen Callao zu den ostpolynesischen Inseln. Über eine Treppe gelangten wir in das Untergeschoß des Museums. Hier konnte man die mit Muscheln und anderen Meeresbewohnern besetzte Unterseite der Kon-Tiki betrachten; rundherum war eine Unterwasserlandschaft mit Fischen (u.a. ein 10 m langer Walhai), Muscheln und anderen Meerestieren aufgebaut. Außerdem gab es hier eine Ausstellung von Kultgegenständen von den Osterinseln; darunter ein fast 10 m hohes Standbild und die Nachbildung einer Familienhöhle.

    Mit der RA II, einem etwa 14 m langen Papyrusboot, überquerten Thor Heyerdahl und eine Mannschaft aus 8 Nationen 1970 den Atlantik von Nordafrika bis zur karibischen See. An den Seitenwänden des Museums dokumentierten viele Fotos den Bau der beiden Schiffe und die zwei abenteuerlichen Fahrten. Die RA II und die Kon-Tiki haben mit den nordischen Wikingerschiffen nur wenig gemein, sie repräsentieren aber wie jene den Willen des Menschen, den Elementen zu trotzen und die Welt hinter dem Horizont zu erforschen.

    Gegen 12 Uhr zurück am Anlegesteg der Fähre, direkt vor der dem Oslofjord zugewandten Glasfront des Fram-Museums, betrachteten wir ein kleines Holzschiff: die Gjøa, das erste Polarschiff von Roald Amundsen. Mit ihr erforschte er von 1903 bis 1905 die Schiffspassage zwischen Grönland und Alaska.

    Nun fuhren wir mit der Fähre zurück in die Stadt, wo wir im direkt am Hafen gelegenen, neuen großen Einkaufs- und Geschäftskomplex Aker Brygge nach einem geeigneten Restaurant Ausschau hielten. Aus dem vielfältigen Angebot wählten wir das mexikanische Restaurant "Cactus" aus. Dort bestellten wir Burrito, eine mit Hackfleisch, Mais und etwas undefinierbarem gefüllte und mit Käse überbackene Tortilla mit gemischtem Salat, die sehr gut schmeckte. Das nächste Fährschiff zurück nach Bygdøy verpaßten wir nur knapp. Um nicht eine halbe Stunde an der Anlegestelle warten zu müssen, beschlossen wir, nochmals zur Festung Akershus zu gehen.

    Hier besuchten wir das Norwegische Heimatfrontmuseum, das den Widerstand gegen die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg von 1940 bis 1945 dokumentiert. Diese in ganz dunkel gehaltenen Räumen untergebrachte Ausstellung ist sehr gut aufgebaut: Neben vielen Originalfotos und -dokumenten sind sehr realistisch nachgebaute Miniaturen der Kämpfe um Orte und Gebiete zu sehen, die die Grausamkeit und Zerstörungswut dieses Krieges aufzeigen. Außerdem sind die verbotenen Funkgeräte, Druckerpressen und anderen Gerätschaften des norwegischen Widerstandes sowie die geschickten Verstecke, die man dafür fand, zu bewundern.

    In einem der Schaukästen kann man getarnte Stellungen in freiem Gelände suchen; man entdeckt die gut versteckten Posten aber meistens erst dann, wenn man die daran angebrachten Glühbirnchen mittels Knopfdruck aufleuchten läßt. Moderne Skulpturen und Plastiken, die sich mit dem Geschehen im Zweiten Weltkrieg auseinandersetzen, fehlen genausowenig wie die Dokumentation der Grausamkeiten und Entbehrungen, denen die norwegische Zivilbevölkerung ausgesetzt war.

    Sämtliche Erläuterungen sind verständlicherweise nur in norwegischer und englischer Sprache geschrieben. Es war ganz merkwürdig: wir waren tief betroffen über das, was wir hier sahen; das, was das deutsche Volk damals getan hat. Natürlich, es war nichts Neues, wir wußten das ja alles schon aus Büchern, Filmen und Ausstellungen in Deutschland - aber das hatte mit uns selbst nichts zu tun gehabt. Zum ersten Mal fühlten wir uns jetzt irgendwie persönlich betroffen, wir schämten uns unserer Zugehörigkeit zum Volk der Täter, deren wir hier schlagartig dadurch bewußt wurden, dass alle anderen zum Volk der Opfer gehörten. Jeder der anderen Besucher um uns herum konnte damals seine Verwandten durch die Deutschen verloren haben. Wir fühlten uns jedenfalls nicht mehr besonders wohl in unserer deutschen Haut und vermieden es instinktiv, miteinander zu sprechen, um nicht als Deutsche erkannt zu werden.

    Sehr nachdenklich verließen wir das Museum und wandten uns dem benachbarten Schloss Akershus zu. Dort stellten wir fest, daß wir bis auf einen Raum mit Säbeln, Geschirr und Kleidern gestern doch schon alles gesehen hatten.

    Zurück am Fähranleger im Hafen, warteten wir noch eine Weile in der strahlenden Sonne, bis das Fährboot kam. Diesmal stiegen wir an der ersten Haltestelle auf Bygdøy, "Dronningen", aus und wanderten zum Norwegischen Volksmuseum. Dort besichtigten wir die Stadtsammlung mit vielen Möbeln, Kleidern und Einrichtungsgegenständen aus Stadthäusern der wohlhabenden Familien. In einem weiteren Gebäude waren Schmuck, Teppiche, Truhen und Schränke aus unterschiedlichen Zeiten zu bewundern.

    Stabkirche von Gol

    Außerdem sahen wir den alten, aus Eidsvoll stammenden Parlamentssaal Gamle Stortingssal von 1814 und das Arbeitszimmer Henrik Ibsens. Im nächsten Gebäude gab es eine Ausstellung von altem Spielzeug und die Samische Sammlung; das sind Zelte, Schlitten, Boote, Geräte und Kleider der Samen; außerdem eine sehr interessante Diaschau und mehrere ausgestopfte Rentiere.

    Anschließend schauten wir uns die auf einem kleinen Hügel stehende Stabkirche aus Gol im Hallingdal an. Sie stammt ungefähr von 1200, die Malereien im Innenraum der wirklich sehr schönen Kirche wurden aber erst 1652 angebracht. Unterhalb des Hügels waren - ähnlich wie in Maihaugen - alte Höfe und Einzelgebäude aufgebaut, diesmal aber aus allen Gegenden Norwegens, jeweils nach Landstrichen geordnet.

    Jetzt ging es weiter zum wirklich beeindruckenden Vikingskiphuset (Wikingerschiffhaus) mit drei Wikingerschiffen aus dem 8. und 9. Jahrhundert, von denen zwei komplett und eines leider nur noch teilweise erhalten ist. Diese Schiffe wurden von den Wikingern auf ihren weiten Fahrten und als letzte Ruhestätten für ihre (männlichen und weiblichen) Häuptlinge verwendet. Von den reichen Grabbeigaben sind jedoch nur noch diejenigen erhalten, die aus Holz, Eisen und Leder gefertigt waren; Gold und andere Edelmetalle wurden bereits von frühen Grabräubern entwendet. Genau wie viele andere frühe Kulturen haben auch die Wikinger ihren Toten Gegenstände mitgegeben, die für das Leben nach dem Tod bestimmt waren.

    Osebergschiff

    Das 1903 nördlich von Tønsberg gefundene Osebergschiff (rechts) gilt als der hervorragendste und umfangreichste Fund aus der vorchristlichen Zeit des Nordens. Es ist 21,5 m lang und etwas mehr als 5 m breit, wurde um 800 erbaut und im 9. Jahrhundert zur Bestattung verwendet. Dieses wohl nur zu kürzeren Fahrten bestimmte Prunkboot mit reich verziertem Bug gehörte einem weiblichen Häuptling. Im Inneren des Schiffes befanden sich überaus reiche Beigaben, die in Vitrinen in einem Seitenflügel des Museums ausgestellt sind.

    Das Gokstadschiff wurde 1880 bei Gokstad ausgegraben und stammt aus der Zeit zwischen 850 und 900. Es ist 23,3 m lang und 5,24 m breit. Im Gegensatz zum Osebergschiff war es ein Seeboot und daher weniger reich verziert. Es ist als Segel- und Ruderschiff eingerichtet; an der obersten Planke wurden die Schilde der Krieger aufgehängt. Später diente es ebenfalls als Grabstätte.

    Das dritte, nur noch teilweise erhaltene Schiff wurde bei Tune ausgegraben und ist mehr oder weniger genauso ausgestellt, wie es gefunden wurde. Das Vikingskiphuset ist in Kreuzform gebaut: drei lange Arme beinhalten jeweils eines der Wikingerschiffe; der kürzere Arm die sehr interessante Ausstellung der Gegenstände, die man im Osebergschiff gefunden hat. An den Eckpunkten, also dort, wo die Arme aufeinandertreffen, steigt man über Treppen auf kleine Aussichtsbalkone, von wo aus man in das Innere der Schiffe blicken kann.

    Segelboote in der Bucht Frognerkilen

    Draußen vor dem Museum kauften wir uns ein Eis und setzten uns erst einmal in die Sonne. Während des gesamten heutigen Tages herrschte absolutes Bilderbuchwetter. Es tat richtig gut, einfach nur so dazusitzen, das viele Herumlaufen hatte uns doch ganz schön geschlaucht. Dann gingen wir langsam zurück zur Anlegestelle Dronningen, wo wir die Wartezeit auf das Fährschiff dazu nutzten, die herrliche Aussicht auf die benachbarte, als Yachthafen dienende Bucht Frognerkilen, die dahinterliegende Stadt Oslo und den wunderbaren Oslofjord mit den darauf herumschippernden Segelbooten zu zu genießen.

    Die 17:55 Uhr - Fähre brachte uns zurück zur Stadt, wo wir uns an der Station Nationaltheater nach den Abfahrtszeiten der S-Bahn zum Holmenkollen erkundigten und anschließend mit der Straßenbahn Nr. 1 zurück zum Haraldsheim fuhren. Nach dem Abendessen wurden unsere Koffer und die Tasche, die wir morgen Nachmittag in die Schiffskabine mitnehmen wollten, gepackt. Wir hatten übrigens einmal grob unsere bisher "eingesparten" Eintritts- und Fahrtgelder zusammengerechnet: die Summe lag bereits jetzt weit über dem, was wir für die Oslo-Karte ausgegeben hatten!

    Am nächsten Morgen ging es via Straßenbahn zum Nationaltheater und von dort aus nur 5 Minuten später mit der S-Bahn in Richtung Holmenkollen. Diese Bahn fuhr nur kurz unter der Erde und kam bereits vor der ersten der 14 Stationen bis zur Sprungschanze wieder an die Oberfläche. Die S-Bahn-Waggons waren aus Holz und ziemlich alt, aber gemütlich. Die Bahn zockelte gemächlich dahin; brachte geschäftige, zeitunglesende Arbeiter und Angestellte zu ihren Arbeitsplätzen und lärmende Schüler zur einige Stationen weiter gelegenen Schule. Der Schienenweg stieg stetig bergan und allmählich wurde unser Wagen immer leerer. An der Haltestelle Holmenkollen stiegen nur wir aus.

    Bis zur Sprungschanze mussten wir noch ein ganzes Stück auf einer breiten Straße bergauf gehen - hier war es menschenleer, nur ein- oder zweimal fuhr ein Ausflüglerbus an uns vorbei. Etwa auf halber Höhe lag rechts in einem kleinen Waldstück eine eingezäunte Häusergruppe - vielleicht ein einst olympisches Dorf, das auch heute noch bei Veranstaltungen auf der Schanze als Wohnstätte der Sportler dient?

    Holmenkollen-Sprungschanze

    Dann hatten wir endlich den Rand der 120.000 Zuschauer fassenden Arena rund um den Auslauf der Holmenkollen-Sprungschanze erreicht. Hoch über uns stand die wirklich sehr imposante, an eine überdimensionale Waage erinnernde Schanze: der oberste Punkt des Sprungturmes "schwebt" schräg in der Luft. Der kreisrunde, tiefste Teil des Auslaufes war zur Zeit unseres Besuches mit Wasser gefüllt; die untersten Betonbänke der Zuschauertribünen waren überflutet. Auf der Wasseroberfläche "schwamm" eine große, teilweise überdachte Bühne. Dies ist in jedem Sommer so, denn die Osloer nutzen die Anlage regelmäßig als Freiluft-Konzertsaal. Auf einer Tafel lasen wir, dass hier erst vor kurzem ein Konzert des Oslo Philharmonic Orchestra stattgefunden hatte.

    Neben dem Fuß des Sprungturms besuchten wir zunächst das Skimuseum. Darin sind neben alten und neuen Skiern (die ältesten sind 2.500 Jahre alt!) Fotos und Trophäen der großen Skiläufer zu sehen. Die Mitglieder der königlichen Familie machen da keine Ausnahme: schon immmer nahmen Könige und Prinzen an den Wettbewerben teil, während ihre Familie von der Königsloge aus zuschaute. Andere Fotos zeigen Könige und Königinnen, Prinzen und Prinzessinen bei der Ausübung von Norwegens Volkssport Nr. 1, dem Skifahren. In diesem Museum sind auch Skier und sonstige Ausrüstungsgegenstände von Fridtjof Nansens Polarexpeditionen ausgestellt. Außerdem kann man sich die Entwicklung der Ski-Herstellung vom einfachen Holzski aus der Hütte des norwegischen Bauern bis zum heutigen High-Tech-Sportgerät aus der Ski-Fabrik anschauen.

    An der Kasse des Skimuseums hatten wir Münzen erhalten, mit denen wir auf den Sprungturm hinauffahren konnten. Vor der Eingangstür des Turms war ein Drehgitter angebracht, durch das nur diejenigen Besucher hindurchgelangten, die eine dieser Münzen einwarfen. Drinnen brachte uns ein Aufzug an das Ende des senkrechten Turmteils. Von hier aus mussten wir zuerst 24 Holzstufen und dann noch 89 Stufen auf einer Eisentreppe hinaufsteigen, bis wir in die Glaskanzel am obersten Teil der Schanze gelangten. Wenn man von hier oben an der Schräge entlang nach unten sah, kam es einem gar nicht mehr so hoch vor - was aber unserem Respekt vor dem Mut der Skispringer keinen Abbruch tat! Beim gestrigen, strahlenden Wetter hätten wir von hier aus sehr weit sehen können; heute war es leider bedeckt und ziemlich diesig. Wir fanden aber, daß sich der Besuch auf der Holmenkollen-Sprungschanze trotzdem gelohnt hatte, denn die Aussicht war ja nur ein Zusatzeffekt.

    Wieder unten (es gab getrennte Treppen zum Hinauf- und Hinuntersteigen), schauten wir kurz in den unvermeidlichen Souvenirshop hinein. Inzwischen war ein Bus mit ständig schnatternden italienischen Touristen angekommen, die uns bereits gestern im Fram-Museum negativ aufgefallen waren. Heute schwärmten sie sofort zum Fotografieren aus und drängten anschließend ins Ski-Museum. Ein Glück, dass wir vorhin schon dort gewesen waren! Auf dem Rückweg zur S-Bahn machten wir einen etwas größeren Bogen als vorhin und kamen seitlich der Schanze zu einem großen Standbild von König Olav V, das ihn auf Skiern und von seinem Hund begleitet darstellte.

    Eigentlich hatten wir mit der Bimmelbahn noch einige Stationen weiter bis zum Aussichtsturm Tryvannstårnet fahren wollen, aber weil man ja heute sowieso nicht besonders weit sehen konnte, verzichteten wir auf diesen Besuch und fuhren stattdessen zurück in die Stadt, wo wir gegen 12 Uhr ankamen. Nach einem kurzen Besuch im 1694 erbauten, mehrfach renovierten Dom (mit dreidimensionalem Altarbild, Königsloge und außergewöhnlichen, aber sehr schönen Deckenmalereien) nahmen wir im Einkaufskomplex Oslo City ein leichtes Mittagessen ein und fuhren anschließend mit der Straßenbahn zum letzten Mal bergauf zum Haraldsheim.

    Dort holten wir unser Auto ab, hielten an der nächstgelegenen Tankstelle nochmal zum Volltanken und fuhren dann hinunter zum Hafen, wo die Kronprins Harald bereits festgemacht hatte. Gegen 14:10 Uhr reihten wir uns in eine der wartenden Autoschlangen ein. Die Halle links von uns war vollgestopft mit funkelnagelneuen PKWs verschiedener Marken. Wir vermuteten, dass nach der Sommersaison die Autodecks der Kronprins Harald und der Prinzessin Ragnhild mehr und mehr mit Neuwagen anstelle der Touristenfahrzeuge gefüllt werden. Etwa um 15:40 Uhr wurden wir dann aufs Schiff gelotst. Diesmal hatten wir Kabine Nr. 6251, also auf dem gleichen Deck, nur auf der anderen Seite gelegen wie auf der Hinfahrt.

    Nachdem wir an der Information gesehen hatten, dass die Bank, die gleichzeitig Tax-Free-Auszahlstelle war, um 18 Uhr öffnete, bestellten wir unseren Fenstertisch im Restaurant und gingen dann auf das Sonnendeck am Heck. Von hier aus erlebten wir die Abfahrt des Schiffes um 16:45 Uhr und sahen zu, wie die schöne Stadt Oslo immer kleiner wurde und schließlich an der ersten Biegung des Oslofjordes "um die Ecke" verschwand. Etwas weiter unten im Fjord begegneten wir einem Schwesterschiff, der M/S Christian IV, die gerade aus Hirtshals in Dänemark kam. Weil das Wetter leider nicht so schön sonnig war wie gestern, blieben wir hier auf dem Sonnendeck nicht ganz so lange sitzen, wie wir uns eigentlich vorgenommen hatten. Gegen 18 Uhr kauften wir im Tax-Free-Shop Lachs und Zigaretten, tauschten danach nochmal 100 DM in NOK um und ließen uns auch den Tax-Free-Scheck von meinem Norwegerpulli auszahlen.

    Bis zum Abendessen um 20:30 Uhr hatten wir noch viel Zeit, während der wir im Schiff herumwanderten und uns eine Ausstellung von Handwerkskunst aus dem Valdres anschauten. Es waren wirklich sehr schöne Sachen, darunter einige wunderbare, sehr naturgetreue Schaukel-Schafe mit echtem Pelz, die aber auch 1.400 NOK kosten sollten - wir hatten ja außerdem auch keine Verwendung dafür.

    Im Restaurant saßen wir etwas weiter zur Schiffsmitte hin an der gleichen Fensterseite wie auf der Hinfahrt, hätten also diesmal eigentlich die vorübergleitende schwedische Küste sehen müssen. Aber die Kronprins Harald fuhr etwas weiter draußen, so daß wir keine Küste, sondern "nur" das Meer und die uns begegnenden Schiffe bzw. ihre Lichter sahen. Das Buffet Koldtbord war wieder sehr gut; wir hielten uns diesmal mehr an den Fisch und aßen nur wenig von den Fleischgerichten.

    Später gingen wir in den Bug-Salon, wo eine Band spielte. Hier trafen wir zwei Pärchen: das eine war gleichzeitig mit uns nach Norwegen gefahren und wir hatten sie auch unterwegs in Valldal nochmal gesehen. Das andere Pärchen war uns in Oslo aufgefallen, weil sie nur mit Fahrrädern aufs Schiff fuhren. Auf den Fluren der Decks 5 und 7 waren viele Spielautomaten aufgestellt und wir schauten den Spielern, die Unmengen von 1-Krone-Münzen hineinwarfen und doch immer nur einen Bruchteil davon zurückbekamen, noch eine ganze Weile zu. Im Casino beobachteten wir einige Roulette- und Black-Jack-Spieler, aber hier war heute nicht besonders viel los. Das ganze Schiff war diesmal lange nicht so voll besetzt wie auf unserer Hinfahrt; man merkte genau, dass der Sommer zu Ende ging. Für uns war das sehr angenehm: es gab weder Warteschlangen am Bankschalter, noch Gedränge in den Gängen, im Tax-Free-Shop oder in der Cafeteria.

    Obwohl wir erst um Mitternacht im Bett lagen, wachten wir am nächsten Morgen bereits um 7:30 Uhr auf. Im Cafe, das um 8 Uhr öffnete, waren wir die ersten Gäste. Nach dem gemütlichen Frühstück gingen wir in den Tax-Free-Shop, um unsere letzten Kronen auszugeben. Wir hatten noch 68,10 NOK und suchten ziemlich lange in Dingen, die wir sowieso nicht brauchten, herum, bis wir schließlich auf die Idee kamen, mir ein Norwegen-T-Shirt zu kaufen. Die Differenz zum Preis des T-Shirts konnten wir an der Kasse problemlos in DM zahlen.

    Danach packten wir unsere Sachen zusammen und setzten uns auf das sonnige Plätzchen auf dem Achterdeck. Heute war wieder sehr schönes Wetter, die Sonne schien und es war windig, aber warm. Genau wie auf der Hinfahrt, kamen viele Passagiere hierher, um sich eine Weile zu sonnen. Das Pärchen mit den Fahrrädern fand sich auch hier ein und besonders der Mann interessierte sich sehr für unsere Reiseroute und die Norwegischen Familienherbergen.

    Die Zeit bis 12 Uhr verging jetzt wie im Fluge. Bereits weit vor dem Erreichen der deutschen Küste wurden wieder alle Flaggen gehißt. Das grüßende Hupen scheint jedoch nur dem Heimathafen vorbehalten zu sein, heute wurde es jedenfalls unterlassen. 10 Minuten vor 12 Uhr holten wir unsere Sachen aus der Kabine und gingen über die Treppen aufs Autodeck. Mit dem Aufzug zu fahren, konnte man wieder mal vergessen; die drei Aufzüge waren vollgestopft mit Menschen und Koffern. Um 12:15 Uhr fuhren wir von Bord. Auf der Heimfahrt von Kiel in den Westerwald hatten wir nicht so viel Glück wie vor zweieinhalb Wochen auf der Hinfahrt: Wir gerieten in zwei größere Staus, die uns ganz schön Zeit kosteten.

    Insgesamt hatten wir auf unserer Reise 3.600 Straßenkilometer zurückgelegt und 45 1/2 Stunden auf großen und kleinen Fähren verbracht. Nicht mitgerechnet sind die Strecken, die wir in Oslo mit der Straßenbahn und der Holmenkollenbahn gefahren waren.

    E N D E



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